Standgerichtliche Verfahren

  • Guten Tag zusammen,



    Abschrift und Bearbeitung.

    Quelle: Nara T-315 R-365


    Anlage 2 zu 6. Gebirgs-Division Nr.31/43 g.Kdos. vom 26.2.1943

    6. Gebirgsdivision Ia/III


    Betr. Standgerichtliches Verfahren.


    Merkblatt für den Regimentskommandeur als Gerichtsherrn.

    I. "Schnelle Justiz - gute Justiz". In dringenden Fällen kann ohne sachliche Beschränkung, d.h. für alle Vergehen und Verbrechen jeder Regimentskommandeur oder Kommandeur eines selbstständigen Bataillons usw. die Befugnisse des Gerichtsherrn ausüben.


    Diese Befugnisse sind jedoch bei Urteilen gegen Heeresangehörige und Gefolge beschränkt. Diese Urteile müssen vor ihrer Vollstreckung unter allen Umständen dem ordentlichen Gerichtsherrn (Divisionskommandeur) vom Standgerichte zur Bestätigung vorgelegt werden. Siehe Absatz IV dieses Merkblattes. Die Berufung der Standgerichte ist an ganz bestimmte, gesetzlich festgelegte Voraussetzungen gebunden (§ 13 a Kriegsstärke-Verordnung, Heeres-Dienstvorschrift 3/13). Die Tätigkeit des Standgerichtes bildet immer nur eine Ausnahme. Grundsatz muss bleiben, dass der allgemein zuständige Gerichtsherr, soweit möglich, das Verfahren in der Hand hat.


    Voraussetzungen:

    1.




    Zwingende militärische Gründe erfordern sofortige Aburteilung.
    Das ist besonders bei groben Verstößen gegen die Manneszucht der Fall. (z.B. bei schwerer
    Gehorsamsverweigerung, tätlichem Angriff auf einen Vorgesetzten, Meuterei, militärischem
    Aufruhr, Feigheit, Plünderung usw.) oder bei Gefahr für die Sicherheit der Truppe (z.B. bei
    Freischärlerei, Sabotage, verbotenem Waffenbesitz von Landeseinwohnern.
    2.



    Ein Gerichtsherr ist nicht sofort zur Stelle.
    Beispiel: Schützen der Division A plündern in einem Ort, wo der Stab der Division B liegt.
    Der Divisionskommandeur und Gerichtsherr B ist für 2 Tage abwesend. Schützen bringen
    die Plünderer zu ihrem Regimentskommandeur.
    3.



    Zeugen und andere Beweismittel stehen sofort zur Verfügung.
    (Täter auf frischer Tat erfasst. Geständnis, Sachverhalt einwandfrei klar)
    Mit Verfahren, bei denen Ermittlungen zur Überführung des Täters erforderlich sind, soll
    sich der Regimentskommandeur nicht belasten!


    II. Sind die Voraussetzungen 1. bis 3. gegeben, dann ist der Regimentskommandeur nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet einzugreifen und selbst als Gerichtsherr tätig zu werden.


    III. Der Regimentskommandeur beauftragt seinen Gerichts-Offizier oder einen anderen Offizier mit der mündlichen Erhebung der Anklage. Er beruft ein Feldgericht.


    Zusammensetzung:

    1.


    Verhandlungsleiter:
    Ein Offizier mit Befähigung zum Richteramt. Fehlt ein solcher, kann auch jeder andere
    Offizier - möglichst mindestens ein Hauptmann - die Verhandlung führen.
    2. Beisitzer:
    Zwei Soldaten. (Empfehlenswert ein Offizier, ein Soldat vom Rang des Angeklagten.)
    Besetzung vorsorglich vorbereiten!
    Anklagevertreter kann eine kurze Niederschrift über die Sitzung aufnehmen.
    Ist die Tat mit dem Tode bedroht, soll nach Möglichkeit ein Verteidiger bestellt werden.
    (§§ 49,51 in Verbindung mit § 1, Absatz 2, Kriegsstärke-Verordnung)


    IV. Urteile kurz und schriftlich niederlegen. Bestätigung durch den Regiments- usw. Kommandeur nur in Verfahren gegen Landeseinwohner. Urteile gegen Heeresangehörige einschließlich Gefolge werden von den ordentlichen Gerichtsherren usw. bestätigt. (vgl. Oberbefehlshaber des Heeres v. 9.5.41 Aktenzeichen 469 General zur besonderen Verfügung (Gruppe Rechtswesen) Nr. 450/41). Die Erstattung eines Rechtsgutachtens ist nicht zwingend vorgeschrieben. (§ 1Absatz 2 Kriegsstärke-Verordnung).


    Bei Freischärlerei (Begriff des Freischärlers § 3 Kriegsstärke-Verordnung, Heeres-Dienstvorschrift 3/13: Vor allem Nichtuniformierte, die sich an Feindseligkeiten beteiligen, ohne deutliche Abzeichen einer bewaffneten Macht zu haben).


    Beispiel: Zerstörung eigener rückw. Verbindungen, Durchschneiden von Fernsprechleitungen, Vornahme von Sprengungen usw.


    Freischärler im Kampf oder auf der Flucht erschießen ! Gefangene Freischärler, nicht Kriegsgefangene, sondern Verbrecher ! Für ihre Verurteilung Standgericht !


    Zusammensetzung des Standgerichtes:

    1 Hauptmann, 1 Unteroffizier und 1 Gefreiter genügen. Immer 3 Richter !


    In Hauptverhandlung Zeugen vernehmen, Angeklagten hören und Urteil mit Stimmenmehrheit fällen.


    Urteil kann Lauten:

    Feldurteil !

    Der Fischer X .... hat nach eidlicher Aussage des Unteroffiziers Müller, 1./Infanterie-Regiment 1 am ....... mit einem Gewehr auf deutsche Truppen geschossen.


    Er wird wegen Freischärlerei zum

    Tode

    verurteilt.


    O.U. , den ................. Das Feldgericht des Infanterie-Regimentes ........


    .............................. .............................. ...............................
    (Hauptmann) (Unteroffizier) (Gefreiter)


    Nur Todesstrafe oder Freispruch ! Freispruch, wenn keine Schuld vorhanden.


    Bestätigung: Durch Kommandeur, der das Gericht berufen hat.

    Bestätigung lautet:

    Ich bestätige das Urteil.

    Das Urteil ist zu vollstrecken.


    ..................................................

    (Regimentskommandeur).


    Im Anschluss an die Bestätigung Urteil sofort durch Erschießen vollstrecken !


    Urteil kann durch einstimmigen Beschluss des erkennenden Gerichts für vollstreckbar erklärt werden,

    1. wenn der Regimentskommandeur nicht auf der Stelle erreichbar,
    2.


    Vollstreckung aus zwingenden militärischen Gründen nicht aufschiebbar
    (§77, Absatz 3 Kriegsstärke-Verordnung, Heeres-Dienstvorschrift 3/13).
    In diesem Ausnahmefall für die Vollstreckung keine Bestätigung erforderlich.


    Schriftliches Urteil, gegebenenfalls Bestätigungsverfügung und Meldung über Vollstreckung umgehend dem zuständigen Gerichtsherrn vorlegen. Ist Täterschaft noch beweisbedürftig, Freischärler dem allgemein zuständigen Gerichtsherren vorführen.


    Beweismittel zur Überführung sicherstellen.


    V. Das Veranlasste dem Gerichtsherrn melden; Vorgänge der Meldung beifügen.




    Herzliche Grüße


    Marga

  • Hallo zusammen,


    Hier noch eine Abschrift und Bearbeitung als Ergänzung zum Thema.



    Anlage 4 zu Grundlage Befehl des Oberbefehlshaber West Nr. 24

    (Ia Nr. 202843 g.Kdos. v. 21.4.43

    Quelle: Nara


    Merkblatt für " fliegende Feldkriegsgerichte ".


    Die "fliegenden Feldgerichte" sind zusammengesetzt:

    - 1 Kriegsdienstrat als Verhandlungsleiter,

    - 1 Urkundsbeamter.


    Die Beisitzer sind aus den an den Sitzungsort anwesenden Soldaten zu entnehmen.


    Das Verfahren ist nicht als standgerichtliches Verfahren durchzuführen.


    Gerichtsherr ist der Kampfkommandant, der das "fliegende Feldkriegsgericht" angefordert hat. Er hat ein unbeschränktes Bestätigungsrecht. Er übt seine Befugnisse als Gerichtsherr gegen Jedermann ohne Ansehen der Person, des Ranges oder des Wehrmachtteiles aus.


    Das Verfahren ist beschleunigt durchzuführen.


    Ist die Tätigkeit des Kampfkommandanten vor Abschluss des gerichtlichen Verfahrens erloschen, so wird das Verfahren von dem mit der Sache bereits befassten Feldkriegsgericht zu Ende geführt.


    Das Bestätigungs= und Aufhebungs= Recht des ordentlichen Gerichtsherrn d.h., des an sich für die Strafsache zuständigen Gerichtsherrn des betreffenden Wehrmachtteiles, bleibt indessen unberührt.


    Berichte , Benachrichtigungen von Verurteilungen usw. nach den ordentlichen Verfahren.



    Herzliche Grüße

    Marga

  • Hallo Allerseits,


    Abschrift und Bearbeitung!


    Verordnung über die Errichtung von Standgerichten vom 15.02.1945


    Die Härte des Ringens um den Bestand des Reiches erfordert von jedem Deutschen Kampfentschlossenheit und Hingabe bis zum Äußersten. Wer versucht, sich seinen Pflichten gegenüber der Allgemeinheit zu entziehen, insbesondere, wer dies aus Feigheit oder Eigennutz tut, muss sofort mit der notwendigen Härte zur Rechenschaft gezogen werden, damit nicht aus dem Versagen eines einzelnen dem Reich Schaden erwächst. Es wird deshalb auf Befehl des Führers im Einvernehmen mit dem Reichsminister und Chef der Reichskanzlei, dem Reichsminister des Innern und dem Leiter der Partei-Kanzlei angeordnet:


    I.

    In feindbedrohten Reichsverteidigungsbezirken werden Standgerichte gebildet.


    II.

    (1) Das Standgericht besteht aus einem Strafrichter als Vorsitzer sowie einem Politischen Leiter oder Gliederungsführer der NSDAP und einem Offizier der Wehrmacht, der Waffen-SS oder der Polizei als Beisitzern.


    (2) Der Reichsverteidigungskommissar ernennt die Mitglieder des Gerichts und bestimmt einen Staatsanwalt als Anklagevertreter


    III.

    (1) Die Standgerichte sind für alle Straftaten zuständig, durch die die deutsche Kampfkraft oder Kampfentschlossenheit gefährdet wird.


    (2) Auf das Verfahren finden die Vorschriften der Reichsstrafprozeßordnung sinngemäß Anwendung.


    IV.

    (1) Das Urteil des Standgerichts lautet auf Todesstrafe, Freisprechung oder Überweisung an die ordentliche Gerichtsbarkeit. Es bedarf der Bestätigung durch den Reichsverteidigungskommissar, der Ort, Zeit und Art der Vollstreckung bestimmt.


    (2) Ist der Reichsverteidigungskommissar nicht erreichbar und sofortige Vollstreckung unumgänglich, so übt der Anklagevertreter diese Befugnisse aus.


    V.

    Die zur Ergänzung, Änderung und Durchführung dieser Verordnung erforderlichen Vorschriften erlässt der Reichsminister der Justiz im Einvernehmen mit dem Reichsminister des Innern und dem Leiter der Partei-Kanzlei.


    VI.

    Die Verordnung tritt mit ihrer Verkündung im Rundfunk in Kraft.


    Berlin, den 15.02.1945


    Der Reichsminister der Justiz


    Dr. Thierack


    Quelle: Reichsgesetzblatt; Berlin, den 20.02.1945; Nummer 6


    Gruß

    Antje

    Ich suche Informationen über das:
    Kriegslazarett in Bromberg Zeitraum Januar - Ende Februar 1942 und das
    Kriegslazarett Königsberg Januar 1943. :whistling:

  • Hallo Antje,


    dieses Dokument verlangt erst einmal Schlucken!

    Noch kurz vor Kriegsende und vor der Niederlage eine derartige Verordnung herauszugeben, ist schon sehr bemerkenswert!

    Aber wer das Wirken dieses Herren in seiner Amtszeit verfolgt hat, kann sich nicht wundern. Nur schade, dass er nach Ende des Krieges nicht seiner verdienten Verurteilung in Nürnberg zugeführt werden konnte, sondern in den Suicid flüchtete!


    Gruß

    Horst

  • Hallo Horst,


    ja da hast du Recht, wobei ich befürchten muss, dass Hitler nach Russland deportiert worden wäre und nie in Nürnberg vor Gericht gestanden hätte!


    Mit diesem Befehl wurde den Standgerichten Tür und Tor geöffnet.


    Lg

    Antje

    Ich suche Informationen über das:
    Kriegslazarett in Bromberg Zeitraum Januar - Ende Februar 1942 und das
    Kriegslazarett Königsberg Januar 1943. :whistling:

  • Hallo Allerseits,


    Nachfolgender Befehl wurde auf dunkelrotem Papier abgedruckt.


    Gruß

    Antje


    ——


    Abschrift und Bearbeitung!


    Aufruf!


    Jeder Soldat, der nach dem 02.04.1945, 0.00 Uhr angetroffen wird, ohne von einer Wehrmacht-Dienststelle oder Einheit erfasst zu sein, wird als Versprengter behandelt und dem Standgericht zugeführt.


    gez.

    Gollnick

    General der Infanterie


    Den 29.03.1945


    Quelle: germandocsinrussia

    Ich suche Informationen über das:
    Kriegslazarett in Bromberg Zeitraum Januar - Ende Februar 1942 und das
    Kriegslazarett Königsberg Januar 1943. :whistling:

  • Hallo,

    in der Agonie des 3. Reiches begegnen uns solche Anordnungen immer wieder. Da wurde nicht lange gefackelt. Gerade auch wenn die fliegenden Standgerichte der SS ihre Hände im Spiele hatten. Bisher sind mir nur wenige Generäle untergekommen, die solches Treiben in ihrem Befehlsbereich nicht duldeten. Schwerterträger Generalmajor Werner Mummert war einer von ihnen. Als Kommandeur der PD Müncheberg in die Verteidigung von Berlin eingebunden, verbat er sich energisch das Auftreten von besagten fliegenden Standgerichten. Immerhin befanden sich in seiner Division eine ganze Anzahl von RK-Trägern.

    Anderorts zeugen die in den letzten Wochen/Tagen aufgehängten und erschossenen Wehrmachtsangehörigen von dem sinnlosen Wüten dieser Leute. GFM Schörner gehört nach meiner Meinung auch zu diesem Kreis, trotz seiner militärischen Fähigkeiten. Rettung von Zivilisten vor den Russen hin oder her. Aber zu diesem Herrn gibt es ja hier im Forum einen eigenen Thread.

    MfG Wirbelwind