Selbstmorde und Selbstmordversuche

  • Guten Abend zusammen,


    Zu diesem Thema habe ich noch einen Eintrag im Verordnungsblatt der Waffen-SS vom 1.März 1941 gefunden.

    Abschrift und Bearbeitung.

    Quelle: germandocsinrussia


    108. Benachrichtigung der Hinterbliebenen beim Tode von Angehörigen der Waffen-SS durch Selbstmord.


    Bei Selbstmord von Angehörigen der Waffen-SS haben die Truppenteile in verschiedenen Fällen den Hinterbliebenen zunächst mitgeteilt, dass der Tod durch einen Unglücksfall oder durch eine Verletzung eingetreten sei. Erst durch Bescheide der Fürsorge- und Versorgungsdienststellen der SS, welche die Versorgung ablehnten, erfuhren die Hinterbliebenen von dem Selbstmord und setzten Zweifel in die Richtigkeit dieser Bescheide.


    Zur Vermeidung unliebsamer Folgen sind daher bei Selbstmord von Angehörigen der Waffen-SS in der Benachrichtigung der Hinterbliebenen durch den Truppenteil die Tatsachen nicht zu verschweigen.


    Kommandoamt der Waffen-SS III.



    Herzliche Grüße


    Marga

  • Hallo,

    gab es denn in solchen Fällen, wie Selbstmord bei Angehörigen der Waffen-SS , Restriktionen betreffs Traueranzeigen oder Beerdigungen?

    Wie wir wissen, mussten zum Tode verurteilte Wehrmachtsangehörige anonym in einem abgelegenen Gräberfeld verscharrt werden. Traueranzeigen waren verboten. Die Kosten für eine Überführung bzw. Kremierung dieser Verurteilten mussten die Angehörigen, sofern sie auf dergleichen bestanden, selbst tragen.

    MfG Wirbelwind

  • Hallo Wirbelwind,

    gab es denn in solchen Fällen, wie Selbstmord bei Angehörigen der Waffen-SS , Restriktionen betreffs Traueranzeigen oder Beerdigungen?

    im allgemeinen wurde das Thema auch schon hier behandelt. Ob sich dazu aber auch noch entsprechende Befehle oder Weisungen finden lassen, wird die Zeit zeigen. Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass die WSS damit großartig anders als die Wehrmacht umgegangen ist.


    Gruß

    Michael


    PS: Man sollte mal vielleicht das VBL der Waffen-SS Nr.3 vom 01.02.1943 sichten, siehe Anlage.

  • Hallo Michael,

    der von Dir zur Verfügung gestellte Link zu dieser Problematik im FdW ist sehr aufschlussreich für mich gewesen. Unter anderem, weil auch die unterschiedlichen Sichtweisen zur Sprache kam. Gerade was den Freitod betrifft. Die Selbsttötung von GFM Model wurde ebenfalls erwähnt. Habe ich das ursprünglich als Wegducken vor der Verantwortung empfunden, so bin ich mir jetzt nicht mehr so sicher. Model als überzeugter Nationalsozialist hat unter Umständen schon insofern Verantwortung übernommen, indem er den existierenden Befehl Folge leistete, dass ein GFM als Geheimnisträger dem Feind nicht lebend in die Hände fällt.

    Zurück zu meiner Ausgangsfrage. Sie ist für mich beantwortet. Danke.

    MfG Wirbelwind

  • Hallo Wirbelwind,

    der von Dir zur Verfügung gestellte Link zu dieser Problematik im FdW ist sehr aufschlussreich für mich gewesen. Unter anderem, weil auch die unterschiedlichen Sichtweisen zur Sprache kam. Gerade was den Freitod betrifft. Die Selbsttötung von GFM Model wurde ebenfalls erwähnt. Habe ich das ursprünglich als Wegducken vor der Verantwortung empfunden, so bin ich mir jetzt nicht mehr so sicher. Model als überzeugter Nationalsozialist hat unter Umständen schon insofern Verantwortung übernommen, indem er den existierenden Befehl Folge leistete, dass ein GFM als Geheimnisträger dem Feind nicht lebend in die Hände fällt.

    Zurück zu meiner Ausgangsfrage. Sie ist für mich beantwortet. Danke.

    vielen Dank für deine Rückmeldung. Es freut mich zu hören, dass ich helfen konnte.


    Gruß

    Michael

  • Guten Abend,


    Hier noch ein Fund aus dem Verordnungsblatt der Waffen-SS vom 15. November 1944


    Abschrift und Bearbeitung

    Quelle: germandocsinrussia


    Betr. : Benachrichtigung der Hinterbliebenen im Falle des Freitodes von Angehörigen der SS und Polizei.


    Nachstehend Reichsführer-SS- Befehl vom 30.10.1944 . Feldkommandostelle, Tgb. Nr. III/II 748/44


    Ich bestimme folgendes:


    I.

    Sofern der durch Freitod aus dem Leben geschiedene Angehörige der SS bzw. Polizei Kinder hat, entscheide ich selbst darüber, wie und in welcher Form die Hinterbliebenen zu benachrichtigen sind und wie bezüglich der Versorgung zu verfahren ist.


    Es ist mir deshalb fernschriftlich und unmittelbar der Freitod unter kurzer Sachdarstellung und Angabe der Personalien des Toten, des Alters der Ehefrau bzw. der Kindesmutter sowie der Zahl und des Alters der Kinder zu melden. Eine Zweitschrift dieser Meldung ist dem vorgesetzten Hauptamt zu übermitteln.


    Die Benachrichtigung der Angehörigen erfolgt erst nach meiner Entscheidung.


    II.

    Hat der Tote keine Kinder hinterlassen, so ist den Hinterbliebenen von der vorgesetzten Dienststelle der wahre Sachverhalt in schonender Form mitzuteilen.



    gez. H. Himmler


    SS - FHA/ Amt V/II 6



    Gruß Marga

  • Guten Abend zusammen,


    Den folgenden Beitrag stelle ich einmal hier ein. Falls ein neuer Bereich besser geeignet ist, kann er verschoben werden.


    Abschrift und Bearbeitung

    Quelle: germandocsinrussia


    20.10.1941

    Luftgaukommando VI

    IC/Ic-Wb - San.Offz./IV b.


    Bezug: Ohne


    Betreff: Richtlinien zur Verhütung von Selbstmorden in der Wehrmacht


    Anlagen: Keine


    Die Annahme, dass Selbstmorde bei der Wehrmacht die natürliche Ausmerzung wehruntüchtiger unterbelichtet minderwertiger Menschen fördern, ist irrig. Viele Selbstmörder in der Wehrmacht sind Menschen, die, wenn auch nicht immer für den Wehrdienst, so doch für die Volksgemeinschaft brauchbar sind. Eine verantwortungsbewusste und weitblickend Bevölkerungspolitik kann auf diesen Menschen nicht verzichten. Darüber hinaus ist die Zahl der ehrliebenden und dienstlich ausgezeichnet beurteilten Soldaten, die aus achtunggebietenden Gründen Hand an sich legen, groß genug, um energische Verhütungsmaßnahmen zu rechtfertigen.


    Selbstmorde bedeuten eine schwere Belastung für die Truppe. Sie machen Schule, geben Anlass zu falschen Gerüchten über die an die Soldaten gestellten Anforderungen und die Behandlung durch Vorgesetzte, wirken ungünstig auf den Wehrwillen und auf die Stimmung in der Truppe. Außerdem stellen sie eine erhebliche wirtschaftliche Belastung des Staates dar, weil in einer Anzahl der Fälle W.D.B. zuerkannt werden muss, da die dem Wehrdienst eigentümlichen Verhältnisse auslösend beim Selbstmord mitgewirkt haben können.


    Bei der Betrachtung der Gründe zu Selbstmord spielen


    — 1 ) alkoholische Einflüsse,

    — 2) seelische Erschütterungen und

    — 3) Krankheiten


    Im weitesten Sinne eine überragende Rolle. Von den seelischen Erschütterungen sind Verfehlungen im Zivilleben, wirtschaftlichen Schwierigkeiten oder solche des Liebeslebens anzuführen.


    Meist werden durch die Trunkenheit Hemmungen, die sowohl aus Angstgefühlen herkommen, wie vor allem auch solche, die durch Erziehung, Weltanschauung, Moral usw. für die jungen Menschen gegeben sind, sehr schnell hinweggeräumt und übrig bleibt ein haltloser Mensch, der unter dem Eindruck eines vorübergehenden Depressionszustandes zu seiner Tat schreitet.


    Nachstehend 2 typische Beispiele:


    a) Obergefreiter, Fallschirmjäger verpflichtet sich auf 12 Jahre Dienstzeit. Trinkt stark, überschreitet daher Ausgangszeit, wird bestraft und geht doch wieder aus. Hat in ganz kurzer Zeit eine ansehnliche Strafliste, wird wegen Weichheit vom Unterführer-Lehrgang abgelöst, trinkt weiter, wird erneut wegen Ausgangsüberschreitung gemeldet und erschießt sich.


    b) Obergefreiter, Flieger, 20 Jahre, Württemberger. Dringt in trunkenem Zustande in die Wohnung einer Frau ein. Der Festnahme entzieht er sich durch die Flucht. Ein ihm nach vorhergehendem Anruf nachgesandter Schuss der Wache geht fehl. Anderntags macht er wieder Dienst und erschießt sich am Abend, wahrscheinlich aus Angst vor der zu erwartenden Strafe.


    Der Soldat bricht bei seinem Eintritt in die Wehrmacht nicht die Beziehungen zu seinen bisherigen Verhältnissen ab. Starke Einflüsse aus der Heimat, Familie und Beruf wirken hemmend oder fördernd auf ihn ein, und es ist wichtig für den Einheitsführer, wenigstens in großen Zügen über die Lebensumstände seiner Leute unterrichtet zu sein. In vielen Fällen hätten Verzweiflungstaten vermieden werden können, wenn die seelischen Nöte, oder die unglücklichen sozialen oder familiären Verhältnisse der Täter rechtzeitig bekannt gewesen wären. Es ist deshalb erwünscht, dass die Nachforschungen so frühzeitig wie möglich einsetzen, sobald der Verdacht besteht, dass irgend etwas nicht in Ordnung und die Dienstfähigkeit eines Soldaten beeinträchtigt ist. Auch hierfür einige Beispiele:


    a) Ein Soldat, der von Vorgesetzten und Kameraden gleich gut beurteilt wurde, und in dessen dienstlichem Verhalten kein Anlass zu seiner Tat zu finden war, hat Selbstmord begangen. Aus hinterlassenen Briefen ging hervor, dass er sich vor seinen Einrücken. als Fahrer eines Lieferwagens anscheinend Unregelmäßigkeiten bei der Warenablieferung hatte zuschulden kommen lassen und jetzt eine Bestrafung fürchtete.


    b) Unteroffizier G. In einer Flugmelde-Reserve-Kompanie, Weltkriegsteilnehmer, als guter Kamerad geschätzt, beging Selbstmord. Die Gründe für diese Tat konnten nicht einwandfrei geklärt werden. Es scheint, als ob wirtschaftliche Gründe den Uffz. zum Selbstmord veranlasst haben, der als Handelsvertreter durch den Krieg Ausfälle in seinen Einnahmen erlitten hatte.


    c) Kanonier, verheiratet, Alter unbekannt, wird von seiner Frau betrogen, schließlich verlässt sie ihn, er erhält 2 Tage Urlaub zur Ordnung seiner Verhältnisse und betrinkt sich. Er hängt sich danach im Keller seiner Wohnung auf.


    d) Der 20 jährige Flieger S. in der technischen Kompanie einer Fallschirmschule war mit einer 18 jährigen Frau verheiratet und hatte ein 4 Wochen altes Kind. Die Ehe war nicht immer glücklich. In letzter Zeit hatte S. ein 17 jähriges Mädchen kennengelernt, das von ihm ebenfalls ein Kind erwartete. Er verschwieg diesem Mädchen, dass er verheiratet war und versprach ihr die Ehe. Aus diesem Zwiespalt hatte er keinen anderen Ausweg gefunden, als aus dem Leben zu scheiden.



    Fortsetzung folgt.



    Gruß Marga

  • Fortsetzung:


    Nicht unerwähnt dürfen die Fälle bleiben, bei denen die Angst vor Strafe den Selbstmord verschulden. Es zeigt sich, dass vielfach Soldaten der Verantwortung und der Strafe für eine begangene Tat entgehen wollen. Manche zu Disziplinarstrafen Verurteilte glauben, für ihr ganzes Leben entehrt zu sein und sich vor allem vor ihren Angehörigen schämen zu müssen.


    Besondere Aufmerksamkeit ist weiter solchen Soldaten zu widmen, gegen die Tatbericht erstattet, oder ein gerichtliches Verfahren eingeleitet ist. Vor allem, wenn es sich um empfindsame oder geltungsbedürftige Persönlichkeiten handelt.


    a) Gefreiter, Flak, 19 Jahre, Braunschweiger. Ausgezeichnet beurteilter Soldat, hat sich auf viereinhalb Jahre verpflichtet, will 12 Jahre dienen. Unter Alkoholeinwirkung macht er sich des Ungehorsams schuldig, ein Strafverfahren wird gegen ihn eingeleitet. Er sieht seine Laufbahn vernichtet und will sich das Leben nehmen.


    b) Funker, 19 Jahre, Kriegsfreiwilliger, Sudetendeutscher. Schädigt in betrunkenem Zustande das Ansehen der Wehrmacht, wird dafür bestraft, begeht Selbstmordversuch aus Angst vor der Verbüssung der Strafe.


    Krankheit und Sorge um das Schicksal der Familie sind häufig ein weiterer Anlass zu Selbstmordversuchen gewesen, Beispiel:


    Der Flieger R., 23 Jahre alt, der zur Durchführung des D.U.-Verfahrens einer A. - und E. Stelle angehörte, hat sich im Urlaub mit seiner Ehefrau und seinen drei Kindern mit Leuchtgas vergiftet. In einem Abschiedsbrief heißt es, seine Frau erwarte ein weiteres Kind, fühle sich aber so schwach, dass sie glaube, diese Niederkunft nicht mehr zu überleben. Ein Leben ohne seine Ehefrau habe für ihn keinen Sinn. Ein weiterer Beweggrund für den Selbstmord liegt wahrscheinlich darin, dass R. seit längerer Zeit herzkrank und anscheinend der Meinung war, dass sein Leiden (Herzinnenhautentzündung) unheilbar sei. R. hatte bereits früher einem Uffz. gegenüber geäußert, sein sehnlichster Wunsch sei, dass er nicht weiter zu leben brauchte.


    Nicht jeder auf Selbstmordabsichten Verdächtige ist ein Psychopath. Selbstunsicherheit, Geltungsbedürfnis, Empfindsamkeit können gerade im Wehrdienst auffallende Formen annehmen, ohne dass man schon dazu berechtigt wäre, den Mann als Psychopath zu bezeichnen. Die Diagnose der Psychopathie schließt immer ein Werturteil in sich. Mit diesem Werturteil muss man vorsichtig sein. Ein Psychopath ist nicht voll einsatzfähig für die Verwirklichung der Ziele der Wehrmacht und Staatsführung. Deshalb bedeutet die Diagnose Psychopath von vornherein ein herabsetzendes Urteil. Erfolgt dies zu Unrecht, so schafft es bei wertvollen Menschen die Voraussetzung, ein Leben in Verkennung des wirklichen Wertes wegzuwerfen.


    Daher ist Vorsicht am Platze.


    Der Truppenarzt muss dafür sorgen, dass ein auf Psychopathie verdächtiger Mann fachärztlicher Begutachtung zugeführt wird.


    Erblicken wir auch für zahlreiche Selbstmorde die Ursache in der Persönlichkeit des Täters, oder in niederdrückenden Einflüssen seines Zivil- oder Familienlebens, so müssen dienstliche Gründe für sein Zustandekommen von vornherein mit allen Mitteln vermieden werden. In diesem Zusammenhang sei auf die sogenannte seelische Misshandlung hingewiesen. Vorgesetzte, die ungenügende Menschenkenner sind und die ihre rein menschlich persönlichen Sympathien zu auffällig für die davon Ausgeschlossenen erkennen lassen, können hier leicht schwere Konflikte herbeiführen, ohne es tatsächlich zu wollen.


    Gerade bei Unterführern ist sehr häufig zu beobachten, dass sie durch eine ungeschickte, gewollt forcierte, schneidige Ausdrucksweise ihre Untergebenen vor den Kopf stossen. Diese fühlen sich dann durch die Ausdrucksweise beleidigt und diejenigen von ihnen, die von Haus aus übelnehmerisch oder gar labil veranlagt sind, lassen sich dann eines Tages zu Unüberlegtheiten hinreissen. Es bedarf in solchen Fällen meist einer Aneinanderreihung von — oft ungewollten — Ungeschicklichkeiten, bis eines Tages bei den Betroffenen explosionsartig die Reaktion erfolgt.


    Einen seelisch vollwertigen Soldaten dagegen werden die unvermeidlichen Härten und für ihn nicht immer durchschaubaren Notwendigkeiten des Dienstes nie zum Selbstmord bewegen. Für ihn sind dienstliche Schwierigkeiten dazu da, überwunden zu werden.


    Fortsetzung folgt.

  • Fortsetzung:


    Etwa ein Drittel der Selbstmorde wäre zu verhüten, wenn der Truppenarzt rechtzeitig eingeschaltet würde. Da dies erfahrungsgemäß nur selten geschieht, und gerade Soldaten mit Selbstmordgedanken sich gegen ihre Umgebung abschließen, hat er die Pflicht, sich aus eigener Initiative eingehend mit dem seelischen Zustand der Truppenangehörigen zu beschäftigen. Er muss die seiner ärztlichen Betreuung anvertrauten Offiziere, Dienstgrade und Mannschaften so genau kennen, dass er eingreifen kann, wenn Gefahr im Verzug ist, und zwar auch dann, wenn sich die Gefährdeten nicht selbst melden oder von Vorgesetzten oder Kameraden dazu veranlasst werden. Der Truppenarzt muss Kamerad und Berater seiner Männer sein. Ihr Vertrauen auch in persönlichen Angelegenheiten zu erwerben und zu erhalten, ist eine seiner schönsten und wichtigsten Aufgaben. Seine Tätigkeit hat weit über den Truppenkrankendienst und die körperliche Betreuung der Truppe hinauszugreifen. Dieses Ziel ist jedoch nur in enger Zusammenarbeit mit den Kommandeuren, Einheitsführern und Unterführern zu erreichen.


    Von großer Wichtigkeit ist die Belehrung der untersten Dienstgrade. Sehr häufig werden Selbstmordabsichten vor den Vorgesetzten verheimlicht, weil die Kameraden und Stubenältesten glauben, sie aus Rücksicht auf den Betreffenden verschweigen zu müssen. Es stellt sich dann nach der Tat heraus, dass der Mann schon längst vorher im Kreise seiner Kameraden aufgefallen war oder gar ganz eindeutig von seinen Absichten gesprochen hat. Diese falsch verstandenen Kameradschaft ist der Grund, dass zahlreiche Selbstmorde nicht verhindert werden konnten, die sonst leicht zu verhindern gewesen wären. Der Vorgesetzte kann nicht immer wissen, dass ein Mann auf seiner Stube absonderliche Reden führt und ein merkwürdiges und auffälliges Wesen zeigt. Aber die Kameraden dieses Mannes lernen ihn sehr bald in seiner wirklichen Wesenheit kennen und haben möglicherweise darunter zu leiden. Sie sollen sich dann vertrauensvoll an ihre Vorgesetzten wenden, damit durch den Truppenarzt und nötigenfalls durch den Facharzt der Soldat untersucht und das Erforderliche veranlasst werden kann.


    Die Unterführer müssen daran erinnert werden, dass Selbstmorddrohungen, die ihnen gemeldet werden, durchaus ernst zu nehmen sind. Es muss ihnen zum Bewusstsein gebracht werden, dass die Unterlassung einer Weitermeldung der Angelegenheit eine Fahrlässigkeit bedeutet. Nicht sie haben über die Notwendigkeit einer Weiterverfolgung der Angelegenheit zu entscheiden, sondern der Offizier und der Truppenarzt.


    Die Unterführer mit den Grundzügen der Menschenführung vertraut zu machen, bleibt die vornehmste Pflicht aller Vorgesetzten.


    Durch enge Fühlung zwischen Truppe und Arzt, durch Belehrung der Unterführer und Beobachtungen der Untergebenen muss erreicht werden, dass die Selbstmordfälle zurückgehen.


    Der Kommandierende General

    und

    Befehlshaber im Luftgau VI

    gez. Schmidt


    Verteiler:

    Sämtliche Gruppen und

    selbstständige Abteilungen im Hause


    Aussenverteiler:

    bis zu den Komp. Battr.

    Staffeln usw. einschl.


    Ic/Entwurf






    Gruß Marga

  • Hallo zusammen,


    ich glaube dieses Thema sollte in diesem Zusammenhang auch nicht unerwähnt bleiben:



    Gruß

    Michael

  • Hallo,

    für mich stellt sich die Frage, wie intensiv diese körperlichen Züchtigungen waren. In meiner Zeit kam der ..Heilige Geist" auch auf die Kompanie. Voran gegangen waren Vorkommnisse, bei denen eine gewisse Anzahl von Angehörigen exemplarisch mit bestraft wurden, ohne selbst gegen Regeln verstoßen zu haben. Auch wenn die EKs meinten, die frisch eingezogenen Soldaten verstießen gegen den Ehrenkodex, konnte schon mal der ,,Heilige Geist" unter Gasmasken mit einer Decke und Koppel erscheinen. Ein Fall ist mir besonders haften geblieben. Ein Soldat, selbst EK, hatte mit Körper-und Kleiderhygiene nichts im Sinn. Er wurde dann durch den ,,Heiligen Geist" mit Schrubbern , kalten Wasser und P 3 ordentlich ,,gereinigt". Seine Haut war danach nicht nur stark gerötet, sondern auch verletzt. Die Vorgesetzten blieb das nicht verborgen, tolerierten es aber unter ,,Selbsterziehung". Es erfolgte eine Versetzung des Betreffenden in ein anderes Regiment.

    MfG Wirbelwind

  • Hallo Wirbelwind,


    des so weiter man in der Geschichte zurückgeht, des so härter werden wohl die Züchtigungen gewesen sein. Das ist zumindest meine Meinung. Ich habe auch in Interviews von Zeitzeugen gehört, dass sich Soldaten im Anschluß das Leben genommen haben. Daher meine Intention der Verlinkung.


    Gruß

    Michael

  • Guten Tag zusammen,



    Abschrift und Bearbeitung

    Quelle: germandocsinrussia


    132. Überführung von Leichen von Selbstmördern


    Bezug:

    1. HVBl. (B) 42, S. 299, Nr. 476,

    2. OKW 31 t AWA/W Allg (II d) 943/43

    vom 16.02.1943


    Die Freigabe der Leiche eines Selbstmörders, dem die militärischen Ehren versagt worden sind, kommt nur in Betracht, wenn sich die Angehörigen des Betreffenden verpflichten, die Beisetzung der Leiche am Ort des Selbstmordes durchzuführen.


    Verfügung Oberkommando der Wehrmacht Nr. 1583/42 AWA/W Allg (II d) vom 05.06.1942 ist mit einem entsprechenden Hinweis zu versehen.


    Abt. I c.



    Gruß Marga

  • Guten Abend zusammen,



    Abschrift und Bearbeitung aus einer Handakte A. S

    Quelle: germandocsinrussia


    O. U. den ? . ?. 1943


    Verfahren bei Selbstmorden, Selbstmordversuchen, widernatürlicheren Todesfällen (außer bei Kampfeinwirkung)


    I. Vorbemerkung:


    Zur Klärung, ob bei einem widernatürlicheren Todesfall in der Truppe fremdes Verschulden vorliegt, ist ein gerichtliches Ermittlungsverfahren über die Beweggründe zum Selbstmord oder Selbstmordversuch oder die Ursache des Todes vorgeschrieben. Die Aufklärung dient nicht nur dem Strafrecht, sondern ist vor allem auch Grundlage für die Anerkennung von Versorgungsansprüchen der Hinterbliebenen durch das Reich.



    II. Richtlinien für die Truppe:


    1.) Nachricht: an Kriegsgericht sofort und unmittelbar.


    2.) Unterrichtung: des Gerichtoffiziers des Bataillons usw., der im Kriege nach vorheriger Rücksprache vornimmt:


    a) Leichenschau: stets, ggf. unter Zuziehung eines San.-Offz. Person der Leiche feststellen. Einem Beschuldigten ist sie zur Anerkennung vorzuzeigen.


    b) Leichenöffnung: nur, wenn Todesursache durch Leichenschau nicht einwandfrei festzustellen.


    c) Erteilung der Genehmigung zur Bestattung: Schriftlich !


    d) Sicherung des Tatortes und der Beweise: Augenschein, Festnahme, Beschlagnahme.


    3.) Meldung: als „Besonderes Vorkommnis“ an Abt. II a/b der Division nach AHM 1939 Ziffer 807


    4.) Bericht: an Kriegsgericht und auf dem Dienstwege.


    Inhalt: — Kurz und klar ! —


    — a) —

    Wie ist die Tat begangen?
    Wie ist sie entdeckt worden? (Umstände)

    Wie ist der Tatbestand gesichert worden?


    — b) —

    Mutmaßliche Beweggründe nach mündlichen oder hinterlassenen schriftlichen Äußerungen. Z. B.


    - vorschriftswidrige Behandlung,

    - Misshandlung, Furcht vor Strafe,

    - erbliche Belastung, Geisteskrankheit

    - Geschlechtskrankheit, schweres Leiden

    - familiäre Gründe.


    — c) —

    Ob und durch wen die Auskunftstelle für Kriegerverluste (im Frieden: Standesamt) benachrichtigt wurde.


    — d) —

    Wer setzte die Angehörigen in Kenntnis? (Schonend, aber wahren Sachverhalt.)


    — e) —

    Wem wurde der Nachlass ausgehändigt (übersandt) ? ( Wertsachen „Eingeschrieben“ übersenden !)


    — f) —

    Wann und wo erfolgte die Beisetzung?


    Im Kriege entfallen c bis f bei Selbstmordversuchen.


    Im Frieden tritt in diesem Fall an ihre Stelle: ob nach den Entlassungsbestimmungen die Entlassung beantragt (verfügt) wurde oder weshalb nicht.



    III. Anlagen:


    a) Stammrollenauszug, aus dem sich auch die Anschrift der Eltern und Frau oder sonstiger nächster Angehöriger ergeben muss.


    b) Strafbuchauszug,


    c) Beurteilung des Toten: z. B. Optimist, Pessimist. streitbar, jähzornig, ehrgeizig, schwärmerisch, religiös, exaltiert, kühl und überlegend, Alkoholiker.


    d) Heeresärztlicher Befund der Leiche.


    e) Skizze, wenn örtliche Verhältnisse von Bedeutung.


    d) Hinterlassene schriftliche Äußerung oder begl. Abschrift.


    g) Lichtbild (falls vorhanden).


    h) Schriftprobe (falls vorhanden).


    Bei Selbstmordversuchen entfallen d bis h, bei Unfällen b bis h




    Gruß Marga

  • Guten Tag zusammen,



    Marineverordnungsblatt vom 09.10.1940

    Abschrift und Bearbeitung

    Quelle: germandocsinrussia



    11. Gewährung von Dienstbelohnung und Übergangsbeihilfe an Hinterbliebene bei Selbstmord


    (Wehrmachtfürsorge- und versorgungsgesetz § 47 Abs. 2 und § 48 Abs. 3 .)


    Bei der Entscheidung der Frage, ob den Hinterbliebenen der im aktiven Wehrdienst durch Selbstmord verstorbenen Soldaten nach WFVG §47 Abs.2 bzw. §48 Abs.3 Dienstbelohnung oder Übergangsbeihilfe gewährt werden kann, sind alle Umstände des Einzelfalles zu würdigen. Lassen diese eine Bewilligung gerechtfertigt erscheinen, so ist mit eingehender Stellungnahme die Entscheidung des Oberkommandos der Wehrmacht zu beantragen. Dem Antrag sind die gerichtlichen Ermittlungsakten, eine Abschrift der Zählkarte nach Formblatt 16 zu Wehrmacht-Sanitätsvorschrift Teil 8 — f. Ziff. 164c — und die Personalakten beizufügen.


    Der Erlass vom 15.09.1939

    — Heeres-Verordnungsblatt B. Nr. 389 —

    — Marine-Verordnungsblatt Nr. 735 —

    — Luftwaffe-Verordnungsblatt B Nr. 311 —

    — Fürsorge u. Versorgung Best. Nr. 155 —

    wird aufgehoben und ist zu streichen.


    O.K.W. 22.12.1939



    Gruß Marga