208. Infanterie-Division - Antwerpen 1940

  • Hallo,


    ich werde in mehreren Teilen hier einen Bericht der 208.Inf.Div. über den Angriff auf Antwerpen und über den Lys-Kanal einstellen.


    Gruß Micha


    1.Teil


    Einnahme der Festung Antwerpen und Angriff über den Lys-Kanal durch die 208.Infanterie-Division


    Der Angriff gegen Antwerpen wurde von der 18.Armee durch den Einsatz des XXVI. Armee-Korps gegen Nord- und Nordostfort der Festung geführt. Links des XXVI. Armee-Korps war im Rahmen der 6.Armee das IX. Armee-Korps eingesetzt mit dem Auftrag, südlich an Antwerpen vorbeizustoßen.

    Das XXVI. Armee-Korps setzte zum Angriff ein, rechts 225.Inf.Div., in der Mitte 256.Inf.Div. und links 208.Inf.Div..

    Die 208.Inf.Div. hatte sich in der Nacht vom 15./16.5.1940 in ihren Abschnitt einzuschieben, am 16.5. Sicherungen bis etwa 3 km an die Befestigungsfront vorzutreiben und gegen die Befestigungen aufzuklären.

    Dieser Auftrag wurde planmäßig durchgeführt. Noch am Nachmittag des 16.5. erreichten die Spähtrupps der Division im ganzen Abschnitt den Panzergraben. Diesseits des Grabens traten nur schwache Aufklärungskräfte des Gegners auf. Aus der Befestigungslinie erhielten jedoch alle Spähtrupps heftiges Gewehr-, MG- und leichtes Artillerie-Feuer. Vom Abend des 16.5. an begann die schwere Artillerie des Forts de Schooten den Wald nördlich des Grabens und vor allem den Ort Maria ter Heide planmäßig abzustreuen. Die Aufklärung der Division ergab die volle Abwehrbereitschaft der feindlichen Front.

    Am 17.5. hatte die Division den Auftrag, sich die Ausgangsstellung zum Angriff zu erkämpfen und am Abend des 17.5. mit kampfkräftiger, von Artillerie unterstützter Aufklärung den Versuch zu machen, den Panzerabwehrgraben zu überschreiten.Hierzu wurde Unterstützung durch Stuka-Angriff auf das Fort de Schooten zugesagt. Die Aufklärung ergab die günstigste Angriffsmöglichkeit entlang der Straße Breda - Antwerpen. Da die Straße noch zum Abschnitt der 256.Inf.Div. gehörte, die diese Einbruchsstelle nicht auszunutzen beabsichtigte, wurde die Zuweisung vom XXVI. Armee-Korps erwirkt.

    Dem schriftlichen Korpsbefehl nach sollten der Division unterstellt werden die I./Artillerie-Regiment 58 und schwere Artillerie-Abteilung 629. Diese Unterstellung wurde durch mündlichen Befehl wieder rückgängig gemacht, ebenso wurde der Stuka-Angriff abgesagt.

    Damit war es nicht mehr möglich, die starke Artillerie des Forts de Schooten während des Angriffs niederzuhalten, da die Divisionsartillerie für die Einbruchsstellen dringend benötigt wurde. Die 23 leichten Schnellfeuergeschütze, die sechs 15 cm und die zwei 21 cm Geschütze des mit den modernsten Mitteln zu einem der stärksten Forts ausgebauten Fort de Schooten konnten ungehindert vom Gegner eingesetzt werden.


    Quelle : KTB 208.Inf.Div.

    Bin für jede Information zur 208.ID dankbar.

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    Gruß Micha


    2.Teil


    Die Division war für den Angriff ganz auf sich selbst gestellt und hatte keinerlei Verstärkungen. Hinzu kamen die großen Schwierigkeiten, die sich aus der ungenügenden Bewaffnung und Ausrüstung ergaben. Gerade bei der Vorbereitung der Stoßtruppunternehmen machte sich das fast völlige Fehlen von Flammenwerfern, die schwache Ausstattung mit Maschinenpistolen, die langsame Schußfolge des l.MG 08/15 und l.MG 13 und die Unhandlichkeit des s.MG 08 sehr bemerkbar. Ebenso sehr fehlten die leichten und schweren Granatwerfer, die bei diesem Kampf auf nahe Entfernung nur schwer entbehrlich sind.

    Die Division mußte diese Schwächen ausgleichen durch stärkste Zusammenfassung der Divisionsartillerie. Die Artillerie wurde daher so in Stellung gebracht, daß sie zunächst geschlossen vor dem einen und danach ebenfalls geschlossen vor dem anderen Regimentsabschnitt wirken konnte. Durch Pakbeschuß wurden bereits am Nachmittag einige besonders unangenehm flankierende Bunker außer Gefecht gesetzt.

    Um 20.00 Uhr wurde beim linken Regiment, IR 337, angegriffen mit dem Schwerpunkt bei Miek und einen Scheinangriff gegenüber dem Fort de Schooten. Bei Fort de Schooten setzte stärkste Abwehr ein, bei Miek gelang es, einen schwachen Brückenkopf zu besetzen. Auch dort kämpfte der Feind erbittert mit starker Flankierung aus Fort de Schooten.

    Um 21.00 Uhr begann der Angriff beim rechten Regiment, IR 309, im Schwerpunkt der Division bei Maria ter Heide entlang der Straße Breda - Antwerpen. Auch dort stießen die Stoßtrupps auf hartnäckigen Widerstand. Einbruchsstelle und Ort Maria ter Heide wurden vom Feinde aus Fort de Schooten unter schweres Artillerie-Sperrfeuer gelegt. Erst nach mehreren Versuchen in schwerem Feuer gelang die Sprengung der starken Eisengittersperren und das Übersetzen von Floßsäcken über den Graben. Bis 23.30.Uhr wurde bei Miek und Maria ter Heide erbittert gekämpft, bis in verlustreichen Stoßtruppkämpfen die Bunkerlinie durchbrochen war.

    Nun legt die Division ihren Schwerpunkt rücksichtslos auf die Durchbruchsstelle Maria ter Heide. IR 309, verstärkt durch Rad-Aufklärungs-Schwadron 208, wird entlang der Straße angesetzt mit dem Auftrag, in die Stadt einzudringen und die Scheldetunnels in die Hand zu nehmen. Nur die entlang der Befestigungslinie in unmittelbarer Feindberührung liegenden Teile, denen ein Loslösen nicht möglich war, wurden liegen gelassen. Alles andere wurde unverzüglich auf die Durchbruchsstelle angestzt. Die nicht angegriffenen Teile der feindlichen Front sowie das Fort de Schooten hielten ihre Stellungen bis zum 18.5., 9.00 Uhr und versuchten vergebens den Durchbruch zu flankieren.

    Durch rücksichtsloses Vorwärtsdrängen gelang es dem verstärkten IR 309 um 8.30 Uhr die Scheldetunnels zu erreichen. Hierbei setzte starkes Abwehrfeuer vom Westufer der Schelde ein. Der Fahrzeugtunnel war bereits durch eine Sprengung unbrauchbar geworden. Dem Divisionsbefehl entsprechend, drangen Teile der

    Rad-Aufklärungs-Schwadron 208 unverzüglich in den Fußgängertunnel ein und fanden ihn durch eine zündfertige Sprengladung von 40 Zentner versperrt. In schneidigen Zupacken vertrieben sie unter Führung eines Offiziers der Rad-Aufklärungs-Schwadron 208 aus eigener Initiative die an der Sprengladung aufgestellte feindliche Postierung, rissen die Zündkabel heraus und bauten die Ladung aus.


    Quelle : KTB 208.Inf.Div.

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    Gruß Micha


    3.Teil


    Damit war es der Division gelungen, den gesicherten Übergang über die 600 m breite Schelde zu erkämpfen und die Absicht des Gegners zu vereiteln, an diesem für einen Angriff über den Fluß fast unüberwindlichen Hindernis den Angriff des Korps zum Stehen zu bringen.

    In den Abschnitten der anderen Divisionen des XXVI. Armee-Korps war ein Durchbruch nicht gelungen. Diese wurden daher hinter der 208.Inf.Div. in Marsch gesetzt.

    Mit dem linken Nachbar, dem IX. Armee-Korps, bestand während des ganzen Kampfes keine Anlehnung. Die linke Nachbardivision, die 216.Inf.Div. hing während des Angriffs stark links rückwärts ab. Sie stieß in einem Zwischenraum von mehr als 12 km über Massenhoven und Livre vor. Der Zwischenraum wurde durch das lediglich mit einem Sicherungsauftrag eingesetzte MG-Bataillon 6 gehalten. Die flankierende Einwirkung des Gegners wurde hierdurch jedoch nicht ausgeschaltet.

    Bereits am 18.5. mittags konnten die ersten Teile des IR 309 durch den Fußgängertunnel angesetzt werden, um in erbittertem und verlustreichem Kampf gegen Gegner, der mehrfach von Panzerkampfwagen unterstützte Gegenangriffe machte, den für den Brückenbau erforderlichen Brückenkopf zu erkämpfen. Hierbei wurde am 19.5. das Fort Zwyndrecht genommen und damit der Weg geöffnet für den weiteren Vorstoß der 18.Armee über die Schelde.

    Beim Angriff über den Lys-Kanal gelang es der Division nochmals, durch einen bis tief in die feindliche Artillerie geführten Stoß, sich an die Spitze der Angriffstruppen der 18.Armee zu setzen.

    Die 208.Inf.Div. war von Antwerpen aus bis zum Gent-Kanal vorgestoßen, hatte ihn nach schweren Kampf überschritten und sich am 26.5. südwestlich Eekloo zum Angriff bereitgestellt. Es waren eingesetzt rechts IR 338 aus dem Walde "Den Boschkant" heraus, links IR 309 an der Brückenstelle Stoktevijver. Am 25.5. und in der Nacht vom 25.5. zum 26.5. hatte der Gegner sich am Kanal erbittert verteidigt, mehrmals überraschende Gegenstöße über den Kanal gemacht, in dem Walde "Den Boschkant" ständig mit Spähtrupps und einzelnen Baumschützen gestört und die Anmarschstraßen, Bereitstellungsräume, Ortschaften und Wälder mit einer durch hohen Munitionseinsatz stark überlegenen, größtenteils schweren Artillerie abgestreut. Vor allem das bei Stoktevijver eingesetzte Regiment hatte durch ein zeitweise zum Sperrfeuer gesteigertes Artillerie-Feuer starke verluste.

    Das XXVI. Armee-Korps hatte den Angriff für 17.00 Uhr befohlen. Die Bereitstellung war bereits am frühen Morgen eingenommen. Die Artillerie - AR 208, verstärkt durch 2 schwere Feld-Haubitzen - Batterien der schweren Artillerie-Abteilung 629 - war bis mittag auf die Einbruchsstellen genaustens eingeschossen.

    Ab 16.30 Uhr steigert der Gegner sein Artillerie-Feuer erheblich. Um 17.00 Uhr brechen in beiden Regimentsabschnitten die Stoßtrupps vor und überqueren den Kanal.

    Wieder stellt sich das Fehlen der Granatwerfer als große Schwäche heraus. Ebenso bereitet der durch die ungünstigen Brückenverhältnisse ungeheuer erschwerte Munitionsnachschub große Schwierigkeiten.

    Um 17.20 Uhr ist im rechten Abschnitt ein Bataillon, um 17.35 Uhr im linken Abschnitt 2/3 eines Bataillon herübergekommen. Der Gegner wehrt sich verzweifelt und wird im Nahkampf zurückgeworfen. Bis 18.15 Uhr sind im rechten Abschnitt 2000 Gefangene, im linken Abschnitt, wo der Gegner mit Unterstützung einzelner Panzerkampfwagen kämpft, 400 Gefangene gemacht.


    Quelle : KTB 208.Inf.Div.

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    Gruß Micha


    letzter Teil


    Bis zum Einbruch der Dämmerung wurde im rechten Abschnitt ein Brückenkopf von 2 km Tiefe, im linken Abschnitt von 1 km Tiefe in ununterbrochenen Kampf genommen.

    Das feindliche starke Artillerie-Feuer, vor allem auf die Übergangsstellen, hielt die ganze Nacht an, sodaß ein Brückenbau nicht möglich war. Trotzdem wird in der Nacht die Verstärkung des Brückenkopfes so vorwärtsgetrieben, daß am 27.5. mit Tagesanbruch 2 verstärkte Infanterie-Regimenter zum Angriff antreten können.

    Wiederum hält der Gegner verzweifelt. Bis 10.00 Uhr ist kein nennenswerter Geländegewinn zu verzeichnen.

    Durch erneute starke Zusammenfassung der Artillerie und aller schwerer Waffen gelingt dann der Einbruch in die feindliche Stellung.

    Um 12.00 Uhr haben IR 338 und IR 309 den Wald ostwärts Ursel durchschritten und die Linie Konijn - Veldstraet erreicht. Unabsehbarer Anfall an Gefangenen und Beute wird gemeldet.

    Um 12.45 Uhr beträgt die erste Zählung der Gefangenen 93 Offiziere und 3025 Mann, die bei den Vernehmungen immer wieder aussagen, daß sie durch die Wucht des Angriffs überwältigt worden seien.

    Um 13.30 Uhr wird durch IR 309 eine bespannte leichte Batterie im Stellungswechsel gestellt und erobert.

    Um 14.00 Uhr meldet IR 309 : Der beabsichtigte Stoß in die feindliche Artillerie ist voll gelungen. Die 4., 5., 6., 10. und 11. Batterie des belgischen Artillerie-Regiment Nr. 1 sind mit großen Munitionsmengen zum Teil feuernd, zum Teil im Nahkampf und zum Teil beim Stellungswechsel erobert worden. Dem IR 338 gelang gegen 15.00 Uhr die Gefangennahme einer weiteren schweren Artillerie-Abteilung zu 12 schweren Geschützen (dabei einige mit Kaliber 21 cm), sodaß die Gesamtzahl der am 27.5. im Kampf erbeuteten Geschütze 33 betrug.

    Damit war die feindliche Verteidigung völlig durchbrochen, der Durchbruch der Division lief ohne nennenswerten Widerstand bis zum 27.5. abends weiter, wo die Linie Westrand Drongen - Goed - Bosch - Brügge-Gent Kanal erreicht wurde.

    Der gelungene Durchbruch und die Vernichtung einer ganzen feindlichen Divisions-Artillerie mit Verstärkungen von Korps- oder Heeres-Artillerie hatte die Lage des der Division gegenüberliegenden Gegners unhaltbar gemacht.

    Die am 28.5. früh erfolgte Kapitulation der belgischen Armee verhinderte die weitere Ausnutzung des gelungenen Durchbruchs.


    gez. Andreas Generalmajor


    Dazu noch ein kleiner Zusatz. Generalmajor Andreas (Kommandeur der 208.Inf.Div.) schrieb diesen Bericht im August 1940 für das Heeresarchiv. An den Chef des Heeresarchiv schrieb Generalmajor Andreas folgendes :


    "In der dem Durchstoß folgenden Nacht wurde der Waffenstillstand mit Belgien abgeschlossen. Der Herr Oberbefehlshaber der 18. Armee, Generaloberst von Küchler, sprach mir gegenüber wenige Tage später seine Anerkennung aus und fügte hinzu, daß er dem Oberbefehlshaber des Heeres (von Brauchitsch) gemeldet habe, daß nach seiner Auffassung gerade der große Erfolg der 208.Infanterie-Division mit der Wegnahme der belgischen Artillerie den König der Belgier veranlaßt habe, den Waffenstillstand abzuschließen. Der König der Belgier hatte sein Hauptquartier während dieser Tage in Brügge, also nur 15 km von der Durchstoßstelle entfernt."


    Ende


    Quelle : KTB 208.Inf.Div. ;

    Bin für jede Information zur 208.ID dankbar.

  • Guten Morgen Micha,


    Vielen Dank für deine interessante Fleißarbeit. Ich kann mir gut vorstellen, dass der Bericht dazu beiträgt, dass du weitere Informationen erhältst. Ich wünsche es dir.


    Gruß Marga