Sturmartillerie - Richtlinien für den Einsatz

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    Abschrift und Bearbeitung

    Quelle: germandocsinrussia


    Berlin, den 20.05.1940

    Oberkommando des Heeres


    Geheim !


    Merkblatt


    Richtlinien für den Einsatz der Sturmartillerie



    I. Grundbegriffe und Aufgaben


    1. Das Sturmgeschütz — 7,5 cm Kanone auf gepanzerter Selbstfahrlafette — ist eine Angriffswaffe. Es kann nur in der Fahrtrichtung feuern.


    2. Dank seiner Geländegängigkeit und seines Panzerschutzes ist es in der Lage, der eigenen Infanterie oder den Panzertruppen überall hin zu folgen.


    3. Zur Unterstützung der Infanterie im Angriff bekämpft die Sturmartillerie die feindlichen schweren Infanteriewaffen, die durch die anderen Waffen nicht schnell oder wirksam vernichtet werden können.


    Zur Unterstützung von Panzern im Angriff übernimmt sie einen Teil der Aufgaben der Panzer IV und kämpft vor der Front auftretende feindliche Pak nieder.


    Als Divisionsartillerie wird sie nur ausnahmsweise eingesetzt, wenn die taktische- und Munitionslage es zulassen. Die Sturmartillerie ist nicht in den Feuerplan der Divisionsartillerie einzubeziehen, sondern nur als Ergänzung und zu Sonderausgaben (z. B. als Wanderbatterien) zu verwenden. Ihr Einsatz zu den Hauptaufgaben muss immer sichergestellt sein.


    Als Panzerjäger ist sie nicht zu verwenden; nur zur Selbstverteidigung bekämpft sie feindliche Panzer.



    II. Gliederung der Sturmartillerie-Abteilung und der Sturmbatterien


    4. Die Sturmartillerie-Abteilung setzt sich aus dem Abteilungsstabe und den 3 Batterien zusammen.


    Die Sturmbatterie besteht aus 6 Geschützen; 3 Züge zu je 2 Geschützen.


    Die Führerwagen für Batterie- und Zugführer sind gepanzert. Sie ermöglichen dadurch ein Vorfahren zur Leitung des Feuers bis in die vordere Infanterielinie.



    III. Grundsätze für den Einsatz

    — a) Allgemeines —


    5. Die Sturmartillerie-Abteilungen gehören zur Heeresartillerie. Für die Durchführung bestimmter Kampf Aufträge werden sie den Divisionen geschlossen oder batterieweise zugeführt und unterstellt.


    6. Der Divisions-Kommandeur hat die Sturmartillerie-Abteilung je nach den ihr für das Gefecht zuzuweisenden Aufgaben ganz oder mit Teilen Infanterie- oder Panzerverbänden, nur in Ausnahmefällen dem Artillerie-Kommandeur zu unterstellen.


    7. Verwendung und Unterstellung der Abteilung innerhalb der Division können im Laufe des Gefechtes sehr schnell wechseln. Gesicherte Verbindung zur Abteilung und innerhalb der Abteilung zu den Batterien ist Voraussetzung für rechtzeitige Erfüllung der Aufträge.


    8. Die Geschütze der Sturmartillerie feuern aus offener, gegen Erd- und Luftbeobachtung möglichst versteckter Feuerstellung. Nur bei Verwendung im Rahmen der Divisionsartillerie wird aus verdeckter Stellung geschossen.


    9. Die Überraschung ist Vorbedingung für die erfolgreiche Tätigkeit der Sturmartillerie-Abteilung. Dafür sind gedeckte Annäherung und Bereitstellung, gedecktes Vorfahren in Feuerstellung und überraschende Feuereröffnung notwendig. Im Halten nehmen die Sturmbatterien die der Infanterie im Augenblick gefährlichen Ziele (hauptsächlich feindliche schwere Infanteriewaffen) unter Feuer, vernichten sie mit wenigen Schüssen und verschwinden in Deckung, um sich dem feindlichen Feuer zu entziehen.


    Durch die Ausstattung mit Nebelmunition (23% der Munitionsausstattung) ist es möglich, feindliche Waffen, die z. B. flankierend eingesetzt sind, zu vernebeln bzw. zu blenden.


    10. Die artilleristische Unterstützung der Panzertruppen erfolgt vornehmlich nach dem Einbruch in den Feind. Die Sturmartillerie-Abteilung ergänzt hierbei die Panzerkampfwagen IV, indem sie während des laufenden Gefechtes den Feuerschutz gegen feindliche Panzerabwehrwaffen in der Front übernimmt. Hierzu folgt sie den vordersten Wellen der Panzer dicht auf. Die Vernichtung der feindlichen Panzerabwehr in den Flanken des eigenen Angriffs wird häufig Aufgabe der Panzerkampfwagen IV sein.




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    — b) Taktische Verwendung —


    aa) Beim Vormarsch


    11. In der Infanteriedivision:

    Der Divisions-Kommandeur behält die Sturmartillerie-Abteilung während des Marsches möglichst lange geschlossen in seiner Hand. Je nach der Lage und Gelände kann er für den Vormarsch den einzelnen Regimentsmarschgruppen je 1 Sturmbatterie unterstellen; Unterstellung unter die Vorhut ist eine Ausnahme.


    12. Im allgemeinen marschiert die Sturmbatterie geschlossen in dem Abstand zwischen Vorhut und Gros zur Verfügung des Marschgruppenführers. Der Batterieführer befindet sich mit Teilen seines Batterietrupps beim Marschgruppenführer.


    13. In der Panzerdivision:

    Beim Vormarsch im Rahmen einer Panzerdivision wird die Sturmartillerie-Abteilung zweckmäßig in die Vorhut eingegliedert.


    bb) Beim Angriff im Rahmen einer Infanteriedivision


    14. Der Divisions-Kommandeur unterstellt in der Regel die Sturmartillerie-Abteilung batterieweise den eingesetzten Infanterieregimentern.


    15. Der Batterieführer hat nach Eintreffen des Unterstellungsbefehls sofort persönliche Verbindung mit dem Infanterie-Regimentskommandeur aufzunehmen. Durch eingehende Aussprache zwischen beiden (Feindlage, Bereitstellung des Regiments zum Angriff, beabsichtigte Führung des Angriffs, Schwerpunkt, Mitwirkung der Divisionsartillerie usw.) ist sie die Grundlage für den späteren Einsatz der Sturmbatterie zu schaffen.


    16. Es ist verfehlt, der Batterie Aufgaben und Ziele zuzuweisen, welche durch die schweren Waffen der Infanterie oder die Divisionsartillerie erledigt werden können. Vielmehr fällt der Batterie die Bekämpfung solcher Widerstandsnester zu, die im Beginn des Angriffs nicht erkannt sind und auch durch die schweren Infanteriewaffen und Artillerie bei Beginn oder im Verlauf des Angriffs nicht oder nicht schnell genug bekämpft werden können. Es ist die besondere Aufgabe der Sturmbatterie, der Infanterie das Durchkämpfen durch die feindliche Tiefenzone zu erleichtern. Daher soll sie erst bei oder nach Einbruch in die feindliche vorderste Front eingreifen, wenn die Divisionsartillerie und die eigenen schweren Infanteriewaffen nicht mehr ausreichend eingreifen können.


    17. Der Einsatz kann erfolgen:

    — 1. die Batterie wird vor Beginn des Angriffs durch das Regiment, dem sie unterstellt ist, im Schwerpunkt eingesetzt oder


    — 2. die Batterie wird zurückgehalten, um erst dann eingesetzt zu werden, wenn nach Beginn des Angriffs ein klares Bild über den Widerstand des Feindes gewonnen ist.


    In beiden Fällen kann Unterstützung der Batterie und gelegentlich auch einzelner Züge unter ein Bataillon in Frage kommen.


    18. Der Truppenführer, dem die Batterie unterstellt ist, gibt dem Befehlsführer den Befehl zum Einsatz. Dieser erteilt daraufhin seinen Zugführern klare, engbegrenzte Kampfaufträge und zeigt ihnen möglichst die zu bekämpfenden Ziele im Gelände.


    19. In dauernder Verbindung mit der vorderen Infanterie hat der Batterieführer sich zusammen mit seinem Zugführern laufend über die Feindlage zu orientieren und das Vormarsch- und Angriffsgelände zu erkunden. Die Batterie wird zugweise durch die Zugführer in ihrem voraussichtlichen späteren Gefechtsstreifen so bereitgestellt, dass bei Annäherung an den Feind die Batterie gedeckt der Infanterie von Abschnitt zu Abschnitt folgen kann.


    20. Inwieweit eine Zielanweisung und damit eine Feuerleitung durch den Batterieführer bzw. die Zugführer erfolgen können, ist abhängig vom Gelände, der Stärke und dem Verhalten des Gegners.


    In bedecktem Gelände und bei guter Tarnung der feindlichen Waffen wird eine Zielanweisung an die Züge durch den Batterieführer nicht möglich sein. In diesem Falle liegt die Feuerleitung bei den Zugführern. Diese müssen dann unmittelbar mit den vordersten Zügen der Infanterie zusammenarbeiten. Hierbei halten sie sich dicht an die Infanterie heran und bekämpfen die nächsten Ziele.



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    21. Eine Aufteilung des Zuges kommt nur dann in Frage, wenn für die Durchführung bestimmter Aufgaben einzelne Geschütze Infanteriekompanien oder -zügen — z. B. zum Kampf in der Tiefe des feindlichen Hauptkampffeldes — unterstellt werden.


    22. Beim Angriff von Panzern im Rahmen der Infanteriedivision bekämpft die Sturmartillerie-Abteilung zunächst die feindliche Panzerabwehr. Auch hierbei bleibt die Sturmartillerie-Abteilung der Infanterie unterstellt.


    23. Die Batterien werden hierzu möglichst schon vor Beginn des Panzerangriffs in Lauerstellungen eingesetzt, aus denen sie den Angriff gegen die feindliche Panzerabwehr überwachen.


    Sie folgen, unter Umständen zugweise, in besonderen Fällen — z. B. in unübersichtlichem Gelände — geschützweise, den Panzerkampfwagen nur sobald ihre Aufgaben dieses notwendig machen.


    24. Beim Kampf in der Tiefenzone kann Zusammenwirken mit Panzerkampfwagen zur Unterstützung der nachfolgenden Infanterie bei der Wegnahme feindlicher Stützpunkte in Frage kommen.


    25. Bei feindlichen Panzerkampfwagen - Gegenangriffen greifen zunächst die eigenen Panzerjäger in den Kampf ein. Die Sturmartillerie-Abteilung bekämpft die feindlichen schweren Waffen, die den feindlichen Panzerkampfwagen - Gegenangriff unterstützen. Erst wenn die Panzerjäger nicht ausreichen, bekämpft die Sturmartillerie die feindlichen Panzerkampfwagen. Hierzu fahren die Sturmgeschütze den feindlichen Panzerkampfwagen bis auf wirksame Schussweiten entgegen, halten und vernichten sie mit Panzergranaten.


    cc) Beim Angriff im Rahmen einer Panzerdivision


    26. Folgende Aufgaben können für die Sturmartillerie-Abteilung beim Angriff im Rahmen einer Panzerdivision in Frage kommen:


    — 1. Unterstützen des Panzerkampfwageneinbruchs durch Niederkämpfen der feindlichen Panzerabwehrwaffen.


    — 2.Unterstützen des weiteren Panzerangriffs durch Niederkämpfen feindlicher Panzerabwehr.


    — 3. Begleiten und Unterstützen des Angriffs der Schützenverbände.


    27. Nach Lage und Absicht wird sie ganz oder mit Teilen der Panzerbrigade, nötigenfalls mit Teilen auch der Schützenbrigade unterstellt. Innerhalb der Panzerbrigade ist zumeist eine weitere Unterstellung unter die Panzerregimenter erforderlich. Die Verwendung der geschlossenen Batterie bildet die Regel.


    28. Zur Unterstützung des Panzerkampfwageneinbruchs können die Sturmbatterien in Dauerstellung eingesetzt werden, wenn aus dem bereits im eigenen Besitz befindlichen Gelände Wirkung im Angriffsraum bis zum Einbruch in den Gegner möglich ist. Andernfalls folgen die Batterien beim Antreten zunächst hinter der vorderen Welle der Panzerkampfwagen und übernehmen, sobald sie auf den Feind stoßen, aus offenen Feuerstellungen den Panzerschutz gegen feindliche Panzerabwehrwaffen.


    29. Bei der Begleitung des weiteren Panzerangriffes kommt es vor allem darauf an, neu auftauchende feindliche Abwehrwaffen möglichst schnell außer Gefecht zu setzen. Enges Heranhalten an die vorderen Panzereinheiten ist Vorbedingung zur Erfüllung dieser Aufgaben.


    30. Die Begleitung und Unterstützung des Angriffs der Schützenverbände erfolgen nach den Grundsätzen für die Unterstützung des Infanterieangriffes.



    Fortsetzung folgt auf der nächsten Seite



    Gruß Marga

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    dd) Beim Angriff als Divisionsartillerie

    (Ausnahme !)


    31. Der Einsatz der Sturmartillerie-Abteilung im Rahmen der Divisionsartillerie beim Angriff einer Division bildet die Ausnahme. Derart eingesetzte Sturmbatterien müssen jederzeit für ihre eigentlichen Aufgaben freigemacht werden und mit voller Munitionsausstattung antreten können.


    ee) In der Verfolgung


    32. In der Verfolgung halten sich die Sturmbatterien eng an die eigene Infanterie heran, um jeden auftauchenden Widerstand durch ihr Feuer sofort zu brechen. Rücksichtsloses Heranhalten an die vorderste eigene Infanterie verstärkt deren Vorwärtsdrang. Zeitweilige Unterstellung einzelner Züge — in Ausnahmefällen auch einzelner Geschütze — kann erforderlich sein.


    ff) In der Verteidigung


    33. In der Verteidigung ist die vordringlichste Aufgabe der Sturmartillerie die Unterstützung von Gegenstößen und Gegenangriffen.


    34. Verwendung und Einsatz erfolgen nach den Grundsätzen für die Unterstützung eines Infanterieangriffs. Die Erkundungen hierzu sind möglichst frühzeitig in Verbindung mit den Führern der zum Gegenstoß oder Gegenangriff bereitgestellten Infanterie durchzuführen.


    35. Auch in der Verteidigung wird die Sturmartillerie-Abteilung zur Panzerabwehr nur eingesetzt, wenn sie sich selbst gegen einen Panzerangriff verteidigen muss. (nur 12% der Munitionsausstattung Panzergranaten !)


    36. Beim Einsatz im Rahmen der Divisionsartillerie wird die Abteilung dem Artillerie-Kommandeur unterstellt.


    gg) Abbrechen des Gefechts und Rückzug


    37. Zur Unterstützung der Infanterie beim Ausweichen werden Batterien und auch einzelne Züge oder Geschütze den Infanterieverbänden unterstellt. Durch ihre Panzerung sind die Sturmgeschütze in der Lage, Feindziele auch dann noch zu bekämpfen, wenn die Infanterie bereits ausweicht.


    38. Um das Loslösen vom Feinde zu erleichtern, können von Panzerkampfwagen geführte Angriffe mit begrenzten Zielen durch die Sturmartillerie unterstützt werden.


    39. Unterstellung von Sturmbatterien oder Zügen unter Nachtruppen oder Nachhuten kann zweckmäßig sein.



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    IV. Versorgung


    40. Die Abteilung führt als Heerestruppe ihre volle erste Ausstattung an Munition, Betriebsstoff und Verpflegung mit.


    41. Die Versorgung der Abteilung ist bei der Unterstellung unter die Division durch die oberen Kommandobehörden rechtzeitig zu regeln.


    42. Der Abteilungskommandeur ist für die zeitgerechte Versorgung der Abteilung und der einzelnen Batterien, besonders in der Versorgung, verantwortlich.


    43. Jeder Sturmbatterie-, Zug- und Geschützführer muss dauernd über die Versorgungslage seiner Einheit usw. im Bilde sein. Er ist verpflichtet, seinen Vorgesetzten rechtzeitig Meldung zu erstatten und von sich aus für die Ergänzung von Munition, Betriebsstoff und Verpflegung zu sorgen.


    V. Angaben


    Das Sturmgeschütz ist eine halbautomatische Waffe mit Fallblockverschluss und elektrischer Abfeuerung.


    Kaliber des Sturmgeschützes — 7,5 cm


    Reichweite bei direktem Richten — bis 2000 m


    Reichweite bei indirektem Richten — bis 6000 m


    Munitionsausstattung:

    44 Schuss je Geschütz
    134 Schuss

    je gepanzerter Munitionswagen
    mit gep. Munitionsanhänger
    122 Schussje Geschütz in der Lkw.-Staffel


    Von diesen 300 Schuss je Geschütz sind entsprechend den Aufgaben:


    65% — Schuss Sprenggranaten

    12% — Schuss Panzergranaten

    23% — Schuss Nebelgranaten.


    Marschlänge einer Sturmbatterie: 500 m


    Betriebsstoffverbrauchssatz für eine Batterie: 4000 l (100 km)


    1. Ausstattung mit Betriebsstoff: 3 1/2 Verbrauchssätze.



    Im Auftrage


    Fromm




    Gruß Marga