Leistungssteigerung und Verhütung von Gesundheitsschäden - Merkblatt

  • Hallo Allerseits,


    Abschrift und Bearbeitung!


    Richtlinien zur Leistungssteigerung und zur Verhütung von Gesundheitsschäden


    Die Beschränkung der allgemeinen Ernährungslage in Verbindung mit gesteigerter, zwangsläufig bedingter Mehrarbeit im Kriege erfordert von jedem einzelnen eine Ausrichtung seiner Lebensgewohnheiten nach allgemein anerkannten Gesundheitsregeln. Die Einhaltung derartiger allgemeiner Gesundheitsregeln ist gerade auch für geistige Arbeiter von besonderer Wichtigkeit, wenn sich erschwerende Lebensbedingungen auf längere Zeit erstrecken.


    Die im folgenden kurz zusammengefassten Gesundheitsregeln sollen dem geistigen Arbeiter, der bei der Beschränkung der heutigen allgemeinen Ernährungslage zu intensiver dauernder Arbeitsmehrleistung gezwungen ist, als Richtlinien zur eigenen Lebensgestaltung dienen, um vorzeitigen „Abbau der Kräfte" zu verhindern.


    1. Wenn sich bei Menschen, die unter den augenblicklichen Verhältnissen in verantwortlicher Stellung am Schreibtisch tätig sein müssen. Anzeichen herabgesetzter Leistungsfähigkeit, Mattigkeit, Gewichtsabnahme und nervöse Erregbarkeit einstellen, so ist das nicht etwa ausschließlich als Folge zu geringer Nahrungszufuhr anzusehen. Ebensowenig sind daher Erscheinungen etwa durch zusätzliche Nahrungsmittel ohne weiteres zu beheben.


    2. Hinsichtlich der Ernährung kommt es vielmehr in erster Linie darauf an, dass die ganze Nahrungsaufnahme so zweckmäßig wie irgend möglich erfolgt. Dazu gehört vor allem folgendes:


    a) Moderne, schonende Zubereitung unter möglichster Erhaltung der Vitamine und Nährsalze durch Vermeiden jeglichen „Totkochens", Mitverwenden des Kochwassers bei Gemüse, Verwenden frischer Würzkräuter, Rohverzehr oder Rohbeimengung geeigneter Gemüse usw., soweit Geschmack und Verträglichkeit bei sitzender Lebensweise es zulassen.


    Hingewiesen sei schon jetzt auf Rohgenuss des kommenden Beerenobstes usw., zur Zeit als Ersatz „Studentenfutter" u. a.


    b) Je seltener der einzelne Gelegenheit hat, seine Mahlzeiten zu Hause einzunehmen, um so mehr muss gerade dort dafür gesorgt werden, dass die Speisen vor dem Verzehr frisch zubereitet werden. Im aufgewärmten Essen sind vor allem die Vitamine weitgehendst zerstört. Die unter a genannte schonende Zubereitung ist zur Zeit bei den Gaststätten leider noch nicht annähernd soweit Allgemeingut geworden wie z. B. bei den Truppenküchen. Um so mehr muss daher in Gestalt der zu Hause genossenen Mahlzeiten ein Ausgleich geschaffen werden.


    c) Die Mahlzeiten müssen, soweit möglich, zu regelmäßigen Zeiten und ohne die allgemein übliche Hast eingenommen werden. Es ist klar, dass das besonders im Kriege nicht immer durchführbar ist. Um so mehr müssen die Tischzeiten aber dann innegehalten werden, wenn es möglich ist, und im allgemeinen wird es trotz der Arbeitsanhäufung möglich sein. Eine vorübergehende Unregelmäßigkeit der Lebensführung hält der gesunde Mensch ohne weiteres aus. Wird aber diese Unregelmäßigkeit, wie es bekanntermaßen an zahlreichen Stellen seit Jahren der Fall ist, gewissermaßen zur Regel, dann lässt sich das der Körper der meisten Menschen nicht gefallen und muss dann versagen, wenn eine zusätzliche Belastung eintritt, also gerade im entscheidenden Augenblick.


    3. Was in 1c über die Mahlzeiten gesagt wurde, gilt darüber hinaus auch für die gesamte Lebensführung. Je weniger dem Körper am einzelnen Tage sowohl wie im Laufe der Monate und Jahre die notwendigen Erholungspausen gegönnt werden, um so mehr sinkt die Durchschnittsarbeitsleistung in der Zeiteinheit ab. Die alte Regel des preußischen Exerzierreglements aus der Zeit vor dem Weltkriege „der richtige Feldsoldat nutzt jede verfügbare Zeit zum Schlafen aus", gilt - natürlich nur sinngemäß auch für den Bürosoldaten.


    Den Stunden und Zeiten konzentrierter Arbeit müssen solche der Erholung und Entspannung gegenüberstehen. Wenn, wie das heute sehr oft vorkommt, die Arbeit gleichsam ohne Pause über den ganzen Tag verteilt wird, so wird damit nicht etwa wesentlich mehr geschafft, sondern es leidet, wenigstens bei der überwiegenden Mehrzahl aller Menschen, nicht nur die Gesundheit, sondern auch der Arbeitseffekt, was wiederum durch das daraus folgende Gefühl des Unbefriedigtseins schädlich auf das Allgemeinbefinden einwirkt.


    4. Wie im Weltkriege, wird auch jetzt wieder sehr häufig versucht, durch gesteigerten Nikotingenuss einen Ansporn auf die Leistungsfähigkeit auszuüben, aufkommende Müdigkeit zu bekämpfen oder innere Erregtheit zu betäuben. Dabei wird aber übersehen, dass das Nikotin in seiner Eigenschaft als Herz- und Blutgefäßgift ein sehr schädliches Reizmittel, wenn nicht das schädlichste von allen ist. Dazu kommt die Versuchung, die Mengen infolge Gewöhnung immer mehr zu steigern, was im Weltkrieg recht erhebliche Nervenzerrüttungen zur Folge hatte, so dass vor Ähnlichem nicht genug gewarnt werden kann.


    5. Auch vor Pervitin, Coffein und ähnlichen Mitteln wie Cola usw., muss bis auf besondere vom Arzt zu bestimmende Anwendungsgebiete und Anwendungszeiten, in denen das Mittel vorübergehend verabfolgt wird, eindringlich gewarnt werden. Keine Bedenken bestehen dagegen bei Mitteln, die keine eigentlichen Reizstoffe enthalten, wie z. B. Lezithinpräparate, Zuckerstoffe wie Dextroenergen u. a. sowie reine Vitaminpräparate aus natürlichen Rohstoffen wie z. B. Vitamultin.


    6. Zusammenfassend ist zu sagen, dass den erhöhten Pflichten der Jetztzeit, besonders des Krieges auf die Dauer nur dann genügt werden kann, wenn Arbeit, Zeiteinteilung und Nahrungsaufnahme so zweckmäßig wie möglich gestaltet und jede sinnwidrige zusätzliche Belastung des Körpers durch Genussgifte und Reizmittel unbedingt vermieden wird.


    Quelle: Laufende Befehle; Berlin, den 21.06.1940 Blatt 44


    Gruß

    Antje

    Ich suche Informationen über das:
    Kriegslazarett in Bromberg Zeitraum Januar - Ende Februar 1942 und das
    Kriegslazarett Königsberg Januar 1943. :whistling:

  • Hallo,

    liest sich alles ganz schön, Nur die Praxis, wie wir wissen, sah bei der Mehrzahl der Wehrmachtsangehörigen, gerade bei den Fronttruppen, anders aus. Speziell, was später die Ostfront betraf und den Einsatz von Stimulanzien, wie Pervitin.

    Dem Landser reichte es schon, wenn er mal wieder richtig satt wurde. Ob da genügend Vitamine bzw. Gemüse enthalten war, interessierte erst in 2. Linie.

    In der Etappe, weit im Hinterland, ließen es sich die höheren Chargen schmecken.

    Auch die Unterschiede zwischen West-und Ostfront waren in dieser Beziehung ebenfalls gravierend.

    1940 allerdings war das noch nicht abzusehen.

    MfG Wirbelwind