Moin,
ein alter Beitrag (Quelle: Hans v. Donat, DSJB 1966) aus dem Forum Pz.Archiv von mir, möchte ich auch hier bekannt machen.
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MfG Uwe
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Eisenbahnpioniere
Quelle: Deutsches Soldaten Jahrbuch 1966
Beitrag II von Gen.Lt. a.D. Hans v. Donat, Seite 100-114
Abschrift & Bearbeitung: UHF51 - Berlin - 2008
Bei den Verhandlungen über den Versailler Vertrag im Jahre 1919 wurde die Eisenbahn-Truppe von den Siegermächten zu einer strategischen Waffengattung erklärt, die man nur in Angriffskriegen und im fremden Land benötige. Da Deutschland einen solchen Krieg nicht mehr zu führen habe, wurde die Eisenbahntruppe durch den Versailler Vertrag im Jahre 1919 aufgelöst und verboten. Maschinen, Geräte und Materialien verfielen der Verschrottung. Die Übungsanlagen, die Verladebahnhöfe mit ihren Schuppen und Materiellagern kamen unter den Hammer. Die Kasernen wurden für Behörden und Mietwohnungen freigegeben. Etwa 100 aktive Eisenbahn-Offiziere wurden in das 100.000 Mann-Heer übernommen und dort zu etwa gleichen Teilen auf die Truppenpioniere, die Kraftfahrtruppe und die Nachrichtentruppe verteilt. Die übrigen etwa 200 aktiven Eisenbahn-Offiziere traten in das Zivilleben über, teils vollendeten sie die vor dem Kriege auf der Militär-Technischen Akademie begonnenen technischen Studien, teils nahmen sie auf Grund ihrer Vorbildung entsprechende Stellungen in der Wirtschaft an. Ein Beweis für das hohe Niveau des Offizier-Korps war, dass sich fast alle neue, gute Existenzen aufbauen konnten. Die während des Krieges gesammelten organisatorischen und technischen Erfahrungen waren etwas wert. Nicht wenige haben es zu einflussreichen Posten gebracht, sind Direktoren und Generaldirektoren von Industriewerken und Baufirmen, Vertreter und Generalvertreter von bedeutenden Wirtschaftsunternehmen und leitende Geschäftsführer von großen Gesellschaften und Konzernen geworden. Unter diesen befand sich auch der in der Truppe allgemein bekannte langjährige bewährte Leiter der Personalgruppe des Feldeisenbahn-Chefs, Major Rolf Mayer-Schalburg, im Frieden zuletzt Adjutant der 1. Eisenbahn-Brigade in Berlin. Er hatte während des 1. Weltkrieges mit Umsicht, großem Geschick und mit bemerkenswerter Organisationsgabe das erweiterte tüchtige Offizier-Korps für die schnell vergrößerte Eisenbahntruppe aufgebaut und die nötigen Spezialisten für die Truppe herangezogen. Ihm oblag es nun, sein Werk wieder zu zerschlagen und den berufslos Gewordenen neue Existenzen zu verschaffen, eine Aufgabe, der er sich mit gleicher Tatkraft und mit Erfolg unterzog.
Die Reserveoffiziere hatten es leichter. Die älteren gingen fast ausnahmslos in ihre alten Berufe zurück oder nahmen ihre früheren leitenden Stellungen wieder ein; die jüngeren setzten ihre technischen Studien fort. Von letzteren haben es ebenfalls viele zu namhaften Erfolgen gebracht und sind später in hohe Stellungen aufgerückt.
Auch einige Eisenbahn-Unteroffiziere und Eisenbahnpioniere, die ihre zwölfjährige Dienstzeit beenden wollten, wurden in die neue Reichswehr übernommen. Für den Grenzschutz im Osten hatte man einige Eisenbahn-Bau-Detachements aus Freiwilligen aufgestellt. Das Reichswehrministerium versuchte, mit diesen und den vorgenannten Längerdienenden noch eine Zeit lang getarnte Eisenbahnkompanien bei den 7 Pionierbataillonen der Reichswehr zu unterhalten. Der Versuch mißlang infolge Einspruchs der Interalliierten Militärkommission. Im Sommer 1921 mussten auch diese Reste verschwinden und wurde jede militärische Eisenbahnpionier-Ausbildung im 100.000 Mann-Heer verboten.
Die Tradition der alten Regimenter und Bataillone wurde einigen Pionierbataillonen des neuen Heeres übergeben. Diese hielten mit den ehemaligen Eisenbahnpionieren eine gewisse kameradschaftliche Verbindung. Es wurden Waffenvereine, eine Offiziersvereinigung (04.08.1919) und Kompanie-Kameradschaften gegründet, um den Zusammenhalt und die Tradition der Waffe weiter zu pflegen. Einige der Vereine bestehen heute noch. Besonders zu benennen ist die "Feldkameradschaft der EBK 19" (ehemalige 3. Kompanie des Kgl. Preuß. Eisenbahnregiments Nr. 3), die seit dem 1. Weltkrieg eisern zusammenhält und aus der es nur Austritt durch Tod gibt. Männer, die die gemeinsam erduldeten Gefahren und die gemeinsam vollbrachten großen Leistungen auf Lebenszeit zusammengeschweißt hat.
Als die Aufrüstung der neuen Wehrmacht im Herbst 1934 begann, schien es kaum möglich, wieder eine neue Eisenbahntruppe hochzubringen. Man war sich leider nicht sofort darüber klar, dass der Aufbau einer solch komplizierten, hochtechnischen Truppe viele Jahre benötigt und dass es deshalb notwendig war sofort mit der Schaffung einer Keimzelle zu beginnen. So wurde erst am 01.10.1936, zwei Jahre nach Anlauf der allgemeinen Heeresaufrüstung, mit der Aufstellung eines "Pionierlehr- und Versuchsbataillons für schweren Brückenbau" als Keimzelle für eine neue Eisenbahntruppe auf dem alten Eisenbahnpionier-Übungsplatz Sperenberg bei Berlin begonnen. Das Bataillon wurde aus 6 Kompanien zusammengestellt, die einschließlich der Offiziere von Truppenpionier-Bataillonen aus 6 verschiedenen Wehrkreisen abgegeben worden waren. Wiederum gaben also Pioniere den Stamm für die neue Waffengattung her. Von den Kompanien hatten weder Offiziere noch die Soldaten die geringste Ahnung vom Eisenbahn-Pionierdienst. Der neue erste Kommandeur, Major Otto Will, vom früheren Kgl. Bayer. Eisenbahnbataillon München, sah sich deshalb vor einer schweren Aufgabe gestellt, obgleich er einige Offiziere und Unteroffiziere der früheren Eisenbahntruppe zur Unterstützung zugeteilt erhielt. Aber inzwischen war auch die Zeit mit dem Verblassen der Erinnerung an das frühere Geschehen und mit einem gewaltigen Fortschritt der Technik weitergegangen. Beides zwang zu einem Neuanfang auf allen Gebieten der Ausbildung, der Ausrüstung und der Neuaufstellung feldverwendungsfähiger Einheiten. Das verlangte Zeit!
(…)
Fortsetzung folgt.