Haus der schlechten Verpflegung

  • Guten Abend zusammen,



    diesen Befehl des Reichsführers SS möchte ich euch nicht vorenthalten.


    Abschrift und Bearbeitung

    Quelle: germandocsinrussia


    Feld-Kommandostelle, den 05.10.1942


    Der Reichsführer SS

    und Chef der Deutschen Polizei


    An alle Führer der Waffen-SS und Polizei


    Ich erhalte immer wieder Klagen darüber, dass die Verpflegung der Truppe nicht ausreicht, muss aber andererseits bei Besichtigungen feststellen, dass die Truppenverpflegung häufig keineswegs den Anforderungen entspricht, dienen sie gerade unter Einschränkungen des Krieges gestellt werden müssen.


    Sorgfalt, Eifer, Interesse fehlen vielfach nicht nur bei den Köchen, sondern auch bei den Kommandeuren, Führern des Verwaltungsdienstes und Ärzten.


    Schlechte Truppenverpflegung ist immer ein Zeichen dafür, dass die verantwortlichen Führer sich nicht in genügendem Maße um das persönliche Wohl der ihnen anvertrauten Männer bemühen.


    Ich befehle deshalb, dass jeder Kommandeur sich unter Heranziehung des Führers des Verwaltung und des Arztes persönlich immer wieder um die Verpflegungsverhältnisse kümmert. Seine Pflicht erschöpft sich nicht darin den Speisezettel zu unterschreiben, sondern er hat vielmehr die Fouriere und Köche zu überwachen und das von ihnen hergestellte Essen dauernd zu kontrollieren. Insbesondere hat er dafür zu sorgen, dass die zugeteilten Verpflegungsmittel den Männern in voller Höhe und in bester Qualität zubereitet vorgesetzt werden.


    Ich wünsche, dass alle Einheitsführer darüber hinaus innerhalb der gegebenen Möglichkeiten sich solche Nahrungsmittel zusätzlich beschaffen, die durch Rationierungsmaßnahmen nicht erfasst sind. Der Anbau von Gemüse ist in den Standorten mit allen Mitteln zu fördern.


    Ich habe deshalb dem Ernährungsinspekteur der Waffen-SS und Polizei den Befehl gegeben, laufend die Verpflegungseinrichtung sämtlicher Einheiten zu überprüfen. Seinen Weisungen in Bezug auf Abstellung von Missständen ist von den Kommandeuren umgehend Folge zu leisten, ebenso wie Verbesserungsvorschläge durchzuführen.


    Führer, die gegen diesen Befehl verstoßen, sollen einmal am eigenen Leibe erfahren, wie ungünstig eine schlechte Verpflegung sich auf die Leistung und Stimmung der Truppe auswirkt und gleichzeitig lernen, wie man es besser macht.


    Ich werde diese Führer deshalb in das Haus der schlechten Verpflegung kommandieren, das ich errichtet habe,


    Dort sollen sie in einer genügend langen Zeit am eigenen Leibe verspüren wie schlimm es für einen Untergebenen ist, das von seinen Vorgesetzten ihm gegebene schlechte Essen verspeisen zu müssen.


    Mein Befehl lautet:

    Die Verpflegung der Waffen-SS und Polizei muss trotz der Einschränkungen vorbildlich werden und in Zukunft beispielhaft sein. Ich erwarte, dass meine Führer sich nicht nur im Kampf, sondern gerade in der Sorge um ihre Männer hervorragend bewähren.


    gez. H. Himmler



    Gruß Marga

  • Hallo,

    ein Haus der schlechten Verpflegung kannte ich noch nicht. Dank Marga ist es mir nun bekannt. Auf was Himmler so alles kam. Schade, dass er an dieser Stelle nicht konkret wird, was die betroffenen Einheitsführer/Kommandeure da alles für ,,kulinarische Hochgenüsse" erwartete. Interessant ist der Zeitpunkt. Bereits Oktober 1942 war es stellenweise mit der Verpflegung seiner SS-Männer so schlecht bestellt, dass der Reichsführer glaubte, eingreifen zu müssen. Generell wurde es ja damit nicht besser im weiteren Verlauf des Krieges. Ob die Nahrung abwechslungsreich und ausgewogen war, trat immer mehr in den Hintergrund. Hauptsache satt. Ein Haus der schlechten Verpflegung brauchte es dann nicht mehr.

    MfG Wirbelwind

  • Hallo Marga, hallo Wirbelwind,


    auch mir war dieses "Haus der schlechten Verpflegung" bisher nicht bekannt.

    Da es mich ebenso interessiert wie Euch, habe ich ein Heft von DMZ gekauft, worin es offensichtlich beschrieben wird.


    Wenn gewünscht, werde ich nach Erhalt des Heftes kurz darüber berichten!


    Gruß

    Horst

  • Guten Morgen Horst,



    darüber würde ich mich sehr freuen. Ich hatte noch nie davon gehört und habe bisher auch noch nicht mehr dazu finden können. Der Herr H. war schon ein eigenartiger Mann. Ich erinnere mich, dass er zwei Angehörige der Polizei, zwei Streithähne, 6 Wochen in ein Zimmer eingeschlossen hatte um über den Begriff Kameradschaft nachzudenken.


    Wie gesagt, es würde mich freuen, wenn du uns nach dem Lesen der Lektüre mehr dazu berichten möchtest.


    Schönen Sonntag und


    Gruß Marga

  • Hallo Horst, hallo Marga

    mich würde natürlich auch interessieren, was sich hinter dem ,,Haus der schlechten Verpflegung" verband. Himmler war ja für seine skurilen Einfälle bekannt. Aus diesem Grund traue ich es ihm schon zu, 2 ,,Streithähne" 6 Wochen lang in ein Zimmer einzusperren, um sie zum Nachdenken anzuregen.

    MfG Wirbelwind

  • Hallo Marga, hallo Wirbelwind,


    ja, sobald ich das Heft bekomme, werde ich über dieses Haus berichten!


    Also, dieser Einfall mit den beiden "Polizei-Streithähnen" ist, wie ich finde, garnicht so schlecht! 6 Wochen gemeinsam in einem Zimmer regen zum Nachdenken und zu Gesprächen an. Vielleicht hat's ja genutzt! Auf alle Fälle ein bemerkenswerter Einfall des Herrn!


    Gruß

    Horst

  • Hallo Horst,


    auch ich würde mich sehr freuen, wenn du „Bericht erstattest“ ;) zum „Haus der schlechten Verpflegung“ …


    Gruß

    Antje

    Ich suche Informationen über das:
    Kriegslazarett in Bromberg Zeitraum Januar - Ende Februar 1942 und das
    Kriegslazarett Königsberg Januar 1943. :whistling:

  • Hallo zusammen,


    wie versprochen, berichte ich jetzt, nach Erhalt des Heftes, über den Inhalt des Artikels in der Zeitschrift "DMZ-Zeitgeschichte, Heft Nr. 55, vom Januar-Februar 2022. Meine Ausführungen sind umfangreich, deswegen unterteile ich sie in 3 Fortsetzungen.


    Der 6-seitige Artikel, mit einigen Bildern und Dokumenten versehen, geht zunächst auf die nationalsozialistische Wirtschaftspolitik und den Vierjahresplan von 1936 ein, um insbesondere die Versorgungslage seit Beginn des Unternehmen "BARBAROSSA" mit seinen Auswirkungen auf Bevölkerung und Militär, hier speziell der Truppen der Waffen-SS, zu beurteilen.


    Das SS-Hauptamt machte sich Gedanken über die Ernährung der Waffen-SS und der Polizei sowie der Häftlinge in den ihr unterstehenden Konzentrationslagern. In Oranienburg wurde deswegen bereits 1940 die erste SS-Lehrküche eingerichtet, deren Aufbau, Personalwesen und Lehrtätigkeit dargestellt ist.

    Die zweite SS-Lehrküche wurde 1942 in Dachau aufgebaut, eine dritte 1943 in Beneschau bei Prag. Auf diese 3 Lehrküchen wurde die Ausbildung der für die SS vorgesehenen Köche verteilt.

    Himmlers Sorge, dass die Truppenernährung nicht durch Einführung einer "Kochlaufbahn" verbessert werden könnte, wurde noch dadurch verstärkt, dass Nahrungsmittel nicht im erforderlichen Umfang in den besetzten Gebieten der Sowjetunion requiriert werden konnten. Die durch die Rote Armee betriebene Taktik der "verbrannten Erde" verhinderte die ausreichende landwirtschaftliche Erzeugung in den Gebieten.


    Der Leiter des Wirtschafts-Verwaltungsamtes, SS-Obergruppenführer Oswald Pohl, erließ darauf am 15.08.1942 einen Befehl, der die Sorge um die Ernährung widerspiegelt.

    Dieser verlangte u.a. von den SS-Versorgungsführern, dass sie sich um die Verpflegung, dabei auch um unnütz umkommende und verdorbene Nahrungsmittel, kümmern. Sie sollten energisch gegen Verschwendung vorgehen. Zusätzliche verpflegung sei überall zu besorgen.


    Der Reichsführer SS und Chef der Deutschen Polizei, Heinrich Himmler, hatte bei Truppenbesuchen u.a. auch die Verpflegung persönlich probiert, und diese löste bei ihm - zumindest zum Teil - tiefe Empörung aus.Zur Bekämpfung dieser Mißstände dachte er sich eine kuriose pädagogische Maßnahme und Einrichtung aus: das "Haus der schlechten Truppenverpflegung", dessen Errichtung er mit Befehl vom 05.10.1942 anordnete.


    Fortsetzung folgt


    Gruß Horst

  • Hallo zusammen,


    Fortsetzung


    In diesem Befehl bemängelte er u.a., dass die Truppenverpflegung schlecht und oftmals nicht ausreichend sei.

    Deshalb ordnete er an, dass sich alle Kommandeure persönlich um die Verpflegungsverhältnisse kümmern müssten und diese auch zu überwachen hätten. Außerdem sollen die Einheitsführer sich um Nahrungsmittel aus eigenem Anbau und Haltung kümmern.

    Zur Überprüfung seiner Maßnahmen hatte er dem Ernährungsinspekteur der Waffen-SS und Polizei befohlen, laufend die Verpflegungs-Einrichtungen sämtlicher Einheiten zu überprüfen. Mißstände wären sofort abzustellen.

    Bei Verstößen sollten Führer am eigenen Leib erfahren, wie ungünstig sich eine schlechte Verpflegung auf Leistung und Stimmung der Truppe auswirkt, und gleichzeitig lernen, wie man es besser macht.


    Diese Führer sollten in das "Haus der schlechten Truppenverpflegung" kommandiert werden, und dort genügend lange am eigenen Leib verspüren, wie schlimm es für die Untergebenen ist, das von ihren Vorgesetzten ihnen gegebene schlechte Essen verspeisen zu müssen.


    Dem Befehl Himmlers war ein Plan für das "Haus der schlechten Truppenverpflegung" beigefügt, der acht Punkte enthielt.


    Quelle: DMZ-Zeitgeschichte, Heft Nr. 55, vom Januar-Februar 2022


    Fortsetzung folgt


    Gruß Horst

  • Hallo zusammen,


    Fortsetzung


    Abschrift der 8 Punkte:


    "1.) Die Räumlichkeiten werden von der SS-Lehrküche der Waffen-SS in Oranienburg gestellt.


    2.) Zur Teilnahme an den Kursen werden durch den Reichsführer SS persönlich je nach Verfehlung schlechte Köche, schlechte Fouriere oder auch Kommandeure, Kompaniechefs und sonstige Führer und Unterführer, die es an der pflichtgemäßen Sorgfalt bei der Überwachung des Essens ihrer Untergebenen haben fehlen lassen, kommandiert.


    3.) Die Dauer eines Aufenthalts beträgt 7 - 28 Tage. Die einzelnen Termine werden in Lehrgangspausen gelegt.


    4.) Die vom Reichsführer SS bestimmten Führer und Unterführer werden vom SS-Führungsamt nach Festlegung der Termine im Einvernehmen mit dem SS-Wirtschafts-Verwaltungshauptamt einberufen.

    Das SS-Führungshauptamt stellt der SS-Lehrküche für die Dauer des Führerkurses 1 Führer für die Dienstaufsicht und 2 Ordonnanzen ab.

    Der Leiter der Lehrküche ist verantwortlich für den fachlichen Teil (Verpflegung, Unterkunft usw.).


    5.) Die Teilnehmer am Erziehungskurs im Hause der schlechten Verpflegung erhalten 3/4 der Zeit ihres Aufenthaltes eine schlechte und unzureichende Verpflegung, während des restlichen einen Viertels eine vorbildliche Truppenkost. Die Art der schlechten Verpflegung ist abhängig von der Jahreszeit, in welcher der Kursus abgehalten wird.

    Sie wird nach folgenden Grundsätzen hergestellt:

    gleichförmig,

    totgekocht,

    Konservenkost ohne Berücksichtigung von Frischgemüse,

    küchentechnisch fehlerhaft.


    6.) Die Teilnehmer sind während der ganzen Dauer allein auf die Verpflegung im Hause der schlechten Truppenküche angewiesen. Es besteht daher Ausgangsverbot.


    7.) Der Kursus ist zugleich ein Belehrungskursus. Deswegen werden täglich 2 Vorträge über allgemeinwichtige Ernährungs- und Verpflegungsfragen gehalten, z.B.

    Ernährungspolitik und Kampf um die Nahrungsfreiheit,

    Verpflegung der Soldaten,

    Grundlagen der Ernährungskunde,

    Organisation des Verpflegungsnachschubs,

    Entsprechende Filme werden gezeigt.


    8.) Die Teilnehmer melden sich bei SS-Obergruppenführer Pohl und SS-Obergruppenführer Jüttner ab.

    Bei ganz besonders schlechten Küchenzetteln behalte ich mir vor, dem betreffenden Kommandeur diesen Küchenzettel die ganze Zeit über vorzusetzen."


    In der folgenden Zeit wurde die Bedeutung dieses Befehls von Himmler vom Wirtschafts-Verwaltungshauptamt aber eher runtergespielt. Der Chef des Amtes B I (Verpflegungswirtschaft),
    SS-Standartenführer Erwin Tschentscher, gab nach dem Krieg an, die Sache sei "einmal ein Einfall von Himmler gewesen, und damit hatte es sich auch sein Bewenden nachher, also, da haben wir dann dazu etwas gelächelt und den Kopf geschüttelt und Kenntnis genommen, und damit war es aus."


    Der Befehl vom Reichsführer SS Himmler ist nie in die Tat umgestezt worden, hat aber zur wesentlichen Verbesserung der Köche durch die geplante Einführung einer Laufbahn als SS-Truppenkoch und SS-Küchenmeister geführt.


    Quelle: DMZ-Zeitgeschichte, Heft Nr. 55, vom Januar-Februar 2022


    Gruß Horst

  • Guten Abend Horst,


    meine Güte, wie grotesk ist das denn? Dass der Mann Zeit hatte solche Ideen auszuarbeiten, und man darüber gelächelt ( hinterm Rücken von Himmler wohl lauthals gelacht) hat, glaube ich gern. Aber wer weiß, was noch geschehen wäre, wenn Himmler noch längere Jahre die Chance gehabt hätte irgendeine Verrücktheit auszuhecken.


    Vielen lieben Dank, dass du dir die Mühe gemacht hast uns an dieser Geschichte teil haben zu lassen.



    Herzlichen Gruß


    Marga

  • Hallo Horst,


    Himmler scheint zu viel Zeit gehabt zu haben. :/


    Auch von mir ein herzliches Dankeschön für die Ausarbeitung!


    Gruß

    Antje

    Ich suche Informationen über das:
    Kriegslazarett in Bromberg Zeitraum Januar - Ende Februar 1942 und das
    Kriegslazarett Königsberg Januar 1943. :whistling: