Hallo Allerseits
Auszüge aus der Seetransportvorschrift (M.Dv.Nr. 406, L.Dv. 89) vom 01.03.1939
Seetransporte der Wehrmacht
I. Allgemeines
Organisation
1.) Über die Transportmittel auf den Seewasserstraßen und über See verfügt für die Zwecke der Wehrmacht im Auftrage des Oberkommandos der Wehrmacht das Oberkommando der Kriegsmarine.
2.) Der Chef des Transportwesens fordert den Seeschiffsraum für Heeres- und Luftwaffentransporte, Truppentransporte über See, Räumungstransporte usw. unter Angabe von Transportmenge, Zeit und Ort beim Oberkommando der Kriegsmarine an. Das Oberkommando der Kriegsmarine berechnet den Transportraum, stellt durch die Kriegsmarinedienststellen die Transportschiffe bereit und teilt dem Chef des Transportwesens Ort und Zeitpunkt der Bereitstellung mit.
Seetransportarten:
5.) Man unterscheidet folgende Seetransportarten, die bezüglich Größe, Herrichtung und Ausrüstung der Transportschiffe verschieden zu behandeln sind:
a) Truppentransporte mit Gerät,
b) Truppentransporte (Mannschafts-Transport) ohne Gerät,
c) Pferdetransporte,
d) Provianttransporte,
e) Güter-und Munitionstransporte,
f) Viehtransporte,
g) sonstige Güter-, Vorräte-, Kohlen-, Öl usw. einschließlich Räumungs-(R) Transporte.
II. Transportverbereitungen
Entscheidung der Transportart
24.) Bei Truppentransportarten über See ist für Schiffsraumbedarf und Auswahl geeigneter Schiffe die Entscheidung des OKH zu folgenden zwei Fällen ausschlaggebend:
a) Die Truppe soll unmittelbar nach der Ausschiffung einsatzbereit sein - daher Verladung nach taktischen Erfordernissen, kein Zerreißen von Verbänden -. Der Truppenverband wird mit seinem gesamten Tross, d.h. Ausrüstung, Waffen, Pferde, Hunde, Proviant, Fahrzeuge, Gerät und Munition verladen. Diese Art der Verladung erfordert erhöhten Raumbedarf und wesentlich andere Schiffstypen als im zweiten Falle.
b) Die Truppe hat nach der Ausschiffung Zeit zum Sammeln und Aufstellen der Verbände - daher technisch zweckmäßigste Verschiffung von Mannschaften mit Handwaffen und Marschgepäck auf schnellaufenden Fahrgastschiffen, Pferde, Fahrzeuge, Gerät und Wehrmachtgut auf Frachtschiffen.
25.) Alle Bedarfsgegenstände der Wehrmacht fallen unter die Bezeichnung "Wehrmachtgut".
Voranschlag nach Brutto-Register-Tonne (B.R.T.) und qm. Bodenfläche:
44.) Bis zur Vorlage der Seetransportanmeldung erfolgt die erste überschlägige Berechnung des erforderlichen Schiffsraumbedarfs für Truppentransporte mit Gerät, einsatzbereit am Bestimmungsort, nach B.R.T. und qm benötigter Bodenfläche auf Grund nachstehender Anhaltewerte:
- für nicht motorisierte Truppenteile je Mann, einschließlich Gepäck, Pferde, Fahrzeuge und Zubehörteile:
- bei kurzer Transportdauer (bis 3 Übernachtungen) etwa 9 B.R.T.
- bei gewöhnlicher Transportdauer (4 - 10 Übernachtungen) etwa 11 B.R.T.
- bei langer Transportdauer (über 10 Übernachtungen) etwa 14 B.R.T.
b.) für motorisierte Truppenteile je Mann einschließlich Gepäck, Fahrzeuge und Zubehör
- bei kurzer Transportdauer etwa 15 B.R.T.
- bei gewöhnlicher Transportdauer etwa 17 B.R.T.
- bei langer Transportdauer etwa 20 B.R.T.
c.) für Fliegerverbände je Mann einschließlich Gepäck, Flugzeuge, Zubehör und Brennstoff im Tankschiff
- bei kurzer Transportdauer etwa 22 B.R.T.
- bei gewöhnlicher Transportdauer etwa 25 B.R.T.
- bei langer Transportdauer etwa 28 B.R.T.
d) ungefährer Bodenbedarf für
- 1 Mann 1,5 - 2 qm
- 1 Pferd 2,5 - 4 qm
- pferdebespannte Fahrzeuge 10 qm
- motorisierte Fahrzeuge 13 qm
45.) Für Truppentransporte (Mannschaftstransporte) ohne Gerät gelten als Anhaltewerte unter der Voraussetzung, dass nur Handwaffen und Marschgepäck mitgeführt werden:
- bei kurzer Fahrt pro Mann 2,5 B.R.T.
- bei gewöhnlicher Fahrt pro Mann 4 B.R.T.
- bei langer Fahrt pro Mann 5 B.R.T.
in qm ausgedrückt:
- bei langer Fahrt je Mann etwa 2 qm Bodenfläche bei Einbau von 2 Kojen übereinander;
- 1 qm Bodenfläche bei Einbau von 3 Kojen übereinander.
Bei längeren Fahrten müssen entsprechende Zuschläge berücksichtigt werden. Abweichungen sind je nach Eignung der verfügbaren Transportschiffe möglich.
46.) Für Pferdetransporte sind je Pferd 7,5 B.R.T. bzw. 2,5 - 4 qm Bodenfläche in Ansatz zu bringen. Da die Unterbringung von Pferden an Bord stets in Einzelständen erfolgt, ist die Dauer des Seetransports für den Raumbedarf weniger von Bedeutung.
Herrichten und Ausrüsten der Schiffe
68.) a) Munitionstransporte unterliegen den Beförderungsbestimmungen der Seefrachtordnung. Einbau von Flutvorrichtungen und -anlagen zur Temperaturkontrolle der Laderäume wird von Fall zu Fall befohlen.
b) Bei Truppentransporten ist die von der Truppe mitgeführte Munition an Deck zu lagern, wenn sonstige geeignete Munitionsräume an Bord nicht vorhanden sind. Die Anordnungen Ziffer 93 b) sind zu befolgen.
c) Allgemein ist streng darauf zu achten, dass die Munition keinen höheren Temperaturen als 30 Grad Celsius ausgesetzt wird. Nötigenfalls und bei intensiverer Sonnenbestrahlung, wobei derartige Temperaturen erreicht werden, sind die Stapel durch Besprengung der Persenning mit Feuerlöscher zu kühlen. Sollte die Temperatur in Munitionsstapeln durch irgendwelche Umstände mehr als 30 Grad Celsius erreichen, so ist dieses dem Transportführer bzw. dem empfangenden Kommando zu melden.
III. Transportdurchführung
Aufmarschplan
82.) Im Aufmarschplan werden die Fahrzeuge nach Typen und Größennummern bezeichnet, geordnet nach Decks und Luken in der Reihenfolge, wie sie unter bester Raumausnutzung zur Verladung gelangen müssen.
83.) Wird die Benutzung einer Ablauflinie erforderlich, wird die Truppe nur bis zu dieser an den Hafen herangebracht und hinter der Ablauflinie in der Reihenfolge:
- Fahrzeuge für Unterraum,
- für unteres Zwischendeck,
- für oberes Zwischendeck und
- für Deck
wie in der Aufmarschliste befohlen, aufgestellt.
Von dieser Ablauflinie wird die Truppe fernmündlich oder durch Melder vom Einschiffungs-Offizier in kleineren Trupps zum Transportschiff abgerufen.
Vorkommandos
85.) Die zu verschiffende Truppe stellt zur Unterstützung der Einschiffungs- bzw. Ausschiffungsleitung für jedes Transportschiff ein Vorkommando unter Führung eines Offiziers (Hauptmann) als Verlade-Offizier. Bei Pferdetransporten wird als Verlade-Offizier zweckmäßig ein Veterinär-Offizier gestellt.
86.) Die Stärke des Vorkommandos ist wie folgt festzusetzen:
- 1 Offizier (Verlade-Offizier) für jedes Schiff
- 1 Unteroffizier und 1 Mann für jeden Stab
- 1 Unteroffizier und 1 Mann für jede Kompanie, bzw. Einheit.
87.) Das Vorkommando wird durch die Einschiffungsleitung in seine Aufgabe eingewiesen, bis zum Eintreffen der Truppe an Bord untergebracht und verpflegt. Dienstanweisung siehe Anlage 17.
Reihenfolge der Verladung
90.) Diese wird von Fall zu Fall im Einschiffungsbefehl angeordnet.
91.) Grundsätzlich für die Reihenfolge der Verladung ist, dass zuerst verladen wird, was zuletzt gebraucht wird.
92.) Der Truppenführer veranlasst die gemäß Aufmarschplan erforderliche Aufstellung der Fahrzeuge, die für die Verladung mit besonderen Anhängezetteln durch die Organe der Einschiffungsleitung versehen werden.
93.)
- Geräte und Gegenstände, die während des Seetransportes von der Truppe benötigt werden und auf Fahrzeugen mitgeführt werden, sind vor Verladen der Fahrzeuge herunterzunehmen.
- für Munition, die die Truppe an Bord mitführt, gelten folgende Anordnungen:
a) Munition muss an Bord von anderen Gütern getrennt und gut abgelegen von allen brennbaren Materialien gelagert werden, soweit möglich, an Stellen, die den allgemeinen Verkehr an Bord nicht zugänglich sind.
Diese Lagerstellen dürfen nicht in der Nähe von Wärmequellen liegen, besonders aber ist darauf zu achten, dass sie von Schornsteinfunken nicht erreicht werden können.
b) An Deck ist die Munition so hoch zu lagern (auf Balken, Brettern, Grätings usw.), dass Wasser und Deckfeuchtigkeit sie von unten nicht erreichen kann. Von oben ist sie mit Persenning gut wasserdicht abzudecken.
c) Sichtbare Schilder betr. Rauchverbot und Annäherung mit offenem Feuer sind anzubringen.
d) Sicherheitsposten sind bei jedem einzelnen Munitionsstapel aufzustellen.
e) Feuerlöschschläuche sind anzuschlagen und die Steigrohre bzw. Leitungen unter Druck zu setzen.
f) Bezüglich Beeinflussung der Munition durch erhöhte Temperaturen siehe auch Ziffer 68c).
94.) Feldküchen und zugehörige Proviantfahrzeuge werden stets zuletzt verladen. Sie werden für die weitere Benutzung während des Seetransportes im Hinterschiff an Deck aufgestellt.
Enttanken der Kraftfahrzeuge
95.) Vorschriften der Seeversicherung sowie die Sicherheit des Transportes bedingen ein Verladen von Kraftfahrzeugen nur mit entleerten Brennstoffbehältern.
96.) Das Enttanken der Kraftfahrzeuge erfolgt vor dem Schiff im Einvernehmen zwischen Truppe und örtlicher Transportkommandantur.
Verladegeräte
97.) Für die Verladearbeiten werden in erster Linie die Schiffsladebäume und Winden benützt, vorhandene Ladekräne können zur Beschleunigung der Arbeiten mit verwendet werden.
98.) Mannschaften mit Handwaffen und Handgepäck werden über feste Landgänge und Treppen an Bord genommen (nicht Gleichschritt, 3 bis 5 Schritte Abstand, Rechtsverkehr).
99.) Die Verladung von Pferden erfolgt in besonderen Pferdekästen, von denen je nach Abmessung der Ladeluken bis zu 3 Pferdekästen gleichzeitig benutzt werden.
100.) Fahrzeuge werden mit Tauwerk- oder Drahtstrippen verladen, Kraftfahrzeuge mit Spezialverladegeräten, wobei die Räder in Metallhändeln ruhen.
101.) Eine Zusammenstellung der für die einzelnen Fahrzeugtypen zu verwendenden Verladegeräte ist in der Aufstellung "Verladegeräte für Fahrzeuge und Pferde der Wehrmacht" bei den Kriegsmarinedienststellen enthalten.
102.) Die Verladung von Wehrmachtgut erfolgt mit den in der Schifffahrt üblichen Hilfsmitteln.
Fortsetzung folgt...
Quelle: germandocsinrussa Findbuch 12477, Akte 418
Gruß
Antje