Forschungs- und Sammelthread – Klanglandlandschaften/Soundscapes des Zweiten Weltkrieges

  • Hallo zusammen!


    In diesem Thread möchte ich mich einem Thema widmen, das nach meinem beschränkten Empfinden hier im Forum bislang eher vernachlässigt wurde, aber in der Geschichtswissenschaft mehr und mehr an Relevanz gewinnt. Ich verweise hier nur auf die interessante anstehende Jahrestagung des Arbeitskreises für Militärgeschichte "Der Sound des Krieges" (der vollständige CfP mit weiteren Details) oder das DFG-Forschungsprojekt "Der laute Krieg und die Laute des Krieges. Belliphonie im Mittelalter."


    Um euch zu zeigen, worum es mir in diesem Thread gehen soll, zitiere ich aus dem CfP des AKM:


    1) Akustische Dimensionen von Militärtechnik, Ausbildung, Kriegsführung

    2) Sinnesgeschichte der Belliphonie (ein von Martin Daughtry eingeführter Begriff, der "die Gesamtheit der durch den Krieg entstandenen und beeinflussten Sounds" meint)

    3) Musik und Krieg

    4) Erinnerung und Erzählung von Belliphonie


    Und an anderer Stelle des CfP heißt es zentral:


    "Zur Soundscape ‚Krieg‘ gehören dabei nicht nur die Geräusche der Waffen, sondern auch eine Fülle weiterer intentional und akzidentiell erzeugter akustischer Phänomene, wie etwa die Bewegungsgeräusche der Menschen, Tiere und Transportmittel, Schreie, Signale und Musik, v.a. im Vorfeld der Kampfhandlungen auch Reden, Gespräche und Gebete. Aber auch Stille als körperlich wahrnehmbares Phänomen bekommt im Kontext eines Krieges neue Bedeutungen [...], zum Beispiel wenn die Stille vor dem Kampf und der lautlose Feind als besonders furchteinflößend erlebt wurden." [Hervorhebungen durch mich]


    Hier sollen also im besten Falle Dokumente, Berichte, Feldpost, Bilder (z. B. von Horchgeräten oder Liederabenden) usw. usf. eingepflegt werden, die die gesamte Bandbreite der Klanglandschaften des Zweiten Weltkrieges (natürlich mit Schwerpunkt auf die Deutsche Wehrmacht/Waffen-SS) widerspiegeln. Jede noch so kleine Information, jede noch so skurrile oder unscheinbare Quelle kann wichtig sein.


    Ein fiktives Beispiel:


    Das Regiment XYZ, das aus deutschen, volksdeutschen und "fremdvölkischen" Soldaten besteht, verfasst nach einem schweren Gefecht an der Ostfront einen ausführlichen Bericht über die Schwierigkeiten der Kommunikation auf dem Schlachtfeld, wegen der Sprachbarrieren, dem Schlachtenlärm, den Missverständnissen beim Funkverkehr; es erwähnt aber auch die demoralisierende Wirkung der heulenden "Stalinorgeln". Bei diesem fiktiven Beispiel sind gleich mehrere belliphonische Aspekte vorhanden.


    _ _ _ _ _


    Ich würde mich sehr freuen, wenn jede/r von euch bei Gelegenheit in seinen/ihren privaten Archiven nachschaut, ob er/sie einschlägiges Material für diesen Thread beisteuern kann. Des Weiteren auch bitte bei anstehenden Recherchen – sofern es keine Umstände macht – einfach mit darauf achten, ob dieser oder jener Fund nicht auch für diesen Thread von Interesse sein könnte.


    Ich mache einmal den Anfang mit einem belliphonischen Mythos, nämlich dem berühmten "Ping" des M1 Garand. Hierzu möchte ich dieses kurzweilige und (zumindest mich) überzeugende YT-Video mit euch teilen:


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    Viele Grüße,


    euer Alex

  • Hallo Alex,


    ein wirklich interessantes Thema, vielen Dank dafür!. Ich selbst habe mich bisher damit nicht beschäftigt aber werde es auf jeden Fall mit auf die Agenda nehmen.


    Ich glaube aber, dass es einige Forenthemen gibt, auf die wir hier bereits verweisen können. Ich werde mal schauen.


    Gruß

    Michael


    PS: Das hier sollte auf jeden Fall schon in die richtige Richtung gehen:


  • Nachtrag:


    Dieses Thema würde ggf. auch noch hier sehen:



    Gruß

    Michael

  • Nachtrag:


    Dieses Thema würde ggf. auch noch hier sehen:



    Gruß

    Michael

  • Lieber Alex,


    vielen Dank für diesen interessanten Hinweis. Ich lese die Berichte jetzt mit anderen Sinnen. :)



    Hallo Allerseits,


    ich habe hier einen Bericht, der voll von Klängen ist…


    Gruß

    Antje


    —-


    Inspektionsreise des Reichsministers Alfred Rosenberg


    In die besetzten Ostgebiete in der Zeit vom 04.06. bis 23.06.1943


    Tagebuchaufzeichnungen des Sturmmanns Wilhelm Wulf

    2/I. Standarte „Feldherrnhalle"



    Berlin, den 02.06.1943


    Endlich geht es los! Mit 5 Mann rücken wir vom Standort Güterfelde zum Ostministerium nach Berlin, denn auf Befehl der Standarte „Feldherrnhalle" bin ich dem Begleitkommando des Reichsministers für die besetzten Ostgebiete Rosenberg zugeteilt und darf an der Inspektionsreise in die Ukraine teilnehmen. Die Freude ist groß!


    Das Begleitkommando besteht aus 14 Männern der Standarte „Feldherrnhalle". Sie haben den Schutz des Ministers zu übernehmen und für die Sicherheit des Zuges und seiner Insassen zu bürgen. Kommandoführer ist Oberscharführer Strömich, eine gute, drahtige Erscheinung. Die Kameraden sind zum Teil bewährte Frontkämpfer; das kameradschaftliche Verhältnis ist gut, der älteste ist 37 (das bin ich), der jüngste 17 Jahre.


    Ergänzt wird dieses Kommando durch die Flak, die zur Abwehr aus der Luft und auf der Erde 2 Schutzwagen mit je einem Vierlingsgeschütz unter dem Befehl des Wachtmeister Benz in Stärke von 10 Mann eingesetzt hat. 4 Feindflugzeuge sind bisher das Opfer ihres Wagemutes bei Angriffen auf fahrende Züge geworden.


    Im Ostministerium großer Betrieb! Waffen- und Munitionsempfang. Schnell noch eine Schutzimpfung gegen Typhus und dann mit einem LKW zum Sonderzug "Gotenland". Es gehört schon allerlei dazu, solch eine Fahrt zusammenzustellen. Verantwortlich zeichnet hierfür der Adjutant des Reichsministers, Standartenführer Dr. Marquardt.


    Der Sonderzug umfasst 15 Wagen, am Anfang und Schluss ein Schutzwagen der Flak, Salonwagen des Ministers, Speise-Schlaf-Nachrichten und Maschinenwagen. Zugkommandant ist Herr Ufer.


    Ich gehöre zum Wachkommando. Heute Abend stellen wir die erste Wache.



    Berlin, den 03.06.1943


    Um 22.00 Uhr tritt die erste Wache mit 4 Mann heraus. Geladen und gesichert. 1,5 Stunden muss ich mit Kamerad Horn Posten stehen. Eine herrliche, milde Sommernacht. Von fern brandet der Verkehr Berlins. Scheinwerfer spielen am Himmel, Anschließend bis 1.00 Uhr Telefondienst.


    Oberscharführer Strömich berichtet von seinen Kriegserlebnissen. Unsere deutschen Soldaten sind schon Männer!


    Der Schlaf von 1.00 - 7.00 Uhr ist tief und wohltuend. Waschen, Rasieren und Schlafwagensäuberung. Das Frühstück entspricht ganz unseren Wünschen. Es heißt, dass es heute Nacht los geht! Ich bin sehr gespannt und hoffe, dass es ein Erlebnis wird.



    Gleiwitz - Kattowitz, den 04.06.1943

    Der Sonderzug rollt! Abfahrt 1.35 Uhr nachts. Soeben fahren wir durch Gleiwitz.


    Das Schreiben im fahrenden Zug bereitet Schwierigkeiten. - Doch ich will der Reihe nach berichten. -


    Von 18.00 - 20.00 Uhr Posten! Es rollen schon Wagen mit den Fahrtteilnehmern an. Unter anderem Gauleiter Ueberreither und Gauleiter Hellmuth.


    Um 22.25 Uhr trifft Reichsminister Rosenberg ein. Insgesamt sind im Sonderzug 71 Fahrtteilnehmer.


    Von 23.30 Uhr bis zur Abfahrt des Zuges stehe ich Posten. Der Zug fährt an. Ein Sprung, damit auch ich dabei bin und nun Hals und Beinbruch! Schnell noch 2 Schnitten Brot und Kaffee und dann hinein in die Koje. Ich liege länger wach. Der Zug summt seine einförmige Begleitmusik. Meine Gedanken schweifen noch einmal zurück. Was macht meine Frau und mein Junge? Ich weiß, dass mich ihre Gedanken begleiten.


    Um 6.30 Uhr werde ich geweckt. Ein Blick aus dem Fenster, wir fahren gerade durch Liegnitz, Frankfurt/Oder und Sommerfeld habe ich verschlafen. Ich muss mich fertigmachen, denn in Breslau haben wir kurzen Aufenthalt, und ich habe Wache.


    In Breslau! Großer Bahnhofsbetrieb, die Leute bleiben stehen und sind neugierig. Es würde uns ebenso gehen.


    Wir durchfahren Brieg, Heydebreck und Gleiwitz und sind jetzt kurz vor Kattowitz und eilen damit der Grenze entgegen. Wer kennt nicht das Dreikaisereck!


    Seit den frühen Morgenstunden regnet es. Die Scheiben sind beschlagen, das Wetter ist diesig. Meine Augen nehmen das Landschaftsbild auf; ich glaube durch unsere niederdeutsche Heimat zu fahren. Eben und weit, die Felder gut bestellt; geschlossene Dörfer, auch einzelne Güter verschwinden in der Ferne.


    Kurz hinter Brieg ändert sich das Landschaftsbild völlig, der rein bäuerliche Charakter wird abgelöst durch das oberschlesische Industriegebiet. Wer das westfälische Industriegebiet kennt, weiß auch, wie es hier aussieht. Kohle und Eisen, beides zur Kriegführung unentbehrliche Rohstoffe! Wir fahren gerade in Kattowitz ein, die Stadt, die immer deutsch war und jetzt für immer sein wird.



    Rowno, den 05.06.1943

    Die Polen wohnen sehr unterschiedlich, kleine Dörfer mit strohgedeckten Katen, bettelnde Kinder, barfußlaufende Männer und Frauen. Die Felder sind bestellt, das Korn steht gut. Allgemeine Verteuerung, der Schwarzhandel blüht. 1 Paar Stiefel 1500 Zloty = 750,- RM, 1 Pfund Butter 125 Zloty.


    Über Krakau, Tarnow, Reichshof und Lemberg nähern wir uns altrussischem Gebiet. Radziwillow ist die letzte polnische Station. Mit Brody durchfahren wir russisches Gebiet. Gestern noch ein Partisanenangriff auf die Eisenbahn. Abgeschlagen und vernichtet. Der Jude hetzt und treibt. Von 19.00 - 5.30 Uhr habe ich Wache. Wir müssen 5x heraus, Vorsicht ist geboten. Kurz nach 9.00 Uhr treffen wir in Rowno ein, einer Stadt, die in Friedenszeiten 30. - 35.000 Einwohner birgt. Jetzt werden es etwa 10. - 13.000 sein. Bis zur russischen Grenze läuft der Personenverkehr, jetzt gibt es nur noch Militärtransporte. Ein Lazarettzug mit Verwundeten fährt an uns vorbei. Andere Transporte mit Kriegsmaterialien und anderen lebensnotwendigen Gütern rollen ständig.


    Der Minister hat den Sonderzug verlassen; er macht Abstecher. Wir bleiben in Rowno bis Sonntag früh 7.32 Uhr.


    Seit gestern haben wir kein Wasser zum Waschen und Rasieren! Heute soll erst nachgefüllt werden. Ein schauderhaftes und ekliges Gefühl. Das russische Wasser ist krank, es darf nur in abgekochtem Zustande getrunken werden.


    Russische Verhältnisse! Die Verwahrlosung ist offensichtlich! Schlechte Wege, elende Strohkaten! Ich werde auf diese Dinge noch eingehend zurückkommen.


    Das Kartoffelschälen ist in der Freizeit eine nützliche Beschäftigung. Meine Frau würde über meine haushälterischen Fähigkeiten entzückt sein.


    Das Wetter ist seit gestern wie ausgewechselt. Herrlicher Sonnenschein und Wärme! Hoffentlich ist uns der Wettergott weiterhin hold?



    Fortsetzung folgt ….


    Quelle: germandocsinrussia

    Ich suche Informationen über das:
    Kriegslazarett in Bromberg Zeitraum Januar - Ende Februar 1942 und das
    Kriegslazarett Königsberg Januar 1943. :whistling:

  • … Fortsetzung


    Gluchowitzy, den 06.06.1943, 14.30 Uhr

    Seit 7.32 Uhr rollen wir wieder. Wir stoßen heute weit in altrussisches Gebiet hinein und werden um 20.37 Uhr in Kiew einlaufen. Wer erinnert sich nicht der großen Umfassungs- und Einkesselungsschlacht. Bestes deutsches Soldatentum hat sich hier gloreich bewährt. Der Wettergott ist uns weiterhin sehr gnädig, die Hitze steigert sich. -


    An dieser Stelle muss ich unserem Fräulein Müller, die für Speise und Trank sorgt, ein paar kurze und dankbare Worte widmen. Mit 2 Kameradinnen hat sie rund 40 - 50 hungrige Mäuler satt zu machen. Eine 2. Küche versorgt den restlichen Teil. Jeder kennt die kleinen Speisewagenküchen und weiß, dass es einer großen Geschicklichkeit und einer praktischen Erfahrung bedarf, darin fertig zu werden.


    Die Speisefolge ist vielseitig und sehr schmackhaft. Meine Frau kann bestätigen, dass ich auf diesem Gebiete reiche Erfahrung besitze. Lange habe ich nicht mehr so gut gegessen. Gegen Mittag gibt es Hühnersuppe und wie immer 1 Flasche Bier. Abends-Kaltverpflegung mit verschiedenartigen Aufschnitt. Tags zuvor eine Kaltschale, Rinderbüchsenfleisch mit Meerrettichsauce, morgens 1 Ei, Erdbeermarmelade, Brot und Kaffee. Bei der Aufzählung dieser Dinge wird jeder annehmen, dass auch ich ein profaner Diener meines Magens bin, aber dem ist nicht so. Ehre, dem Ehre gebührt. Frl. Müller werden wir alle in dankbarer Erinnerung behalten.


    Soeben treffen wir in Kasatin, einem großen Umschlagbahnhof, ein. Soldaten, Soldaten, DRK, Züge mit landwirtschaftlichen Geräten, Militärtransporte. Vor 2 Tagen ist auf der bereits durchfahrenen Strecke ein Urlauberzug von Partisanen gesprengt. Die ungeheure Weite und teilweise Unübersichtlichkeit des Geländes lassen nur schwer eine Überwachung zu.


    Mütterchen Russland, was hat der Bolschewismus aus dir gemacht! Unübersehbar dehnen sich die Felder und Wiesen vor unseren Blicken aus; nur hin und wieder von Dörfern unterbrochen, ziehen sich Straßen oft viele hundert Kilometer lang in schnurgerader Linie - durch das Land. Verfallene Häuser und durch die Straßen ziehende zerlumpte, abgehärmte Gestalten. Elende Strohkaten, verdreckt, verlaust und verwanzt. Daneben einige, protzige Bauten der Sowjets, entsprungen aus dem naiven Geltungsbedürfnis, die Macht des Bolschewismus zu symbolisieren. Hin und wieder, wie willkürlich hineingepresst in die Landschaft, Industriewerke und Kasernen. Nur durch Fron- und Sklavenarbeit des russischen Menschen konnten diese Anlagen geschaffen werden. Der Sowjetterrorismus hat alles Menschentum vernichtet und seinen Zwecken, koste es, was es wolle, dienstbar gemacht, Ein Grauen wäre über Deutschland gekommen, wenn der Sieg den Bolschewisten zugefallen wäre.


    Dieses Land - die Ukraine - steht nun bald 2 Jahre in deutscher Verwaltung. Die Ukraine ist ein Reichskommissariat mit 6 Generalbezirken, 114 Gebieten und 5 Stadtgebieten. Die Zivilverwaltung erblickt während des Krieges ihre Aufgabe darin, die vorhandenen Schätze des Landes nutzbar zu machen und damit siegentscheidend zu wirken. Das Land dient in der Hauptsache der Landwirtschaft - Ackerbau und Viehzucht -. Es wächst überall eine befriedigende Ernte heran. Eine intensive Bodenausnutzung, wie sie unser heimischer Bauer betreibt, kennt man nicht. Es fehlen hierzu auch wohl die erforderlichen Kräfte und landwirtschaftlichen Maschinen. Große Flächen bleiben liegen und werden nicht bearbeitet. Unser Bauer holt aus seinem Boden sicherlich das 3 - 4-fache herauf. Der Boden der Ukraine ist gut und besteht zum großen Teil aus Schwarzerde (Humus); aber auch der beste Boden versteppt, wenn ihm nichts zugeführt, sondern nur entzogen wird. Dieses Land müssen wir gewinnen, und das können wir nur, wenn hier bestes deutsches Blut angesetzt wird.


    Der Krieg hat auch hier seine Spuren hinterlassen. 30 - 40 zerschossene Panzer liegen am Wege nebst unzähligen zerstörten Bunkern. Dieses ungeheure Land hat der Infanterist zu Fuß und kämpfend durchschritten. Welch gewaltige, einmalige Leistung!



    Saporoshje, den 08.06.1943

    Gestern war ich zu faul, um zu schreiben. Ich hatte Wache von 22.00 bis 7.00 Uhr. Der Dienst ist nicht leicht, denn bei sich steigender Hitze stundenlang mit der MP auf Posten zu stehen, bedeutet schon eine Leistung. Es klappt aber alles tadellos. - Über Kasatin sind wir in Kiew gelandet.


    Kiew ist die Hauptstadt der Ukraine. In Vorkriegsjahren rund 800.000 Einwohner, jetzt nach vorsichtigen Schätzungen etwa 200. - 230.000. Hin und wieder greift in letzter Zeit der Russe nachts mit Flugzeugen an. - Auf der Strecke von Fastow nach Kiew wurde etwas unsanft ein Russe, der sich im Gestänge des Zuges verborgen hielt, entfernt. Allgemeines Bedauern, das Mitfahren soll landesüblich sein. Einige Tage vorher war in diesem Bezirk noch ein Urlauberzug in die Luft gesprengt worden. Ich bin der Ansicht, dass gerecht, aber mit Härte gegen die Russen verfahren wird. Es scheinen sich zwei Meinungen zu stoßen; die eine ist für individuelle und humane Behandlung und die andere für Härte. Welcher Weg der richtige ist, wird die Folge lehren.


    Was mich immer wieder tief beeindruckt, ist die ungeheure Weite.


    Von Kiew sind wir über Fastow, Bobrinskaja nach Dnjepropetrowsk gelangt, das wir um Mitternacht passierten. Seit 8.00 Uhr früh liegen wir in Saporoshje. Der Sowjet stand im Frühjahr 50 km vor der Stadt. Saporoshje liegt am Dnjepr, der in einer Breite von 1,5 - 2 km vorbeifließt. Der Minister hat mit seiner Begleitung den Wagen verlassen.



    Halbstadt, den 09.06.1943

    In Saporoshje habe ich einige Stunden Stadturlaub, die ich ausnutze, um mich mit den sowjetischen Verhältnissen näher zu beschäftigen. Saporoshje zählt immerhin einige hunderttausend Einwohner. Entsetzlich das äußere Erscheinungsbild. Tief ausgefahrene und ausgeschwemmte Sandwege durchziehen die Stadt. Kleine und erbärmliche Wohnhäuser, die zum Teil aus nur einem Raum bestehen, säumen die Straßen. Ganz unregelmäßig liegen inmitten der Stadt bestellte Felder und Brachland. Durch die Mitte der Stadt fährt eine Straßenbahn, die Saporoshje, mit dem Staudamm verbindet. Wir benutzen sie, um uns den Staudamm mit seiner Kraftanlage, die die zweitgrösste der Welt sein soll, anzusehen. Der Anblick lohnt sich. Hier ist durch Masseneinsatz der Sowjets etwas geschaffen worden. Der aufmerksame Beobachter stellt jedoch gewisse Verfallserscheinungen fest. Nun ist dieses gewaltige Werk auch unseren Zwecken nutzbar. - Ein Bad im Dnjepr erfrischt uns ausserordentlich. -


    Dem Staudamm vorgelagert ist eine typisch sowjetische Propagandasiedlung, die von einem Juden Weber, der in Deutschland sesshaft war, gebaut sein soll. Stiellose quadratische Häuserblocks von 4 - 5 Etagenhöhe und große Verwaltungsgebäude sowie eine einige hundert meter lange Asphaltstraße sollen Wohn- und Baukultur der Sowjets verherrlichen. Abscheulich!


    Um 0.15 Uhr sind wir von dieser wenig schönen Stadt abgefahren und treffen in Halbstadt, einer volksdeutschen Siedlung, ein. Großer Empfang! Der Reichsminister schreitet die Front eines zur Front fahrenden Bataillons ab. Abfahrt zur Besichtigung, Besprechung und mehr.


    Heute Abend geht es weiter nach Melitopol, wo wir 3 Tage liegen bleiben.



    Melitopol, den 11.06.1943


    Kurzer Hand hat die UdSSR 3 Privatgüter enteignet und sie zu einer Sowchose zusammengeschlossen. An Grund und Boden umfasst dieses Staatsgut 1.700 ha. 270 ha werden mit Getreide bepflanzt, ein großer Teil ist Brach- oder Wiesenland. Der Rest dient einer gewaltigen Obstbaumkultur. Schätzungsweise sind 10.000 Kirsch- Aprikosen- und Walnussbäume angepflanzt.


    Von freundlicher Hand wird uns hiesiger Wein kredenzt, der leicht bekömmlich ist. Ein Bad im nahen Fluss erfrischt uns herrlich. Heiteres Spiel und Bandoneonmusik erfreuen uns. Als Abschluss werden Kirschen in rauhen Mengen gereicht.


    Eine Besichtigung des Gutes deckt alle Mängel auf, die unter dem bolschewistischen Regime eingetreten sind. Die Stallungen verfallen und dreckig. In den gutseigenen Reparaturwerkstätten, wie Schmiede, Stellmacherei und Schlosserei, wird mit primitivsten Werkzeugen gearbeitet. Die landwirtschaftlichen Maschinen sind im schlechten Zustande.

    Die Unterkünfte der Sowchosen-Angehörigen sind abscheulich. Die Aufenthaltsräume der Ledigen sind verdreckt und verwahrlost. In einem Raum von 2.20 x 3.50 m schlafen 14 Mann. Einige Bretter, belegt mit Heu oder Gras, ruhen auf einigen Mauersteinen und dienen als Liegestätte. Die Verheirateten verfügen über einen Raum, in dem gekocht, geschlafen und gewohnt wird. Lediglich im Sommer dient eine Feuerstätte im Freien als Kochherd. Dreck über Dreck, ein Gestank, nicht zum Aushalten! Ich möchte einmal die ewigen Meckerer und Kritikaster hier haben und Ihnen den Bolschewismus in Reinkultur vorführen.


    Heute habe ich mir notgedrungen von einem Russen das Haar schneiden lassen. Ein Holzschemel, ein blinder Spiegel und ein nicht einwandfreier Russe. In der Not frisst der Teufel Fliegen. Die Hitze bereitet uns einige Schwierigkeiten! Heute sind es 50 Grad!



    Fortsetzung folgt …

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    Nikopol, den 14.06.1943


    Pfingstmorgen auf russischem Gebiet! Von 1.00 - 3.00 Uhr stehe ich Posten. Die Nacht ist dunkel, unendliche Ruhe lagert über die Weite. Um 2.15 Uhr wird es licht, um 2.30 Uhr ist es hell.


    Meine Gedanken sind in der Heimat! Wie begrüßten wir mit hellem Jauchzen das Pfingstfest, das uns hinauszog mit Frau und Kind in die Felder und Wälder. Der Brauch des Birkenbaumpflanzens - hier ist alles anders -.


    Der Minister empfing den Generalbevollmächtigten für den Arbeitseinsatz, Gauleiter Sauckel und hatte in Gegenwart des Reichskommissars, Gauleiter Koch, der uns seit Rowno begleitet, eine Besprechung.


    Um 7.00 Uhr fahren wir von Melitopol ab. Standartenführer Dr. Marquardt sitzt irgendwo in der Steppe, er hat Pech gehabt. Er wird auf der Fahrt wieder zu uns stoßen.


    Über Popowo, Ussel und Apostolowo erreichen wir Nikopol. Ussel verfügt über eine beachtliche Industrie. -


    Kurz darauf überqueren wir unseren alten Bekannten, den Dnjepr. Ein landschaftlich schönes Bild. Ich denke unwillkürlich an so manchen Abend zurück, wo von fern die schwermütigen und getragenen Weisen der russischen Volkslieder an unser Ohr schlugen. In ihnen kommt die ganze Weite und Schwere des Raumes und damit die Lebensauffassung des Russen zum Ausdruck. -


    Die schulischen Aufgaben werden zielbewusst angepackt. Die Schulpflicht ist eingeführt und erfasst vorläufig alle jüngeren Jahrgänge. Planmäßig wird gearbeitet und weiter aufgebaut. Es besteht aber ein erheblicher Lehrermangel. Dieses Problem bereitet ja auch im Altreich Kopfzerbrechen.


    Die ärztliche Betreuung ist dagegen noch unvollkommen. Z. Zt. stehen dem hiesigen Distrikt ein Mediziner und ein Zahnarzt vor.


    Der Distrikt entspricht der Größe Thüringens. Heute geht es weiter über Dolginzewo nach Kriwoi-Rog, dem Eisen- und Erzgebiet. Mit der Ankunft in Kriwoi-Rog am 14.06.43 um 23.00 Uhr gehen die Pfingsttage zu Ende.



    Nikolajew, den 16.06.1943

    In Kriwoi-Rog ballt sich die ukrainische Eisen- und Stahlindustrie zusammen. Großzügige bolschewistische Verhüttungs- und Industrieanlagen stehen uns ausschließlich zur Verfügung. Nach einigen Stunden Aufenthalt geht es über Dolinskaja und Chersson durch leicht hügeliges und gut bestelltes Land Nikolajew entgegen. Ein herrliches Bild, wohl das bisher schönste, bietet sich unserem Auge. Der Bug umschließt in einer Breite von einigen km Nikolajew. In majestätischer Ruhe unter Bildung eines Deltas fließen seine Wasser dem Schwarzen Meer entgegen, das am Horizont aufblinkt. Einige versenkte Dampfer und zerstörte Kaianlagen lassen die Härte des Kampfes vermuten. Ein bolschewistisches Schlachtschiff von 35.000 t liegt unfertig auf Stapel und wird von uns abgewrackt.


    Der Minister ist auswärts. Die jüngeren Kameraden sind einer Einladung des Brigadeführers Zimmermann gefolgt. Ich stehe Wache. Die Außensicherung ist von der Polizei übernommen. Nacheinander fallen einige Schüsse.



    Winniza, den 17.06.1943

    Über Dolinskaja, Bobrinska, Miranowka, Fastow sind wir in Winniza gelandet.


    In Bobrinskaja ist seit einem Jahr ein Ausbesserungswerk der Reichsbahn entstanden. Hier arbeiten jetzt rund 8.000 Männer und Frauen der Ukraine. Die Arbeitsleistung soll nach Angaben eines fachkundigen Eisenbahners 30% der deutschen betragen. Die Ukrainer sind faul und müssen angetrieben werden, denn gewisse Widerstände machen sich durch die Selbständigkeitsbestrebungen der Ukrainer bemerkbar. Sabotageakte kommen hin und wieder vor. -


    Winniza ist eine Stadt von rund 80.000 Einwohnern. Heute sollen noch 40. - 50.000 vorhanden sein. Es dürfte bekannt sein, dass in dieser Stadt der Nichtangriffs- und Konsultativpakt mit den Sowjets geschlossen wurde. Hier befand sich ebenfalls während der Ostoperation das Führerhauptquartier.


    Ein grausiger Fund in Winniza bestätigt wieder einmal den bolschewistischen Blutterror. In großen Massengräbern sind vor einigen Tagen 2.000 durch Genickschüsse erledigte und gefesselte Ukrainer gefunden. Die grausigen Funde stammen nach ärztlichen Feststellungen aus dem Jahre 1938. Die Bevölkerung versucht an Kleidung oder sonstigen Merkmalen ihre Angehörigen herauszufinden. Ein pestialischer Leichen- und Verwesungsgeruch schwängert die Luft. Mit eigenen Augen konnte ich mich überzeugen. Abscheulich! Bolschewistischer Blutterror!



    Dubno, den 20.06.1943

    Wir sind auf der Rückreise und nähern uns mit Riesenschritten Wien.


    Von Winniza sind wir bis Rowno ohne Unterbrechung durchgefahren. Nur ab und zu Aufenthalt auf der Bahnstrecke. Die letzte Strecke führt durch berüchtigtes Partisanengebiet. Erhöhte Alarmbereitschaft! Mehrere gesprengte und vollkommen ausgebrannte Eisenbahnzüge liegen auf der Strecke. Der russische Nachrichtendienst, der sonst gut sein soll, muss versagt haben, denn sonst hätten sie uns wohl hochgehen lassen. Einige 1.000 Partisanen treiben sich in den Wäldern umher, ohne dass der Sicherheitsdienst ihrer habhaft werden kann. Von einem Staatsgut sind z. B. 160 Stück Großvieh weggetrieben, ein Kornlager ist vollständig ausgeräumt. Ganze Dörfer sind als Partisanenschlupfwinkel anzusprechen. Hier wird nur der Einsatz regulärer Kampftruppen Erfolg verbürgen.


    Morgen gegen Mittag hoffen wir, in Wien zu sein.



    Wien, den 21.06.1943

    Harmonie, Kultur und Musik! Das ist Wien.


    Von Rowno über Brody, Przemysl, Tarnow, Lemberg, Krakau, Oderberg, Mährisch-Ostrau, Lundenburg um 13.00 Uhr in Wien.


    Wir freuen uns, wieder in Deutschland zu sein, es gibt nur ein Deutschland.


    Planvoll angelegte Industrie, gut und intensiv bearbeitete Felder, anständig und sauber gekleidete Menschen, gepflegte Straßen und schmucke Häuser!


    Keine elenden Strohkaten, keine protzigen, bolschewistischen Bauten, keine zerlumpten, slawischen Gestalten, keine bettelnden Kinder und kein Brachland!


    Deutschland, wir lieben dich!



    Wien, den 22.06.1943

    So habe ich mir Wien vorgestellt! Kultur und Musik!


    Das Schloss Belvedere mit seinen kunstvollen Gartenanlagen. Höchste handwerkliche Kunst findet hier ihren Niederschlag. Das Burgtheater und die Oper, alte kulturelle Traditionsstätten. Das kaiserliche Schloss und die erhabene Schönheit des Schlosses Schönbrunn. Das Parlament und der Stephansdom in rein gotischem Baustil. Das Auge hängt wonnetrunken an den Schönheiten dieser Stätte. Flüchtig, nur allzu flüchtig nehmen wir alles in uns auf.


    „Charmant und elegant wie eine Wienerin" - dieses alte Wort findet seine Bestätigung. Was Düsseldorf im Altreich ist, ist in viel größerem Maße Wien in der Ostmark.


    Ich will nur hoffen, dass mich mein Weg noch einmal nach Wien führt, um in beschaulicher Muße die Schönheiten der Stadt zu genießen.



    Linz, den 22.06.1943

    Der Abschied von Wien ist nicht leicht gewesen! Um 20.30 Uhr durchfahren wir Linz und nähern uns der früheren Grenze bei Passau.


    Die frühere Ostmark ist schön. Herrliche Wälder mit schönen Dörfern und Städten. Die Donau fließt im schwingenden Wirbel zu Tal.


    Die Kornkammer Niederdonau versorgt die gesamte Ostmark. Die bäuerlichen, schieferbedeckten Höfe fügen sich dem Landschaftsbild gut ein. Von Passau über Regensburg, berühren wir Leipzig und treffen in Berlin am 23.06.1943 um 10.45 Uhr ein.



    Berlin, den 23.06.1943

    Wieder in Berlin! Rund 6.500 km sind im Sonderzug zurückgelegt!


    Zum letzten Male tritt die Wache heraus, um den Reichsminister Meldung zu erstatten. Der Reichsminister dankt und spricht uns seine Anerkennung aus.


    Unsere Aufgabe ist damit erledigt! Wir stehen nun wieder der Standarte „Feldherrnhalle" oder der Panzer-Grenadier-Division „Feldherrnhalle" zur Verfügung, um an anderer Stelle für Führer und Volk unsere Pflicht zu tun.



    Ende


    Quelle siehe Post #7


    Gruß

    Antje

    Ich suche Informationen über das:
    Kriegslazarett in Bromberg Zeitraum Januar - Ende Februar 1942 und das
    Kriegslazarett Königsberg Januar 1943. :whistling:

  • Liebe Antje,


    vielen Dank! Die erste Primärquelle! Vielleicht könntest du aber, um es ein wenig nutzerfreundlicher zu gestalten, die "Soundscapes" hervorheben, z. B. durch eine andere Farbe!


    Aber genau solche Dokumente, Berichte usw. sollen hier reingestellt werden!


    Danke nochmals!


    Liebe Grüße,


    Alex

  • Lieber Alex,


    hmmm daran hatte ich gedacht, aber wir Menschen sind so unterschiedlich und da wo ich Klang sehe/höre sieht es jemand anders vielleicht nicht? außerdem würde ich sehr viel in dem Dokument anstreichen. Angefangen von der Anspannung und Aufregung, Verkehrslärm, das rattern des Zuges, das klappern des Geschirrs und und und


    Ähm meinst du es wäre ok, wenn ich es beim nächsten Mal beachte?


    Gruß

    Antje

    Ich suche Informationen über das:
    Kriegslazarett in Bromberg Zeitraum Januar - Ende Februar 1942 und das
    Kriegslazarett Königsberg Januar 1943. :whistling:

  • Hallo zusammen,


    anbei mal etwas zur 8,8 cm Flak:


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    Gruß

    Michael