Hallo Allerseits,
Abschrift und Bearbeitung!
Oberkommando der 20. (Gebirgs-) Armee
Der Oberbefehlshaber
II a / III Az. 14 c.
AHQ, den 02.08.1943.
An die Gerichtsherren der 20. (Gebirgs-) Armee.
Einsatz von Strafvollstreckungszügen (St.V.Z.) und Behelfsvollzug von Strafsachen gegen Mannschaften in diesen Zügen.
Bezug: OKH Gen. z.b.V. beim OKH. Az. 504 / Gr. Str. 571/43 vom 03.06.1943.
I. Im Armeebereich werden nach nachstehenden Richtlinien (II) Strafvollstreckungszüge (St.V.z.) gesondert für gerichtlich und disziplinar Bestrafte eingesetzt und zwar:
1.) Im Bereich des XIX. (Gebirgs) A.K.:
- bei der 2. Gebirgs-Division zugleich für die Divisionsgruppe Rossi,
- bei der 6. Gebirgs-Division zugleich für die 210. Infanterie-Division
2.) Im Bereich des XVIII. (Gebirgs.) A.K.:
- bei der 7. Gebirgs-Division
3.) Im Bereich des XXXVI. (Gebirgs.) A.K.:
- bei der 163. Infanterie-Division,
- bei der 169. Infanterie-Division
Die Auswahl der Führer, Unterführer und der Wachmannschaften der St.V.Z. treffen die Kommandeure der 2.,6.,7. Gebirgs-Division, 163. und 169. Infanterie-Division.
Als Führer und Unterführer der St.V.Z. kommen nur solche Vorgesetzte in Frage, die neben ausgezeichneter Truppenführereigenschaften besondere erzieherische Eigenschaften besitzen. Der Dienst als Führer oder Unterführer im St.V.Z. ist schwer und von besonderer Verantwortung. Die hiermit betrauten Dienstgrade müssen daher durch bevorzugte Beförderung oder bevorzugte spätere Verwendung Anerkennung finden.
II. Für den Vollzug sind folgende Bestimmungen zu beachten:
1.) Gegen Mannschaften gerichtlich erkannte Freiheitsstrafen, deren sofortige Teilverbüßung im Interesse der Aufrechterhaltung der Manneszucht erforderlich erscheint, und gegen Mannschaften disziplinarisch verhängte geschärfte Arreststrafen, die mangels eines Arrestraums nicht vollstreckt werden können und deren Vollstreckung nicht aufgeschoben werden kann, werden im Wege der Behelfsvollstreckung nach § 109 KStVO., § 55 WDStO. gesondert für gerichtlich und disziplinar Bestrafte vollstreckt.
Die Behelfsvollstreckung bei kriegsgerichtlich Bestraften setzt die Anordnung oder die Zustimmung des zuständigen Gerichtsherrn voraus. In Frage kommen nur disziplinar oder gerichtlich geringfügig bestrafte Soldaten, die bisher in ihren dienstlichen Leistungen zufriedenstellend waren und die die Truppe behalten will.
Erheblich Vorbestrafte oder dienstlich interessenlose Soldaten, bei denen die bisherige Erziehung bei der Truppe nicht viel genützt hat, kommen für den Strafvollstreckungszug im allgemeinen nicht in Frage. Die Bestimmungen über Zurückziehung aus der kämpfenden Truppe (H.V.Bl.1942 Teil B Nr. 757) sind nach H.V.Bl.1943 Teil B Nr. 74 zu beachten. Letzte Söhne usw. sind daher nicht zur Strafverbüßung in St.V.Z. einzuweisen.
2.) Der Führer des Strafvollstreckungszuges hat die Disziplinarstrafgewalt nach §20 Abs. 2 Ziff. 4 WDStO. Der Strafvollstreckungszug untersteht unmittelbar dem Divisions-Kommandeur, er ist jedoch taktisch und wirtschaftlich einem Pionier-Bataillon zuzuteilen und zu unterstellen.
Der Dienst im St.V.Z. soll härter sein und unter schlechteren Lebensbedingungen durchgeführt werden, als der Frontdienst. In erster Linie kommen die Aufgaben in Betracht:
- Stellungsbau bei Nacht,
- Schneebeseitigung,
- Minenräumung,
- Munitionstransports.
Die Arbeitszeit kann in den Sommermonaten bis auf 15 Stunden erhöht werden. Sie beträgt das Äußerste, was von einem Menschen, ohne Beeinträchtigung seines Gesundheitszustandes, verlangt werden kann.
3.) Die Kommandierung zum St.V.Z. erfolgt auf die Dauer von 14 Tagen bis zu 3 Monaten.
4.) Dem Kommandierten sind mitzugeben:
- Vollständige Bekleidung und Ausrüstung,
- Einstellschein mit ärztlicher Bescheinigung Felddiensttauglichkeit und erfolgter Entlausung,
- Eine Abschrift des Urteils bzw. des Disziplinarstraftenors.
5.) Bei der Einstellung ist der Kommandierte schriftlich zu verwarnen und ihm für den Fall seiner Nichtbewährung die Versetzung zum Feldsonder-Bataillon bei Disziplinarbestraften oder Straflager bei kriegsgerichtlich Bestraften anzudrohen. Die Niederschrift ist zu den Vollstreckungspapieren zu nehmen.
Für die Überweisung von Soldaten in das Feldsonder-Bataillon sind ausschließlich die in den Heeresmitteilungen 1942 Nr.146 veröffentlichten Bestimmungen maßgebend. Der Antrag auf Straflagerüberweisung kann nur während des Strafvollzuges aber nicht nach Verbüßung der Strafe gestellt werden. Dabei ist zu beachten, dass das Straflager grundsätzlich nur für unverbesserliche Wehrmachtsschädlinge in Betracht kommt. Der Antrag ist dem zuständigen Gerichtsherrn vorzulegen.
Dem Kommandierten sind zur Erschwerung der Fahnenflucht das Soldbuch und das Bargeld abzunehmen. Das Bargeld ist zu verwahren oder in die Heimat zu überweisen.
Der Wehrsold ist von der abgebenden Einheit nach H.V.Bl. 1942 Teil B Nr. 56 zu kürzen und zu verwahren oder in die Heimat zu überweisen.
Die Unterbringung soll nicht besser sein, als die der vorn eingesetzten Truppen. Dauernd scharfe Beaufsichtigung muss gewährleistet sein.
Die Beschaffung von Zusatzverpflegung ist verboten. Es besteht Alkohol- und Rauchverbot. Päckchen werden bei der abgebenden Einheit verwahrt, ebenso Bücher, Zeitungen und Zeitschriften.
Abgehende Post muss offen vorgelegt werden. Eingehende Post wird geöffnet. Beanstandete Briefe sind dem Gericht zuzuleiten. Wöchentlich darf ein Brief abgesandt werden. Karten- und Unterhaltungsspiele sind verboten. Beleuchtung wird nicht zur Verfügung gestellt. Außerdienstlicher Verkehr mit anderen Soldaten oder Zivilpersonen sowie Annahme von Geschenken sind verboten.
In besonderen Fällen und bei guten Leistungen kann der Führer des St.V.Z. von Fall zu Fall Vergünstigungen gewähren.
Die Disziplinarbestraften erhalten einige kleine Vergünstigungen, die die gerichtlich Bestraften nicht haben.
Bei besonders guten Leistungen können als Vergünstigung gewährt werden, Aushändigung der Rauchportion oder Erlaubnis zum Wiederanlegen der Auszeichnungen, die während der Dauer der Zugehörigkeit zum St.V.Z. normalerweise abzulegen sind.
6.) Der Führer des St.V.Z. führt eine Liste über die Einstellungen und Entlassungen. Nach der Entlassung sind bei gerichtlich Bestraften die Vollstreckungspapiere (ohne Soldbuch) unter Angabe des Beginns und Endes der Strafzeit mit einer abschließenden Beurteilung dem zuständigen Gericht zu übersenden.
Bei disziplinären Arreststrafen sind die Vollstreckungspapiere mit dem Soldbuch unter Angabe des Beginns und Endes der Strafzeit nach Tag und Stunde der zuständigen Einheit zu übersenden. Nach Beendigung der Kommandierung zum St.V.Z. tritt der Verurteilte oder Bestrafte noch am gleichen Tag zu seiner Truppe zurück und wird dort wieder eingesetzt.
III. Die Gerichte haben alle Fälle, in denen Strafaussetzung angeordnet ist, im Sinne vorstehender Anordnungen zu überprüfen.
IV. Vorstehender Befehl ist bis einschließlich Kompanien usw. zu verteilen. Die Disziplinarvorgesetzten haben sofort den Angehörigen ihrer Einheit diesen Befehl inhaltlich bekanntzugeben.
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Generaloberst.
Quelle: Nara T315 R-448 7. Geb.-Div.
Gruß
Antje