Hallo zusammen,
mein Opa Hartmut, meine Uroma Herta und ihre Schwestern nebst Kindern, alle in Breslau geboren, mußten ebenfalls ihre Heimat verlassen.
Die Stadt wurde am 21. Januar von Gauleiter Hanke offiziell zur Festung erklärt. Nur wer zur Verteidigung der Stadt taugte, durfte bleiben. Der plötzliche Räumungsbefehl traf Hunderttausende Zivilisten. Da es zu wenig Züge für den Abtransport gab, spielten sich auf den Bahnhöfen tragische Szenen ab.
So traf es auch Herta und ihre Schwestern. Den mehrmaligen Aufforderungen der NSDAP Ortsgruppe, Breslau zu verlassen, kamen die Schwestern nicht nach - aus gutem Grund!
Sie wollten ihr Zuhause nicht hergeben!
Am 4. Februar 1945 wurden sie ein letztes Mal aufgefordert, sich einen Sammeltransport für Mütter mit Kindern anzuschließen. Mit dem Nötigsten im Gepäck, fanden sich Herta, ihre Schwester Margarete und die vier Kinder der beiden Frauen am 5. Februar 1945 auf dem Bahnhof ein. Während Frauen, alte Menschen und Kinder die Stadt verlassen mussten, wurde allen tauglichen Männern zwischen 16 und 70 Jahren die Flucht verwehrt. Sie bekamen den Befehl, sich dem Volkssturm anzuschließen und die Stadt bis zum Letzten zu verteidigen.
So erging es beinahe Margaretes 13-jährigen Sohn Manfred (Cousin meines Opas). Aufgrund seines jugendlichen Aussehens, wollte man auch ihn zum Verteidigungskampf Breslaus dabehalten. Die Schwestern wiesen eindringlich darauf hin, dass im Falle der Ausreiseverweigerung Manfreds, die Frauen ebenfalls die Reise nicht antreten werden. Damit gelang es den Schwestern, dass Manfred bei seiner Familie bleiben durfte.
Nun war es soweit „Lebe wohl!“ zu sagen. Mit „unbekanntem Reiseziel“ stiegen die beiden Schwestern mit ihren Kindern am 5. Februar 1945 in den Zug und begaben sich auf eine Reise ohne Wiederkehr. Während ihrer Reise ins Reichsinnere wurde der Zug aufgrund von Fliegeralarm plötzlich gestoppt. Man trennte die Lok von den Waggons und brachte sie in Sicherheit. Die Passagiere blieben sich selbst überlassen. Nach unzähligen Stunden kehrte die Lok zurück und die Reise – noch immer mit „unbekanntem Ziel“ - wurde über Dresden fortgesetzt. Drei Tage und drei Nächte verbrachten die Frauen und Kinder im Zug, bis sie völlig erschöpft am 8. Februar 1945 nach 450 gefahrenen Kilometern in „Thüringen“ ankamen.
Eine Woche später und sie wären womöglich alle bei den Luftangriffen auf Dresden ums Leben gekommen.
Allein der Gedanke ruft eine Gänsehaut bei mir hervor!
Die kommende bitterkalte Nacht verbachten die Schwestern mit ihren Kindern auf den mit Stroh ausgelegtem Boden der Schleizer Turnhalle, die zum Auffanglager der Geflüchteten umfunktioniert wurde. Am nächsten Tag kamen Bauern aus den umliegenden Dörfern mit ihren Schlitten, um die Menschen in ihr neues Zuhause zu bringen. Am 9. Februar 1945 erreichten Herta, Margarete und die Kinder Hartmut, Manfred, Klaus und Uwe nun endlich ihren neuen Wohnort Volkmannsdorf bei Schleiz.
Mein Opa hat diese Erlebnisse bis heute nicht verarbeitet. Dieses Kapitel existiert für ihn nicht mehr. Sein Cousin Uwe, den ich letztes Jahr besuchte, konnte sich an die Flucht noch sehr gut erinnern. Von ihm stammen diese Informationen.
Hertas zweite Schwester fuhr mit einem anderen Zug ebenfalls gen Westen. Irgendwo in Sachsen stoppte dieser. Uwe erzählte mir, dass Erna und ihre Kinder wochenlang zu Fuß unterwegs waren, bis sie Hamburg - ihren neuen Wohnort erreicht hatten.
Unvorstellbar, was für Torturen diese Frau mit zwei kleinen Kindern auf sich nahm!
Die Geschichte meiner Familie ist hier sicherlich falsch platziert. Ich las die Worte "Breslau" und "Flucht" und schon kam es über mich, von unserem Schicksal zu berichten. Ich bitte um Verzeihung, bzw. Löschung des Beitrags, falls dieser nicht hier her passt.
LG Hermine
Edit: Kurt und Hans Kuhn sind zwei der drei Brüder meiner Uroma.
auf dem Bild ist der Bruder meiner Uroma zu sehen (Kurt Kuhn / Angehöriger der Marine). Ich bin zwar kein Experte, aber ich möchte dennoch versuchen, durch eigene Recherchen, meine Fragen beantworten zu können. Natürlich gelingt mir das nicht immer. Daher die Frage an euch:
Liege ich damit richtig, daß ich auf der Uniform den Dienstgrad "Kapitänleutnant" und das "Spanienkreuz ohne Schwerter" erkenne?
LG Hermine