Armee-Arrestanstalt Armee-Oberkommando 16

  • Bei der Niederschrift meines Lebens stieß ich wieder auf die Geschichte meines Vaters Otto Lange, der als Unteroffizier im Kurlandkessel war, diesen 1945 per Schiff verlassen konnte, in Libau wie ich mich erinnere, in Kiel in englische Gefangenschaft ging und in der damaligen Westzone verblieb. Mein Vater gehörte von 1922 bis 1934 der Reichswehr an, diente im 4. Reiterregiment zu Potsdam. nachstehend die Daten, die ich von der WASt erhielt:


    Einberufung:

    23.3.1940, Truppenteil Heimat-Pferde-Park 3, Standort Strausberg-Rennbahn, Entlassung 27.1.1941 ohne Angabe von Gründen (er war jedenfalls wieder zu Hause, wie ich mich erinnere; tat Dienst als Beamter bei der gemeinde Neuenhagen).


    Wiedereinberufung:

    4.3.1943, Truppenteile 2. Kompanie Veterinär-Ersatz Abteilung 3, am 14.3.1943 Standort Fürstenwalde/Spree, lt. Meldung v.14.3.1943 Marschbataillon III/7 (kein Standort),

    lt. Meldung vom März 1943 Sicherungs-Kompanie 4/865, am 5.6.1943 Unterstellung Heeresgruppe Nord (281. Sicherungs-Division) Einsatzraum nach Tessin Nordrußland,


    ab 7.6.1943 Armee-Arrestanstalt Armee-Ober-Kommandeo 16 - bewegliches Gefängnis Porchow:


    Wer kann mir Auskunft geben über diese Einheit. Soweit mir bekannt, gab es bei den Divisionen Richter in Uniform, die straffällige Soldaten verurteilten. Das bewegliche Gefängnis muß im Partisanengebiet gelegen haben, denn mein Vater wurde bei einem Sprengstoff-Attentat bei einer Kinovorstellung verwundet (der Filmvorführer war ein HIWI, der den Partisanen angehörte, Film und Zeitzünder startete und verschwand -soweit meine Erinnerungen an die Erzählung meines Vaters. Über seine soldatischen Tätigkeiten aber kein Wort!)


    Irgendwie kann ich mir nicht vorstellen, daß das bewegliche Gefängnis mit Insassen durch die Wälder kutschiert wurde, in denen die Partisanen wirkten. Der Einsatz im Partisannengebiet war auch ein Grund dafür, daß mein Vatzer nach 1945 nicht in die sowjetisch besetzte Ostzone kam, wäre vermutlich ein sehr großes Risiko gewesen.


    Für alle Hinweise wäre ich dankbar. Gerhard (Lange)

  • Hallo Gerhard,


    schön zu sehen, dass es jetzt mit der Beitragerstellung geklappt hat. Ich habe jetzt noch deine Anfrage in den passenden Forenbereich verschoben, bitte nicht wundern. Noch ein kurzer Hinweis zum Umgang mit dem Forum bei kommenden Beiträgen. Schau bitte, dass du immer mit einer Anrede und einer abschließenden Grußformel, schreibst, danke!


    Gruß

    Michael

  • Moin MIchael, habe den gestrigen Abend damit verbracht, mich mit der Geographie des Kurlandes anno 1945 zu befassen (die militärischen Lagekarten sind fast nicht zu lesen) und stieß auf die Webseite von Libau, in der ich mich festlas. Las u,a. einige Erlebnisberichte durch und stieß dabei auf das Feldlazarett in Porchow, in dem der Berichterstatter als Verwundeter lag, vermutlich dann auch mein Vater nach dem Sprengstoffattentat. Insoweit waren meine Erinnerungen an seine Erzählungen nicht falsch. Er berichtete auch von den unmenschlichen Zuständen im Hafen von Libau bei der Einschiffung, aber da sind meine Erinnerungen verschwommen.

    Ob überhaupt über die Arbeit der Armee-Arrestanstalt mit dem beweglichen Gefängnis Porchow noch jemand Auskunft geben kann oder Unterlagen vorhanden sind, wage ich zu bezweifeln. Vielleicht liegt etwas in Moskauer Archiven, wenn überhaupt.

    Gruß Gerhard

  • Hallo Gerhard,


    erstmal vielen Dank für die Rückmeldung. Ich persönlich schätze die Datenlage zu solchen Einheiten sehr schwierig ein und würde mir da nicht zu viel Hoffnung machen. Oftmals mußt du Stunden lang suchen und hunderte von Seiten sichten und mit viel Glück hast du mal einen Treffer. Ich kann dir daher nichts versprechen aber werde es auf jeden Fall im Hinterkopf behalten.


    Du kannst aber gerne mal den Link zu diesen Berichten einstellen.


    Gruß

    Michael

  • Hallo Gerhard,


    das bewegliche Heeresgefängnis bei AOK 16 wurde mit Wirkung 25.12.1944 in bewegliches Heeresgefängnis 505 umbenannt, es gehörte kriegsgliederungsmäßig (oder war dauerhaft dem AOK unterstellt) zum Armee-Oberkommando 16. Akten sollten sich also in den Tätigkeitsberichten des Armee-Gerichtes (Abteilung weiß ich nicht ...) befinden.


    uwe

  • Hallo Gerhard,


    wie versprochen habe ich mich gestern Nacht mal etwas mit der von dir gesuchten Einheit beschäftigt. Erfreulicher Weise bin ich sogar in einer Nara-Rolle gelandet, die über Informationen zur Stadt Porchow verfügte. Das einzige verwertbare was ich dort finden konnte, war zunächst nur eine Verpflegungsaufstellung von unterstellten Einheiten. Dann stolperte ich aber über etwas ganz anderes, was ich zunächst kaum glauben konnte, als ich diese Zeilen von dir las:

    Das bewegliche Gefängnis muß im Partisanengebiet gelegen haben, denn mein Vater wurde bei einem Sprengstoff-Attentat bei einer Kinovorstellung verwundet (der Filmvorführer war ein HIWI, der den Partisanen angehörte, Film und Zeitzünder startete und verschwand -soweit meine Erinnerungen an die Erzählung meines Vaters. Über seine soldatischen Tätigkeiten aber kein Wort!)

    Ich habe nämlich wieder mal durch zufälliges lesen einen Bericht über ein Sprengstoffanschlag auf das Kino in Porchow vom 13.11.1943 gefunden. Man mag es kaum glauben aber deine Schiilderungen sind im Prinzip sogar Deckungsgleich. :)


    Schau es dir mal an und gib mir bitte ein Feedback. Ich glaube nicht, dass ich noch betonen muß, dass die Chancen für die Auffindung eines solchen Berichtes eigentlich bei Null liegen. Ich glaube, ich sollte doch mal wieder Lotto spielen......


    Quelle: Nara T-312 R-619


    Gruß

    Michael

  • Hallo,

    Michael, Du scheinst wirklich ein Glückspilz zu sein, beim Auffinden schwer zugänglicher Dokumente. Für mich gibt es einen kleinen Widerspruch, der sich aber im Verlauf der stattgefundenen Vernehmungen/Untersuchungen aufgelöst haben kann. Wird im ersten Untersuchungsbericht als Tatverdächtiger ein Mitglied der russ. Schauspieltruppe benannt, der Uhrmacher gewesen ist, und zuerst abgängig war, später aber verhaftet wurde, steht in einem weiteren Bericht, dass es sich um einen Elektriker handelt, der seine Angehörigen zu den Partisanen in die Wälder von Luga geschickt hat, ehe das Attentat stattfand. Selbst ist er flüchtig und hatte zudem den Eingang zu seinen Räumlichkeiten vermint.

    Plausible Erklärung. Der Verdacht gegen den Uhrmacher in der russ. Schauspieltruppe hat sich nicht weiter erhärtet. Er wurde freigelassen. Dagegen stellte es sich heraus, dass der Filmvorführer das Attentat vollzog.

    MfG Wirbelwind

  • Hallo zusammen,


    also man kann nicht gerade behaupten, dass Informationen zu solchen Einheiten auf der Straße liegen. Selbst ein Fachbuch für die Militärgerichtsbarkeit in der dt. Wehrmacht beinhaltet gerade mal folgende Angaben:


    Im Operationsgebiet verfügten die Armeen über Bewegliche Heeresgefängnisse, die auch fliegende Gefängnisse genannt wurden. In ihnen wurden Strafen bis zu drei Wochen vollstreckt. Die Planstärke dafür bestand aus:


    1 Führer (Hauptmann und Leutant)

    1 Haupt- oder Oberfeldwebel

    1 Feldwebel

    6 Unteroffizieren

    2 Gefreiten (als Kraftfahrer)


    Quelle: Die Militärgerichtsbarkeit in der dt. Wehrmacht von F. Seidler


    Gruß

    Michael

  • Hallo Zusammen,


    also ich muss schon sagen: ich lese immer gerne begeistert mit, egal zu welchem Thema. Es ist sehr bemerkenswert wie detailgenau hier die Meisten recherchieren und Ergebnisse teilen! Michael hat mir auch mal geholfen bei einem für mich wichtigen Thema. Macht bitte weiter so!


    Euer Keiler.

  • Hallo Keiler,

    also ich muss schon sagen: ich lese immer gerne begeistert mit, egal zu welchem Thema. Es ist sehr bemerkenswert wie detailgenau hier die Meisten recherchieren und Ergebnisse teilen! Michael hat mir auch mal geholfen bei einem für mich wichtigen Thema. Macht bitte weiter so!

    vielen Dank für dieses sehr positive Feedback. Es freut mich zu hören, dass du so eine hohe Meinung zu diesem Forum und seinen Usern hast.


    Hallo Gerhard,


    im Bundesarchiv scheint es auch noch etwas Material zu beweglichen Heeresgefängnissen zu geben. Es scheint sich zwar nicht um die gesuchte Einheit zu handeln aber es könnte ja trotzdem hilfreich sein, um mehr über diese Einheiten und ihre Aufgaben zu erfahren.


    Gruß

    Michael

  • Moin in die Runde! Michael, ich bin wirklich überrascht, daß sogar der Bericht über das Sprengstoffattentat zu Porchow, so wie es mein Vater erzählt hat, erhalten ist. Er hat damals wohl großes Glück gehabt, nur unter den Verwundeten gewesen zu sein. Verwundetenabzeichen in schwarz ist erhalten. Ob er sich selbst befreien konnte oder aus den Trümmern befreit wurde, ist mir nicht erinnerlich. Telephonierte mit meinem jüngeren Bruder, der längeren Kontakt mit unserem Vater hatte, er wußte nur etwas von einer Wunde am Hals.

    Immerhin habe ich durch die Personalaufstellung des beweglichen Armeegefängnisses einen Überblick erhalten, wie diese Einheit aufgestellt war.

    Gruß an alle Helfer Gerhard