Hallo Zusammen,
der oben beschriebene Herr ist mein Urgroßvater, dieser wurde 1905 in Basel, Schweiz, geboren und erlernte zunächst den Zimmerer. Später bildete er sich dann weiter zum Bauingeneur und wurde Mitte der 30er Jahre von der Firma H. Klammt engagiert und arbeitete laut Unterlagen zunächst am AVUS Nordabschnitt der 1935 ausgebaut wurde. Nach seinem Umzug nach Berlin wurde er dann relativ schnell Ende 1930 von der Organisation Todt rekrutiert, wir wissen leider nicht genau wann und in welcher Funktion da wir nur Briefverkehr besitzen der seine Tätigkeit nahe legt, und arbeitet ab da an verschiedensten Brücken- und Gleisbauprojekten vor allem in Osteuropa. Mein Urgroßvater hat seine Arbeit seit jeher fotographisch dokumentiert und so auch seine Baueinsätze für die OT, was mich an den Aufnahmen sehr wundert, zuvor hatte er vor allem "Arbeitsproben" und Arbeitskollegen und Alltagssituationen fotografiert, ab Ende der 30er Jahre werden die Motive dann immer "kryptischer" stellenweise sind es Deckenverschallungen, Säulengänge, Brücken und Gleisverläufe mit auffälligen Landgemarkungen usw.
Neben den auffälligen Fotos gab es auch eine handvoll Briefe deren Inhalt mich etwas verwundern aber meiner Vermutung nach mit seiner Festnahme 1943-44 zusammenhängen, auch hierzu haben wir leider nur Besuchsunterlagen meiner Urgroßmutter, wir wissen aber das er 43-44 im Feld festgenommen wurde und des Hochverrats beschuldigt wurde. Der Grund war die Unterschlagung von Bauholz, zu diesem Zeitpunkt befand er sich mit seiner Baueinheit im Feld bei Mariupol. Im Frühjahr 43 hatte er Briefverkehr mit einem Wehrmachtsoffizier der laut Sendungsdaten in Polen stationiert war, der Brief ist in soweit eigentlich belanglos, beide tauschen sich über ihre Alltagssituation aus. Was mich aber stutzig machte ist das der Offizier meinen Urgroßvater bat mit den "Russengewehren" vorsichtig zu sein, es wurde im Text auch nicht näher erläutert. Der Brief endet nach diesem Satz mit der Verabschiedung. Danach gab es zumindest unseres Wissens nach auch keinen anderweitigen Briefverkehr mehr bis zu seiner Festnahme. Danach wurde er in der Untersuchungshaftanstalt Lehrter Straße untergebracht. Und ab da wird's für unsere Recherche noch verworrener als so oder so schon, angeblich war er zum Tod durch den Strick verurteilt. Was zwischen dort und Kriegsende passierte wissen wir leider nicht so wirklich, bisher hatte sich die Erzählung gehalten das er irgendwie freikam und dann als Ehemann einer Schweizerin dort Asyl erhielt und Strafdienst auf einem Weingut ableisten musste. Vor kurzem haben wir aber dann eine Einreiseerlaubnis vom 07.Dezember 1945 für Rio de Janeiro gefunden, daher kann das alles rechnerisch nicht ganz stimmen und auch sein Aufenthalt in Brasilien bis in das Jahr 1952 war uns bisher nicht bekannt.
Auch eine seit 1930 bestehende "Brieffreundschaft" zu Erich Honecker, beide hatten sich wohl bei Bauarbeiten kennengelernt, macht mich bis heute stutzig. Beide schrieben sich bis 1972 Briefe, dann wurde mein Urgroßvater nach Berlin eingeladen was ihn wohl sehr wütend machte und danach erstarb die Freundschaft endgültig. Auch hierfür gab es von seiner Seite aus nie eine Erklärung.
Es gab noch zahllos viele zusammenhanglose Schnipsel die ich hier Aufzählen könnte aber ich glaube das reicht erstmal um einzurahmen das mein Urgroßvater ein sehr verworrenes Leben geführt hat. Aktuell interessiert mich vor allem welche Verstrickung er in die Aktionen der OT gehabt haben könnte und wo ich danach am besten Suche? Zudem hoffe ich das vielleicht irgendjemand hier einen Roten Faden im Wirrwarr der Informationen findet....
Bei Fragen nach Dokumenten und Daten stehe ich euch gerne zu Verfügung, ich wollte aber meinen Eingangspost erstmal so klein wie möglich halten.
Und natürlich bedanke ich mich schonmal für alle Hinweise die sich eventuell ergeben könnten