Merkblatt für Militärgeographie

  • Guten Abend zusammen,



    Abschrift und Bearbeitung

    Quelle: germandocsinrussia


    Berlin, den 02.05.1938

    Der Oberbefehlshaber des Heeres

    Gen St d H 9. Abt. Nr. 1230/38 geh. Mil Geo



    Geheim !


    Merkblatt Militärgeographie


    1. Begriff. Die Militärgeographie (Militärische Landeskunde) hat die Aufgabe, die Truppenführung in Ergänzung der topografischen Kartenwerke über militärisch wichtige Eigenschaften des Marsch- und Kampfgeländes zusammenfassend zu unterrichten. Außer dem natürlichen Zustand des Geländes sind seine künstlichen Verbindungen und technischen Einrichtungen von Wichtigkeit.


    Wirtschaftliche und bevölkerungsstatistische Angaben fallen nur insoweit unter den Begriff der Militärgeographie, als sie sich auf die eigentliche Kriegsführung (d. h. den Kriegsschauplatz) beziehen. Wehrpolitische Betrachtungen (Kriegsmöglichkeiten, Sicherheit, Rüstungsbelange) werden, sofern sie geographisch bedingt sind, als „Wehrgeographie“ bezeichnet.


    2. Arbeitsweise und Gliederung. Zur Unterrichtung der Truppenführung geeignete und bestimmte Unterlagen militärgeographischer Art, die sich bei den anderen Dienststellen des Heeres befinden, werden nach fachseitiger Verarbeitung bzw. Mitprüfung — gegebenenfalls in gekürzter Form — den Mil.Geo.-Dienststellen laufend zugeleitet, von diesen gesammelt und nach einheitlichen Gesichtspunkten zusammengefasst für den Gebrauch der Truppenführung dargestellt.


    Mil.Geo.-Dienststellen befinden sich


    — für das Inland: beim GenStdH 9. Abt. und bei den Generalkommandos I—XIII, XVII und XVIII,


    — für das Ausland: (im allgemeinen nur für die an Deutschland angrenzenden Länder) beim GenStdH 9. Abt.


    Der Sammlung dienen nachstehende Einrichtungen:


    a) Einheitsobjektkartei (EOK). Die Einheitsobjektkartei wird beim GenStdH 9. Abt. und bei den Generalkommandos (bei letzteren für deren Wehrkreisgebiete) geführt. Sie enthält die militärisch wichtigen ortsfesten Objekte und bestimmte Geländestellen mit militärisch wichtigen Eigenschaften. Hierzu rechnen:


    1. Verkehrsobjekté (Bahnhöfe, Kunstbauten, Brücken, Tunnel, Sperrstellen — an Eisenbahnen, Autobahnen, Straßen, Gewässern — Fernsprecher-, Funkanlagen u.a.).


    2. Wirtschaftsobjekte (wichtige Fabriksbetriebe, Elektrizitätswerk-, Gas-, Wasserwerke, Stauanlagen, Grubenbetriebe, Niederlagen von Rohstoffen, Fabrikaten u.a.),


    3. Militärische Anlagen ( Kasernen, Flugplätze, Munitionsdepots, Befestigungsanlagen, Minenanlagen u.a.),


    4. Sonstiges (öffentliche Gebäude, Geländehindernisse u. a.)


    Jedes Objekt führt eine bodenständige Nummer aus 2 Zahlen — Blattbereich 1 : 100 000*) (Teilblatt, nicht mehr Einheits- bzw. Großblatt) und Ordnungszahl im Blattbereich, z. B. BB 433 — Nr. 35 . Es wird seiner topografischen Lage entsprechend in einer Karte festgelegt. Die Objekte im Ausland werden nach den entsprechenden Blattbereichen des betr. Auslandkartenwerkes bezeichnet.


    (* in Östereich 1 : 75 000



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    Gruß Marga



  • Guten Morgen,


    Fortsetzung Merkblatt Militärgeographie

    Quelle: germandocsinrussia


    Die EOK soll ausgeführte Erkundungen im Inland und Nachrichten über das Ausland festlegen, Doppelarbeit beseitigen und mit Hilfe der einheitlichen Numerierung die Zusammenarbeit verschiedener Dienststellen des Heeres erleichtern. Auf Antrag interessierter bodenständiger Dienststellen (im RKM bzw. bei den Generalkommandos) werden Mehrschriften der Karteiblätter ausgefertigt und laufend gehalten; diese sind zur gegenseitigen Unterrichtung über Veränderungen wertvoll, sollen aber stets nur sachliche oder räumliche Ausschnitte aus der Gesamtkartei sein. Federführend für den Wortlaut aller Karteikarten des Auslandes ist die 9. Abt. GenStdH, für das Inland die Mil. Geo-Dienststellen bei den Generalkommandos.


    b) Mil. Geo.-Archive Militärgeographische Einzelheiten, die sich nicht auf räumlich begrenzte Objekte beschränken, werden in den Mil. Geo.-Archiven (bei den GenStdH 9.Abt. und bei den Generalkommandos) in ähnlicher Weise gesammelt. Besonderer Wert wird auf militärische Reiseberichte und Geländebeurteilungen gelegt. Hierzu rechnen Angaben und Urteile über


    1. Bodenarten (Gangbarkeit, Stellungsbau, Wasserverhältnisse),


    2. Bodenformen (Sichtverhältnisse, Hindernisse, Gangbarkeit),


    3. Bodenbedeckung (Gangbarkeit, Fliegerdeckung, Übersichtlichkeit),


    4. Gewässer (Breite, Tiefe, Strömung, Uferverhältnisse, Stauanlagen, Schiffbarkeit, Übergänge usw.),


    5. Eisenbahnen, Straßenbahnen, Werksbahnen (örtliche Bedeutung von Bahnanlagen, Kunstbauten, Dämmen, Einschnitten, Material usw.)


    6. Autobahnen, Straßen, Wege (Verkehrswert, Breite, Zustand usw.),


    7. Nachrichtennetz (allgemeiner Überblick, technische Anlagen),


    8. Wirtschaft (allgemeiner Überblick über kiegs- und lebenswichtige Betriebe),mit Kraftverkehr (wichtige Einrichtungen), Verlauf von Starkstrom- Gas- und Wasserfernleitungen, Land- und Forstwirtschaft (allgemeiner Überblick),


    9. Witterungsbedingungen (Erfahrungssätze),


    10. Flugwesen (nur soweit für das Heer erforderlich),


    11. Militärische Anlagen (Überblick, besondere Verhältnisse),


    12. Behörden, Gesellschaften (Überblick,


    13. Bevölkerung (Überblick, besondere Verhältnisse),


    14. Sanitäre und veterinäre Verhältnisse und Einrichtungen,


    15. sonstige militärisch wichtige Angaben über Ortschaften u. a.


    Diese Angaben werden für das Inland wehrkreisweise, für Auslandsgebiete nach Operationsräumen gegliedert.


    Die Einheitsobjektkartei (a) und die militärgeographischen Archive (b) stehen allen Dienststellen der Wehrmacht zu Auskünften zur Verfügung.




    3. Militärgeographische Druckvorschriften. Um die Einheitsobjektkartei und die militärgeographischen Archive der geographischen Unterrichtung der Truppenführung (vgl. Ziffer 1) nutzbar zu machen, wird ihr dafür wesentlicher Inhalt zu militärgeographischen geheimen Druckvorschriften und Sonderkarten verarbeitet. Es werden unterschieden:


    Bisherige Arbeiten

    Inland

    Bis zur Fertigstellung der Arbeiten zu 3 b werden die bisherigen militärgeographischen Druckvorschriften in ihrem wichtigsten Inhalt auf dem laufenden gehalten. Es handelt sich um


    1. Militärgeographische Einzelangaben für die Truppenführung nach Groß-Blättern* 1 : 100 000 (H.Dv.g.40). Bis zum 01.07.1938 sind folgende 42 Hefte erschienen: Heft 14,28,29,30a,40,53,54,55,66,67,77,78,79,82,89,90,91,92,94,95,99,100,101,102,103,107,112,113,116,117,118,119,120,122,123,124,131,134,142,149,156. Beurteilung nach Heftgruppen (Wehrkreise) bis zu Regimentern und selbstständigen Truppenteilen. Weitere sind in Buchform nicht vorgesehen.


    2. Zusammenstellung der Fluss- bzw. Kanal- Übergänge, nach Stromgebieten gegliedert, Mit Karten 1 : 300 000 . Erschienen sind bis zum 01.04.1938 das Stromgebiet der Oder, (H.Dr.g. 32), Neubearbeitung im Gange, der Weser, (H.Dv.g. 33), Neubearbeitung im Gange, des Rhein (H.Dv.g. 34). Vorgesehen ist die Bearbeitung des Stromgebiets der Donau einschl. Österreich (H.Dv.g. 36).


    3. Zusammenstellung: Einwirkung auf die Wasserführung, nach Stromgebieten gegliedert. Erschienen sind bis 01.01.1938: Das Stromgebiet der Oder (H.Dv.g. 32a), der Weser (H.Dv.g. 33 a), der Elbe(H.Dv.g. 35 a), der Donau (H.Dv.g. 36a), (noch ohne Österreich). Im Laufe des Jahres 1938 erscheinen ferner: Das Stromgebiet des Rhein (H.Dv.g 34 a) und Ostpreussen (H.Dv.g. 37 a).


    4. Belegungsfähigkeit der Ordtschaften (H.Dv. 10). Nur für den Dienstgebrauch. Gegliedert nach Großblättern* 1 : 100 000 . Erscheint mit letzten Heften bis Sommer 1938 ( noch ohne Österreich).


    Ausland

    Von militärgeographischen Beschreibungen der Auslandsgebiete liegen zum Teil Entwürfe (H.Dv. g. 42 wird im Herbst 1938 ausgegeben), im übrigen nur veraltete Ausgaben vor.




    Fortsetzung folgt in wenigen Minuten auf der nächsten Seite.


    G.M.

  • Fortsetzung:


    Künftige Arbeiten


    Inland

    Neben der Laufendhaltung der bisher erschienenen Druckvorschriften, außer H.Dv. g 40 (Mil.geo. Einzelangaben in Buchform), bis zu ihrem Ersatz sind versuchsweise vorgesehen:


    1. Militärgeographische Karten 1 : 100 000 (in Österreich 1 : 75 000) (H.Dv. g. 40 in Kartenform) mit buntfarbigem Überdruck der militärisch wichtigen Einzelheiten nebst Erläuterungen am Kartenrand und auf der Rückseite mit Nebenkarten in größerem Maßstabe (Stadtumgebungskarten und dgl.) auf einem Blatt. ( Ersatz für die künftig fortfallende Druckvorschrift H.Dv. g 40; siehe 3a, 1.)


    2. Kurz gehaltene Übersichten über Wehrkreisgebiete mit mehreren sachlich gegliederten Übersichtskarten ohne Einzelangaben.


    3. Belegungskarten 1 : 100 000 mit zweifarbigem Überdruck der engen und weiten Belegungsfähigkeit der Ortschaften bzw. Gemeinden.


    Die Arbeiten zu 1 - 3 sollen sich gegenseitig ergänzen und bei Bewährung später alle bisherigen militärgeographischen Druckvorschriften für das Inland ersetzen. Sie sollen in ihren Entwürfen und Zeichnungen auf dem laufenden gehalten und in angemessenen Zeitabständen erneuert werden.


    (* — Einheitsblätter) siehe vorige Seite Nr. 3 , 1



    Ausland

    Die militärgeographische Bearbeitung von Auslandsgebieten erfolgt auf Grund besonderer Anordnungen des Generalstabes des Heeres.


    4. Geheimhaltung. Die militärgeographischen Karteien, Archive, Karten und Druckvorschriften sind geheim bzw. geh. Kdos., weil sie wertvolles Führungsmaterial und geheime Angaben enthalten, die in den öffentlichen Karten nicht wiedergegeben werden dürfen.


    5. Mitarbeit der militärischen Dienststellen und Truppenteile. Die mühevolle und zeitraubende Beschaffung von Unterlagen militärgeographischer Art im einzelnen muss durch freiwillige Mitarbeit anderer Dienststellen und der Truppe erleichtert und beschleunigt werden.


    Schriftlich niedergelegte Erkundungsergebnisse aus Dienstreisen, Übungen, Manövern, Wanderpatrouillen, ferner Bilder, Pläne, Zeichnungen, Aufsichtsskizzen (mit Sichtgrenzen von wichtigen Bergen, Türmen aus) u. a., soweit sie einen nennenswerten allgemeinen Nutzen versprechen, sind grundsätzlich in Urschrift, Abschrift oder Lichtbildkopie dem zuständigen Generalkommando (Inland) bzw. dem GenStdH 9.Abt. (Ausland) zuzuleiten. Besonderer Wert wird auf Truppenerfahrungsberichte über bestimmte Geländestellen und -strecken gelegt.


    Vor der Anordnung von Reisen ins Gelände zu Feststellungen und Erkundungen taktischer oder militärgeographischer Art sowie vor Anfragen bei Behörden, Erkundungsaufträgen für die Abwehrstellen usw. ist seitens aller Dienststellen des Heeres zu prüfen, ob die benötigten Angaben nicht bereits in den militärgeographischen Druckvorschriften oder Archiven enthalten sind.


    6. Merkblatt 1935. Das Merkblatt Militärgeographie Az. 45 d 14 GenStdH 1.Abt. Nr. 2346.35 geh. MilGeo vom 14.11.1935 tritt hiermit außer Kraft und ist zu vernichten.




    Gruß Marga