Hallo Allerseits,
Abschrift und Bearbeitung!
VII. Aufstellung der 30. und 31. Sonder-Straf-Abteilung (S.St.A.)
1. a) Mit sofortiger Wirkung wird die Kriegsmarine-Sonderabteilung Ost aufgelöst. Die als Anlage zum Ostsee-Tagesbefehl 1939 Nr. 257 beigefügte Dienstanweisung mit Verfahren tritt daher sofort außer Kraft. Der angezogene Ostsee-Tagesbefehl ist mit Hinweis auf diese Verfügung zu versehen.
b) An die Stelle der Kriegsmarine-Sonderabteilung Ost treten die 30. und 31. S.St.A.
c) Die 30. S.St.A. ist für den Nordsee, die 31. S.St.A. für den Ostseebereich zuständig.
d) Die 31. S.St.A. untersteht dem 2. Admiral der Ostsee.
Bestimmungen über die 30. und 31. Sonder-Straf-Abteilung (S.St.A.) und die Marine-Kompanie des Feld-Sonder-Bataillons des Feldheeres?
I. Aufgabe und Zweck:
a) Soldaten der Kriegsmarine, deren Verwendung in den Front- und Ersatzeinheiten aus disziplinaren Gründen unerwünscht ist oder deren Brauchbarkeit für die Truppe geprüft werden soll, sind in die:
- 30. bzw.
- 31. S.St.A.,
Soldaten, die bei der 30. und 31. S.St.A. nicht mehr zu erziehen sind, in die Marine-Kompanie des Feld-Sonder-Bataillons des Feldheeres zu kommandieren. In Ausnahmefällen kann auch eine unmittelbare Kommandierung von den Front- und Ersatzeinheiten zur Marine-Kompanie des Feld-Sonder-Bataillons erfolgen.
(Siehe Ziffer II, 2, a und III, 2, a.)
b) In der 30. und 31. S.St.A. wird den zur Erziehung und Prüfung kommandierten Mannschaften die letzte Gelegenheit gegeben, ihrer Schwächen Herr zu werden und zu zeigen, dass sie gewillt sind, sich der militärischen Zucht und Ordnung einzufügen, um wieder als ehrliebende, verantwortungsbewusste Soldaten in den Einheiten der Kriegsmarine Dienst zu tun.
Nichtbewährung bei der 30. und 31. S.St.A. hat die schimpfliche Kommandierung zur Marine-Kompanie des Feld-Sonder-Bataillons zur Folge.
Die 30. und 31. Sonder-Straf-Abteilungen sind keine Sonderabteilungen, sondern eine Erziehungseinrichtung der Kriegsmarine, während das Feld-Sonder-Bataillon des Feldheeres eine Erziehungs-, aber auch Strafeinrichtung ist, in der die Soldaten bei Nichtbewährung aus der Wehrmacht ausgestoßen und in Polizeigewahrsam überwiesen werden.
II. 30. und 31. S.St.A.
1. Organisation der 30. und 31. S.St.A.
a) Unterstellung:
Die 30. und 31. S.St.A. sind den zuständigen 2. Admiralen der Marinestationskommandos unterstellt.
b) Militärgerichtsbarkeit:
Gerichtsherr ist der zuständige 2. Admiral.
c) Stamm- und Ausbildungspersonal:
1. Stärke:
Die Kompanie-Stärken regeln sich gemäß Oberkommando der Marine AMA/MWehr la 8500 g.
2. Kommandeur der 30. bzw. 31. S.St.A.
Der Kommandeur der Abteilung hat die Disziplinar-Strafbefugnisse des Kommandeurs einer selbständigen Abteilung gemäß § 22 Marine-Disziplinar-Straf-Ordnung (M.D.St.O.), soweit die Abteilung einem Regiment untersteht, gemäß § 18 M.D.St.O. Darüber hinaus ist er berechtigt, als Maßnahmen, die nicht als Disziplinarstrafe im Sinne der M.D.St.O. gelten, zu verfügen:
- Übungsererzieren bis zu 2 Stunden täglich (Aufsicht durch Offizier),
- Postsperre bis zu 8 Wochen,
- Rauch, Alkohol- und Kantinenverbot.
Er ist ferner berechtigt, eine Postüberwachung in dem von ihm für erforderlich gehaltenen Umfange auszuüben oder durch einen Offizier der Abtelung ausüben zu lassen.
3. Stamm- und Ausbildungspersonal:
Für das Stamm- und Ausbildungspersonal kommen nur Soldaten in Frage, die nach ihrer charakterlichen Veranlagung und ihrem Können für den verantwortungsvollen Dienst in der 30. und 31. S.St.A. voll geeignet sind. Das Stamm- und Ausbildungspersonal soll den Mannschaften in jeder Beziehung Vorbild sein.
Sicheres und ernsthaftes Auftreten ist besonders von den Gruppenführern zu fordern, da sich unter den kommandierten Mannschaften Soldaten befinden, die früher selbst dem Unteroffizierstande angehört haben.
Die Stellenbesetzung regelt der zuständige 2. Admiral.
d) Bekleidung, Ausrüstung, Verwaltung:
1. Bekleidung:
Hierfür gelten Ausrüstungsplan B und C, Spalte 5 (Marine-Verordnungsblatt 1941 Seite 747 - 750) mit der Maßgabe, dass die nicht zum Stammpersonal gehörenden Kommandierten nur Feldgrau zu tragen haben. Blaues Zeug ist bei Eintreffen auf der Kammer abzugeben.
2. Waffen, Munition, Gerät:
Die Ausstattung erfolgt nach den entsprechenden Ausrüstungsnachweisen einer Schiffsstammabteilung.
3. Besoldung und Verpflegung:
Die Besoldung regelt sich nach dem Einsatz-Wehrmacht-Gebührnis-Gesetz (E.W.G.G.), die Verpflegung nach der Marine Land-Verpflegungs-Vorschrift (M.L.V.V.) und den Sonderbestimmungen der Kriegsmarine zur Einsatz-Wehrmacht-Verpflegungs-Vorschrift (E.W.Verpfl.V.). Über Zugehörigkeit zum „Feldheer" im Sinne der A.B. 11 zur 2. V.D. des E.W.G.G. vergleiche Marine-Verordnungsblatt 1942 Seite 117 Absatz D.
e) Dienst, Urlaub, Freizeit:
1. Dienst:
Bei hartem militärischen Dienst und stetig steigenden Anforderungen sind der ganze Einsatz und hohe militärische Leistungen von den Soldaten zu fordern.Die Kommandierung darf kein angenehmer Aufenthalt für Drückeberger sein. Zusätzlicher Arbeitsdienst kann aus erzieherischen Gründen angesetzt werden. (Straßenbau, Aufräumungsarbeiten u. a.).
In und außer Dienst soll der Soldat Gelegenheit erhalten, zu zeigen, dass er gewillt ist, sich sowohl unter hartem Zwang, als auch da, wo er sich selbst überlassen ist, der militärischen Zucht und Ordnung einzufügen.
Jedem der von den Front- bzw. Ersatzeinheiten kommandierten Soldaten ist durch einen Offizier (möglichst durch den Kompaniechef) beim Kommandoantritt zum Bewusstsein zu bringen, dass er seine Entfernung aus der Front selbst verschuldet und nur noch die Wahl hat zwischen der Bewährung bei der Abteilung oder der schimpflichen Kommandierung zum Feld-Sonder-Bataillon, wenn er nicht sofort als ordentlicher Soldat seine Pflicht dem Vaterland gegenüber erfüllt.
Die aus den Wehrmachtstrafanstalten kommandierten Soldaten sind darüber zu belehren, dass sie sich nur durch bedingungslosen Einsatz von dem Makel der Gefängnisstrafe befreien können, und dass ihnen der Dienst in der 30. und 31. S.St.A. den Übergang zur Truppe erleichtern soll.
Den Kommandierten ist gleichzeitig zu eröffnen, dass sie mit dem Dienstantritt bei der Abteilung als „förmlich verwarnt" gelten, dass also im Falle einer notwendig werdenden Kommandierung zur Marine-Kompanie des Feld-Sonder-Bataillons eine besondere vorherige förmliche Verwarnung nicht mehr erfolgt. Nichtbewährung auch im Feld-Sonder-Bataillon hat die Überführung in Polizeigewahrsam (K.Z.) zur Folge.
Die kommandierten Soldaten der 30. und 31. S.St.A. sind besonders darauf hinzuweisen, dass sie bei gerichtlich zu ahndenden Handlungen zum mindesten mit Verwahrung im Feldstraflager zu rechnen haben, sofern nicht auf Todes- oder Zuchthausstrafe erkannt wird.
Der Gedanke der Selbsterziehung und einer durch gegenseitiges Verantwortungsbewusstsein getragenen Gemeinschaft ist zu wecken und zu vertiefen.
2. Art des Dienstes:
Der Dienst regelt sich nach der Dienstanweisung für die 30. und 31. S.St.A.
Für den Innen- und Außendienst sind die Mannschaften innerhalb der Kompanie in Züge und Gruppen einzuteilen und Leistungsklassen zu bilden. Die Zusammensetzung der Gruppen und Züge richtet sich nach dem Stande der Ausbildung und nach Leistungs- und Ausbildungsklassen.
Orden, Ehrenzeichen und Kriegsabzeichen sind innerhalb des militärischen Dienstbetriebes nicht zu tragen.
In der Regel kommt jeder Soldat in die untere Leistungsklasse und hat die Möglichkeit, sich zur oberen Leistungsklasse hochzuarbeiten.
In der unteren Leistungsklasse sind die aus den Wehrmachtstrafanstalten tunlichst von den von den Front- und Ersatzeinheiten Kommandierten zu trennen.
Bewährung in der oberen Leistungsklasse ist Voraussetzung für Rückkommandierung zur Truppe.
3. Ausbildung:
Die Ausbildung erfolgt unter Zugrundelegung der Rekrutenausbildungspläne. Soweit die Ansetzung von Arbeitsdienst aus erzieherischen Gründen erforderlich ist, ist die Arbeitszeit im allgemeinen auf 12 Stunden wöchentlich zu beschränken und die militärische Ausbildung nicht zu schmälern.
Der Dienst ist unerbittlich ernst:
- Straffe Zucht,
- schonungslose Härte und
- unnachsichtige Forderung bedingungsloser Ein- und Unterordnung
geben ihm sein besonderes Gepräge.
4. Freizeit:
- Freizeit ist nach Führung und Leistung zu gewähren.
- Gemeinschaftsempfang der Wehrmachtberichte und wichtigen politischen Ereignisse ist sicherzustellen.
- Bücher, Zeitschriften, Zeitungen, Gesellschaftsspiele u. a. können den Mannschaften bei guter Führung aus erzieherischen Gründen zur Verfügung gestellt werden.
5. Sanitätsdienst:
Den Sanitätsdienst regelt der Abteilungsarzt im Rahmen der Anordnungen des Kommandeurs. Untersuchung der kommandierten Mannschaften auf Dienstfähigkeit erfolgt durch den Abteilungsarzt nach Eintreffen bei der Abteilung.
6. Urlaub, Beförderung, Heirat, Beschwerden:
Urlaub:
Standorturlaub nur bei guter Führung, in der Regel Sonntags, an den Werktagen in beschränktem Umfange gemäß Anweisung des Kommandeurs.
Sonderurlaub kann bei nachgewiesenen Todesfällen oder schweren Erkrankungen der nächsten Angehörigen nach den allgemeinen Bestimmungen, sonstiger Urlaub jedoch grundsätzlich nicht gewährt werden.
Beförderung:
Beförderungen sind unzulässig. Werden Soldaten nach ihrer Zurückkommandierung wegen besonders guter dienstlicher Leistungen bei den Front- und Ersatzeinheiten befördert, so ist dies durch die Einheiten dem Kommando der 30. bzw. 31. S.St.A. zur Bekanntgabe an die Mannschaften mitzuteilen.
Heirat:
Heiratserlaubnis wird in der Regel nicht erteilt.
Beschwerden:
Bei Beschwerden liegt es im Ermessen des Disziplinarvorgesetzten, welche Ermittlungen er anstellen will. Er ist nicht verpflichtet, einen schriftlichen Bericht darüber niederzulegen.
Offensichtlich unbegründete Beschwerden können von dem Kommandeur mündlich zurückgewiesen werden. Weitere Beschwerden (Beschwerde Ordnung [B.D.] Nr. 25), die offensichtlich unbegründet sind, können von den für die Entscheidung zuständigen Stellen ohne schriftliche Begründung zurückgewiesen werden. Für die Soldaten der oberen Leistungsklasse finden die Bestimmungen der Beschwerde-Ordnung (O.B. Heft 9) Anwendung
Quelle: Ostsee-Tagesbefehl 1942 Nr. 128 vom 28.07.1942
Fortsetzung folgt…
Gruß
Antje