Erfahrungen über Erkennen und Überwinden von Sümpfen

  • Guten Tag zusammen,



    Praktische Hinweise aus einem sowj.-russ. Ausbildungsbefehl zur Anleitung in der Ausbildung und zur Sammlung weiterer Erfahrungen vom 20.04.1944


    Abschrift und Bearbeitung

    Quelle: germandocsinrussia


    Erfahrungen über Erkennen und Überwinden von Sümpfen


    In einem sowjetrussischen Ausbildungsbefehl sind u. a. folgende Hinweise darüber enthalten, inwieweit der Sumpf als Hindernis gilt und was getan werden muss, ihn schnell und erfolgreich mit eigenen Mitteln und mit an Ort und Stelle vorgefundenem Behelfsmaterial zu überwinden.



    A.


    An den äußeren Merkmalen können die Beschaffenheit des Sumpfes festgestellt und Schlüsse auf die Gangbarkeit gezogen werden:


    1. Leicht gangbare Sümpfe:


    a) Sie sind bedeckt mit dichtem Gras, stellenweise auch mit dichtem Moos. Oftmals wachsen hier auch Kiefern und Birken. Sie sind in der Regel verhältnismäßig trocken.


    b) Das Vorhandensein von Ameisen- und Maulwurfshügel zeigt an, dass die Feuchtigkeit des Sumpfabschnittes geringer wird und er leichter zu überwinden ist.


    2. Schwer gangbare Sümpfe:


    a) Sümpfe, die mit weißem Moos bedeckt sind, besonders dort, wo keine Kiefern vorkommen.


    b) Waldlose Sümpfe, die mit dünnem Gesträuch bedeckt sind.


    c) Riedgrashügel, auch in der Nähe von Bäumen, deuten auf zunehmende Feuchtigkeit des Sumpfes oder Moores hin, besonders zur Zeit der Regenfälle im Frühjahr und Herbst.


    3. Nicht gangbare Sümpfe:


    Nicht gangbare Sümpfe sind die „schwimmenden“ Torfmoore. Bei ihnen schwimmt eine Schicht Torfrinde auf dem Wasser, die nicht die geringste Belastung aushält. Derartige Sümpfe haben in der Regel steil abfallende und waldbedeckte Ufer. Der Sumpf selbst weist keine Vegetation auf. Solche Sümpfe sollen umgangen und andere Übergangsstellen erkundet werden, da zu ihrer Überwindung komplizierte schwimmende Straßen gebaut werden müssten.


    Bei einer Tiefe von nur 1 bis 4 m ist der Bau einer Brücke möglich.


    Vielfach gibt es Sümpfe, die aus einer Torfrinde auf zähflüssigem, schlammigen Grund bestehen. Die Torfrinde erreicht zuweilen eine Dicke von 2 bis 4 m. In solchen Fällen ist die Torfschicht des Sumpfes mit einer starken Vegetation bedeckt und die Ufer sind steil und bewachsen. Bei einer Dicke der Torfrinde von 2 bis 4 m können solche Sümpfe leichte Einzelbewegungen aushalten. Bei stärkerer Belastung bricht die Torfrinde auseinander und der flüssige Schlammgrund quillt an die Oberfläche. Besonders gefährlich sind in solchen Sümpfen die mit Schilf bewachsenen Oberflächen auf Moorstellen.


    Beim Übersetzen über solche Sümpfe muss die Last auf eine größere Fläche verteilt werden, damit die Torfrinde nicht zerreißt und der Schlamm nicht an die Oberfläche dringt.



    B.


    Jeder Bewegung durch einen Sumpf oder Moor muss eine Erkundung vorausgehen über:


    1. Art und Tiefe des Sumpfes.


    2. Die Dicke der Torfrinde und ihre Haltbarkeit.


    3. Die Stelle des kürzesten Überganges.


    4. Vorhandensein von Material zum Ausbau eines Weges oder einer sonstigen Übersetzstelle über den Sumpf.


    Die Tiefe des Sumpfes wird mit einer 5 bis 6 m langen Stange gemessen, deren stumpfes Ende in den Sumpf hineingegestoßen wird. Aus dem Widerstand gegen die Stange kann auf die Dicke des Torfes geschlossen werden. Nach dem Durchstich der Stange durch die Torfrinde läßt der Widerstand sofort nach, da die Stange ins Wasser oder in flüssigen Schlamm taucht. Aus Bodenproben am unteren Ende der Stange kann auf die Art des Sumpfes geschlossen werden.


    Beim vorgesehenen Übergangsweg soll alle 10 m die Tiefe des Sumpfes gemessen werden, um ein Gesamtbild der Tiefe des Sumpfes zu erhalten.


    Bei einer Sumpferkundung werden zweckmäßig alteingesessene Einwohner nach Art und Beschaffenheit des Sumpfes ausgefragt.



    Fortsetzung folgt.



    Gruß Marga


  • Guten Abend zusammen,



    Hier die Fortsetzung des obigen Beitrags.


    C.


    Überwinden von Sümpfen durch Infanterie:


    Beim Überwinden von Sümpfen durch Infanterie soll versucht werden, den Sumpf mit den einfachsten Mitteln zu überschreiten.


    1. Der einzelne Mann:


    In leicht gangbaren Sümpfen geben dem einzelnen Mann Hügel, Sträucher und Wurzeln Halt. Hält die obere Torfschicht sein Gewicht nicht aus, so muss er einen Belag aus Stroh, Schilf oder Reisig bilden, worauf Knüppel oder Bretter gelegt werden. Zweckmäßig ist es , zwei solche Bretter (Knüppel) zu benutzen, auf denen er sich abwechselnd vorwärts bewegt; auf dem einen geht er, während er das zweite nach vorne trägt.


    Über Moorstellen soll der einzelne Mann kleine Brücken auf Pflöcken oder Holzböcken bauen, die aus vorgefundenem Material (Ästen, Stroh, Reisig, Schilf) hergestellt werden.


    2. Die Gruppe:


    Zum Übersetzen von Gruppen werden schwimmende Stege aus Brettern, Faschinen, Knüppel, Flechtzäunen und ähnlichem Material gebaut. Hierauf werden im Abstand von 1,5 bis 2 m Querlagen aus Brettern, Knüppeln oder Faschinen in Länge von 1,50 bis 2 m gelegt. Auf diese Querlagen legt man in Längsrichtung je zwei Bretter und befestigt sie mit Nägeln, Draht oder Stricken.


    Sind in der Nähe geflochtene Zäune, sollen sie auseinander genommen und ein geflochtener Weg auf drei parallele Längsbalken gelegt werden. Auf solchen Brücken können Infanterie-Gruppen, s.MG. und Kavallerie übergesetzt werden.



    D.


    Übersetzen von bespannten und motorisierten Transporten:


    Zum Übersetzen von Artillerie, Kraftwagen und Tross- Fahrzeugen durch den Sumpf muss ein Knüppeldamm gebaut werden, damit die Last auf eine große Fläche verteilt wird. Einen solchen Knüppeldamm kann man auch auf Faschinen- oder Knüppelbelag bauen. Hierzu werden Faschinen oder Knüppel über Längsbalken von 12 bis 14 cm Durchmesser gelegt. Für Einbahnverkehr legt man 5 bis 6 Längsbalken im Abstand von 50 bis 60 cm, so dass eine Straßenbreite von 2,5 bis 3 m entsteht. Die Faschinenbündel werden an der Unterlage angebunden oder mit Stricken befestigt.


    Beim Bau eines Knüppeldammes müssen die Knüppel unter einem Winkel von 45 Grad schräg zur Richtung des Verkehrs gelegt werden.


    Dämme aus Brettern können leicht gebaut werden. Als Unterlage eines solchen Bretterdammes dienen Querlagen aus Balken von 12 bis 14 cm Durchmesser oder Bohlen im Abstand von 50 bis 70 cm. Über die Querbalken werden dann 2 Brettergleise zu je 3 Brettern (Breite eines Gleises 60 cm) gelegt. Über einen solchen Bretterdamm können Kfz. Trosse 1e. Art. und Pak fahren. Für den Verkehr von Kfz. und 1e. Art. ist es zweckmäßig, unmittelbar auf den Fahrdamm eine Schicht Faschinen oder Reisig in einer Dicke von wenigstens 50 cm und einer Breite von 7 m zu legen. Auf das Reisig werden 3 Balkenschichten gelegt — die erste Schicht längs der Straße, die zweite quer und die dritte wieder längs. Dicke der Balken 20 cm. Hierbei muss darauf geachtet werden, dass die Balken nicht dicht aneinander gelegt werden, sondern im Abstand von 20 cm, so dass die 3 Reihen zellenförmig mit Hohlräumen zwischen den Balken liegen. Die Balken verbindet man untereinander mit Drahtbändern und befestigt sie mit Eisenklammern. Einen solchen dreireihigen Balkendamm baut man nicht unter 5 m Breite. Auf die dritte Balkenreihe wird eine 4. Balkenschicht ohne Zwischenraum gelegt und darauf 2 Brettergleise von 60 bis 80 cm Breite. Mit 2 zusammenhaltenden Längsbalken an den Wegrändern werden alle darunterliegenden Balken so verbunden, dass die Breite des Weges zwischen den seitlichen Längsbalken nicht weniger als 3 m beträgt.


    Über eine solche „schwimmende Straße“ kann man Lasten von 8 bis 10 t befördern. Es muss darauf geachtet werden, dass alle Balken untereinander gut verbunden sind.


    Für feuchte Sümpfe, bei denen die Torfrinde auf schlammig-flüssigem Untergrund schwimmt, baut man den Damm aus einer Reihe von Balken oder Faschinen und verteilt die Last auf eine große Fläche des Sumpfes. Das geschieht in den Fällen, in denen die Torfrinde genügend fest ist und seine Dicke von wenigstens 2 m hat.


    Bei schwacher Torfrinde und flüssigem Schlamm darunter und bei Zweifeln an der Haltbarkeit des Dammes wird am zweckmäßigsten eine schwimmende Straße aus Balkenschichten und Faschinen in der oben beschriebenen Weise gebaut.


    Bei geringer Tiefe des Sumpfes bis zu 2 bis 3 m und einer dünnen Torfrinde muss man eine Bodenaufschüttung machen, die mit der Torfrinde zugleich auf den Grund des Moores sinkt. Bevor man die Aufschüttung vornimmt, muss die Torfrinde durchgestochen werden. Um eine gleichmäßige Versenkung zu gewährleisten, wird von der Mitte gegen die Ränder aufgeschüttet.




    Gruß Marga