Liebe Foristen,
ich bin bei meinen Recherchen auf einige Ausgaben der Bundesmitteilungen des Graphischen Bundes E.V. gestoßen, in denen es unter anderem die Rubrik Kleiner BM-Feldpostbericht gab. Dort veröffentlichte die Redaktion zahlreiche Feldpostbriefe von Bkn (= Bundeskameraden). Diese spannenden Dokumente möchte ich euch nicht vorenthalten! Sie wurden von mir so abgeschrieben, wie sie im Original vorkommen, allerdings habe ich gelegentlich doch Korrekturen und Anmerkungen vornehmen müssen.
Viel Vergnügen beim Lesen!
Euer Kit
ERSTER TEIL:
Bundesmitteilungen des Graphischen Bundes E.V., 3. und 4. Heft 1940, S. 99 f., S. 104–108 [Ich habe hier nur Briefe von Männern aufgenommen, die Soldaten, Polizisten, Luftschutzhelfer usw. waren!]
ABSCHRIFT
Sendet Fachzeitschriften ins Feld
Oft äußerten Bkn [= Bundeskameraden], die an der Front stehen, die Bitte, ihnen gelesene Fachzeitschriften zuzusenden. Unter anderen [sic!] schreibt Bk Karl Mieth aus dem Felde:
„Besteht die Möglichkeit, solchen Bkn an der Front, die keine Verbindung mit einer Druckerei haben, fachliche Literatur (Zeitschriften, Bücher usw.) zuzusenden? Ich habe mich mit Bk Fritz Schönau, der auch bei unserer Truppe ist und nur 15 Minuten von mir entfernt liegt, über diesen Gedanken unterhalten. Wir kamen zu dem Schluß, daß es im Bund eine ganze Anzahl älterer Bkn gibt, die ihr Fachzeitschriften nach dem Lesen vielleicht dem Papierkorb einverleiben oder im Bücherregal verstauben lassen, und wir würden diese gern noch lesen. Gewiß werden eine Reihe Bkn, die gleich uns den grauen Rock tragen, von ihren Firmen mit fachlichem Lesestoff versehen, aber es gibt auch einen nicht unbeträchtlichen Teil unter uns, die nicht dieses Glück haben. Es wäre nun eine schöne Aufgabe für den Bund, uns etwas geistig zu betreuen und uns unsere Freude am Berufe erhalten zu helfen.“
Solche Briefe gaben mir zu denken. Wenn ich auch ab und zu an einige Bkn Fachzeitungen sandte und gleich mir mancher andere Bk, so glaube ich doch, daß das nur ein Tropfen auf den heißen Stein ist. Wäre es nicht schön, wenn sich viele Bkn, die noch im beruflichen Leben stehen, entschließen würden, ihre entbehrliche Fachliteratur und Fachzeitschriften den wißbegierigen Kameraden im Felde zur Verfügung zu stellen? Schaffende und Kämpfende reichen sich damit die Hände und folgten gerade im Jubiläumsjahr dem ewigen Willen des Altmeisters. Jeder Sieg draußen ist mit Tapferkeit erkämpft und erobert worden. Es wird nichts geschenkt. Nach den Strapazen und Anstrengungen mit fachlichem Lesestoff ein wenig Schönheit und berufliches Glück in die Ruhestunden unserer feldgrauen Bkn zu bringen, das ist eine Forderung, die echte Kameradschaft an jeden einzelnen von uns stellt. Mit der kleinen Mühe wird trotz reichlicher eigener Arbeit jeder fertig. Freudig wollen wir damit sagen: Das ist deutsch und das tun wir gern für unsere feldgrauen Bkn! Unsere Bundesgeschäftsstelle wird auf Anfrage gerne die Feldpostadressen der vielen interessierten Bkn vermitteln. Unterbeck
Bell[,] Gustav, Soldat: „Besten Dank für Übersendung der letzten BM [= Bundesmitteilungen]. Dieses Heft gab mir eine große Abwechslung. Den Inhalt habe ich nur so verschlungen. Gedrucktes fehlt uns sehr. Sobald lesbarer Druck eintrifft, stürzen wir wie Wölfe darauf und danken jedem aufrichtig für diesen köstlichen Stoff. Gesundheitlich geht es mir bis auf zwei erfrorene Zehen gut.
Beyer[,] Rudolf, Gefreiter: „Mit großen Interesse habe ich stets die BM, die mir ins Feld nachgesandt wurden, gelesen. Ich bin seit Anfang des Krieges eingezogen. Seit Beendigung des Polenfeldzuges liege ich im Westen.“
Böhme[,] Ernst: „Endlich ist meine lange erwartete Einberufung zum Militär gekommen. […]“
Börner[,] Erich, Soldat: „Herzlichen Dank für die regelmäßige Übersendung der BM auch unter den jetzigen Verhältnissen. Man empfindet die Verbindung mit dem Beruf doppelt dankbar. Ich stehe als Rechnungsführer im Siegerland und warte auf meine Versetzung an die Front. Nach dem siegreichen Abschluß dieses Krieges geht es wieder mit frischem Mut an die Arbeit, und dann wird der GB [= Graphisch Bund] wieder zu seinem Recht kommen. Allen Bkn und denen, die mit mir in der Meilei schwitzen und dann die verlorene Körperfeuchtigkeit bei Bauers [= vermutlich eine Kneipe, unbekannter Ort] wieder ergänzten, herzliche Grüße.“
Demolet[,] Ludwig, Gefreiter: „Ich war sehr angenehm überrascht, als ich die BM erhielt, seit einem halben Jahr wieder etwas, das mit der Schwarzen Kunst [= eine berufsgenössische Bezeichnung für das Druckereigewerbe] zusammenhängt. Der Dienst nimmt einen so in Anspruch, daß der Gedanke an den eigentlichen Beruf stark zurückgedrängt wird. Aber wen [sic!] geht das nicht so? […]“
Dörre[,] Willi[,] Soldat: „Vorerst besten Dank für den so netten Geburtstagsglückwunsch, und wenn ich hier so den kleinen Astronomen, besser gesagt Sterndeuter mache, dann habe ich es diesem kleinen Büchlein, also mithin dem Bund zu verdanken. Bei einigermaßen Objektivität treffen auch verschiedene Sachen auf mich zu, aber darüber redet man nicht gern. Sonst ist es hier, wie üblich beim Soldaten, interessant und für Bewegung ist stets gesorgt. Aber auch das Quartiert, einzeln bei einer Familie und im Federbett, also sozusagen mit allem Komfort, ist eine Überraschung. Dienst usw. hat den Außenstehenden nicht zu interessieren, und es macht Spaß, wenn das kasernenmäßig Gelernte hier draußen im Geländee [sic!] klappt, vor allem, wenn man selbst dafür Verantwortung zu tragen hat. Jedenfalls hoffe ich und wir alle, daß uns bald ein siegreiches Vaterland wieder bei unserem schönen Gewerbe sieht.“
Ebert[,] Walter, Soldat: „Nach meiner Einziehung am 26. März [1940] in Mainz bin ich daselbst feldmarschmäßig ausgerüstet worden, zwei Tage später ging es früh fort nach Polen, in fünfundvierzigstündiger Bahnfahrt quer durch das deutsche Land. Unser Quartier ist eine noch neue, ehemals polnische Kaserne, die Räume sind schön geräumig, luftig und modern eingerichtet. Wir kamen nachts vier Uhr hier an und bei unserem Marsch durch die Stadt sahen wir die Folgen dieses Krieges. Überall starrten uns schwarze, leere, ausgebrannte Fenster, oft in ganzen Straßenzügen, entgegen. Alle Verbindungsbrücken waren gesprengt worden und sind jetzt noch im Aufbau begriffen. Man kann nur wünschen, daß unser Vaterland von diesen Verheerungen immer verschont bleibt.“
Ellerin[,] Martin, Soldat: „Seit 15. Januar [1940] bin ich wieder Soldat, nachdem ich einige Wochen beurlaubt war, um die Tiefdruckabteilung meines Hauses den jetzigen Verhältnissen anzupassen. Allen Bkn sende ich von der Westfront herzliche Grüße. Es geht mir sehr gut, bin schon seit längerer Zeit auf der Schreibstube beim Regimentsstab tätig.“
Ernst[,] Helmut, Gefreiter: „Es wird Post verteilt. […] Ich habe lange nichts mehr vom Bund gehört, um so größer war jetzt die Freude. Recht herzlichen Dank sage ich auch. Ja, gerade als Soldat hat man mehr als sonst das Verlangen, wieder etwas Berufsluft zu atmen oder von alten Zunftkameraden zu lesen und zu hören. Nun bin ich auch schon zehn Monate unterwegs. Polen gehört bereits zur Erinnerung und hier im Westen lauert man auf neuen Einsatz. Überall stehen die Bk und doch stellen die BM immer wieder die Verbindung her. […] Herzliche Grüße allen Bkn, besonders aber denen vom vierzehnten Semester.“
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