Das Kriegsende im Harz April 1945

  • Hallo Wirbelwind,


    ja der sagenumwobene Brocken. Es ist so lange her, dass ich mich mit seiner Geschichte (Goethe, Heine, Anderson, Hexen und Krieg- und Nachkriegsgeschichte) befasst habe. Ich finde gerade nur ein Büchlein von Hans Hoffmann vor, über den Mythos und die Geschichte des Brockens, welches ich mir mal dort im Museum gekauft habe. Nur ein kurzes Kapitel ist dem Kriegsende gewidmet.


    Er berichtet, dass die amerikanischen Befreier wenige Tage vor Kriegsschluss vor allem auf Zerstörung aus waren.


    An Hitlers 56. Geburtstags, den 20. April 1945, näherte sich ( nach dem fatalen Luftangriff vom 17. 4.) die amerikanische 1. Infanterie-Division dem Brocken. Die Ruinen nach dem Bombardement müssen ein schlimmer Anblick gewesen sein. Ich zitiere mal kurz aus dem Buch, was er dazu schreibt:


    Acht Tage zuvor war es Generalfeldmarschall Kesselring noch eingefallen, das Halten des Brockenmassivs zu befehlen, eine Order vom grünen Tisch aus, die an Hitlers Einsatz am Kartentisch erinnert.


    Ulrich Saft rekapituliert, den Kesselring-Befehl im Auge: "Die 11. Armee unterstellte am 13. April die 26. Volks-Grenadier-Division dem VI. Korps des Generals der Infanterie Franz Mattenklott mit dem Auftrag, diese Kräfte zur Verteidigung des Brockens einzusetzen. Die schwachen Reste des Generalmajors Kokott, die Herzberg nicht hatten verteidigen können, waren zu diesem Zeitpunkt gerade auf dem Marsch nach St. Andreasberg. Mit viel Anstrengung hätten sie in einem Tag am Brocken sein können. Aber General Mattenklott war offenbar nicht mehr "bei der Sache" und hatte wohl auch den Überblick über die Lage verloren. So notierte er völlig falsch unter dem 13. April: "Der Kampf ums Brockenmassiv begann. Teile der 26. Volks-Gren-Div. unter Gen. Maj. Kokott unterstellt . . . Am 17.4. fiel der Brocken".


    Angeblich war die gesamte Planung der Verteidigung auf dem Brocken eine taktisch sehr fragliche Sache.


    Die Amerikaner stellten letztendlich fest, dass sich auf dem Brocken kein Deutscher mehr zur Wehr setzte und zogen ab. Denn der Brocken war für sie nicht so wichtig wie etwa das Brandenburger Tor oder der Reichstag in Berlin.


    Quelle: Hans Hoffmann



    Gruß Marga

  • Hallo Marga,

    wie immer Saft dies gemeint haben mag, es entspricht nicht ganz den Gegebenheiten. Am 17.04.45 griffen amerikan. Jabos den Brockengipfel an, mit den bereits erwähnten Ergebnissen. Lt. ZZ-Bericht eines Angehörigen des Luftwaffen-Bataillons ,,Oesau", Herrn Kuhlhoff, wieder gegeben in dem Buch: ,,Zeitzeugen-Der Harz im April 1945" von Zeitfuchs und Schirmer S.216-220, griffen die Amerikaner den Brockengipfel am 20.04.1945 an. Zuerst beschossen amerikan. Panzer in der Nacht zum 20.04.45 den Aussichtsturm an. Sie waren zuvor auf der Brockenstr bis dicht unter den Gipfel vor gefahren. Der ZZ hatte sich dort auf Befehl mit anderen verschanzt. Sie sollten die angreifenden Amerikaner mit Panzerfäusten und Infanteriefeuer bekämpfen. Auf Befehl musste er und ein Kamerad in der Nacht und am Morgen des 20.04,45 Wache vor dem Aussichtsturm schieben. Aus 300 m Entfernung belegten die angerückten Panzer die oberen Schießscharten des Turmes mit Feuer. Aufgrund der Gegebenheiten konnten die Panzer die unteren Schießscharten nicht unter Beschuss nehmen. Einige Panzerfäuste feuerten die Verteidiger ab. Am Morgen des 20.04.45 zogen sich die amerik. Panzer zurück. Kuhlhoff und Holz, sein Kamerad, schlüpften in den Turm, wo sie ermattet niedersanken und in einem tiefen Schlaf fielen. Als sie aufwachten, im Laufe des 20.04.45, erkannten sie, dass sie inmitten toter dt. Soldaten lagen. Außerdem stellten sie fest, dass sie wohl nur noch die einzigen dt. Soldaten auf dem Brockengipfel gewesen sind und natürlich das Ausmaß des nächtlichen Panzerbeschusses. Die anderen waren inzwischen getürmt. Auf der Turmspitze wehte eine weiße Fahne. Kuhlhoff wird noch an Kopf und Hand verwundet, als er versucht, den Brockengipfel zu verlassen. Notdürftig verbunden sieht er beim Abstieg nach Schierke, wie die Amerikaner rechts und links in Schützenreihe auf der Brockenstraße vorgehend, den Gipfel erklimmen. Für ihn interessiert sich erst einmal keiner. Doch er entkommt nicht der Gefangennahme auf der Brockenstraße. Letztendlich bringen ihn die GIs nach einer Erstversorgung ins Lazarett nach Schierke, Am 26.04.45 entwich er von dort, nach dem er erfahren hatte, dass demnächst der Russe das Lazarett übernimmt. Soweit die Erinnerungen von Herrn Kuhlhoff. Wie passt das nun alles irgendwie zusammen?

    Die Kämpfe um den Brockengipfel flauten am Morgen des 20,04,45 ab, nachdem die amerikan. Panzer noch in der Nacht den dt. Verteidigern ordentlich eingeheizt hatten. Die Reste von ihnen türmte am Morgen, nachdem die weiße Fahne am Aussichtsturm gehisst wurde. Die amerikanische Infanterie fand dann einen geräumten Gipfel am 20.04.45 vor. So schließt sich für mich der Kreis. Saft und Hoffmann erwähnten die Kämpfe auf dem Brockengipfel in der Nacht zum 20.04.45 nicht.

    Eine gewisse Bedeutung kam dem Brockengipfel schon zu. Darüber lief bis zu Besetzung der weitreichende Funk der 11. Armee. Nicht umsonst befand sich auf dem Gipfel eine Funkkompanie.

    Die Amerikaner ließen sich es auch nicht nehmen, für ihre 9. Armee eine entsprechende VHP-Relaisstation einzurichten. Diese war dann wohl am 30.04.45 Ziel einer Werwolf-Aktion.

    MfG Wirbelwind

  • Guten Tag Wirbelwind,


    vielen Dank für deine ausführlichen Erläuterungen zu diesen dramatischen Geschehnissen.


    Ich habe mich mal nach Literatur speziell über das Kriegsende im Harz, im Netz umgesehen. Kannst du mir außer des erwähnten Buchs "Zeitzeugen-Der Harz im April 1945" noch ein paar Tipps geben?


    Hier ist noch ein Link mit einer Karte dazu.


    20. April 1945: US-Truppen stürmen den Brocken | NDR.de - Geschichte - Chronologie - Kriegsende



    Gruß Marga

  • Hallo Marga,


    da wäre noch Jürgen Möller: ,,Der Kampf um den Harz 1945", U. Saft: ,,Der Krieg in der Heimat...bis zum bitteren Ende im Harz" sowie Manfred Bornemann: ,,Die letzten Tage in der Festung Harz" und ,,Schicksalstage im Harz. das Geschehen im April 1945". Die Bücher von Saft und Bornemann sind bereits älteren Ursprungs, geben aber trotzdem einen guten Überblick. Das Heftchen von W. Tieke : ,,Aufstellung, Einsatz und Untergang der SS-Panzerbrigade ,,Westfalen" ergänzt noch so manches. Ekkehard Eder mit seiner Broschüre: ,,Das Kriegsende in Osterode am Harz-April 1945" gab mir bisher noch den ein oder anderen Hinweis. Durch diese Publikation bin ich bspw. auf einen zerstörten Jagdtiger gestoßen, der bisher nirgendwo erwähnt wurde. Für 5 Euro+Porto kann man da nicht viel falsch machen. Ansonsten in Zeitungsarchiven kramen. Volksstimme und Harzkurier.


    MfG Wirbelwind

  • Hallo Wirbelwind,


    herzlichen Dank. Das ist ja wesentlich mehr als ich dachte. Den Jürgen Möller "Der Kampf um den Harz1945" hatte ich mir schon vorgesehen. Die Bücher von Saft und Bornemann sind sicher zu diesem Thema wichtig. Hoffentlich sind sie noch nicht vergriffen. Ich werde mal sehen, was ich so finden kann und mich melden.


    Es ist ja ein Wetter zum Lesen. Schönen Restsonntag wünsche ich dir.


    Gruß Marga

  • Hallo Marga,


    Keine Ursache. Für Tipps ist das Forum ja da. Wünsche Dir viel Glück beim Finden und später viel Spaß beim Lesen. Zumindest das Wetter verleitet einem zur Zeit zu nix anderem. Außer Beiträge im Forum lesen und verfassen.


    MfG Wirbelwind