260. Infanterie-Division

  • 7. Teil


    Nach amtlichen Unterlagen, die in der Zeitung „Moskowski Komsomolez“ veröffentlicht wurden, lebten allein im Jahre 1952 zwölf Millionen Menschen in Stalins Arbeitslagern. Die sowjetische Nachrichtenagentur Tass verbreitete am 5. Mai 1950 die Meldung, das in der Sowjetunion 9 117 verurteilte Kriegsverbrecher, 3815 Beschuldigte und 14 Kranke zurückgehalten würden, aber keine Kriegsgefangenen mehr. Der Moskauer Historiker Lew Besymenski hat dagegen später die Verurteilten mit 28000 beziffert. Robert Sand war einer davon.

    Am 5. März 1953 um 9.30°°Uhr starb Stalin, und ein großes Aufatmen ging durch den gesamten Archipel Gulag. Vergessen wir es nicht! Die Lage der deutschen Kriegsgefangenen in der Sowjetunion war eine der größten Menschheitstragödien des letzten Weltkrieges. Für die grobe und vorsätzliche Missachtung der Menschenrechte war Stalin hauptverantwortlich. Das Massensterben in den sowjetischen Kriegsgefangenen Lagern hielt über Jahre nach Kriegsende an und hielt grausame Ernte unter den deutschen Kriegsgefangenen. Die offiziellen Zahlen beweisen es bereits, die tatsächlichen Todesziffern sind noch weit höher.

    Vergessen wir auch nicht, das die westlichen Siegermächten ihrem Bündnispartner Stalin stets helfend unter die Arme gegriffen haben, und sie haben damit eine echte Befreiung der Völker Russlands und eine frühere „Perestroika“ verhindert. Die Westmächte USA, England und Frankreich sind von der Geschichte und den Völkern des Ostens in größerem Umfang schuldig geworden. Das ist das Urteil der Geschichte an der europäischen Staatengemeinschaft.

    Robert Sand hat es miterlebt, wie der Tod Stalins und die spätere Liquidierung seines Oberhenkers Berija im Sommer 1953 in tragischer Weise den Zerfall der Sonderlager beschleunigte. In den schrecklichen Jahren 1949 bis 1954 war Robert Sand in Höllenlager Dscheskasgan und arbeitete dort auf verschiedenen Baustellen und Anlagen. Zunächst war er mit seinen Kameraden am Bau einer Elektrostation eingesetzt, dann arbeitete er am Aufbau eines Kupferbergwerks. Die Gegend um das Lager war trostlos. In der Steppe gab es nur Hirtenpfade der nomadisierten Kasachen, die mit kleinen Herden umherzogen. Es gab keine Bäche oder Brunnen, nur Regenabhängige Tümpel, Laufend Ab – und Zugänge sowie Verlegungen im Lager und Versetzungen in die Kommandos machten die Belegstärke, die aus vielen Nationalitäten bestand, kaum überschaubar. Die Arbeit auf der Elektrostation bestand fast ausschließlich im Umschaufeln und Transportieren von Kohle und Schlacke. Im Kupferbergwerk wurde ohne Schutzmaske gebohrt, der Gesteinstaub führte in kurzer Zeit zur Silikose und Tuberkulose. Die auftretenden Silikatnebel – Kupferdämpfe wirkten nach wenigen Monaten tödlich. Robert Sand hatte Glück, das er nicht auf Dauer in dieser Todeszone arbeiten musste, sondern mehr beim Abladen und Transportieren von Kupfererz, - aber auch das war eine ungeheuere Knochenarbeit. Wenn man mehrere Jahre in einem solchen Lager mit strengstem Regime einsitzt, dann durchläuft man in der Regel viele Kommandos. So war Robert Sand auch einmal bei der Ziegelbrigade gelandet. Hier wurden Ziegel gebrannt, die für eine 4 m hohe Mauer rund um das Lager eingesetzt wurden. Die Trennmauer zum Frauenlager war gar 5 m hoch

    Im Sommer 1954 kam es zur „größten Revolte in der Geschichte des „Archipels Gulag“, so Alexander Solschenizyn, - und Robert Sand erlebten diesen Aufstand vom ersten bis zum letzten Tag – 40 Tage lang – mit. In seinem Buch „Der Archipel Gulag“(Schlussband) hat Alexander Solschenizyn auf den Seiten 286 – 332 „Die 40 Tage von Kengier“ ausführlich beschrieben, so das wir uns hier die Einzelheiten über diesen Lageraufstand ersparen können. Nur so viel sei gesagt: „mit wenigen administrativem Verstand begabt und jeder menschlichen Vernunft entratend, war es die Gulag - Obrigkeit selbst, die die Explosion in Kengir vorbereitet. Zuerst durch die Sinnlosen Erschießungen von Häftlingen, darunter auch Frauen, dann in dem sie kriminellen Brennstoff in die aufgeheizte Atmosphäre pumpte.“ Robert Sand erinnert sich, wie Durchbrüche durch die Mauer herausgestemmt wurden und so auch Verbindung zum Frauenlager geschaffen wurde. Wie ratlos die NKWD - Leute herumfuhrwerkten, Drohungen ausstießen und Versprechungen abgaben. Aber dieses schreckliche Ende dieser größten Revolte zeichnete sich ab, als Generäle aus Moskau eintrafen und allerhand hochrangige Genossen sich Gedanken machten, wie man diesen Aufstand niederschlagen könnte. Alexander Solschenizyn beschreibt dieses schreckliche Ende so:





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    Karlheinz

  • 9.Teil


    Im frühen Morgen des 25. Juni 1954 entfalten sich am Himmel die Fallschirme von Leuchtraketen, kleinere Raketen stiegen von den Wachtürme auf, - und die Beobachter auf den Barackendächern wurden von Scharfschützen abgeräumt, noch bevor sie einen Laut abgeben konnten. Kanonenschüsse ließen die Luft erzittern! Flugzeuge donnerten im Tiefflug über das Lager, und ruhmreiche
    T - 34 Panzer, die unter dem Tarngeräusch der Traktoren ihre Ausgangsstellung bezogen hatten, rollten von allen Seiten auf die Maueröffnung zu. (Einer kippte tatsächlich in den Graben hinter der Mauer) Mehrere Panzer zogen Stacheldraht und spanische Reiter nach sich, um sofort die Zone abzuteilen. Den anderen Panzern folgten MP Schützen mit Helmen. (Schützen und Panzersoldaten hatten vor dem Einsatz Wodka bekommen. – Wie besonders sie auch ausgebildet sein mochten. Unbewaffnete und Schlafende niederzumetzeln ist doch leichter, wenn man betrunken ist. In den angreifenden Sturmreihen liefen Funker mit Funkgeräten mit. Die Generäle hatten die Wachtürme bestiegen und leiteten beim taghellen Schein der Leuchtraketen die Aktion. Stürmt die Baracke Nr. soundso - … Kusnezow befindet sich dort und dort! Sie hielten sich nicht wie sonst, auf einer Beobachtungsstelle versteckt, denn diesmal droht ihnen keine Kugeln.

    Von den Baugerüsten in der ferne verfolgten die Siedlungsbewohner die Strafaktion. Das Lager erwachte in wilden Entsetzten. Die einen warfen sich in den Baracken auf den Boden und wollten nur überleben, sie hielte Widerstand für sinnlos. Andere rüttelten sie auf und trieben sie zum Kampf. Wieder andere stürzten ins Freie, den Kugeln entgegen, sei es um zu kämpfen, oder weil sie einen raschen Tod suchten. Der 3. Lagerpunkt wehrte sich verzweifelt, es war jener Lagerpunkt, der seinerzeit mit der Revolte begonnen hatte. (Er bestand aus Fünfundzwanzig – Häftlingen, überwiegend Bandera – Leute) Sie schleuderten Steine gegen die Soldaten und Aufseher, und wahrscheinlich Rohrgranaten gegen die Panzer. Eine Baracke ging mit Hurra Rufen zweimal zum Gegenangriff über. – Die Panzer überrollten sie alle, die ihnen in die Quere kamen. Die Panzer zermalmten die Flüchtenten noch auf der Außentreppe der Baracken. Die Panzer fuhren die Barackenwände entlang und zerdrückten diejenigen, die dort Zuflucht vor den Ketten suchten. Semjon Rak und sein Mädchen warfen sich gemeinsam vor einen Panzer. Die Panzer bohrten sich in die Holzwände der Baracken und feuerten blind in die Schlafräume. Faina Eppstein erinnert sich: wie in einem Traum stürzte plötzlich die Barackendecke zusammen und ein Panzer fuhr schräg durch die Baracke, Menschenleiber überrollend. Die Frauen sprangen entsetzt von den Wagonkas. Nach dem Panzer kam ein Lastwagen und man warf sie halbbekleidet auf die Ladefläche.

    Die Panzerschüsse waren blind, doch die MP – Salven waren scharf und die Bajonette echt, Manche Frauen warfen sich über die Männer, um sie zu schützen und wurden ebenfalls durchbohrt! Beljajew erschoss an diesem Morgen, eigenhändig etwa zwanzig Häftlinge. – Nach dem Kampf sah man, wie man den erschossenen Messer in die Hände legte, und wie ein Fotograf die erschossenen Banditen fotografierte. Großmutter Suprun, die Mitglied der Kommission war, starb an einem Lungenschuss. Einige flüchteten in die Aborte und wurden dort von den Salven durchsiebt. In einem Panzer saß betrunken die Lagerärztin Nagibina, nicht um Hilfe zu leisten, sondern aus Neugier, um zu schauen. – Kusnezow, einer der Revolte –Anführer, wurde in der Banja, seinem Gefechtsstand, verhaftet und auf die Knie gestoßen. Slutschenkow band man die Hände auf den Rücken, hob ihn hoch und ließ ihn niederfallen, eine Kriminellenmethode.

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    Karlheinz

  • 10. Teil


    Dann verstummten die Schüsse. Die Soldaten riefen: „raustreten, wir schießen nicht mehr!“ Und tatsächlich begnügten sie sich mit Kolbenschlägen. – Die einzelnen Gefangenengruppen wurden sofort durch die Maueröffnung hinaus in die Steppe geführt, vorbei an den Kengirer Konvoisoldaten, die eine Absperrung um die Zone bildeten. In der Steppe wurden sie untersucht und mussten sich auf den Boden legen, mit dem Gesicht nach unten, die Hände über dem Kopf ausgestreckt. MWD – Piloten und Aufseher gingen durch die Reihen und holten diejenigen heraus, die ihnen während der Revolte vom Flugzeug oder vom Wachturm aus aufgefallen waren. Die „siegreichen Generäle“ verließen die Wachtürme und gingen frühstücken. Ohne einen von ihnen zu kennen wage ich zu behaupten, das ihr Appetit an einem Junimorgen vortrefflich war, und das sie ihren „Sieg“ begossen. Der Alkoholdunst beeinträchtigte in keiner Weise die ideologische Klarheit in ihrem Kopf. Und was sie in der Brust empfanden, das war außen angeheftet. – Die Zahl der Toden und Verwundeten betrug nach Erzählungen ungefähr sechshundert, nach den Unterlagen der Lagerverwaltung über siebenhundert. Mit den Verwundeten stopfte man das Krankenrevier voll – und als dort kein Platz mehr war, brachte man sie ins städtische Krankenhaus. Den Übrigen wurde erklärt, dass die Truppe nur mit Platzpatronen geschossen und die Häftlinge sich gegenseitig erschossen hätten. – Es währe verlockend gewesen, die Gräber von den Toden von den Überlebenden ausheben zu lassen. Doch damit nicht zu viel bekannt würde, besorgten das die Truppen. Dreihundert der Toden verscharrte man in einer ecke der Zone, die anderen irgendwo in der Steppe.

    Den ganzen Tag lagen die Häftlinge mit dem Gesicht nach unten in der glühenden Sonne. Im Lager wurde indessen alles durchsucht, aufgebrochen und umgekrempelt. Dann brachte man Wasser und Brot in die Steppe. – Der Offizier hatten Listen vorbereitet, nach denen sie die Häftlinge aufriefen. Wer am Leben war wurde abgehackt.

    Die Mitglieder der Kommission der Aufständischen und die anderen hauptverdächtigen wurden in das Lagergefängnis gesperrt, das wieder seiner ursprünglichen Bestimmung diente. Über tausend Häftlinge wurden ausgesondert und zum Abtransport in geschlossenen Gefängnissen oder nach Kohlyma bestimmt. (Wie immer hatte man die Listen halb blind zusammengestellt, und so erwischte es auch viele, die völlig unbeteiligt gewesen waren.) - So weit auszugsweise Alexander Solschenizyn zum Aufstand der Häftlinge von Kengir!

    Und wie hatte Robert Sand den Aufstand überlebt? Wie alle seine Kameraden wurde er im Schlaf überrascht. Mit dem Instinkt des alten Frontsoldaten ging er zunächst einmal in Deckung, die er erst wieder verlassen musste, als er von den stürmenden Rotarmisten aus der Baracke herausgejagt und wo sie draußen mit Kolbenstößen zusammengetrieben wurden. Dann hatte sich alles so abgespielt, wie es Alexander Solschenizyn geschildert hatte. Robert Sand konnte sich später mit einer der ersten Kolonnen von je 100 Mann wieder in das Lager einziehen, wurde aber sofort wieder aussortiert und gehörte zu jenen 1000 Hauptverdächtigen, die zum Abtransport bestimmt waren, obwohl er eigentlich diesen Aufstand nur in „voller Deckung“ erlebte und überlebt hat. Sie wurden wieder vor das Lager getrieben, ohne ihr paar Habseligkeiten aus den Baracken mitnehmen zu können. Zwischenzeitlich regnete es in Strömen und sie standen Stunden fast bis zu den Knien im Schlamm, darunter auch Frauen, die fast unablässig geschrieen haben. Es war eine Tragödie von großem Ausmaß, die Sand nie vergessen wird. Das genaue Datum des Abtransportes ist ihm nicht mehr genau im Sinn. Jedenfalls wurden die aufsässigen Gefangenen und diejenigen, die man dafür hielt, wieder wie üblich in Waggons zu 60 oder 80 Mann hineingepresst, wo vielleicht nur 30 Plätze gehabt hätten. Dann ging s oh - Schreck – der transsibirischen Eisenbahnstrecke entlang über Omsk – Nowosibirsk – Irkutsk – Blagoweschtschensk – Chabarowsk nach Sowjetskaja Gawan. – Man kann sich heute kaum mehr vorstellen, welche Strapazen diese Menschen durchstehen mussten, von denen aber dennoch viele unterwegs geblieben sind.

    Die restlichen hat man dann vier Wochen in einem so genannten Quarantäne – Lager festgehalten und dann, etwa 400 Männer und Frauen, auf ein Einmast – Schiff verfrachtet, das drei Tage durch die la Pereuse – Straße zwischen Sachalin und Japan über das Ochotschische Meer unterwegs war, um dann in Magadan in Ostsibirien anzulegen. Robert Sand war nun 12 000 Kilometer von der Heimat entfernt und man kann sich wohl leicht vorstellen, welche ungeheuere Belastung, alleine schon wegen der Tatsache der riesigen Entfernung bis zur Heimat, das für diesen Mann bedeutet haben muss. Das Lager Magadan war so weit von jeder normalen Entfernungsvorstellung positioniert, das es später noch nicht einmal den offiziellen sieben Bänden „Zur Geschichte der deutschen Kriegsgefangenen des Weltkrieges „ aufgenommen worden ist. Man hatte allerdings nur drei Deutsche in dieses Lager am letzten Zipfel Sibiriens verbracht. Robert Sand, Karl Kret und einen Russlanddeutschen, desen Name Sand entfallen ist.





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    Karlheinz

  • 11. Teil


    Mit bis an die Zähne bewaffneten Konvoisoldaten, die Hunde mit sich führten, hatte man den als „Schwerverbrecher“ geltenden Häftling sozusagen eine „standesgemäße“ Eskorte zugeteilt. – Als sie nun endlich ihr Lager sahen, das nicht allzu weit entfernt von der Anlegestelle des Schiffes im Hafen lag, konnten die Häftlinge gleich entdecken, das die Wachtürme rund um das Lager mit schwer bewaffneten Doppelposten besetzt waren. Wenn Robert Sand über jene Zeit ins Erzählen kommt, dann wird einem bewusst, das eigentlich jedes Jahr seiner 11 jährigen Kriegsgefangenschaft eines Buches wert wäre, so viele gefährliche und unangenehme Situationen im menschlichen Grenzbereich mussten bewältigt und überstanden werden. So wurde der Mensch in den apokalyptischen Geschehnissen an den letzten Grenzen des Lebens geformt, hartherzig und brutal und durch endlose Leidensjahre hinter Stacheldraht. So liefen sie am Abgrund entlang, endlose Scharen an endlosen Tagen! In Erlebnissen, die gar keine Erlebnisse waren, sondern ein ununterbrochenes Einerlei der Leere und Hoffnungslosigkeit.

    Unser Verstand kann es gar nicht ausdenken, jahrelang die nackte Angst vor der Nichterfüllung der unerbittlichen Norm, festgelegt im ehernen Normgesetz. Angst vor dem Verlust des bisschen mageren Essens: Den so war es doch im Bergwerk, beim Straßenbau, auf dem Bauprojekten, auf den Äckern. – Der aus Schwäche seine Norm nicht erfüllen konnte erhielt weniger Brot, wurde noch schwächer, kam ins so genannte Erholungslager, wurde in Lazarette eingewiesen, kam bald nach Ansicht der sowjetischen Ärztekommission als arbeitsfähig wieder zurück auf seinen Arbeitsplatz. Und nun konnte der Kreislauf bei mehr und mehr abnehmenden Kräften und zunehmende Schwäche wieder von vorne beginnen, bleiben Angst, Hunger, Schwäche und Krankheiten gar treue Begleiter.

    Und dann der Stacheldraht! Überall Stacheldraht und die ewig gleich bleibenden Gesichter, und die große Öde des Landes. – Ringsum die Trostlosigkeit, die nie abreisende Propaganda, die Sehnsucht, die Herzensnot, das Heimweh, die Lieblosigkeit – und daneben der andere, der nackte Mensch, einst Kamerad, jetzt Konkurrent! Der Kranke, der Mutlose, der Heruntergekommene, der Haltlose, der Gottlose, der tierisch Gewordene, der große Hasser, der kleine Kläffer, ! – Und all dies stündlich, täglich, monatelang jahraus – jahrein! – Und dann der Tagesablauf, noch bei Dunkelheit das Wecken, das Waschen von Hunderten unter ein paar spärlichen tropfenden Hähnen, das Verschlingen der Morgenration, die Zählung bei Regen und Sturm, in Eis und Schnee, das Warten – und immer wieder das Warten. Dann das Treiben der Wachen mit Gewehr und Maschinenpistole im Anschlag, das Treiben dieser sich schleppenden grauen, apathischen Massen Mensch durch den Menschen! – Die zehn – oft zwölfstündige Fronarbeit, begleitet von dem hetzenden, anfeuernden, heißen Brüllen der sowjetischen Vorarbeiter, der zurück und das Hinsinken auf den Strohsack! Und all dies über Monate, Jahre!

    Die Baracke mit dem fatalen Geruch ungewaschener Leiber und dem ständigen Schwanken zwischen Stickluft und Eiseskälte! Diese Baracke mit ihren verdreckten Glühbirnen und ihren verwanzten Pritschen, ihren tropfenden Dächern und peinigenden „Regalen für Menschen“ Und das jahrelang!. Unser Ohr mag es gar nicht hören, jahrelang. Ist das nicht ohne Ende? Wie dies meißelt und hämmert, wie da die Fassaden einstürzten und die Männer nackt da stehen, wie die hohen Herrn zu kleinwinzigen Dieben werden und die Heroen des Geistes zu Jämmerlingen. Wie sie da einander belauern und belügen, wie die Wut aufflammt über jede dumme, harmlose Gewohnheit des anderen, wie da die Tünche weggewischt wird und der Mensch wird gerufen! Robert Sand hat diese grauenhaften Zustände in bewundernswerter Haltung überstanden, - trotz der Verbannung nach Magadan.





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    Karlheinz

  • 12.Teil


    Eines Tages hörte Robert Sand über den Lagerlautsprecher, das der Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland, Konrad Adenauer, am 13. September 1955 in Moskau war. Auch die Situation der restlichen Kriegsgefangenen sei besprochen worden, so munkelte man, von denen die Sowjets ja behaupteten, es gäbe keine mehr in der Sowjetunion, sondern nur rechtmäßige verurteilte Kriegsverbrecher. Es keimte ein zartes Pflänzchen von Hoffnung auf, zumal plötzlich im Lager, wo Robert Sand war, noch 17 deutsche Kriegsgefangene auftauchten, die in den Goldminen von Magadan gearbeitet haben. Wenn man euch zusammenlegt, meinten die russischen Häftlinge, werdet ihr vielleicht bald nach Hause fahren.

    Und so kam es eines Tages, dass nach knapp 3 Monaten in Magadan der Rücktransport erfolgte, der nahezu genauso wie die Heimfahrt verlief. Doch es konnte bei den jetzt 20 Deutschen , die es nach Ostsibirien verschlagen hatte, keine rechte Freude aufkommen, denn mit ihnen fuhren auch viele russische Häftlinge, darunter Banditen, und man sprach davon, das die Häftlingskolonie aufgelöst werden sollte. Also war es keine Befreiung, sondern nur eine Verlegung!? – Und ist es ein Wunder, das niemand mehr glaubt, dass alle zweifeln. Und wieder beginnt eine Nervenkrise. Es gibt zu viele Fragen, auf die man keine Antwort findet, und wieder gibt es eine lange Fahrt auf der endlos scheinenden transsibirischen Eisenbahnstrecke.

    Die Häftlinge wurden mehrfach in Städten ausgeladen, wo sie in Durchgangsgefängnissen übernachten mussten. In der Stadt Nishne – Issetsk, Gebiet Swerdlowsk war dann zunächst Endstation, und der übliche Gefangenenalltag begann wieder. Von Befreiungsgefühlen war nicht mehr viel übrig geblieben. Robert Sand arbeitete dort auf dem Bau als Stuckateur. Es ging das Gerücht um, das sie deshalb nicht entlassen werden könnten, weil der Deutsche Bundeskanzler Konrad Adenauer seinen in Moskau eingegangenen Verpflichtungen nicht nachgekommen wäre! – Hoffnungslosigkeit bereitete sich unter den wenigen Deutschen aus und ein Wechselbad der Gefühle löste die Verabschiedung in Swerdlowsk durch eine Militärkappelle aus. Dabei war es so kalt, das offenbar einige Trompeten einfroren, so dass ihnen wohl kein Ton mehr zu Endlocken war. Trotzdem waren alle der Meinung, dass jetzt wieder gehofft werden darf!

    Nach einer fahrt von drei Tagen, wesendlich komfortabler als auf der Hinfahrt, wenn auch im Viehwagen, aber Strohsäcke und nicht überbelegt und relativ gut verpflegt, stoppte der Transport am 16. Oktober 1955 in Potmar, eine kleine Stadt etwa 100 km östlich von Moskau und es hieß aussteigen. Die Stimmung stieg wieder und für Robert Sand war es einfach schon eine große Erleichterung, dass er die Hölle von Dscheskasgan und Magadan hinter sich gelassen hatte und er sich wieder im europäischen Russland befand. – So rückte die Heimat näher, aber ein Begleiter ist doch dabei – die Angst! Die Angst, wie so viele Kameraden früher, noch an der Grenze herausgeholt zu werden.

    Und diese Angst wird sie noch lange begleiten, wenn sie wieder in Freiheit sind. Lange noch spüren sie den Schritt des Postens hinter sich und schauen sich um, sind misstrauisch, hilflos, scheu, verbittert gegen sich und die Welt. Und wie kommen sie heim? In welche Heimat, in welche Verhältnisse? Wer versteht sie und hilft ihnen, nicht nur mit Worten? – Im Lager Potmar werden Versammlungen angesetzt, hier sind jetzt noch mehr deutsche Kriegsgefangene zusammengezogen worden. Und als es schon auf den Dezember 1955 zugeht, fordert ein deutscher Offizier die Russen auf, ihnen Weihnachtbäume zur Verfügung zu stellen. Die Antwort lautete: „Ihr braucht keine Weihnachtsbäume mehr, denn an Weihnachten seid ihr zu Hause!“ Das war für die letzten deutschen Kriegsgefangenen, die angeblichen „Kriegsverbrecher“ ein ungemein befreiender Satz, und die Zahl 13 wurde für Robert Sand zur Glückzahl, den mit dem 13. Transport fuhr Robert Sand im 13. Waggon am 134. November 1955 in Richtung Heimat! – Er war aus 11 Jähriger russischer Kriegsgefangenschaft entlassen worden.

    Am 16,12,1955 befand er sich endlich wieder auf deutschen Reichsgebiet und am 18. 12. 1955 traf er im Entlassungslager Friedland ein, wo diese Männer, die so unglaubliches Schreckliches erlebt und erlitten hatten,in einer ergreifenden Feier begrüßt und von einer großen Menschenmenge begeistert empfangen wurden.





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    Karlheinz

  • 13. Teil


    Doch wieder begann für nicht wenige erneut schwere Schicksalsschläge. Und wieder gibt es Enttäuschungen, wieder Herzeleid, selbst an der Schwelle des neuen Lebens!

    Da liegen nun hinter ihnen die Todeslager und die Feuernächte, die Hungerzeiten und die sibirischen Winter, die unheimlichen Gewalttaten und die Lehre aus der Lagerschule des Teufels, wo sie ein genialer Lehrmeister gelehrt, das Lüge, Betrug, Selbstsucht, Kriecherei, Charakterlosigkeit, Verrat und ein hartes Herz die eigentlich brauchbare Tugenden des modernen eigensüchtigen Menschen sei. Und keiner ist ferner von dort gewesen als er, der Heimkehrer! Keiner konnte sich mehr selbst verlieren und keiner stand dem Abgrund näher, und keiner lief ihn so haarscharf entlang!

    Wie hatte man sich den dieses „Heimkehren“ vorgestellt? Waren diese Männer, die unerfüllbare Forderung stellten? Was wollten sie? – Ich will es euch sagen! – Sie wollten das, wonach sie sich all die Jahre gesehnten hatten und was ihnen endlich geschenkt wurde; - Liebe, Geborgenheit, Freiheit!

    Ganz Kirrlach begrüßte Heimkehrer Sand, so lautete die Schlagzeile der „Badischen Neusten Nachrichten“ - Ausgabe Bruchsal vom 23. Dezember 1955 mit einem großen Foto von Robert Sand im Kreis seiner lieben Angehörigen. Nun war Robert Sand endlich und wirklich heimgekehrt. Die Zeitung schreibt weiter:
    War sein überwältigender Empfang in der Nacht zu Sonntag ein überwältigendes Treuebekenntnis der ganzen Gemeinte Kirrlach, so gestaltete sich der Mittwochabend zu einem unvergesslichen Erlebnis nicht nur für den Heimkehrer Robert Sand, sondern für alle Beteiligten und darüber hinaus für die ganze Bevölkerung. In der überfüllten Turnhalle, wo zu Ehren des Heimkehrers die offizielle Empfangfeier stattfand, kam das Heimat – und
    Zusammengehörigkeitsgefühl ebenso stark zum Ausdruck, wie die Freude über die Heimkehr des letzten Kriegsgefangenen aus hiesiger Gemeinde, der mit seinen Angehörigen noch in Briefverkehr stand.

    An der eindrucksvollen Feier beteiligt sich die gesamte Bevölkerung von Kirrlach – und zahlreiche Festredner würdigten Robert Sand, dessen Glaube an die Heimat und das Vaterland, trotz der langjährigen Kriegsgefangenschaft ungebrochen ist. – Die BNN: Überwältigt von diesem herzlichen Empfang dankte Heimkehrer Sand. Er sprach die Hoffnung aus, das bis Weihnachten alle Kriegsgefangenen aus dem Osten heimgekehrt sein mögen. Worte des Dankes fand er auch für Bundeskanzler Adenauer, dessen Initiative die Entlassung der Kriegsgefangenen mit zu verdanken sei. Am Schluss bad er alle Anwesenden, zum stillen Gedenken an die vielen, vielen, im letzten Weltkrieg gefallenen und verstorbenen Kameraden, sich von den Plätzen zu erheben. Die Feier klang aus mit den gemeinsam gesungenen Liedern „Freiheit die ich meine“ und „Großer Gott wir loben dich“, die vom Musikverein begleitet wurden.

    Verfasser: Hermann Melcher, Heidelberg.





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    Mit freundlichen Grüßen


    Karlheinz

  • 260. ID. zum Gedenken und zur Erinnerung



    Die Kameraden von deren Taten und Opfern in diesen Berichten berichtet wird, sind und waren Söhne unserer Heimat, unseres Vaterlandes.
    Sie sind nicht Gefragt worden, ob sie einen Krieg wollten oder nicht. Politiker entscheiden über Krieg und Frieden, nicht Soldaten. Unsere Väter wurden aufgerufen, ihre Pflicht zu tun und das Vaterland zu verteidigen, wie das Gesetz es befahl. Dem Befehl folgend erhielten sie ihre Feuertaufe in Frankreich, marschierten durch Polen nach Russland. Im Herbst 1941 wateten sie durch den russischen Schlamm auf den aufgeweichten und nicht befestigten Straßen, die ein vorwärts kommen fast unmöglich machten. Sie marschierten und kämpften in Richtung Moskau, überlebten den Winterfeldzug 1941./42 bei 50° Grad Celsius und wehrten auf den Rückzug oft als Nachhut die nachstürmenden sibirischen Divisionen wieder ab.

    Am 5. Juli 1944erfolgte der letzte Ausbruchsversuch aus dem 7. wanderten Kessel. Das befohlene Durchschlagen in kleinen Gruppen gelang nur wenigen Kameraden. Die meisten kamen in russische Gefangenschaft, aus der viele erst nach 11 Jahren, oder gar nicht mehr zurückkehren durften. Weil sie durch Krankheit, Entkräftung, Hunger oder Furchtbarer -Drangsal in der Zwischenzeit ums Leben gekommen waren.

    Mögen diese Erlebnisberichte auch von unseren Kindern und Kindeskindern gelesen werden, damit sie ihre Väter und ihr Handeln besser verstehen.

    Mit freundlichen Grüßen

    Karlheinz

  • Schweigelager




    Obwohl das Rote Kreuz behauptet, es hätte und habe keine Schweige – Lager gegeben, können wir hier den Beweis dafür sehen. Nachdem Sie den Bericht über den Weg der Verdammten gelesen haben.

    Die 260. Infanterie – Division war eine so genannte „gesperrte Einheit“. Und was heißt gesperrte Einheit? Eine gesperrte Einheit die, 260. Infanterie – Division war nach Meinung der Russen eine vorbelastete Einheit, die angeblich Gräueltaten begangen haben soll.

    Die Gräueltaten bestanden darin das sie in Russland eingedrungen sind, und dadurch auf die Sowjetische Liste dieser gesperrter Einheiten kamen. Dafür wurden die deutschen Soldaten mit dem Tode bestraft, da die Todesstrafe aber aufgehoben war, wurden die meisten zu 25 Jahre Arbeitsbesserungslager verurteilt.

    Sie durften nicht Schreiben, sie bekamen nichts zu Lesen, sie durften sich in keinster Weis fort bilden z.B. Russisch lernen, sie bekamen auch keine Post, und sie wurden für die Leistungen die sie erbringen mussten nicht Entlohnt. Keine Postverbindung nach Hause, keine Zeitung, keine Bücher oder Lesestoff anderer Art. Es ist ein Schweigelager.

    Die wenigste der deutschen Soldaten kamen wieder in ihre Heimat, sondern Sie starben an Krankheit, Entkräftung, Unterernährung, und schweren Misshandlungen mit schweren Kerker der ja Unmenschlich war. Man sollte nicht glauben das Menschen solche Strapazen überlebt haben.

    Und wie man aus diesem Bericht ersehen kann, gab es doch Schweige – Lager. Wenn das was dieser Soldat erlebt hat, kein Schweigelager war, dann muss man sich wirklich Fragen was man dann unter Schweigelager verstehen muss. Ich finde das ist nur ein Beweis, aber bedarf es noch mehr Beweise, ich glaube nicht.

    Mit freundlichen Grüßen

    Karlheinz

  • Hallo Karlheinz,


    ich möchte mich im Namen der Forenleitung für Deine unermüdliche Arbeit an diesem Projekt recht herzlich Bedanken. Ich mag nachzuvollziehen wie viele Stunden dieses Projekt in Anspruch genommen hat. Ich bin mir sicher, dass dieser Beitrag viele interessierte Leser in der ganzen Welt erreichen wird und das vermittelt wofür er geschrieben wurde.


    Mit bestem Gruß
    Michael

  • Hallo Michael, hallo Martin:


    Ihr bedankt euch für meine Arbeit, die ich im Forum veröffentlicht habe. Das müsst ihr beide nicht tun, denn euere Arbeiten sind eben so gut und man muss sich auch bei euch einmal bedanken für euere Arbeit. Sicherlich Freud einen dieses, aber es muss nicht sein. Ich teile euch mit das ich mit dieser Arbeit noch nicht fertig bin, und ich noch einiges über die 260. Infanterie - Division zu veröffentlichen hab. Nur leider habe ich etwas wenig Zeit, es könnten noch 3 - 4 Wochen vergehen, bis ich mit der weiteren Arbeit beginnen kann. Wünsche euch noch einen schönen Abend.


    Mit freundlichen Grüßen


    Karlheinz

  • Hallo Karlheinz,

    habe pünktlich zum Fest noch etwas für dich aus dem Sack gezaubert, es ist ein KTB Auszug der 52.ID. Es sind Angaben der 260ID vom 3.9.41 enthalten, s. Anlagen.

    Gruß Heinz:)

    Quelle: NARA

  • Hallo Karlheinz,

    der Divisionsbefehl ist vom 30.9.41, da hatte der Weihnachtsmann eine Null nicht eingetippt!:mad:

    Gruß Heinz:)

    Suche alle Informationen über die 17.ID und I.AR77.

  • Lieber heinz 307:
    Ich habe heute deine Nachrichten gelesen, sie sind etwas schwer zu entziffern, aber es wird mir schon gelingen. Du schreibst mir, dass Du noch mehr über die 260 ID. hast. Ich bin Dir dankbar für alles was Du über die 260 ID. hast, und über die Einheiten die der 260 ID. angeschlossen waren. Vor allem interessiert mich alles über sämtliche Einheiten der Artillerie der 260 ID. vom ersten bis zum letzten Regiment. Und von der ersten bis zur letzten Gruppe.
    Ich habe nämlich weiter recherchiert, und herausbekommen das mein Vater bei sämtlichen Artillerie Regimenter eingesetzt war, bis zum Schluss in Ostpreußen. Das wusste ich bis dato noch nicht. Vielleicht gelingt es mir ja, das ich an Händen der verschiedenen Berichte, doch noch einen Hinweis über seinen verbleib herausbekommen kann. Oder zu mindestens über seine Gefangennahme. Es ist zwar sehr viel Arbeit, aber das scheu ich auf keinen Fall. Und es ist auch nicht sehr Wahrscheinlich dass ich damit Erfolg haben werde. Aber wie heißt es, der Glaube versetzt Berge. Ich will es auf alle Fälle probieren.




    Mit den Herzlichsten Grüßen
    an Dich und deine Familie.



    Karlheinz

  • Verehrte Kolleginnen und Kollegen:
    Bevor ich weitere Artikel über die 260 ID. ins Forum stelle erlauben Sie mir einige Worte darüber zu verlieren, über unsere Deutschen, sowie über die russischen Soldaten, und alle Soldaten, der anderen Nationen. Wenn man solch Berichte ließt, kann man fas nicht glauben was die Männer auf beiden Seiten, für Strapazen, und Elend, und Leid, erdulden mussten. Wenn man lesen muss dass die russischen Soldaten, aus dem fliegenden Flugzeug, aus einer Höhe von 60 m rausgeschmissen wurden ohne Fallschirm, dann kann man so etwas nicht verstehen. Denn es war doch damit zu rechnen, dass einige hunderte von Soldaten, durch die Landung getötet wurden. Man stelle sich vor aus 60 m, das ist so hoch wie manch ein Kirchturm. Wenn man dann lesen muss, das unsere deutschen Soldaten bei 40 – 50° Grad Kälte vor Moskau lagen, ohne ausreichende Winterkleidung, dann muss man sich fragen wie kann ein Mensch das aushalten. Man könnte hier noch die ganzen Daten des Rückzuges beschreiben, aber das würde ein dickes Buch füllen mit all diesen Daten die man Aufzeichnen müsste. Ich will es deshalb mit diesen beiden Anführungen genug sein lassen, denn man müsste mit Sicherheit auch die Gefangenschaft in allen Lagern beschreiben, aber das ist bereits in den einzelnen Artikeln schon geschehen.
    Ich schreibe diese ganzen Artikel ohne Hass, auch wenn mein Vater nicht mehr aus dem Krieg zurückgekommen ist. Ich schreibe mit Ehrfurcht und Anerkennung, der Männer die Unfreiwillig in diesen Krieg gezogen wurden, ganz egal welcher Nation Sie angehören. Vergessen wir nicht dass wir in die Nachbarländer einmarschiert sind.
    Aber und dass gehört auch hier einmal her, sollten wir uns tatsächlich auch bei unseren Politikern aller Demokratischen Parteien, ab den Jahre 1949 bedanken, die es bis heute Verstanden haben, auch bei schweren Endscheidungen den Frieden für unser Volk zu bewahren.
    Dafür gilt ebenso meine Anerkennung und mein Dank.

    Mit freundlichen Grüßen
    Karlheinz

  • Übergang im September



    Von Adolf Götz, Oberriexingen




    Wie haben 1941 die großen russischen Flüsse kennen gelernt. Da war zuerst Napoleons Schicksalsfluss, die Bresina, der 1944 auch unser Schicksal wurde. Dann der Dnjepr. Über die Desna gingen wir 2 Mal im Schlauchboot. Einmal bei Nacht einmal bei Tag. Auch die Oka bei Kaluga wurde bei Nacht im Schlauchboot überquert. 10 Tage später wurde ich als MG - Schütze bei Alexin verwundet und der Brückenkopf Kremenki und der strenge Winter blieben mir so erspart.
    Bei meinem zweiten Russlandeinsatz hatte ich es mit einem nassen Übergang zu tun. Zudem wusste ich damals noch nicht, wie dieser Fluss hieß, ich habe erst später erfahren das es die Oster war. Das war im September 43 südl. Smolensk. Ich hatte die Nachhut zu bilden und mich bei stärkerem Druck abzusetzen. Man zeigte mir einen markanten Punkt im Gelände, dort sei ein Fluss, wo uns Pioniere übersetzen würden. Wir kamen an den Fluss. Der Übergang lief so ab: Zwei Pioniere hüben und drüben zogen ein notdürftiges Floss über den Fluss. Es wurde uns gesagt, wir sollen hinten drauf stehen. Es war Eile geboten, denn der Russe setzte nach. Immer zwei Mann wurden übergesetzt. Ich dachte, es ist ein Fluss wie die Enz daheim. Die Tiefe wusste ich nicht, erfuhr sie aber. Als letzter sprang ich mit einem Kameraden drauf. Die Pionier drüben zogen, aber unser Floss ging unter. Heute weis ich wir standen zu sehr in der Mitte. Ein komisches Gefühl, aber wir hatten Glück, das Wasser ging nur bis zum Hals und das Ufer war nicht weit. Nun war uns gesagt worden, drüben würden wir gut aufgenommen, das war aber nicht wahr, es hieß, sich Eingraben. Zunder von drüben bekamen wir auch schon und ich war patschnass. Die Stiefel, die Magazine der MP, alles voller Wasser. Ich warf es weg, weil es verrostete. „Anspruchvolle Infanterie, möge Gott dich schirmen“ hieß der Spruch in der Kaserne in Pforzheim. Nun lernte ich die Anspruchslosigkeit kennen. Die Kleider hatten am Leib zu trocknen. Gott sei dank war schönes Wetter. Aber unser MG war hinten zur Reparatur. Ich hatte noch unser gutes altes MG 34. Nun rief einer hinter den Häusern vor: „Ich habe ein repariertes MG“. Er wusste warum er es nicht herbrachte, er hing zu sehr an seinem Leben. Ich selber dachte, bei dem Beschuss kommt keiner lebend zurück. Ich mochte meine Leute nicht opfern und gab deshalb keinem den Befehl. Nun rief einer: „ Ich hole es“. Meine Meinung dazu war: Ich gebe Dir den Befehl nicht. Was ihn dazu trieb, weis ich nicht. Er war sonst ein Bruddler und schimpfte über alles, ein Wengerter (Weinbauer) aus dem Remstal. Aber er rannte los, es waren mindestens 100 m bis zum MG, er machte eine kurze Verschnaufpause und rannte mit dem MG zurück. Ich war froh, es war ihm nichts passiert, wir hatten unser MG wieder und waren nicht mehr ganz schutzlos. Dass ich ihn beim Kompanieführer gelobt habe, hatte er verdient. Zu meiner Situation muss ich sagen, bei jeder anderen Waffengattung wäre ich nach hinten geschickt worden, um die Kleider zu trocknen, deshalb begleitete mich über den ganzen Krieg der Spruch von der anspruchslosen Infanterie.
    Der Spruch lautete genau: Fahl das Auge, blass die Wangen, ruhig in den Tod gegangen. Ohne Rast von spät bis früh, unverzagt in Stürmen, anspruchslose Infanterie, möge Gott dich schirmen.



    Kameradenhilfswerk der
    260. Infanterie- Division


    Mit freundlichen Grüßen


    Karlheinz

  • Oberstleutnant i. G. Erich Labrenz




    260. Inf.Div. von Gernot Weiß Inf. Rgt. 119

    Erich Labrenz wurde am 06.Dez. 1903 in Jeschkendorf, Kreis Liegnitz / Schlesien geboren. Im August 1925 trat er als Freiwilliger in die Reichswehr ein. In dieser Zeit war er beim 13. (Württ.) Inf, Rgt.eingesetzt. 1934 wurde er zum Lt. Resp. OLt. Befördert. Später war er Kp. Fhr. beim Inf. Rgt. 119 in Stuttgart bzw. Ulm tätig.
    Ab August 1939 war er als Hptm. Bei der 260. Inf. Div. eingesetzt, zuerst als Ic (Nachr. Offz.) dann ab Oktober 1940 als Kdr. des III.Btl.Inf.Rgt.480.
    In der Geschichte der 260.Inf. Div. herausgegeben von Werner Haupt und Oberst i. G. a. D H. Köstlin, 1986, werden die Kämpfe im Mittelabschnitt (Kaluga und Brückenkopf Kremenki) u. a. folgender maßen geschildert
    Das KTB (Kriegstagebuch) der 260. Inf. Div. zeichnete über das Geschehen des 08. Dezember folgendes auf:
    10°°Uhr Zehn T - 34 rollen gegen 225,8 heran. Die Artillerie kann zwei in Brand schießen. Andere rollen bis Radenki durch vernichten 2 Pak, 2 IG, 1 sMG, 1 Flak, Infanterie hat schwere Verluste und zieht sich westlich und südwestlich 225,8 zurück.
    13°°Uhr Feind greift mit 20 Panzern Jerschowo an und bricht in Ort ein. III. Ifn. Rgt.480 (Hptm. Labrenz) hält die Stellung.
    Stunde für Stunde verschlechtert sich die Lage an der Front. Da traf am frühen Nachmittag der Korpsbefehl ein, dass sich die Div. in der Nacht auf die Linie Seliwerstewo – Saworowo – Logowo – Radenki – Kalinino- absetzen muss. Als die Vorbereitungen angelaufen waren, erschien überraschend auf dem bereits neu bezogenen Gefechtstand in Aulowo ein 300 Mann starkes Marschbataillon aber ohne Waffen! Die Männer erhielten schnellstens Karabiner und wurden vor allem den ausgebluteten Inf. Rgt. 470 nach Radenki zugeführt.
    Der Stellungswechsel wurde in folge des tiefem Schnee und der beißenden Kälte zu einer Tortur für Menschen, Pferde und Gerät. Die Truppen konnten sich allerdings vom Gegner lösen, ohne dass dieser sofort nachstieß. Die Verluste die die Div. am vergangenen tag und in der Nacht zählte waren enorm. Rittm. Von Geldern, Kdr. I / Inf. Rgt. OLt. Baron, Adj, I / Art. Rgt. 260. Lt. Haigis, 4. / Inf. Rgt.460, waren darunter. Ihre Namen mögen hier für die ihrer Kameraden stehen.
    Da auch Hpt. Labrenz verwundet worden war, wurde Hptm. Gaudig zurückgerufen. Er hatte die Tross der Div. nach Südwesten geführt, übergab sein Kdo. an OLt. Dr. Glenz und übernahm am Morgen des 19.12.sein noch 90 Mann starkes Btl.


    Kameradenhilfswerk der
    260. Infanterie- Division


    Mit freundlichen Grüßen


    Karlheinz

  • Teil 1
    260.ID. Kameradschaft zahlt sich aus

    Wie zwei Soldaten von Kameraden gerettet wurden



    Es war Ende Juli 1943, als ich in Urlaub fuhr. Ich hatte Glück, denn in den nächsten tagen trat eine Urlaubssperre in Kraft. Es lag etwas in der Luft. Meine Gruppe im Stützpunkt 3 bei Kurkino übergab ich an meinen Kameraden Otto Baumann., nicht ahnend, dass ich nachher von meinem guten Kumpel kaum noch jemanden antreffen werde.

    Urlauber sollen in


    Alarmeinheiten gesteckt werden



    Am 7. August begann der russische Großangriff bei Wjasma. Daheim las ich im Wehrmachtsbericht, dass sich die 250. württ. – badische Infanteriedivision besonders bewährt haben. Bei meiner Rückkehr wusste auf der Frontleitstelle Smolensk niemand, wo sich die Division gerade befand, und man wollte uns Urlauber in eine Alarmeinheit stecken. Aber welcher Landser wollte nicht zu seinem alten Haufen zurück? Was mir entgegenkam, waren Lazarettzüge. Als ich Fahrzeuge fand mit dem Hirschhörnle, war ich bald wieder unter Kameraden. Diese wenigen erzählten mir, wo der Panzergraben Gubino mehrmals den Besitz wechselte unter großen Verlusten. Ich suchte mir auf einem Hauptverbandsplatz einen passenden Stahlhelm und meldete mich bei Leutnant Heller. Er führte den kleinen Rest des 3. Bataillons Regiment 480. Er war Feldwebel in meiner Rekruten zeit, wir kannten uns also. Er begrüßte mich mit den Worten: „Mensch Götz, worom bisch net daheim blieben?“ Das heißt er hätte mir gewünscht, nicht hierher zu müssen. In den nächsten tagen lernte ich ihn als fähigen, tapferen Offizier kennen, leider fiel er in den kommenden Wochen.

    In diesen Tagen den Glauben


    an den Sieg verloren



    Am Tag, ehe ich ankam, griff hier der Russe mit Kosaken erfolglos an. Von dieser Attacke lagen noch Pferde und Reiter im Gelände vor uns. Beim nächsten Angriff mussten wir uns absetzten. Heller befahl einen Gegenstoß und wir holten mit Hurra die alte Stellung wieder. Das war schon ein Unterschied, Urlaub und danach gleich wieder Rabatz. Von der Gruppe, die ich übernahm, kannte ich niemand. Die Stellung war am Waldrand, und wir hatten Verluste durch Baumkrepierer. Die Russenstellung gegenüber sollte genommen werden, es kam ein Verband „Stuka“; dieser geriet in heftiges Flakfeuer und einer stürzte ab. Viel Wirkung hatte ihr Angriff nicht. Als wir dann mit vier Panzern angriffen, wurde einer gleich getroffen und brannte. Die anderen fuhren wieder zurück. Das Unternehmen wurde abgeblasen. Unsere Stellung wurde nachts aufgegeben. In diesen Tagen verlor ich den Glauben an ein siegreiches Kriegsende. Als wir in den Schützenlöchern hockten und die Schlachtflieger vom Typ IL 2 stundenlang über uns kreisen und uns ihr Gebrumm auf die Nerven ging, ließ sich kein deutscher Jäger sehen.


    Kameradenhilfswerk der
    260. Infanterie- Division


    Mit freundlichen Grüßen


    Karlheinz