Ers.Marsch-Kompanie III./PanzerGrenRgt. Großdeutschland in Guben/Germersdorf 1944/45

  • Hallo ins Forum,


    nach langer Recherche in familieneigenen Unterlagen hat mich mein Weg nun hierher geführt.

    Ich, Marcus, digitalisiere gerade das Kriegstagebuch (das fast im Stile eines Romans verfasst ist) meines Großvaters (Jahrgang 1926) und bin auf noch sehr gut lesbare Fragmente zum Jahreswechsel 1944/45 des o.g. Regimentes gestoßen. Leider ist die Bleistiftschrift im Tagebuch in Teilen nur noch sehr schwer zu entziffern. Der einfachhaltshalber kopiere ich den Auszug des Tagebucheintrags hier hinein:


    1.Januar 1945 (Guben-Germersdorf)


    Das Jahr 1945 wird das Äusserste an Tatkraft aber auch an Opfer fordern, allein, es wird auch das

    Jahr einer großen Wende sein.


    Trotzallem, Spaß muss sein! So haben wir es

    auch gehalten, wir, von der Ers.Marsch-Kompanie

    III./PanzerGreRgt. Großdeutschland:


    Mitten in dem weltentscheidenden, unbarmherzigen Ringen um Leben und Tod haben wir Silvester gefeiert, waren wir in einer anderen Welt, in einer Welt der Freude und des Frohsinns. Unsere Parole war:

    Jubel, Trubel, Heiterkeit; Nacht ohne Ende!


    Schon am Heilig Abend, als ich schweißgebadet den schweren Pelz auszog und meinen Weihnachtsmannbart ablöste, kam mein

    Kompaniechef Leutnant Rolandt zu mir und sagte: "Kraus, Sie haben ihre Sache als Weihnachtsmann vorzüglich gemacht; haben Sie meinen Dank. Aber versprechen Sie mir, daß Sie sich etwas für Silvester ausdenken."

    Ich sagte natürlich zu. Hatten mir doch Kameraden anvertraut, daß es die schönste Weihnachtsfeier gewesen wäre, die Sie je mitgemacht hatten. Warum sollte ich ihnen nicht auch ein Silvester bereiten, das Sie ewig in Erinnerung behalten sollten. Ich suchte mir einen Stab von Mitarbeitern. Da war zunächst der Stabsgefreite Otto, im Hauptberuf Kaufmännischer Angestellter und nebenberuflich Schriftststeller. Dann war da noch Gefreiter Scholze, ein Berufsartist (Zahn und Balanceakrobatik). Dann bot mir noch Unteroffizier Neuhaus seine Mitarbeit

    an. Er war im Zivil(leben) Schlagerbearbeiter. Vom Hauptfeldwebel Koch ließ ich mir unbeschränkte Handlungsfreiheit geben.


    Die Woche vor Silvester war mit Proben, Kostümbesorgungen, Beratungen etc. pp ausgefüllt.

    Am 31. früh wurde dann der Saal des Restaurants Ritzhaupt, der uns ja als Schlaf- und Wohnsaal diente, ausgeräumt. Die Betten und Schränke wurden draußen in den Garten gestellt, was unter großem Hallo geschah.


    Dann endlich war es soweit. Der Saal war ausgeschmückt und die Tische weiß gedeckt. Die Bühne war fertig und die eingeladenen Gubener und Germersdorfer Schönheiten (es mögen an 100 gewesen sein) füllten den Saal. Es konnte also losgehen. Wir kübelten mit dem Spieß noch rasch einen und dann gab ich das Zeichen zur Musik. Nach dem Marsch hielt unser Chef eine flammende Rede und dann wurde erst einmal allgemein geprostet. Danach Tusch und der Vorhang ging auf. Sämtliche Nummern des Programms liefen tadellos ab und fanden tosenden Beifall. Das ganze war als Rundfunkfernsehsendung gedacht, die sich über alle großen Weltstädte erstreckte. Großen Beifall

    fand ich im Sender Bombay. Die Bühne wurde nur von 2 Fackeln erhellt. Dumpfe Trommelwirbel erklangen und in der einen Ecke der Bühne saßen im Halbkreis meine 6 Sänger die unter Rumbarasseln ihr exotisches "Obla Kongula" ausstießen dann recht gefühlvoll "Oh Madeira" sangen. Beim Ausklingen der Lieder erschien ich als Fakir mit riesen Turban und schaurig rollenden Augen.

    Ich versprach dem Publikum meine Kobra vorzuführen; aber leider war sie nicht gewillt aus dem Koffer hervorzukommen (war auch unmöglich, da er leer war!). Scholz spieh als Feuerspucker "warme Luft", aber Kobra kam nicht. Als dann die Schlußüberraschung kam, brachen alle in tosendes Gelächter aus. Mit gleichem Beifall wurde mein "Diener Johannes", mein "Christorus

    Brausepulver" (den ich mit Uffz. Neuhaus zusammen brachte und wobei uns ein tolles Ding passierte), mein Denkmal, meine

    Melodiaboys usw. aufgenommen. Zwischendurch spielte die Musik und es wurde tüchtig getanzt. An Schnaps und Wein fehlte

    es nicht. So war die Stimmung schon am Höhepunkt als die Glocken das Neue Jahr einläuteten. Mir war doch etwas komisch ums Herz, als ich mir vorstellte, wie einsam meine Mutter daheim jetzt sitzen würde. Aber dann wurde ich von meinen Kameraden bestürmt, die mir alle ein frohes neues Jahr wünschten. Es ging dann weiter bis zum frühen Morgen. Ich betätigte mich noch als Schlagzeuger, da ich doch

    nicht das Tanzbein schwingen konnte. Doch nun will ich auf die Sache mit "Christorus Brausepulver" zurückkommen. Das Stück, das ich mir mit Neuhaus eingeübt hatte war ein toller Reißer. Ich war der blöde Brausepulver (Typ Charly Rievels!) und sah dem entsprechend aus:

    Knallrote Nase, weißumrandete Augen usw. Neuhaus als Orlando sah ähnlich aus, nur daß er einen Frack und Zylinder trug, während ich

    ganz unmöglich gekleidet war. Als das Stück nun abgelaufen war und wir uns abschminkten, stellten wir mit Schrecken fest, daß alles gut abging, nur unsere Nasen höhnisch allen Versuchen der Reinigung trotzten. Sie glänzten je mehr wir rieben vom schönsten Scharlachrot bis zum grellsten Kamin. Wir trösteten uns, daß es bis Morgen schon abgehen würde, und fiel es Silvester auch nicht weiter auf.

    - Wie alles im Leben vergänglich ist, so ging auch diese Nacht vorbei. Früh um 5 Uhr verabschiedeten sich die letzten Gäste und die Kapelle

    gab nur noch ein jaulendes Stöhnen von sich, was der Abschiedsmarsch sein sollte, denn sie waren sämtlich sternhagel blau.


    Das war also Silvester in Germersdorf!

    Am Neujahrsmorgen als die Kompanie zum Abmarsch zur Neujahrsfeier antrat, die vom Battalion irgendwo im Gubener Forst durchgeführt wurde, schwankte alles bedenklich. Unser Tenor wurde als Halbtoter im Schnee gefunden und verschiedene Andere waren unauffindbar.

    Als ich jedoch mit Uffz. Neuhaus auf dem Antreteplatz erschien, bog sich alles vor Lachen. Wir sahen auch köstlich aus mit unseren roten Nasen. Wir kümmerten uns aber nicht darum, sondern marschierten mutig mit zum Battalions-Appell. Das Battalion war schon angetreten, als unsere Kompanie anrückte. Wir mussten an sämtlichen Kompanien vorbeimarschieren, und blieb es nicht aus, daß wir beide überall gesehen wurden. Ein Wispern, Raunen und Gekicher ging durch die Reihen des Battalions. Dann aber wurde gemeldet, und das Battalion stand in eiserner Ruhe. Keinem unserer Kompanie merkte man an, daß er die letzten 24 Stunden nicht geschlafen hat. Ein großes Feuer wurde angezündet und wir sangen das Lied vom heilig' Vaterland. Dann sprach der Kommandeur. Er sagte: Eine Welt sinkt in Schutt und Asche; aus den Ruinen aber steigt die neue Zeit unseres nationalistischen Jahrhunderts. Als Grenadier des Führers seid ihr am 20. Juli Werkzeug des Schicksals gegen Verräterei. Der Führer nannte Euch einmal "Leibregiment des deutschen Volkes". Ihr habt es bewiesen, daß ihr die ersten Soldaten der Nation seid. Als Kampfschule der Freiwilligen bekennt ihr euch zur politischen und militärischen Auslese. In dem Jahr unerbitterlichen Kampfes das hinter euch liegt, seid ihr in Standhaftigkeit, Ausdauer und Glaubensfanatismus immer Sieger geblieben. Jeder Einzelne von Euch weiß, wofür er kämpft. Keiner der gefallenen Kameraden fiel umsonst. Kameraden, im Namen des Führers danke ich euch! Für das Kampfjahr 1945 gilt für unsere "Großdeutschland-Familie", deren Kameradschaft wieder in Stürmen und Gefahren eines neuen Jahres bestehen soll, die alte Parole:


    Bindet den Helm fester!

    Freiwilligenkorps "Großdeutschland" greift an:

    Für Führer und Volk! -

    Im Namen der Freiheit!


    Im Anschluß auf die Rede des Battalionskommandeur gaben wir unser Bekenntniszum Führer und sangen die Nationalhymne. Dann marschierten wir schweigend durch den herrlich verschneiten Wald heimwärts. Dann angelangt, wurden die Betten und Schränke wieder eingeräumt, die alle total eingeschneit waren. Das gab ein Fluchen und Wettern, wie es beim Landser üblich ist; aber auch das war bald geschafft. Die Kameraden gingen dann aus, während ich schlafen ging, da ich meine Nase nirgends zeigen durfte!




    Meine Frage ist nun, ob jemand hier aus dem Forum zusätzliche Informationen rund um diese Einheit, Germersdorf und Guben um den Jahreswechsel 1944/45 hat? Den Foreneintrag vom Oktober 2013 habe ich gesehen; nur steht da leider nicht viel drin.


    In mir reift auch grad der Gedanke, ob ich das gesamte Tagebuch nicht als Buch gestalte…….


    Vielen Dank für Eure Hilfe!

    Marcus

  • Hallo Marcus,


    zunächst einmal herzlich willkommen in diesem Forum!


    Die Geschichte deines Großvaters kann ich mir richtig gut vorstellen. Da hatten die Landser noch einmal richtig Spaß. Der Ernst brach schnell über die Einheit herein.


    Gib uns ein wenig Zeit, damit wir schauen können ob und wie wir dir helfen können.


    Gruß

    Antje

    Ich suche Informationen über das:
    Kriegslazarett in Bromberg Zeitraum Januar - Ende Februar 1942 und das
    Kriegslazarett Königsberg Januar 1943. :whistling: