Marsch-Punkt-Verfahren

  • Berlin, den 07.10.1943


    Marsch-Punkt-Verfahren


    Vorbemerkung:

    Um rascheste Feuerbereitschaft einer marschierenden Batterie, (z. B. Vorhut-Batterie, Panzer-Begleitbatterie oder Panzer-Werferbatterie) zu ermöglichen, muss:


    1. das Instellunggehen und Einrichten der Batterie sofort nach Auftauchen des Zieles erfolgen.


    2. Lagebestimmung und Lageangabe von Punkten (Zielen, F.-St., G.R.P. usw.) nach einem sowohl mit dem Gelände, als auch mit der Karte behelfsmäßig sofort in Verbin- dung zu bringendem Verfahren erfolgen, das die unverschlüsselte Durchgabe von Lagezahlen ohne taktischen Nachteil zuläßt.


    3. Die meist rollende Beobachtungs-Stelle (Batterie-Führer) von schießtechnischen Vorbereitungen und Planarbeiten weitgehendst entlastet werden.


    Solche Voraussetzungen erreicht man durch das Marsch-Punkt-Verfahren (MP-Verfahren).


    Das Marsch-Punkt-Verfahren besteht im wesentlichen aus folgendem:


    1. Die Lageangabe von Punkten (Zielen usw.) erfolgt in Bezug auf markante Geländepunkte zu beiden Seiten der Vormarsch Straße, sogenannte Marsch-Punkte (MP) die an Hand der Karte in Richtung des Vormarsches ausgewählt und mit Marsch-Punkt 1 beginnend, fortlaufend beziffert werden.


    Die Lage eines Punktes (z. B. Zieles), wird dann durch folgende Angaben bestimmt :


    1.1. Nummer des Marsch-Punktes, auf den sich die Lageangabe bezieht, z. B. Marsch-Punkt 43.


    1.2. Richtung Marsch-Punkt - Ziel (z. B.: Windziffer 20 oder = SW (südwestlich)).


    1.3. Entfernung Marsch-Punkt - Ziel in Metern (z.B. 500)


    1.4. Höhenlage des Zieles über N. N. in Metern (nur wenn erforderlich).


    Die Lagezahlen des Zieles sind also: Marsch-Punkt 43, 20, 500 oder Marsch-Punkt 43, SW, 500.


    2. Verbindung zwischen Batterie-Führer (Beobachtungs-Stelle) und dem mit Abstand folgendem Batterie-Offizier (Flak-Stellung) durch Funk.


    3. Auswahl der Feuerstellung erfolgt durch den Batterie-Offizier


    4. Das Kommando zur Feuereröffnung wird in der Flak-Stellung ermittelt.


    Voraussetzungen für die Anwendung des Marsch-Punkt-Verfahrens:


    1. Funkverbindung zwischen Batterie-Führer und Batterie-Offizier

    2. Vorhandensein geeigneter Karten.


    3. Günstige Auswahl der “Marsch-Punkte” längs der Vormarsch Straße, beziffern derselben und rechtzeitige Durchgabe, möglichst auf Planpausen, um das vorhandene Kartenmaterial zu schonen. Die Auswahl der Marsch-Punkte hat schon nach taktischen Gesichtspunkten zu erfolgen. Von jedem Punkt des Geländes aus sollen möglichst zwei Marsch-Punkte zu sehen sein.


    4. R II und Rechentrupp befinden sich beim Batterie-Offizier


    Anhalt zur Durchführung des Marsch-Punkt-Verfahrens (Siehe Anlage)


    Lage: Batterie im Marsch, Marsch-Punkte sind bekanntgegeben, R II und Rechentrupp befinden sich bei der Geschütz-Staffel, Batterie-Chef ist mit dem Batterie-Offizier durch Funk verbunden. Batterie-Offizier steht auf Empfang. Batterie soll ein Ziel bekämpfen.


    Maßnahmen: Batterie-Chef bestimmt an Hand von Karte und Gelände die Lage des Zieles in Bezug auf den nächstgelegenen Marsch-Punkt, z. B.: 500 m südwestlich Marsch-Punkt 43.

    • (Batterie-Chef durch Funk an Batterie-Offizier:
    • „Batterie-Stellung!" „Ziel: MP 43, SW, 500," Feuerbereitschaft melden!
    • Batterie-Offizier erkundet aus dem Marsche heraus an Hand von Karte und Gelände die nächstbeste Feuerstellung mit Anmarschweg.
    • Batterie wird durch den Batterie-Offizier in Stellung gebracht. Batterie-Offizier befiehlt die Grundrichtung. (Meist Marschrichtung).
    • Batterie wird durch Grundgeschütz oder R Il gleichlaufend gerichtet.
    • R II bestimmt die Lage der Feuerstellung in Bezug auf den nächstliegenden Marsch-Punkt z.B.: Marsch-Punkt 8, Nord-Ost, 200, d. h. 200 m nordostwärts von Marsch-Punkt 8. Rechentrupp bestimmt aus der Karte das Kommando zur Feuereröffnung und meldet es dem Batterie-Offizier.
    • Batterie-Offizier durch Funk an Batterie-Chef: „Batterie-Stellung MP 8, NO, 200". Batterie-Offizier durch Funk an Batterie-Chef: „Batterie feuerbereit".
    • Batterie-Chef zeichnet die Lage der Feuerstellung in seine Karte ein.
    • Batterie-Chef durch Funk an Batterie-Offizier: „Zwotes feuern!"
    • Batterie-Offizier durch Funk an Batterie-Chef: „Abgefeuert".
    • Batterie-Chef beobachtet die Lage des Schusses zum Ziel, stellt den Einschlag behelfsmäßig auf der Karte fest und greift die Kommandoverbesserung auf der Karte ab. Batterie-Chef durch Funk an Batterie-Offizier: „20 wg! 400 m zulegen!"
    • Batterie-Offizier kommandiert Seitenverbesserung und neue Erhöhung.
    • Batterie-Offizier meldet: „Abgefeuert".
    • Batterie-Chef beobachtet die Lage des Schusses zum Ziel und ermittelt die Kommandoverbesserung.
    • Battrerie-Chef durch Funk an Batterie-Offizier: ,„m. V.! ganze Batterie! 5 mr! 100 m zulegen! 3 Gruppen !"
    • Batterie-Offizier meldet: „Abgefeuert". - usw.
    • Batterie-Chef an Batterie-Offizier: „Stellungswechsel vorwärts!" oder: „Marsch fortsetzen".
    • Batterie macht Stellungswechsel und reiht sich wieder in die Marschkolonne ein.
    • Bei schwieriger Beobachtung oder schwierigem Gelände ist mit Doppelzünder zu arbeiten.)

    Vorteile des Marsch-Punkte-Verfahrens:


    1. Das Instellunggehen der Batterie erfolgt sofort nach Auftauchen des Zieles.


    2. Der Batterie-Chef ist der Vorarbeiten für das Schießen entledigt und kann sich ohne Unterbrechung der Beobachtung des Gefechtsfeldes und des Schießens widmen, da die Auswahl der Flak-Stellung dem Batterie-Offizier obliegt.


    3. Hat der Batterie-Chef das Instellunggehen der Batterie befohlen und die Lage des zu bekämpfenden Zieles in Bezug auf einen Marsch-Punkt durchgegeben, so ist die Flak-Stellung sofort in der Lage einen Schuss in Richtung des Zieles abzugeben.


    4. Der Batterie-Chef braucht die Grundrichtung der Batterie nicht zu kennen, da er nur Seitenverbesserungen und nicht Seite von Grundrichtung befiehlt. Nur die Lage der Feuerstellung muss ihm bekannt sein.


    5. Messung bzw. Auswertung der Lagezahlen kann behelfsmäßig ohne jedes Hilfsmittel erfolgen. Verschlüsseln unnötig.


    6. Sollen mehrere Batterien eingesetzt werden, so dient die bereits in Stellung befindliche Batterie als Anschluß-Batterie.


    SS-Artillerieschule II

    gez. Schlamelcher

    SS-Sturmbannführer


    Der Inspekteur der SS-Artillerie und Flak

    gez. Gutberlet

    SS-Standartenführer


    Quelle: germandocsinrussia Findbuch 12493, Akte 21


    Gruß

    Antje