Hallo Allerseits,
Abschrift und Bearbeitung!
Der Oberbefehlshaber des Heeres
B 14 g 10 AHA/Allg H II a
Nr. 2238/36 geheim
Berlin W 35, den 01.08.1936
Der Reichskriegsminister und Oberbefehlshaber der Wehrmacht
Nr. 798/36 WR V
Berlin W 35, den 04.07.1936
Bekämpfung der Mißhandlung Untergebener
Ich habe Veranlassung, an meine wiederholten Weisungen zu erinnern, der Mißhandlung von Untergebenen mit aller Schärfe entgegenzutreten.
Ebenso wie es die militärischen Vorgesetzten, vor allem die verantwortlichen Disziplinarvorgesetzten, schon von sich aus als ihre besondere Pflicht betrachten werden, die ordnungsgemäße Behandlung ihrer Untergebenen zu überwachen und sicherzustellen, ist es Aufgabe aller an der Strafrechtspflege der Wehrmacht beteiligten Stellen, da, wo trotzdem Verfehlungen vorgekommen sind, rasch und ohne Rücksicht auf Person und Stellung des Schuldigen durchzugreifen.
Jede Mißhandlung erschüttert nicht nur das soldatische Ehrgefühl und die Dienstwilligkeit des unmittelbar Betroffenen selbst, sondern gefährdet darüber hinaus die Wehrfreudigkeit überhaupt. Diese aber ist die tragende innere Grundlage jeder allgemeinen Wehrpflicht.
Es läßt sich kaum ein vernichtenderes Urteil denken, als wenn in einem mir in letzter Zeit bekannt gewordenen Fall fast alle Angehörigen einer Korporalschaft, die sich trotz ihres vorgerückten Alters (von 30 bis 45 Jahren) zu freiwilligem Wehrdienst gemeldet hatten, übereinstimmend erklärten, dass sie schon kurze Zeit nach ihrem Einrücken infolge der ihnen durch den betreffenden Vorgesetzten zuteil gewordenen Behandlung keinen anderen Wunsch mehr hätten als den, möglichst bald vom Militär nichts mehr zu hören und zu sehen.
Auf der anderen Seite muss es aber auch ausgeschlossen sein, dass ein Gericht der Wehrmacht in der Meldung eines Untergebenen, der von einem Vorgesetzten in das Gesäß getreten war, nur den Ausdruck eines “überspitzten zivilistischen Ehrgefühls" sehen zu können glaubt.
Ein Vorgesetzter, der trotz der ständigen Belehrungen und Hinweise durch alle militärischen Stellen einen Untergebenen mißhandelt, bekundet damit über die Mißhandlung als solche hinaus nicht nur seine eigene Mißachtung des Dienstbefehls, sondern erschüttert auch in seinem Untergebenen die Achtung vor diesem Befehl. Denn sein Verhalten kann und muss in den Untergebenen den Eindruck erwecken, als ob Befehle nicht von allen Soldaten gleichheitlich zu beachten seien. Daneben ist es ein Zeichen einer durchaus unmännlichen und unsoldatischen Gesinnung, die Gebundenheit des Untergebenen zu einer Mißhandlung auszunützen.
Es ist mir daher nicht verständlich, wenn in einem Fall, in dem ein Vorgesetzter durch lange Zeit seine Untergebenen mißhandelt hatte, entgegen dem Antrag des Vertreters der Anklage statt auf Gefängnis nur Festungshaft erkannt wurde und dieses Urteil unangefochten blieb. Für Vorgesetzte, die überlegt ihre Leute "schinden", gibt es nur eine Strafe: Gefängnis in ausreichender Höhe!
Besondere Bedenken erregt auch die zum Teil hervortretende Neigung von Gerichten, die Grenzen der Mißhandlung von Untergebenen auf der einen Seite und der von bloß vorschriftswidriger Behandlung oder tätlicher Beleidigung auf der anderen zugunsten dieser letzteren Tatbestände zu verwischen.
Es ist rechtlich wie militärisch gleich unhaltbar, wenn ein Gericht zwar feststellt, dass ein Vorgesetzter durch teils kräftige, teils schwächere Ohrfeigen seine Untergebenen habe “züchtigen" wollen, ihn aber gleichwohl nicht der Mißhandlung von Untergebenen, sondern nur ihrer tätlichen Beleidigung schuldig spricht und deswegen noch dazu nur auf gelinden Arrest erkennt.
Ebenso unmöglich ist es, wenn ein anderes Gericht einen Vorgesetzten, der durch Monate hindurch fast alle Rekruten seiner Korporalschaft mißhandelt hatte, nur zu gelindem Arrest verurteilt und dies u. a. damit zu begründen versucht hat, dass die Untergebenen diese Ohrfeigen usw. nicht als Beleidigung, geschweige denn als Mißhandlung, sondern nur als Aufmunterung und zum Teil sogar als verdient wegen ihrer Unwissenheit und Unaufmerksamkeit empfunden hätten.
Die angegebenen schweren Schädigungen verpflichten jedes Gericht, besonders sorgfältig zu prüfen, ob tatsächlich ein minder schwerer Fall angenommen werden kann. Es muss daher grundsätzlich ausgeschlossen sein, Mißhandlungen von Untergebenen im Weg der Strafverfügung abzuurteilen. Ebenso ist zu fordern, dass die Urteilsgründe ersehen lassen, ob das Gericht sich mit der Frage der als Nebenstrafe auszusprechenden Dienstentlassung überhaupt befasst hat.
Macht es eine wirksame Strafrechtspflege schon allgemein notwendig, der Tat möglichst rasch das Urteil und diesem wieder möglichst rasch die Verbüßung der Strafe folgen zu lassen, so ist eine solche Beschleunigung gerade in den hier in Frage stehenden Fällen in erhöhtem Maß schon aus militärischen Gründen geboten.
Es ist mir daher auch nicht verständlich, wenn die Strafvollstreckung mit der Begründung aufgeschoben werden konnte, dass die Verbüßung der vom Gericht erkannten Freiheitsstrafe während der Feiertage für den Verurteilten “eine zusätzliche Härte" bedeuten würde, - dies noch dazu in einem Fall, in dem der betreffende Vorgesetzte selbst jedes Verständnis und jede Rücksicht auf das Wohlbefinden seiner Untergebenen hatte vermissen lassen.
Ich mache es daher erneut allen militärischen Vorgesetzten und allen an der Strafrechtspflege der Wehrmacht beteiligten Stellen zur Pflicht, rücksichtslos gegen jede Mißhandlung von Untergebenen einzuschreiten.
Von den Vertretern der Anklage muss ich verlangen, dass sie in allen Fällen Strafen beantragen, die nach Art und Maß sowohl dem Ehrgefühl usw. des Verletzten wie den Notwendigkeiten der Wehrmacht selbst ausreichend Rechnung tragen.
Von den Gerichtsherren erwarte ich, dass sie, soweit gesetzlich möglich, durch Anrufung eines höheren Gerichts da entsprechende Bestrafung zu erreichen suchen, wo das Urteil des Vordergerichts offensichtlich den obigen Gesichtspunkten nicht genügend Rechnung getragen hat.
Ich bitte, zu veranlassen, dass dieser Erlass zum Gegenstand der Belehrung durch alle Disziplinarvorgesetzten gemacht und allen Gerichten der Wehrmacht bekannt gegeben wird.
von Blomberg
Auf den letzten Absatz vorstehenden Erlasses wird besonders hingewiesen.
Verteilung der Nebenabdrucke hat unter "Geheim" nur bis zu den Bataillonen usw. einschließlich und an die Gerichte zu erfolgen.
I.A.
Heinrici
Quelle: germandocsinrussia
Gruß
Antje
P.S In diesem Forum gibt es im Bereich der SS das gleiche Thema.