260. Infanterie-Division

  • 2. Teil


    Keine Antwort aus dem Graben

    Weiter ging es durch einen Waldvorsprung, der sich bis auf etwa 10 Meter an die Stelle unseres Grabens heranschob, an der heute Morgen der Gewehrposten eingeschlafen und nur mühsam wach zu bekommen war. Auf meine verhaltenden Rufe erhielt ich aus dem Graben keine Antwort. Nichts reget sich in dem Grabenstück vor uns. Auch an dem in russischer Hand befindlicher Waldrand war in diesem Abschnitt keine Bewegung zu erkennen.
    Unter der Feuerbereitschaft meiner Gruppe tat ich den erste Sprung in unseren Graben: Von der anderen Seite viel kein Schuss. Nach rechts lief der Graben nach etwa 30 Metern in eine morastige Mulde aus. Hier lag die Grenze unseres Bataillons Abschnittes, die zugleich die Divisionsgrenze bildete. Nach links stieß ich nach 200 bis 300 Metern auf einen Posten der mir versicherte, das kein Russe im Graben gewesen sei.
    Mit dieser Meldung schickte ich dann meine immer noch in dem Waldvorsprung wartende feuerbereite Gruppe zum Gefechtsstand zurück, während ich selbst in der Stellung blieb, um den Befehl zu übermitteln das um Mitternacht der Rückzug auf eine neue Verteidigungslinie beginne. So gelangte ich von Mann zu Mann. Wie wenige waren von dem starken Bataillon in den Paar Tagen übrig geblieben.
    Als besonderer Schwerpunkt ist mir die von dem Unteroffizier Freiherr von Waldhausen verteidigte Stellung in der Erinnerung geblieben. Ihm lag ein russisches Maschinengewehr gegenüber, das unter Ausnutzung einer Waldzunge bis auf eine Entfernung von 50 bis 80 Meter herangekommen war. Auf diese kurze Distanz lieferten sich beide Gewehre unerbittliche Feuergefechte. Mit der ihm eigenen Gelassenheit bediente von Waldhausen selbst das Maschinengewehr, als ich mit ihm sprach. Sein Vater war im ersten Weltkrieg Oberst und Regimentskommandeur gewesen.
    Ich hatte vor durch den Zugangsgraben auf den linken Flügel – übrigens der einzige für unseren Bataillonsabschnitt – zum Bataillonsgefechtsstand zurückzugehen, wurde jedoch davor dringend gewarnt, da er vom Feind eingesehen und unter Beschuss gehalten wurde. Mir blieb nur die Wahl: Entweder bis zum Einbruch der Dunkelheit im Hauptkampfgraben zu warten, oder den Weg zu gehen den ich gekommen war. Ich entschied mich für die letztere Möglichkeit.
    Dort wo auf dem rechte Flügel der Graben in die bereits erwähnte sumpfige Mulde mündete, verließ ich ihn. Zunächst bewegte ich mich wie ein Jäger auf der Pirsch zwischen den recht vereinzelt stehenden armdicken Birkenstämmen, doch bald erschien mir diese Vorsicht unnötig. Hier auf der Naht zur rechten Nachbardivision herrschte Ruhe, schien der Krieg zu Ende zu sein.

    Vier einsame Gewehre

    Dann stieß ich nach 100 bis 200 Metern in den dichter werdenden Wald auf eine einsame Pyramide von vier russischen Infanterie Gewehren. Nun war mir nicht mehr zweifelhaft, das der Russe sich in diesem Gelände bereits eingerichtet hatte. Das also hatte in Wahrheit hinter der Meldung vom Feindeinbruch in unserem Graben gesteckt: Der Gegner operiert bereits hinter unserer Linie.
    Mir war auch klar wer den Feuerüberfall veranlasst hatte, als ich mit der Gruppe am Nachmittag über die Waldwiese vorrückte. Wo aber stecken die russischen Soldaten, denen die zusammengestellten Gewehre gehörten? Hatten sie mich inzwischen entdeckt?
    Vorsorglich schnappte ich ihre Gewehre und schleppte sie mit. Mit aller Gewalt brach nun die Dunkelheit herein. Vorsichtig pirschte ich durch den mondhellen, feindbesetzten, unheimlichen Wald. Dabei kam ich gründlich aus der richtigen Richtung. Der Mond als Orientierungspunkt bewahrte mich davor, das ich völlig in die Irre ging. Dann stieß ich nach einem langen Marsch auf einen Waldweg, der wie ich zutreffend vermutete nahe an unserem Bataillons Gefechtsstand vorbeiführte, wo ich nach Mitternacht eintraf.
    Hier war der Aufbruch so gut wie abgeschlossen. Auch die Nachhut des Bataillons war bereits versammelt. Mit meiner Rückkehr hatte man nicht mehr gerechnet. Zwei eigens nach vorn befohlenem Sturm Geschütze standen bereit, um uns aus dieser verworrenen Frontlage herauszubringen.
    Uns kam in dieser Nacht zu statten, das der Feind sich ruhig verhielt. Bei uns dagegen ging es Geschäftig zu. Das war die Kunst, sich unbemerkt aus der Stellung zu schleichen. Jeder verschafft sich einen Halt an den beiden Stählernen Kolossen, an den wir wie die Trauben hingen. Ich fraget im Flüsterton nach diesem und jenem und nach von Waldhausen.
    Irgendeiner antwortete der ist noch ganz zum Schluss an seinem Maschinengewehr gefallen.

    Dr. Rossa

    Kameradenhilfswerk der
    260. Infanterie- Division

    Mit freundlichen Grüßen

    Karlheinz

  • 1. Teil


    Genau in das Panzerluk getroffen



    Ein Kampftag beim „Bataillon 260“ im August 1943



    Im zweiten Russlandwinter wurde um den Divisionskommandeur neben den beiden Infanterie – Regimentern eine dritte Einheit in die Hand zu geben, das verstärkte „Bataillon 260“ aufgestellt. Mit der Division geriet diese Einheit im August 1943 in schwere Abwehrkämpfe, die auch Absetzbewegungen in rückwärtige Linien und ernste Verluste mit sich brachten.
    Kurze Zeit nach Beginn der feindlichen Offensive bezog das Divisionsbataillon260 nördlich Spass Demensk eine neue Stellung, aus der aber schon in der Nacht der Rückzug auf eine hinter uns liegende Ortschaft fortgesetzt wurde.
    Das Dorf in dem wir in der Nacht von den Sturmgeschützen absitzen, ist von Soldaten überfüllt. Dennoch geht es fast geräuschlos und beinahe ohne Licht zu. Jedem ist bewusst das hier Tarnung eine Lebensfrage ist.
    Die an der Wand eines Panjehauses in einer Reihe sitzenden und feldgrauen Gestalten sind nur aus nächster Nähe war zu nehmen. Schemenhaft ziehen immer wieder neu eintreffende vorbei, einzeln, gruppenweise, schweigend, von der Last der Waffen und den Strapazen vorn übergebeugt. In den Häusern liegen sie auf dem Fußböden Mann an Mann, dicht getränkt, regungslos, in Dunkelheit und Mief; da und dort Schnarchen, das niemand stört. Hier ist kein Fußbreit Platz mehr zu finden.

    Gefechtsstand nahe am Waldrand

    Ehe die Dämmerung ausreicht um die Gesichter voneinander zu unterscheiden, bricht der Kommandeur mit seinen Männern in die neue Stellung auf. Mir als Adjutant fällt die Aufgabe zu, den Bataillons – Gefechtstand festzulegen, die Verbindung zum linken Nachbarn einem Regiment einer anderen Division, aufzunehmen und mir anschließend die eigene Stellung einzuprägen.
    Der Gefechtsand ist schnell bestimmt. Fast parallel zu unseren Hauptkampfgraben verläuft im Abstand von etwa zwei Kilometer von Norden nach Süden ein Fahrweg. Wo dieser in südlicher Richtung in einem Waldstück verschwindet, ist er zum linken und rechten Flügel unseres Grabenabschnitts etwa gleich weit entfernt. Hier werden rund 50 m vom Fahrweg und 50 m vom Waldrand entfernt die Deckungslöcher für den Kommandeur und mich ausgehoben. Die Funker lassen sich ein wenig abseits und – wegen des besseren Empfangs – ebenfalls auf der freien Pläne nieder, während die Fernsprecher und Melder am Waldrand Stellung beziehen.
    Der Gefechtstand unseres linken Nachbarn liegt, wie der unsere nahe dem Fahrweg, über den ich eine Fernsprechleitung verlegen lasse, um die erfahrungsgemäß besonders gefährdete Naht der Division zu nächst einmal Nachrichten mäßig zu sichern.
    Von den benachbarten Regimentsgefechtstand die vordere Line und auf diesem Weg die Stellung des eigenen Bataillons zu erreichen, gelingt allerdings nicht mehr, weil der Russe an diesem Morgen sehr schnell nachgestoßen ist, den Zugangsgraben einsieht und unter MG. Beschuss hält.
    Im eigenen Grabenabschnitt ist der Abwehrkampf bereits im vollen Gange. Die andere Seite scheint es darauf angelegt zu haben, gerade bei uns durchzubrechen. Sie greift mit zwei Panzern an, die unter den Feuerschutz ihrer Grabenbesatzung über unsere Stellungen im Zickzack fahren, kurven, wenden, drehen, um sie zuzupflügen. Panzerfäuste gibt es noch nicht, Haftminen stehen nicht zur Verfügung. Geballte Ladungen unter die Panzerketten zu legen, gelingt nicht. Dennoch halten unsere Infanteristen verbissen die Stellung: beim herannahen der stählernen Kolosse ziehen sie ihre Maschinengewehre ein, weichen aus, gehen tief im Graben in Deckung und erheben sich sogleich, sobald die Ungetüme an ihnen vorbei oder über sie hinweg sind.
    Die Angriffslust der Russen wird erst gestoppt, als einer der beiden Panzer ausgeschaltet wird. Wieder einmal fährt dieser einen Angriff auf den Graben, jedoch unterlässt es die Besatzung diesmal, die Luke zu schließen. Diese Gelegenheit läst einer unserer Unteroffiziere nicht ungenutzt. Bis auf Wurfnähe läst er ihn herankommen und schleudert dann – wohl gezielt und mit viel Glück--- eine Handgranate genau in das offene Loch--- Explosion der Panzer bleibt auf der Stelle liegen.
    Wie dieser Erfolg die Abwehrkräfte belebt, ist schwer in Worten wieder zu geben. Die Grabensoldaten die ihre Stellung gegen eine waffenmäßige Übermacht seit Stunden halten, ohne die Hoffnung zu haben, gegen den Angreifer etwas Entscheidendes auszurichten erleben nun das dieser doch verwundbar ist. Das gibt neuen Mut. Im Abschnitt der linken Nachbardivision hat der Gegner mehr Glück. Dort gelingt es ihm, mit einem Trupp die Front zu durchstoßen, der nun unseren Bataillons Gefechtstand in eine recht bedrohliche Lage bringt.
    Es ist früh am Nachmittag. Der linke Nachbar gibt folgende Warnung fernmündlich durch: Russische Truppen in Stärke von 15 Mann im Waldstück bei Divisionsbataillon 260:
    Jetzt muss schnell gehandelt werden. Mit den verfügbaren Kräften des Bataillonsstabes --- etwa 5 Mann --- mache ich mich auf, das Wäldchen zu durchkämmen. Von dem bereits erwähnten Fahrweg aus soll der Einsatz beginnen.
    Ehe diese Ausgangsstellung erreicht wird, entdecke ich etwa 20 deutsch Soldaten die aus Richtung Front kommen und führerlos durch das Gelände schlendern. In der Hoffnung durch sie eine personell Verstärkung zu erfahren, erwarte ich sie -- 18, -- 19, --- und 20, jährige Jungs. Sie melden das sie dem linken Nachbarregiment angehörten, kurzfristig in der Heimat ausgebildet, seit wenigen Tagen in Russland ihre Kompanieführer und ihr Unterführer gefallen und sie allein nicht mehr in der Lage gewesen seien, die Stellung zu halten.
    Nach dieser Darstellung ist mir klar, dass der russische Trupp mit dem wie es jetzt hinter der Front zu tun haben, dort durchgestoßen ist, wo diese jungen Leute ihre Stellung verlassen haben. Es erscheint mir angemessen, dass diese nunmehr mithelfen das Hinterland freizukämpfen. Ich unterstelle sie meinem Kommando und reihe sie in die Schützenkette ein, nicht ahnend dass ich damit noch eine böse Erfahrung machen soll.
    Wir durchkämmen das Wäldchen in einem flachen Bogen um den Bataillons – Gefechtstand in einer Breite von etwa 200 Metern und stoßen nach etwa 1 Kilometer auf den Waldrand, ohne bis dahin verdächtiges bemerkt zu haben.

    Kameradenhilfswerk der
    260. Infanterie- Division

    Mit freundlichen Grüßen

    Karlheinz

  • 2. Teil


    Dem Waldrand ist an dieser Stelle in gut 30 Metern Entfernung eine schmale Kulisse von einigen Sträuchern und jungen Bäumen in einer Länge von vielleicht 20 Metern vorgelagert. Unter Ausnutzung dieses Sichtschutzes stellen wir uns erneut auf, um das Wäldchen in entgegen gesetzter Richtung und in einen umfassenderen Bogen zu durchstreifen.
    Bevor es dazu kommt erkennt einer der Unserigen, das 1 bis 2 Kilometer entfernt im Abschnitt der Nachbardivision deutsch Soldaten ein Waldstück umstellen. Mir kommt nun der Gedanke dass die fernmündliche Warnung gar nicht das Waldstück gemeint hat, das wir uns vorgenommen haben, sondern jenes andere. Ich lasse also kehrt machen und dann geht es --- vorbei an dieser Sträucher und Baumkulisse – ein lang gestreckter Baum und Strauchlose Bodenwelle in Schützenkette hinauf.
    Ganz auf die Vorgänge um diese vor uns liegende umstellte Waldstück eingestellt, gehe ich voran nehme wahr das die Kameraden der Nachbardivision in das Wäldchen mit Hurra einbrechen --- doch der erwartete Gefechtslärm bleibt aus, dort fällt kein Schuss.
    Wir gehen weiter vor plötzlich pfeift eine Gewehrkugel an meinem Kopf vorbei, eine zweite, eine dritte, in schneller Folge. Die Schüsse kommen von hinten. Mein erster Gedanke: Sollten einige von uns unsinniger weis von hier aus das Feuer auf das Wäldchen eröffnet haben?
    Ich wende mich um und sehe die letzten meiner Schützenkette hinter einer Bodenwelle in Richtung Fahrweg verschwinden. Dem konzentrierten Feuer versteckter feindlicher Schützen bin ich schutzlos ausgeliefert. Ich steh auf einer schiefen, dem Feind zugeneigten Ebene, die keine Deckung bietet. Um mich herum bewegen sich vom Luftzug der Geschosse Grashalme in Streifen, Kugeln sausen mir um die Ohren. Ich bin einem wahren Hagel von geschossen ausgesetzt.
    Eigenartig das in einer solchen ausweglos erscheinenden Lage das Gefühl der Angst nicht aufkommt, obwohl man vor Augen hat jeden Augenblick zusammengeschossen zu werden. Ich handle mehr Instinktiv wovon ich mir – bei aller Aussichtslosigkeit noch etwas erhoffe.
    Ich reiße also meine Maschinenpistole hoch und voll für scheinbar das Sinnlos --- feuere auf die Sträucher—und die Baumkulissen, von der aus ich vor wenigen Minuten aufgebrochen bin. Das Knattern der eigenen Waffe läst mich die gegnerischen Geschosse nicht mehr wahrnehmen. Ich schieße ein Magazin leer, etwa 20 Schuss. Als ich das Magazin auswechsle, überrascht mich das dass feindliche Feuer verstummt ist.
    Jetzt bietet sich für mich die Gelegenheit, meinen Zug zu erreichen. Ich laufe ihm nach. Mir geht dabei durch den Kopf: Welchen Erfolg hätten wir hab3en können, wenn sich alle auf der Stelle zur Wehr gesetzt hätten; eines der 25 Augenpaare hätte das Versteck der Feindschützen wahrscheinlich ausgemacht und dann währe die gesamte Feuerkraft von 25 Gewehren und meine Maschinenpistole darauf gerichtet worden.
    Da die Russen --- unverständlich --- immer noch nicht hinter mir herschießen, falle ich in Schritt. Mir der ruhigen Gangart beruhigen sich auch meine Gedanken.
    Was hat der junge Soldat noch gesagt: Kurzfristig in der Heimat ausgebildet und seit wenigen Tagen in Russland…. Und dann gleich in diesen Hexenkessel des Abwehrkampfes! Das Problem des ungenügend ausgebildeten Ersatzes tut sich zum ersten Mal in aller Deutlichkeit vor mir auf.
    Auf dem Fahrweg treffe ich alle wieder. Sie sind ein wenig betreten und haben selbst das Gefühl. Sich nicht richtig verhalten zu haben. Die Soldaten der Nachbardivision setze ich nach dort in Marsch. Mir den übrigen fünf durchkämme ich das Waldstück am Gefechtstand noch einmal, das --- wie sich gezeigt hat doch nicht feindfrei ist.
    Wir gelangen wieder zu der Sträucher und Baumkulisse. Doch wie verändert ist der Ort! Die Szenerie gibt mir die Erklärung dafür, dass ich bei dem Schusswechsel von vorhin noch einmal davon gekommen bin. Blutige Mullbinden und blutige Watte liegen hier herum. In einem zurückgelassenen russischen Stahlhelm, der keinen Einschuss aufweist, steht noch frisches Blut. Das alles sieht danach aus das hier mehr als einer verwundet worden ist.
    Wir folgen den Schleif und Trittspuren in dem hohen Gras, finden unterwegs immer frisch –blutiges Verbandszeug. Die Spur führt in Richtung des Hauptkampfgrabens der Nachbardivision, der mutmaßlichen Einbruchstelle. An der Divisionsnaht geben wir jedoch die Verfolgung auf, denn hier geraden wir bereits in das Schussfeld der gegnerischen Grabenbesatzung.
    Auf dem Rückweg verweilen wir einen Augenblick an der Stelle, wo der russische Stahlhelm liegt. Auf einmal heult es hinter uns hoch in der Luft auf. Wir werfen uns auf den Boden und rundum schlagen die Granaten --- vielleicht zehn an der Zahl ---- ein. Die Geschosse stammen von einem überschweren Granatwerfer, die uns --- daran zweifele ich nicht --- der geisterhaften russischen Kampfgruppe, den keiner von uns je gesehen hat, zum Schluss uns noch auf den Hals gehetzt hat. Diesmal haben wir den Ausfall eines Melders zu beklagen, der an der Schulter schwer Verwundet wird.
    Inzwischen hat der Kommandeur den Gefechtstand auf dem Fahrweg in den Wald zurück verlegt. Es werden Sicherungsposten ausgestellt und so erwarten wir die Nacht, in der wir auf eine neue rückwärtige Stellung zurückgehen.
    E.R.


    Kameradenhilfswerk der
    260. Infanterie- Division

    Mit freundlichen Grüßen

    Karlheinz

  • Stalinorgel stoppt unseren Angriff



    Beim „verlorenen Haufen“ des Bataillons 260



    Das im zweiten Russlandwinter aufgestellte „Bataillon 260“ geriet im August 1943 in schwere Abwehrkämpfe. Damals hatte der Rückzug in die Büffelstellung begonnen, der dann erst dicht ostwärts des Dnjepr sein vorläufiges Ende finden sollte, Das Bataillon bestand aus einer Radfahrer, Grenadier, und schweren Kompanie (der Verfasser war damals als Leutnant Adjutant des Btl. 260).
    Kurze Zeit nach Beginn der feindlichen Offensive bezog das Divisions – Bataillon 260 in einem nächtlichen Rückzug dicht nordwestlich Spass Demensk seine letzte Stellung.
    In dieser Nacht ist von allen bisherigen nächtlichen Rückzügen die größte Strecke zurück zu legen. Aus diesem Grund und wegen des starken Feindrucks ist dem Bataillonskommandeur befohlen, jede Stunde den erreichten Geländepunkt dem GR.460 zu melden, dem das Bataillon nunmehr unterstellt ist. Leider bringen unsere Funker eine solche Funkverbindung nicht zu Stande, so dass der Kommandeur die erfolglosen Versuche nach geraumer Zeit jedesmal abbrechen läst.
    Schon längst ist es hell, als die neue Stellung erreicht wird. Sie verläuft diesmal in einem Talgrund hinter einem Flüsschen, das hier in einem weiten Bogen zur Feindseite hinüber- schwingt. Etwa an der äußersten Stelle dieses Bogens führt über den Fluss eine kleine Holzbrücke, über die sich Soldaten auch divisionsfremde Einheiten, in großer Zahl drängen. Die vorgerückte Morgenstunde mahnt zur Eile. Jeder weis das es schwere Verluste kosten würde, wenn der Russe bereits den Aufbau der neuen Verteidigungslinie störte. Auf der Brücke taucht der Regimentskommandeur auf, offenbar in Sorge um das unterstellte funkstille Divisionsbataillon. Ich melde ihm. Er fragte sofort nach den ausgeblieben Funkmeldungen und nach unserem Kommandeur.
    Von der Brücke führte in unser Hinterland ein Fahrweg eine lang gestreckte, leicht ansteigende Höhe schnurgerade hinauf, auf der sich ein breites Steinhaus vom Horizont abhebt. Bis dorthin sind ungefähr eineinhalb Kilometer zurück zu legen. Oben kommt mir gleich einer unser Melder entgegen: Herr Leutnant brauchen sie einen Arm oder ein Bein? Kommen Sie mal. Er führt mich an eine Grube von einem Ausmaß von etwa zweieinhalb mal zweieinhalb Meter, in der ungezählte Arme und Beine, mit viel Chlorkalk bestreut, kreuz und Quer durcheinander liegen. Die hier am Werk gewesene Sanitätseinheit hat offenbar so schnell zurückgelegt müssen, das nicht einmal die Zeit gereicht hat die Grube zuzuwerfen. So bleiben uns der erschreckende Anblick und das Nachdenken.
    Inzwischen haben die Fernsprecher vom Regiments Nachrichtenzug eine Sprechstelle in dem Steinhaus eingerichtet und melden, dass die Verbindung zum Regiment hergestellt sei. Das erste Gespräch läuft.
    Der Regimentskommandeur verlangt den Kommandeur unseres Bataillons, der wie gerufen von der Einweisung der Grabenbesatzung zurückkommt. Es geht wieder um die ausgeblieben Funkmeldungen in der Nacht. Sehr scharf formuliert sind die Vorwürfe --- zu scharf. Schließlich packt den sonst stets beherrschten Hauptmann die Wut, er ergreift den Feldfernsprecher mit beiden Händen und knallt ihn auf den Boden, so wirkt sich Tagelange und körperliche und seelische Überlastung auch aus.
    Der Bataillonsgefechtstand wird nicht in das Steinhaus, sondern ein Stück dahinter ins freie Gelände verlegt. Außerdem wird den Angehörigen des Bataillonstabes untersagt, sich auf der dem Feind zugewanden Seite des Hauses sehen zu lassen. Durch all das soll auf der Gegenseite der Anschein erweckt werden, dass die Anhöhe militärisch uninteressant sei. Tatsächlich bleibt sie viele Tage von der russischen Artillerie verschont. Indessen gehen ihre Feuerüberfälle auf unsere vorderste Linie im Talgrund unentwegt nieder und verursachen schwere Ausfälle, immer wieder Tote und Verwundete.
    Nicht weit vom Steinhaus befindet sich – etwas versteckt – eine Baracke, in der der sensible, aus Berlin stammende Assistenzarzt Dr. Damerow mit seiner Sanitäts- - Staffel untergebracht ist. Hier finde ich eines Tages den schwer verwundeten Leutnant Fleischer, eine der letzten Offiziere des Bataillons mit einem Bauchschuss wieder. Seit Tagen hat er an Stelle des Chefs die Kompanie eine ehemaligen Radfahrschwadron vorbildlich geführt; jetzt ist auch dieser nach meiner Erinnerung etwa 21 Jahre doch weit älter wirkende, große und breitschulterige Student aus Regensburg oder Augsburg außer Gefecht gesetzt .
    Auf der Bahre liegend fragt er den Arzt geradeheraus, ob er sterben müsse. Zu den vielen Hoffnung gebenden Worten des Arztes schweigt Fleischer. Nach einer Weile – inzwischen hat der Doktor mir anvertraut, das Fleischer nicht mehr zu retten ist sagt er mir: Bestellen sie meinen Eltern einen schönen Gruß und sagen Sie das ich ihnen für alles danke. Ein Abschied wie ihn viele, viele junge Soldaten in diesen tagen nimmt.
    Der letzte Offizier in unseren Grabenabschnitt ist Leutnant Degenhardt, Student der Philologie aus Essen, der bei dem Bemühen, die Russen aus einer bis an den Steilhang der Flußauen vorgeschobenen Stellung zu werfen, verwundet wird. Ein Granatsplitter reißt im den Handrücken auf.
    Noch einmal wird durch ein nadelstichartiges Vorgehen versucht, den kräftemäßig überlegen Feind nicht zu nahe heran kommen zu lassen. Ein Sturmgeschütz soll uns unterstützen. Es geht im unteren Teil des zum Flüsschen hin abfallenden, deckungslosen Geländes in Stellung mit Schussfeld auf den Steilhang der anderen Talseite und auf ein etwas höher gelegenes Dörfchen im Hintergrund. Geplant ist das das Sturmgeschütz mit der Infanterie vorgeht, deshalb laufe ich hinüber.
    Der Kommandant schaut nur einen Moment aus der Luke und ist gleich wieder verschwunden. Leicht hebt sich das Geschützrohr, verhält schon kracht ein Schuss. Am gegenüberliegenden Dorfrand fliegen im Zwischenraum zweier Häuser ein Rad, ein Körper durch die Luft, steht eine Staubwolke. Der Kopf des Sturmartilleristen erscheint wieder: Der russischen Pak gerade noch zuvor gekommen. Ich erfahre sodann das die Besatzung von ihrem Abteilungskommandeur den befehl hat, nicht weiter als bisher vorzugehen. Wieder einmal sind die Infanteristen letztlich auf sich alleine gestellt.
    Inzwischen ist unser Kommandeur Otsermann mit zwei Meldern bis an die Böschung des Talgrundes vorgelaufen und liegt etwa 100 Meter rechts von der Holzbrücke in Deckung. Hier erreiche ich ihn wieder. Um diese Zeit zieht links von der Holzbrücke ein Unteroffizier mir einigen Mannen nach und rennt über die Holzbrücke. Fast in demselben Augenblick bricht das grauenhafte Geheul einer Stalinorgel los.
    Etwa 15 Granaten schlagen in unserer unmittelbaren Nähe ein. Erdfontänen bedecken uns mir einer Dreckschicht von mehreren Zentimetern. Nachdem diese Inferno vorüber ist, hebe ich einzeln nacheinander Arme und Beine und überzeuge mich dass ich noch komplett bin.
    Hauptmann Ostemann ruft meinen Namen. Um das Leben seines Nebenmannes hat bei diesem Feuerschlag keiner mehr etwas gegeben. Dennoch ist keiner verwundet, auch der Unteroffizier hat die andere Seite unversehrt erreicht. Als er dann jedoch die Deckung verläst, trifft ihn eine Kugel tödlich in den Bauch.
    Das war der letzte bescheidene Versuch eines Vorstoßes. Wir sind ein geschlagener Haufen und müssen froh sein, wenn wir die Stellung halten.

    Dr. Rossa
    Kameradenhilfswerk der
    260. Infanterie- Division

    Mit freundlichen Grüße
    Karlheinz

  • Der letzte Einsatz



    Das Ende des Divisionsbataillons 260



    Im August 1943 hat auch für die 260 ID. der Rückzug aus der „Büffelstellung“ begonnen. Das Divisions - Bataillon 260 hat nordwestlich Spass Demensk eine hart Umkämpfte Stellung bezogen. Ein letzter Versuch durch einen Vorstoß den Gegner auf Distanz zu halten missglückt.
    Im Graben stehen jetzt achtzehn bis zum letzten beanspruchte erschöpfte Soldaten, es gibt dort keinen Offizier und Unteroffizier mehr. Eine zusammenhängende Front besteht bei uns auch nicht mehr. Die Achtzehn liegen in drei Gruppen aufgeteilt, an einer sichtgünstigen Stelle im Tal nicht weit voneinander entfernt und bilden gleichsam einen Stützpunkt, von dem aus der Bataillonsabschnitt unter Feuerschutz gehalten werden kann. Doch in der Nacht und bei Morgen und bei Abendnebel besteht nicht einmal mehr die Möglichkeit der Überwachung: dann steht die Front auf weiter Strecke offen.

    Im Infanteriefeuer

    Am nächsten Morgen mache ich mich auf zu unseren rechten Nachbarn, um mich über die dortige Lage zu unterrichten. Von unserem Bataillonsgefechtstand führt ein vorbereiteter Auffanggraben über die Deckungslose Höhe dorthin. Da er nur hüftief und Streckenweise eingebrochen ist, gehe ich auf dem Grabenrand. Obwohl die Entfernung zum russischen Graben fast zwei Kilometer beträgt, wird von Zeit zu Zeit mit Infanteriewaffen auf mich geschossen. Sicher wäre es ein Zufall, aus dieser Entfernung getroffen zu werden, doch Zeitweise liegen die Schüsse so dicht, das ich es vorziehe volle Deckung zu nehmen.
    Nach einen mehr als halbstündigem Marsch gelange ich in einen Wald, indem ich sehr bald auf ein Zelt, den Gefechtstand der benachbarten Kompanie stoße. Hier gibt es noch einen Oberleutnant als Chef. Er wundert sich das aus der Richtung aus der ich komme, überhaupt noch ein deutscher Soldat auftauchen kann. Seit Tagen herrscht in der Nachbareinheit die große Sorge, dass der Feind in ihre Flanke einfallen und gar die Front von hinten aufrollen könnte.
    Ich erkläre die Lage bei uns, skizziere auf einem Fetzen Papier unseren Frontverlauf, zeichne unseren Stützpunkt in Gestalt dreier nahe beieinander liegender Kreise ein und setze das Datum dazu. Mein Gesprächspartner wünscht jedoch auch noch meine Unterschrift mit Angaben von Dienstgrad und Dienststellung: er bekommt es von mir. Das geschieht gegen 10°°Uhr.
    Am Nachmittag etwa um 16°°Uhr, wird eine unmittelbare Fernsprechverbindung vom Korps zu unserem Bataillon durchgeschaltet. Einzig Frage ist, ob ein Leutnant meines Namens heute eine solche Skizze angefertigt habe. Da ich selbst am Fernsprecher bin, kann ich die Urheberschaft gleich bekennen. Die Urkunde ist also echt. So gründliche wird auch in diesen Tagen beim Korps gearbeitet und --- so schnell reagiert: Noch in der Nacht werden zwei Kompanien des Pionier – Bataillons 260 in unseren Grabenabschnitt Infanteristisch eingesetzt.
    Etwa einen Tag später geschieht ein weiteres: Unser Frontabschnitt wird dadurch verkürzt, das die HKL aus dem Talgrund auf den halben Hang zurückgenommen wird, so das ein großer Teil des Talbogens ausgespart wird.
    In der Dunkelheit um 23°°Uhr, soll die Rücknahme vollzogen sein. Unser Kommandeur begibt sich bei Zeiten nach vorn, um die Einweisung selbst vorzunehmen. Genau um 23°°Uhr ruft der Divisionskommandeur beim Bataillon an, ob die neue Linie besetzt sei. Da Hauptmann Ostermann aus der Stellung noch nicht zurück ist, vermag ich nichts Bestimmtes zu sagen und erhalte deshalb den Befehl, die diesbezügliche Feststellung selbst zu treffen und unverzüglich zurück zu melden.
    Jetzt tue ich etwas was man jedenfalls in Russland niemals hätte tun dürfen. Um zu der etwa 700 Meter entfernten neuen Stellung schnell hinlaufen zu können, lasse ich die Maschinenpistole und sogar die schwer am Koppel ziehende Null – Acht zurück und ziehe statt dessen eine kleine Pistole auf, deren Lauf wenn ich das Ding in der Hand halte, kürzer ist als mein ausgestreckter Zeigefinger, eine symbolische Bewaffnung.
    Die Überraschung für mich ist, dass die neue Linie auf dem halben Hang nicht besetzt ist. Nach links und rechts ist nichts zu sehen. Ich horche in die Nacht hinein --- kein Geräusch, das auf den Anmarsch von Soldaten schließen läst.
    Ich Laufe nun die Anhöhe hinunter, doch --- glücklicherweise --- nicht sogleich in die Stellung am Flüsschen, sondern weiter fast bis zur Holzbrücke, wo ich vom Steilhang aus einen Blick in den Talgrund habe, auf unsere bisherige Stellung.





    Kameradenhilfswerk der Sollten Sie nähere Angaben über Kartenmaterial, Einsatzbefehle, und Stellung, sowie über Gefallene und Vermisste haben wollen, dann empfehle ich Ihnen, bei der Hörnle Division. www.260ID.de nachzuschlagen.
    260. Infanterie- Division Die Seite ist hervorragend erstellt.

    Mit freundlichen Grüßen

    Karlheinz

  • 2.Teil


    Zwei geheimnisvolle Erscheinungen

    Etwa 30 Meter Luftlinie entfernt stehen zwei Gestalten in langen Mänteln --- an unsere Soldaten sind keine Mäntel ausgegeben --- ihre der Form nach russischen Stahlhelme glänzen matt in der Mondhellen Nacht; beide stehen wie die Bildsäulen, mir zugewandt, unbeweglich wie ich selbst; ihre Maschinenpistolen über der Schulter. Dieses Bild bleibt geraume Zeit unverändert.
    Solange die Maschinenpistolen umgehängt sind, besteht für mich keine Gefahr. Doch dann drückt einer von ihnen den Schulterriemen seiner Waffe ganz langsam, kaum merklich nach außen. Ich springe zurück, in Sekundenschnelle folgt ein Feuerstoß, der über mich hinweg geht.
    Ich versuche Abstand zu gewinnen. Ohne Mantel, Stahlhelm und Waffe laufe ich schnell einen gehörigen Vorsprung heraus. Die Russen setzen mir nach, umlaufen die Böschung doch liegen ihre Schüsse zunächst zu hoch, dann fliegen sie Haarscharf an mir vorbei, so das ich volle Deckung nehmen muss. In der folgenden Feuerpause geht es mit Tiefstart weiter. Wieder schießen sie hinter mir her, wieder nehme ich volle Deckung; bei der nächsten Feuerpause neuer Start. Dann wird die Entfernung so groß das sie mit ihrer Maschinenpistole nichts mehr ausrichten können.

    Der Russe bleibt dicht hinter uns

    Als ich die halbe Anhöhe erreiche fangen die Pionier gerade an, ihre Schützenlöcher zu buddeln --- und schon sitzt der Russe in ihrer eben verlassenen Stellung. So dicht bleibt er am Feind.
    Vom Morgengrauen bis zur Abenddämmerung ist jeder Pionier an sein Schützenloch gefesselt, in dieser Zeit gibt es keinen zu und Abgang. Wer beim Tag seine Stellung verläst, muss damit rechnen auf der Stelle tödlich getroffen zu werden. Mit dem Einbruch der Dunkelheit wird die Verpflegung für 24 Stunden gefasst.
    Tagsüber scheint die Sonne unerbittlich auf den Schattenlosen Hang. Der Feindliche Artillerie Beschuss ist längst auf die neue Stellung verlegt, und unsere Anhöhe mit einbezogen. Ein Splitter gleich der ersten Granate erwischt mich am Oberschenkel, so das ich mich nur noch am Stock fortbewegen kann und an den Gefechtstand gebunden bin.

    Panzer über den Schützenlöchern

    Dann bereitet der Russe den Durchbruch mit Panzern vor. Zeitweise kreuzt er mit zwei Panzern zugleich über die Schützenlöcher, doch die Pioniere halten.
    Dann Versucht der Gegner den Durchbruch auf anderen Weg zu erzwingen. Mit drei tief gestaffelt fahrenden Panzern stößt er auf den Hang jenseits des Tälchens links an unserem Gefechtstand vorbei. Von Infanterie sind sie nicht begleitet. Auch unsere zunächst aufkommende Besorgnis, umgangen und von hinten angegriffen zu werden, erweist sich als unbegründet, denn unsere am Hinterhang der Anhöhe, in einer Mulde in Lauerstellung liegenden Sturmgeschütze erledigten ein Panzer nach dem anderen.

    Wir haben Erfolg

    Die aussteigenden Russen werden von uns vom Bataillonsgefechtstand aus mit Gewehren beschossen Visier 1700. Im Schützenloch neben mir liegt der Kommandeur der Pioniere, Major Braun, beruflich Forstmeister in Hessen. Uns geht es vor allem darum das die Russen den Talgrund nicht erreichen, der hier nur wenige hundert Meter vom Bataillonsgefechtstand entfernt ist und von uns nicht eingesehen werden kann.
    Wir haben Erfolg die russischen Soldaten robben den Hang hinauf und verschwinden in einem schützenden Kornfeld.
    Der Stecksplitter in meinem Schenkel macht mir mehr und mehr zu schaffen. An meiner Stelle tritt ein neu zur Truppe gekommener Leutnant Hürtle. Eine Weile muss ich jedoch noch bleiben, bis nämlich die Benachrichtigung von 180 Gefallenen in die Wege geleitet ist. Zur Verfügung steht mir eine Namensliste der Gefallenen, die vom Oberfeldwebel Buck geführt worden ist, der jedoch selbst vor wenigen Tagen bei einem Fliegerangriff ums Leben kam. Niemand kann nähere Angaben über die Umstände des Todes der Einzelnen geben, so die nicht einmal persönlich gehaltenen Benachrichtigungen verfasst werden können.
    Das ist das Ende unseres Divisionsbataillons 260, das nicht wieder aufgestellt worden ist.
    Mein Nachfolger Leutnant Hürtle fällt, wie mir später berichtet wird, wenige Tage später durch Kopfschuss. Hauptmann Ostermann wird im Oktober 1943, als ich zur Division zurückkehre, durch Oberarmschussbruch verwundet.
    Reste des Bataillons, wie Waffenmeister, Fahrer, Fernsprecher und Funker bilden später den Stamm des Infanterie – Regiment 480, das Anfang 1944 unter dem damaligen Oberstleutnant Strohm erneut aufgestellt wird.

    Dr. Ewald Rossa

    Sollten Sie nähere Angaben über Kartenmaterial, Einsatzbefehle, und Stellung, sowie über Gefallene und Vermisste haben wollen, dann empfehle ich Ihnen, bei der Hörnle Division. www.260ID.de nachzuschlagen.
    Die Seite ist hervorragend erstellt.


    Kameradenhilfswerk der
    260. Infanterie- Division

    Mit freundlichen Grüße
    Karlheinz

  • 1. Teil
    Von der Büffel-Stellung bis zur Desna


    Die Abwehrkämpfe im August und September 1943



    Der am 7. August 1943 gegen die Korpsfront eingesetzte russische Großangriff hatte mit dem erst einige Tage später beginnenden Angriff gegen das LVI. Korps das operative Ziel, den Durchbruch auf Roslawl zu erzwingen. Als Hauptstoßrichtung der vor dem Korps angesetzten Kräfte zeichnet sich bald Chotilowka, Spaß – Demensk, Gnesdilowo und Pawlinowo (Bahn Spaß – Demensk Jelnja ab)
    Zur Durchführung seiner Absichten hatte der Gegner außer den unter den Befehl der 33. Armee stehenden Stellungsdivisionen und neben zahlreichen Panzern und Heeresartillerie Verbänden insgesamt drei Armeen und zwar die 10. Gardearmee, die 68. Armee, die 21. Stoßarmee, das VI. Garde Kavalleriekorps und das XIV. mechanische Korps vor der Korpsfront bereitgestellt.
    Den sich im Laufe des Monats Juli vollziehenden Aufmarsch dieser Feindkräfte hatte der Gegner durch völlige Funkstille, durch die zum größten teil nur bei Nacht, durchgeführten Marschbewegungen die durch Waldreiches Gebiet führten, in geschickter Weise verschleiert. Luftaufklärung, Feindverhalten und Gefangenen-Aussagen ließen trotzdem seit Mitte Juli im zunehmenden Maße diesen Aufmarsch erkennen. Gefangenen und Überläufer – Aussagen insbesondere ergaben das
    1. die Rote Armee im Rahmen ihrer Sommeroffensive auch vor der Korpsfront zum Angriff übergehen würde.
    2. Zahlreiche neue Truppen, darunter auch Panzerverbände im frontnahen Raum bereitgestellt waren.
    3. sämtliche Stellungsdivisionen durch Zuführung von Ersatz auf ihre Soll Stärke gebracht worden waren.
    4. Vorbereitung für den Angriff durch Schaffung von Minengassen und Bau von Panzerbrücken durchgeführt wurden.
    Als voraussichtlicher Zeitpunkt des Angriffsbeginnes zeichnete sich die Zeit ab 1. August ab. Schwerpunkt des zu erwartenden Angriffs lag dabei, wie schon alleine die Artillerie – Massierung ergab, klar erkennbar von Kurkino bis Tschaschtschi.
    Am Nachmittag des 6. August begann der Feind nach starker Feuervorbereitung im Abschnitt unseren 260. und 268 ID. mit Vorstößen bis zur Bataillons - Stärke mit dem Ziel, Erkundungsergebnisse zu bringen (Abschnitt Kuprino) und Teile der deutschen HKL einzunehmen und zu halten (Lukino). Dieses Unternehmen ließen den Beginn des Großangriffs als unmittelbar bevorstehend erkennen.
    Die Absicht de am 7.August zum Großangriffs antretenden Gegners war in drei Stoßrichtungen zu erreichen.
    Mit der 33. Armee nach Spaß – Demensk, eingesetzt 42. 164. 160. und 222. Schützendivision vor unserer 260. Infanterie Division.
    Mit 10. Garde – Armee nach Pawlinowo vor unserer 268 Infanterie Division.
    Mit der 68. Armee unter eindrehen nach Südwesten und Westen Jelnja.
    In den Morgenstunden des 7. August trat der Gegner nach starkem, über Zweistündigen Vorbereitungsfeuer der Artillerie und aller schweren Waffen, unterstützt durch zahlreiche Panzer und Fliegerverbände, zum Angriff an.
    Auf unseren Divisions Abschnitt griffen bei Kurkino, P. 222,1 (nordwestlich Kurkino) und nördlich und nordwestlich Lukino die bisher in Stellung befindliche 42. Schützendivision und das Schützen – Regiment 531. der neu herangeführten 164. Schützendivision an. Die heftigen bei Lukino von Teilen der 256. Panzer – Brigade unterstützten Angriffe, wurden in Stärke bis zu zwei Bataillonen geführt. Das Ziel des Angriffs der 164. Schützen – Division war, im Rahmen der Absicht der 33. Armee mit zugeteilter 256. Panzer – Brigade am 8. August abends Spaß Demensk zu erreichen.
    Während sämtliche Angriffe vor dem eigentlichen Divisions – Abschnitt abgewiesen wurden, gelang es zwei Regimentern (620 und 742)der 164. Schützen – Division beim linken Nachbarn die Höhe 235,9 zunehmen und von Nordwesten in die linke Flanke unserer 260. Division auf Chotilowka vorzustoßen. Nach hartem Kampf kam hier der Angriff unter Abschuss von vier Feindpanzern zum stehen.

    Erneute Großangriffe

    Am 8. August trat der Gegner schon in den frühen Morgenstunden erneut zum Angriff mit Schwerpunkt Chotilowka an. Es gelang der 164. Schützen – Division mit Unterstützung der 256. Panzer Brigade, dem 58. Grenadier – Panzer - Regiment und einem Sturmgeschütz – Regiment Chotilowka zu nehmen und nach Süden und Südosten weiter vorzustoßen. Den Versuch den vorspringenden Frontbogen einzudrücken, scheiterte an der entschlossenen Abwehr des sich auch nach Rückwärts verteidigenden Gren. - Regiments 460. unter der Führung von Oberst Bracher und den erfolgreichen Gegenangriff des Division – Bataillons unter Führung von Hauptmann Ostermann.
    Gleichzeitig konnte bei der linken Nachbar Division die an diesem Tag erstmalig in den Kampf tretende russische 222. Schützen – Division bei Alexandrowo einen Einbruch erzielen und bis Sjusiki vordringen. Nach Westen anschließend griff die 160. Schützen –Division, mit dem Ziel nach Einnahme von Sslusna auf Judino vorzustoßen an. Sämtliche Angriffe gegen den ab 11°° Uhr durch Korpsbefehl bis Sslusna verbreiterten Divisions – Abschnitt wurden aufgefangen und in der Linie Lukino – Gubino – Laski – Judino – Wassermühle Sslusna zum Stehen gebracht.
    Im Laufe des Nachmittags wiederholte heftige Angriffe mit Panzerunterstützung richteten sich vor allem auf den Panzerspitz Graben südlich Laski und auf Judino, wo zusammengeraffte Teile von drei russischen Divisionen (164, 222, 160, Schützen – Division) mehrmals unter stärksten Verlusten gegen die deutschen Stellungen vorgetrieben wurden.
    In der Nacht vom 8. auf 9. August wurde auf Befehl des Korps der noch bis Lasinki und Lukino vorspringende Frontbogen zurückgenommen. Im laufe des Tages griff der Gegner mit den bisher vor unserer Division stehenden Feindverbänden mit starker Schlachtfliegerunterstützung erneut an. Schwerpunkte brachten die feindlichen Angriffe von zwei Regimentern der 164. Schützen – Division bei Gubino, Teile der 222. Schützen –Division und ein Regiment der 164. Schützen Division mit erheblicher Unterstützung von Panzern und 15,2 cm Sturmgeschützeinheiten südwestlich Laski, die Angriffe der 160. Schützen Division auf Judino und Sslusna, bei deren Abwehr besonders das Bataillon Helmling auszeichnete. Erzielter Einbruch konnte bereinigt oder abgeriegelt werden.
    Im Laufe des 10. August setzte der Feind mit den bisherigen Kräften seine pausenlosen Angriffe fort. Schwerpunkt blieben Laski und Gubino, wo die 164, 222, und 160. Schützen – Division in wiederholten, mit Panzern vorgetragenen starken Angriffen um jeden Preis unter Einsatz sämtlicher Reserven einen Einbruch zu erzielen versuchten. Nach besonders bei Laski wechselvollen Kämpfen, bei denen zwanzig Panzer angeschossen wurden, war die HKL am Abend wieder fest in eigener Hand.
    Bei Strebki und Gubino trat nunmehr auch die russische 42. Schützen Division auf, deren Vormarsch bereits seit den Vortagen verfolgt werden konnte. Die Angriffe dieser Division richteten sich vor allem im direkten Verfolgen ihres Auftrags längs der Straße Lasinki Spaß Demensk.
    Vor unserem Divisions Abschnitt waren an diesem Tag vier Schützen Divisionen, eine Panzer Brigade, ein Panzer Regiment, und ein Sturmgeschütz Regiment, vor unserem Korps Abschnitt fünfzehn Schützen Divisionen, sechs Panzer Brigaden und vier Panzer Regimenter im Angriff festgestellt worden.
    Während des 11. August wiederholte der Gegner mit den letzten Kräften der bisher eingesetzten Einheiten seine Angriffe vor der gesamten Front mit Schwerpunkt Gubino und Höhe 223,1 die an diesem Tag mehrmals die Besitzer wechselten, am Abend sich aber in eigener hand befanden.
    Nach Beendigung der Kämpfe dieses Tages, bei denen sich beim Gegner erhebliche Ermüdungserscheinungen und merkliches Nachlassen des Angriffschwung der Panzer und vor allem der Infanterie fühlbar gemacht hatten, wurde die völlig ausgebluteten russischen 160. und 164. Schützen Division zur Auffrischung herausgezogen.
    In der Nacht vom 11. auf 12. August 1943 zwang ein Einbruch des Gegners beim linken Nachbarn zur Zurücknahme der HKL in die Demina - Stellung. Im laufe des 12. August drückte der Feind mit einem Regiment seiner 222. Schützen Division über Worony in den Demina Sack und mit deren zweiten Regiment auf Priluki. Die mit geringer Panzerunterstützung vorgetragenen Angriffe wurden abgewehrt.
    In der Nacht vom 12. auf 13. August setzte sich die Division befehlsgemäß in die Barbarossa Stellung ab. Nach raschem folgen der Absetzbewegung griff der Feind schon in den Morgenstunden mit einem Regiment der neu herangeführten 277. Schützen Division gegen rechten Divisions Flügel und mit 222. Schützen Division in Bataillonsstärke mit geringer Panzerunterstützung gegen Mitte und linken Flügel erfolglos an.
    Die während des Tages beobachteten lebhaften Bewegungen im feindlichen Hintergelände in dem Raum nördlich Spaß Demensk und über Uspech nach Schewzy ließen die Absicht einer neuen Schwerpunkt Bildung erkennen. Tatsächlich führte der Gegner bei Spaß Demensk die 42. Schützen Division und Teile der 227, Schützen Division mit starken Panzern und Heeres Artillerie Verbänden heran, während nach Schewzy und Potapowo (gegen unsere 268. Infanterie Division) das VI. Garde - Kavallerie Korps mit 8. und 13. Garde Kavallerie Division und je einem unterstellten Panzer Regiment vorrückte.
    Die Absicht des Gegners bestand darin mit einem Zangenartigen angesetzten Angriff die deutsche HKL zwischen Spaß Demensk und Potapowo einzudrücken. Der geplante Angriff westlich Spaß Demensk kam infolge des eigenen starken Artilleriefeuers und der mehrfachen Stuka Angriffe in den Bereitstellungsraum nicht zum Tragen. Dagegen brachte in der Folgzeit die Durchbruchsversuche des VI. Garde – Kavallerie Korps überaus harte Abwehrkämpfe.
    In der Nacht vom 13. auf 14. August setzte sich die Division wie befohlen in die Barbarossa – Sehne ab. Sehr schnell drängte der Feind nach und versuchte auch während des Tages nach jeweils starkem Artillerie, Granatwerfer, und Salvengeschützfeuer mit Schwerpunkt Kissly, Piatnizkoje die HKL zu durchbrechen. Besonders schwer waren die Kämpfe Piatnizkoje, wo die 8. Garde – Kavallerie - Division des VI. Garde – Kavallerie – Korps mehr als zehn mal in immer neuen Wellen unter Einsatz der 201. Panzer Brigade und des 250. Panzer Regiment den Ort um jeden Preis zu nehmen versuchte.
    Die erfolgreiche Abwehr sämtlich Angriffe des Feindes machte den in die Tiefe beabsichtigten Stoß des VI. Garde Kavallerie Korps und der dazu bereitstehenden Panzerverbände damit zu Nichte. Die Kämpfe dieses Tages waren die schwersten seit Beginn der Offensive. Sie brachten nach Heranführung schwere feindlicher Heeres Artillerie – Verbände und unter Einsatz von Granatwerfern und Salven Geschütz Verbände eine harte Probe für den seit acht Tagen eingesetzten Grenadier.
    Am 15. August wiederholte der Feind seine Angriffe in Bataillonsstärke vor unserer gesamten Divisionsfront mit seinen am Vortag eingesetzten Divisionen. Ein bei Piatnizkoje durch die 8. Kavallerie Division mit Unterstützung der 201. Panzer Brigade und des 54. Panzer Regiments erzielter Einbruch wurde noch am Abend des 15. August bereinigt.



    Kameradenhilfswerk der
    260. Infanterie- Division

    Mit freundlichen Grüße
    Karlheinz

  • 2. Teil


    Scharfes Feindliches Nachdrängen

    Der befohlenen erneuten Absetzbewegung der Division am 16. August in die Linie Ssnopot - Obirg folgte der Gegner auch diesmal unmittelbar. Schon in den frühen Morgenstunden griff die 13. Garde Kavallerie Division aus Nestery kommend mit dem 250. Panzer Regiment Obirg an. Auftrag des VI. Garde Kavallerie Korps: 13. Garde Kavallerie Division Durchstoß bis zur Rollbahn Juchnow Roslawl Ilowez Rjasanka längs der Swiza, 8. Kavallerie Division über Potschinok nach Koschelewo.
    Ein bei Obirg erzielter Einbruch, bei dem Sturmgeschütze und Pak innerhalb kürzester Zeit alleine 27 Panzer vernichteten konnte bereinigt werden. Weitere Angriff bis Bataillonsstärke bei Zerkowschtschina durch die seit 11. August herausgezogene und aufgefrischte, nunmehr neu eingesetzte russische 160. Schützen Division und des 136. Panzer Regiments mit aufgesessenen MPi Schützen wurden ebenfalls abgeschlagen.
    Nach starker Artillerie – Vorbereitung griff der Gegner in den Morgenstunden des 17. August Ssnopot mit 8. Kavallerie Divisionen und 160. Schützen Division mit Unterstützung der 2. Panzer Brigade „Rote Fahne“ und den Rest der Panzer Regimenter 250 und 136 an. In harten Nahkämpfen konnte der Feind einen örtlichen Einbruch erzielen.
    Im Raum Ssoboli - Obirg griff die aus dem Raum Beresowo neu zugeführte 144. Schützen- Division ebenfalls mit Panzerunterstützung nach starkem Feuerschlag von Artillerie aller Kaliber, Salvengeschützen und Granatwerfereinheiten an. Trotz schwersten Verlusten glückte dem Feind kein Einbruch.
    Im Laufe dieser Angriffe machte sich mehr und mehr eine Verstärkung der feindlichen Artillerie bemerkbar. Es standen am Abend des 17. August vor der Division mindestens zwei Divisions Artillerie Regimenter, zwei Artillerie Regimenter des VI. Garde – Kavallerie - Korps und ein bis zwei Heeres Artillerie Regimenter.
    Am 18. August verhielt sich der Feind bis Nachmittag ruhig. Er benutzte diese Zeit zur Neuordnung und Bereitstellung seiner Kräfte und Heranführung neuer Verbände. Das VI. Garde – Kavallerie – Korps wurde, nachdem es durch die Angriffe der letzten Tage und das starke deutsche Artilleriefeuer in die Wälder schwere Verluste an Menschen, Pferde, und Material erlitten hatte, mit Masse herausgezogen und nach Nordwesten abgeschoben.
    In den Nachmittagsstunden versuchte der Feind abermals an den drei Brennpunkten Ssnopot, Ssoboli und Obirg die HKL zu durchbrechen. Trotz erheblicher Artillerie und Panzerunterstützung gelang es den noch verbliebenen Teilen seiner 8. Garde – Kavallerie Division, der 160. Schützen - Division und der 144. Schützen – Division nicht einen Geländegewinn zu erzielen.
    Noch während des 18. August und in der Nacht zum 19. führte der Gegner unter Herauslösung verbrauchter Verbände (8. Garde Kavallerie – Divisionen und 144. Schützen – Division) gegen die 260. und 268. Infanterie – Division neue, bisher noch nicht im Kampf gestandene Kräfte heran. Neu standen vor Beginn seiner weiteren Angriffe vor dem linken Flügel der Division die 70. und 51. Schützen – Division. Außerdem vermehrte der Feind weiterhin erheblich seine Artillerie, die damit die Stärke von zwei Heeres – Artillerie –Regimenter und zwei bis drei Divisions – Artillerie – Regimenter erreichte. Es wurde nunmehr die Absicht klar, unter Aufbietung aller Mittel einen Durchbruch zu erzwingen.
    Nach besonders starkem Artillerie Feuer trat der Gegner in den Morgenstunden des 19. August wieder zum Angriff an. Der Schwerpunkt bei unserer 260. Infanterie – Division lag erwartungsgemäß an ihrem linken Flügel. Während es hier nicht gelang, die HKL zu durchstoßen, wurde bei unserer 268. Infanterie – Division ein tiefer Einbruch erzielt, der erst gegen Abend abgeriegelt werden konnte.
    In den ersten Morgenstunden des 20. August griff der Feind mit 70. und 51. Schützen – Division erneut gegen den linken Flügel der Division an, in der Absicht den beim linken Nachbarn erzielten Erfolg auch auf den Abschnitt der 260. ID. auszudehnen. Alle Angriffe des Feindes der mit der wieder herangeführten, oberflächlich aufgefrischten 164. Schützen – Division bei Ssnopot und der nunmehr schon stark geschwächten 70. Schützen – Division unter Einsatz seiner letzten Reserve bei Obirg vorstieß, blieben in unserem zusammen gefassten Abwehrfeuer liegen.
    Erst am Spätnachmittag gelang es Teilen der 51. Schützen – Division nach den ganzen Tag über dauernden starken Artilleriefeuer (etwa 2000 Schuss Artillerie aller Kaliber und 350 Schuss Salvengeschütz) in die Waldstücke ostwärts Potschinok einzudringen und diese zu behaupten.
    Mit den Angriffen der Vortage war die Kraft der noch vor unserer Division stehenden Feindverbände erschöpft. Am 21. August erfolgten nur noch schwächere, schwunglos vorgetragene Vorstöße bis Bataillonsstärke, ohne wesendliche Artillerie - Unterstützung die keinerlei Erfolg zeitigten. Auch das Einschieben der in den Raum der 51. Schützen – Division neu herangeführten 63. Schützen – Division konnte einen für den Feind günstigen Verlauf des Tages nicht herbeiführen.
    Vom 22. bis 27. August verhielt sich der Feind vor der Front Infanteristisch und artilleristisch ruhig und ging an vielen Stellen dazu über sich einzugraben.
    Im feindlichen Hintergelände zeichneten sich jedoch bald stärkere Bewegungen ab. Infanterie – Kolonnen, Fahrzeuge aller Art, Geschütze und Panzer, die von Norden und Osten in den Raum Potschinok flossen, ließen erkennen das der Gegner die Absicht, einen Durchbruch zu erzwingen, noch nicht aufgegeben habe. Aus der Richtung der Bewegung konnte auf den Schwerpunkt der Angriffe wiederum am linken Flügel der Division und nordwestlich davon geschlossen werden. Ein Aufleben der feindlichen Artillerie und Granatwerfer Tätigkeiten, neu festgestellte Feuerstellungen mittlerer und schwerer Artillerie, die nach s. Qu. zur durch s. Qu. gemeldeten 3. Garde – Artillerie -Division gehörten, ließen am 27. August den Zeitpunkt des Angriffs als unmittelbar bevorstehend erkennen.
    Am 28. August 1943 trat der Gegner nach trommelfeuerartigen heftigen eineinhalbstündiger Artillerie und Schlachtflieger Vorbereitung mit Schwerpunkt Potschinok erneut zum Angriff an. Er konnte links einen Einbruch erzielen und die wichtige Höhe 243,2, Potschinok und Alferowo nehmen und damit die linke Flanke der Division bedrohen. Während der rechte Flügel der Division sämtliche Angriffe abwehrte, gelang es durch den persönlichen Einsatz des Kommandeurs Grenadier – Regiment 480 Oberst Friker, den Vorstoß des Gegners auf Oblowka zum stehen zu bringen.
    Den Angriff am 28. August hatte der Gegner durchweg mit Divisionen geführt, die schon seit dem 7. August an den Kämpfen beteiligt waren. Die entstandenen Verluste waren durch kurzfristige Heranführung meist unterdurchschnittlichen Ersatzes unter hohen Anteil nationaler Minderheiten ergänzt und in die Einheit auf Sollstärke gebracht worden.
    Das operative Ziel des Angriffs am 28. August, dessen Schwerpunkt längs der Bahn in Richtung Jelnja lag, war diesmal Smolensk. Nach Gefangenenaussagen und erbeuteten Feindkarten sollte – vermutlich zur Sicherung der linken Flanke --- die Einbruchstelle bei Potschinok über Greschischtsche – Oblowka bis Starje Beresowka erweitert werden.
    Im Laufe des 29. 08. führet der Gegner gegen die linke Flanke der Division, die durch zwei unserer Division unterstellte – Regimentern und Grenadier - Regimenter 480 gesichert wurde, nur zögernd vor. Stärkere Angriffe führte er mit Artillerie Unterstützung gegen die bisherige Divisions Front erfolglos durch. Es trat an diesem Tag erstmalig die russische 290. Schützen – Division, die bisher in Reserve gehalten war, ostwärts Potschinok auf. Westlich anschließend wurde die 42. Schützen – Division festgestellt. Nach Luft und Erdbeobachtung benützte der Gegner den 29. August zum Nachführen neuer Verbände in die Einbruchstelle in Richtung Kolodesi ---Kurkino.



    Angriff von sechs Divisionen abgewehrt

    Nach Bereitstellung griff der Feind am Morgen des 30. August mit starken Kräften die gesamte Divisionsfront mit Schwerpunkt Höhe 220 ,7 --- Kurkino an. Es gelang ihm der drei weitere Divisionen (146. 70. 344. Schützen – Division) und Teile der 160. Schützen – Division treffen weise ins Gefecht führte, mehrmals Einbrüche in Richtung Greschischtsche auf Oblowka und südostwärts Kurkino zu erzielen. Sämtliche Einbrüche konnten nach härtesten Kämpfen bis zum Abend bereinigt werden. An diesem Tag griffen gegen die Divisions - Front mindestens sechs Schützen – Divisionen davon fünf in der Flanke an.
    An Panzern hatte der Gegner das Panzer – Regiment 56 und ein Sturmgeschütz – Regiment 15,2 cm eingesetzt. Der Einbruch im linken Nachbarabschnitt führte zur Befehlsmäßigen Zurückname der Division in die Barbarossa II Stellung. Ein Angriff der 344. Schützen – Division mit Panzer Unterstützung gegen den rechten Flügel der linken Nachbar – Division wurde hart umkämpft. Ihr Angriffsziel Morosowo, Staraje, und Novaje Beresowka wurde jedoch nicht erreicht.
    Im laufe der Morgenstunden des 1. September setzte der Feind mit seiner 344. und der neu herangeführten 352. Schützen – Division seine Angriffe auf Morosowo fort. Es gelang ihm mit Panzer Unterstützung ein Einbruch, der jedoch im Gegenstoß im laufe des Tages wieder bereinigt werden konnte. Kleinere schwunglose vorgetragenen Vorstöße der 146. Schützen – Division auf Rjasanka und Sewaki wurden vor erreichen der Linie zerschlagen.

    Stufenweises Absetzten zur Desna

    Der befohlenen Rückzugsbewegung vom 1. auf den 2. September drängte der Feind zunächst nur mit schwächeren Kräften nach. Stärkere Angriffe von 600 bis 800 Iwan im Laufe des Vormittags wurden durch die Gefechtsvorposten abgewiesen. Nach deren Absetzten folget der Feind im weiteren Verlauf des 2. September mit der abgekämpften 344. Schützen – Division nur zögernd. Weitere Angriffe und Umgehungsversuche zwangen unsere Gefechtsvorposten erst am 3. September aus Guta, vom 3. auf 4. aus Prismara am 4. September aus Andrejewskoje und ostwärts Kotlino auf die eigene HKL zurück zu gehen.
    Am 4. September zeigten sich Teile der 344. Schützen – Division erstmalig bei Andrejewskoje und ostwärts Ryliniki.
    Vom 5. bis 10. September führte die stark geschwächte 344. Schützen – Division nur schwache Erkundungsvorstöße gegen die eigene HKL. Bereitstellung in Kompanie Stärke vor allem gegen Andreweskoje wurden durch Artillerie gefasst und zerschlagen.
    In der Nacht vom 10. auf 11. September setzten sich die letzten Teile der Division in die Desna – Stellung ab. Der Gegner folgte mit der 146. und 344. Schützen – Division zunächst zögernd und stieß erst am 12. September längs der Waldrücken gegen eigene Gefechtsvorposten vor. Angriff in Kompanie - Stärke auf Popowka und Konjaty wurden zum Teil im Gegenstoß abgewiesen.
    Ein Angriff des I. Schützen – Regiments 512 der 146. Schützen – Division nordostwärts Chutora Nikolskij am 13. September führte fast zur vollständigen Vernichtung des Bataillons. Erkundungsvorstöße gegen den linken Divisions Abschnitt am 14. und 15. September hatten die Zurücknahme eines Teils der Gefechtsvorposten auf die neue HKL. zur Folge. Am 16. September setzten sich auch die restlichen vorgeschobenen Teile der Division ohne Feinddruck in die Desna – Stellung ab.

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    Mit freundlichen Grüße
    Karlheinz

  • 3. Teil


    Das stand uns gegenüber

    Von der Division traten insgesamt auf: dreizehn zum Teil neu aufgestellte oder aufgefrischte Schützen Divisionen und zwei zu einem Kavallerie – Korps zusammengefasste Kavallerie – Division; drei Schützen – Divisionen wurden nach Herausziehen aufgefüllt und erneut eingesetzt.
    An Panzerverbänden wurden Festgestellt: drei Panzer Brigaden, mindestens fünf selbstständige Panzer Regimenter, ein Panzer – Bataillon und ein 15,2 cm Sturmgeschütz – Regiment mit insgesamt mehr als 300 Panzern und 12 Sturmgeschützen.
    An Heeresartillerie – Verbänden wurden durch Gefangene oder s. QU. bestätigt: drei Garde Artillerie – Divisionen und drei bis vier Heeres – Artillerie – Regimenter.

    Die Kompaniestärke der Feindverbände betrug vor dem Einsatz fast durchwegs entsprechend den Soll 90 bis 100 Mann. Die Regimentsstärke wurde von Überläufern und Gefangenen mit 1500 Mann angegeben. Es errechnet sich daraus die Gefechtsstärke einer Schützen – Division von etwa 5000 Mann.
    Die Bewaffnung der Schützen – Divisionen lag mit 6 bis 91. MG. zwei bis drei 1. GR. W. und ein bis drei sMG. der aufgeteilten MKG. Je Kompanie unter den Soll. Bestätigt wurde die Ausrüstung des 1. Zuges jeder Kompanie mit MPi.
    Die Kavallerie – Divisionen wichen hiervon wesendlich ab, Sie verfügten über je zwei Kavallerie – Regimenter zu vier Schwadronen, je Schwadron 170 Mann. Es ergibt sich somit eine Gefechtsstärke je Regiment von 750 Mann, der Division von etwa 1600 Mann.
    Die Stärke der von der Division aufgetretenen Panzer – Einheiten betrug je selbständigen Bataillon 20 bis 25, je Regiment 30 bis 40, je Brigade 50 bis 60 Panzer verschiedener Typen.
    Die Bestückung der Artillerie mit vier Geschützen je Batterie war entsprechend dem Soll. Munitionierung war meist ausreichend und erlaubte einen erheblichen Munitionsaufwand, vor allem der Heeresartillerie – Verbände.
    Die Qualität der Truppen die der Russe in den Kampf führte, war mit Ausnahme der Garde und der Panzereinheiten mittelmäßig. Es waren viele nationale Minderheiten durchschnittlich 40% und ältere Jahrgänge vertreten.
    Die Verluste während der Kampfhandlung versuchte der Feind, vor allem während der Kampfpausen zum Teil durch Herausziehen der Divisionen, schnellsten wieder durch neu zugeführten Ersatz auszugleichen. Sein kampfwert war ebenfalls gering. Es waren vielfach kurzfristig ausgebildete junge oder ältere, bislang unabkömmlich abgestellte Männer, sowie aus den neu besetzten Gebieten (Rayon – Spaß – Demensk) ausgehobene Männer von 17 bis 55 Jahren vertreten.
    Der Angriffsschwung der Infanterie Verbände war demnach in den meisten Fällen gering und lies nach Eintreten stärkerer Verluste merklich nach. Das Vorgehen der feindlichen Infanterie wurde aus diesem Grund meist durch starkes Artilleriefeuer und durch Schlachtfliegereinsatz vorbereitet. Außerdem traten an sämtlichen Brennpunkten Panzer, oft nur zwei bis drei in Erscheinung.

    Feindverlust

    Der Verlust der länger im Gefecht gestandenen feindlichen Infanterie und Kavallerie – Verbände vom 7. August bis 22. August 174 abgeschossene Panzer, vom 28. August bis 1. September 59.
    An Gefangenen und Überläufern wurden in der Kampfzeit vom 7. August bis 16. September im Divisionsabschnitt 427 bzw. 95 gezählt.


    Nennung der 260. ID. im Wehrmachtsbericht

    Am 26. August wurde die Division im Wehrmachtbericht im folgenden Wortlaut genannt.

    „In den schweren Abwehrkämpfen südwestlich von Wjasma haben sich die württ. – bad. 260. ID. und die bayerische – ostmärk. 268. ID. besonders ausgezeichnet“.

    Außerdem wurde die Division dreimal in den Erläuterungen zum Weihnachtsbericht hervorgehoben, die am 31. August folgenden Wortlaut hatten.

    „ Die schweren Schlachten an der Ostfront dauern seit acht Wochen mit ununterbrochener Heftigkeit an. Der heldenhafte Einsatz vorbildlicher kämpfender Infanterie wurde wiederholt durch Nennung einzelner Divisionen im Wehrmachtsbericht gewürdigt. Allein bei den schweren Abwehrkämpfen südwestlich Wjasma bewährten sich drei Divisionen besonders, die ihre Würdigung im Wehrmachtsbericht erfuhren.
    So wurde die Stellung der württ.- bad. 260. Infanterie – Division von wiederholten aufgefrischten Verbänden angegriffen. Die Grenadiere dieser Division wehrten alleine den Angriff von sieben Schützen – Divisionen, zwei Kavallerie – Divisionen, drei Panzer Brigaden und fünf Panzer – Regimenter ab. Diese Masse konnte diese deutsche Division nicht erschüttern. Dabei wurden 174 Sowjet Panzer abgeschossen, sieben Geschütze, leichte und schwere Infanteriewaffen und zahlreiche Beute und Gefangene gemacht. Die blutigen Verluste des Gegners waren außerordentlich hoch. Dieser große Abwehr Erfolg war das Ergebnis der straffen Disziplin dieser Einheit und höchster persönlicher Tapferkeit der Offiziere Unteroffizier und Mannschaften“.



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  • 1. Teil


    Überfall auf den Regimentsgefechtsstand



    Im Oktober und November beim Infanterie – Regiment 470



    Im Oktober 1943 kehrte ich nach einer Ausheilung einer Verwundung zur 260. Infanterie – Division zurück, die mit ihren beiden Regimentern 460 und 470 ostwärts Mogilew eingesetzt ist. Ich werde den letzten Regiment als Ordonnanz – Offizier zugeteilt, das unter Oberst Dr. Friker auf dem nördlichen Flügel steht. Kurz zuvor ist die gut ausgebaute Stellung an die Zahlenmäßigen überlegenen Russen verloren gegangen, so dass sich das Regiment in einer weniger günstigen und ausgebauten Stellung befindet. Ein Angriff zur Rückeroberung des alten Grabens, wenige Tage nach meinem Eintreffen schlägt fehl.
    Da sich in der Folgezeit keine nennenswerte Kampftätigkeit entwickelt, wird unser Regiment mit einem im zähen Abwehrkampf stark mitgenommenen Regiment einer weiter südlich eingesetzten, niedersächsischen Division ausgetauscht. Kaum ist dieser Wechsel vollzogen, da greift der Russe in unserem alten Frontabschnitt nunmehr dieses erheblich dezimierte niedersächsische Regiment verstärkt an, während es in dem von uns Übernommen Frontabschnitt im wesendlichen ruhig bleibt. Da genau das Gegenteil von dem eingetreten ist, was jedem der beiden Regimenter zugedacht war, wird alles wieder rückgängig gemacht.
    Durch diese hin und her ist der Ausbau des Grabensystems nicht weit gediehen. Bunker stehen kaum zur Verfügung. Die Grabenbesatzung hilft sich durch, das sie Löcher in die Lehmige Grabenwand sticht, in denen dann jeweils ein oder zwei Mann mit angezogenen Knien sitzend ausruhen können; die Löcher werden mit Zeltplanen verhängt. Für Ruhe bleibt jedoch kaum Zeit. In jeder Nacht – inzwischen ist es November geworden – steht die gesamte Maschinengewehrgruppe im Graben auf Posten und tagsüber muss jeder alle vier Stunden aufziehen für zwei Stunden aufziehen. Eine übermäßige körperliche Anstrengung, die die Wachsamkeit erlahmen lässt.
    In diesen Wochen gelingt es dem Russen wiederholt, einen der übermüdeten Soldaten aus unseren Graben zu holen. Darum ist befohlen die Maschinengewehre an der Grabenwand zu verankern, damit sie bei einem Überfall nicht so ohne weiters mitgenommen werden können. Für solche Vorstöße steht dem Gegner übrigens eine besonders ausgebildete Truppe zur Verfügung, die keinen Grabendienst macht und nur die Aufgabe hat, Stoß und Spähtruppunternehmen durchzuführen.

    Bedrohliche Lage

    Eine neue Lage tritt um den 12. November 1943 ein, als es den Russen gelingt bei der nördlichen Nachbar – Division in der gesamten Divisionsbreite durchzubrechen. Das Regiment 470, dessen Führung inzwischen Major Strohm ---1944 als Oberst und Eichelaubträger gefallen --- übernommen hat, steht nun als Pfeiler ohne Anschluss auf den nördlichen Flügel der Division. Die Sowjets dringen in Massen in die entstandene Frontlücke ein und verschwinden in einem ausgedehnten Wald, in dessen äußersten südlichen Stück der Regiment Gefechtstand der 470. liegt. Dieser für uns außerordentlicher bedrohlicher Zustand, der tagelang andauert kann nur dadurch geändert werden, das entweder der Feind zurückgeschlagen und die Lücke in der HKL wieder geschlossen oder aber das in diesem Bereich die Front auf eine der vorbereiteten rückwärtigen Stellungen zurück genommen wird.


    Vorerst mag der gefährdete Regimentstab zu seiner eigenen Sicherheit nur das eine tun, dass die Sicherheitsposten verstärkt werden. Endlich kommt der längst erwartete Befehl, in der Nacht zum 16. November auf den nächsten rückwärtigen Graben zurück zu gehen. Am Vormittag des 15. November wird der halbe Regimentsstab in den neuen Gefechtstand verlegt, ebenso der halbe Pionierzug, fast der gesamte Nachrichtenzug, alle Fahrer, Fahrzeuge und Zugpferde. Nach Einbruch der Dämmerung soll der Rest des Stabes folgen und in der Nacht auch die Grabenbesatzung zurückgehen.
    Um die Mittagszeit warten wir mit hungrigen Mägen auf die Feldküche, die dann mit erheblicher Verspätung gegen 14°°Uhr eintrifft. Ich bin gerade im Begriff mich über den dampfenden Inhalt meines Essgeschirres herzumachen, als ein Melder in den Bunker stürzt mit den Worten: „Herr Leutnant die Russen sind da!“ Ich ergreife Koppel und Maschinenpistole und renne nach oben. Eine Kugel summt an mir vorbei, dann noch eine, noch eine! Major Strohm weist in gebückter Haltung die aus dem Bunker kommenden ein. Schon pfeift die erste Maschinengewehr Garbe dazwischen, wieder eine! Ich werfe mich hinter den Erdaufwurf einer Bunkerabdeckung, äuge über den Rand des schützenden Walles …. Das dichte Unterholz reicht nahe bis an unsere Bunkersiedlung heran, aber ein Russe ist nicht zu sehen. Unser Gegner hat sich gut getarnt und nimmt uns aus sicherer Deckung aufs Korn. Eine Kugel schlägt wenige Zentimeter vor mir in die Erde, so dass mir feine Erdteilchen gegen die Stirn spritzen. Maschinengewehrgarben um Maschinengewehrgarben knattern über uns weg.
    „Zurück zum Waldrand!“ ruft nun Major Strohm. Wir laufen in gebückter Haltung mit langen Sätzen unter dem verstärkt einsetzenden Kugelregen die Bodenerhebung hinunter, --- so sind wir wenigsten gegen die feindliche Sicht geschützt --- auf den etwa hundert Meter entfernten Waldrand zu.
    Scheibendünne Eisdecke des moorastigen Waldbodens zersplittern unter unseren Stiefeln, dreckiges Tümpelwasser spritz auf. Immer wieder bleibe ich stehen, wend mich um und schieße blindlings aus meiner Maschinenpistole in die Richtung, in der die Angreifer sitzen. Jedesmal meine ich das sich darauf dass feindlich Feuer für einen Moment darauf abschwächt. Vom Waldrand aus geht unsere Flucht ohne Aufenthalt weiter über eine freie Fläche in eine etwa siebzig Meter entfernte Birkenschonung, an deren Rand wir uns zur Gegenwehr einrichten. Zwei Maschinengewehre werden in Stellung gebracht. Jeder sucht Schussfeld und Deckung; der zerfurchte Boden eignet sich gut dazu.
    Hier warten wir gespannt. Lange Zeit vergeht, bis die Russen sich vorsichtig dem uns gegenüberliegenden Waldrand nähern. Sie werden sofort unter Feuer genommen. Aber dennoch gelingt es ihnen, allerdings unter erheblichen Verlusten sich dort festzusetzen. Die Maschinengewehre beider Parteien hämmern auf die gegnerische Stellung ein. Dieses Gefecht wird schließlich zu unseren Gunsten durch ein Artillerie Geschütz entschieden, das in der Schonung unmittelbar hinter uns in Stellung liegt. Im Direktbeschuss feuert es rund zehn Sprenggranaten auf den vom Gegner besetzten Waldrand. Damit verstummt das feindliche Feuer. An einer Birke hockt zusammengesunken ein tödlich getroffener Sibiriake mit Schmerzverzerrtem erstarrten Gesicht, den überlangen Lauf seines Panzergewehres im Arm. An ihm laufe ich bei unseren Gegenstoß vorbei. Mit „Hurra“ wird der eigene Gefechtstand zurückgewonnen und der letzte Iwan vertrieben!


    Kameradenhilfswerk der
    260. Infanterie- Division
    Mit freundlichen Grüßen

    Karlheinz

  • 2.Teil


    Den Russen schmeckt unser Essen

    In unserem Bunker ist Auffallenderweise alles unverändert, bis auf den Umstand dass unsere Essgeschirre leer und die bei der Essensausgabe empfangenen Zigaretten verschwunden sind. Ja den Russen muss unsere Wehrmachtskost vorzüglich geschmeckt haben, denn die Essgeschirre sind wir ausgeleckt.

    Die weitere Übersicht ergibt das ein Unteroffizier des Pionierzuges, der noch bis vor kurzem Bursche beim Divisionsgeneral war, gefallen ist, -- und unser Regimentsadjutant Oberleutnant Reuß fehlt. Er war zuletzt im Bunker des Kommandeurs gesehen worden, als er sich um die ihm anvertrauten Geheimsachen bemühte. Bei dieser Arbeit musste er, der infolge einer in Frankreichfeldzug erlittenen Armverwundung (Fallhand)keine Waffe mehr bedienen konnte, höchstwahrscheinlich überrascht und Gefangen genommen worden sein. Eine in diesem Bunker krepierte Handgranate hat in vermutlich nicht verwundetet; es finden sich wenigstens keine Blutspuren. Von den Geheimsachen fehlt nichts, auch der Feldstecher und der Photoapparat des Kommandeurs sind noch am alten Platz.
    Der Pionierhalbzug erhält nun den Auftrag, die Russen in den Wald hinein zu verfolgen. Unterdessen wird mit der sofortigen Verlegung des gesamten Regiments – Gefechtstandes begonnen. Mir wird aufgegeben dem Bataillon auf dem äußersten linken (nördlichen Flügel) den Befehl zu überbringen, bei Dunkelheit ebenfalls sofort auf die vorbereitete rückwärtige zurückzugehen.
    Mein Weg führt entlang dieses unheimlichen, feindbesetzten Waldes. Der Boden ist hart gefroren, die Dämmerung bricht herein. Ich reite im Trab mein Pferd strebt mächtig nach vorne, als ahne es das schnell gehandelt werden müsse. „Parole“ ruft plötzlich ein Posten mir Schussbereitem Gewehr aus einem Gebüsch. Ich bin am bereits zurück verlegten Bataillons – Gefechtstand angelangt. In dem beengten von einigen Hindenburglichtern spärlich erleuchteten Bunker erkenne ich so gleich den Bataillons – Adjutanten, Leutnant Scheidgen. Niemals in meinem Leben bin ich erstaunter begrüßt worden als von den hier Anwesenden. Ihnen erscheine ich -- für mich unerwartet – wie ein Sendbote aus einer anderen Welt. Man hatte während des Nachmittags den Gefechtslärm um den Regiment Gefechtstand gehört, bis zur Stunde aber noch keine Nachricht über die Vorgänge erhalten ( die Fernsprecher des Regiments hatten beidem Überfall die Bataillonsleitungen zur Division durchgeschaltet) und sich selbst von den Russen eingekreist gefühlt. Das ihnen mein Lagebericht diese und andere Sorgen nimmt, bedarf keiner Erwähnung.
    Als ich bei Dunkelheit zurücktrabe, fallen dichte Schneeflocken. Der russische Winter beginnt! Bald nach mir trifft auch der Pionierhalbzug der den fliehenden Russen gefolgt war, beim neuen Regiments – Gefechtstand ein. Der Zugführer berichtet das er auf einer Waldlichtung 60 bis 80 Russen beobachtet und einen deutschen Offizier von hohem schlangen Wuchs charakteristisch schrägem Mützensitz an einem Lagerfeuer habe stehen sehen. Dieser muss unser Regiments – Adjutant Oberleutnant Reuß; gewesen sein, der seine Heimat nicht wieder gesehen hat.

    Dr Rossa

    Kameradenhilfswerk der
    260. Infanterie- Division

    Mit freundlichen Grüßen

    Karlheinz

  • Der lange Weg zur Truppe



    Aus einem Kameraden Tagebuch der 7./480



    Anfang November 1943 beginnen die nachstehenden Auszüge eines persönlichen Tagebuchs, das einst ein Gefreiter der 7./480 geschrieben hat: Walter Stähle war am 24. 06. 1925 in Stuttgart – Wangen geboren worden, hatte Dreher gelernt und war nun mit achtzehn Jahren auf den Weg an die Front. Wenige Wochen später am 12.01.1944 fiel er. Er hatte sich für zwölf Jahre verpflichtet und wurde nach seinem Tot noch zum Unteroffizier befördert.
    Vier Tage und fünf Nächte sind wir nun Unterwegs. Eine lange Fahrt von Ulm, über Stuttgart, Nürnberg, Hof, Chemnitz, Dresden, Bautzen, Görlitz, Litzmannstadt, Warschau, Siedloe, Brest – Litowsk, Minsk, Boruisik, nach Shlobin. Eine wahrhaft lange Fahr. Drei Länder durchfahren: Deutschland, Polen, Russland. Viel Neues gesehen und gelernt. Meine Erfahrungen und Kenntnisse an Land, Menschen, Sozialismus und Völkerherrschaften verstärkt. Doch der Mensch lernt ja nie aus.
    Möchte nur sehen wenn wir endlich zur Truppe kommen. Den Erzählungen nach ist am Dnjepr eine feste Stellung. Ich bin gespannt wie alles werden wird. Wenn ich an die Front denke, geschieht dies ganz ruhig. Ein Gefühl der Ruhe und Sicherheit überkommt mich. Nicht die leiseste Angst oder der geringste Zweifel. Vielleicht ist es das ich mit dem Leben völlig abgeschlossen habe, vielleicht ist es aber auch das ich nachdem ich Russland persönlich kenne, nicht den geringsten Zweifel mehr hege, das diese Opfer notwendig sind.
    Draußen hat es jetzt leicht zu Schneien begonnen. Lustig tanzen die Flocken wirr durcheinander. Ach wenn ich an Früher zurück denke. Wie habe ich da den ersten Schnee herbeigesehnt. Wie oft bin ich an einem Abend ans Fenster gerannt, um zu sehen ob es nicht schon schneit. Und wenn dann die erste Flocken hernieder sanken weich und lautlos, jeden Laut erstickend die ganze Welt in ein weißes Tuch hüllend, dann erfüllte mich jedesmal eine große innere Freude.
    So ist es auch diesmal Früher pflegte ich meine Bretter mit doppelter Liebe und der Schnee brachte mir dann wenn es zum Skilaufen kam, den größten Genus und die meiste Freude des ganzen Jahres. Diesmal aber: Wie wird der Schnee sich diesmal auswirken? Doch darüber will ich mir noch nicht den Kopf schwer machen. Besonders strenge Kälte herrscht nicht. Nur ein schneidender Wind fegt einem durch die Knochen. Ein Wind der durch die kleinste Fuge dringt. Ein Wind wie ich in Deutschland nie erlebte. Doch Deutschland und Russland sind halt in jeder Beziehung zwei Paar Stiefel.
    8. November: Fuhren heute die letzte Strecke von Shlobin in eine kleine Stadt, Star Bychow. Zwei ganze Steinhäuser eine holprige Steinstraße und eine früher bestimmt schöne Kirche. Wir sind in einem kleinen Haus untergebracht. Durch eine Bretterwand getrennt, wohnt eine russische Familie im Haus. Sie ist sehr freundlich hilft uns in jeder Weise und erklärt uns gerne die russischen Namen für die deutsch Bezeichnung. Das macht ihnen so viel Spaß wie uns.
    Das ganze Haus besitz nur einen Raum, jetzt in drei geteilt. Der eine ist der Schlafraum natürlich Stroh auf dem Boden. Der zweite ist so eine Art Aufenthaltsraum. Tisch, zwei Stühle und zwei alte wackligen Bänke sind das Inventar darin. Der dritte ist Küche, zugleich das Wohn und Schlafzimmer der Familie. Töpfe gibt’s nicht Löffel sind aus Holz. Gabel und Messer sind ganz selten. Wasser und Gashahnen gibt es gleichfalls nicht. Der Ofen ist das beste Stück. Schön groß und gemauert nimmt er den meisten Platz ein, gibt aber auch herrlich Warm.
    Der Schnee hat sich nicht gehalten. Es war auch heute nur mäßig Kalt. Nun soll es zum Divisionsstab gehen. Bin gespannt wie wir eingeteilt werden. Wir sind ungefähr siebzig Kilometer von der Front entfernt. Hoffentlich müssen wir nicht latschen mit unserem Gepäck.
    9. November: Nun sind wir doch nicht weggekommen, hoffentlich klappt es morgen. Habe Irene geschrieben. Hoffentlich freut es Sie, von mir Post zu erhalten. Gegen Abend ging ein ziemlich starker Wind. Ich glaube dass wir Schnee bekommen werden.
    Das Kochen macht mächtig Spaß. Geröstete Kartoffeln und Kaffe haben wir schon einige male abgekocht, klappt ganz gut. Für die jetzigen Verhältnisse schmeckte es ganz gut. Allerdings: Anbieten möchte ich niemanden meine Produkte.
    10. November: Um 7°°Uhr früh ging es endlich weg. Mit Sankas fuhren wir zu dem dreißig Kilometer entfernten Georgischew. Dort zogen wir in zwei verschiedene Häuser. Jedesmal wenn ich ein Feuer gemacht hatte, mussten wir ausziehen. Als wir dann gerade beim Mittag Essen waren, kam das Auto das uns in dreistündiger Fahrt nach Unoscheck brachte zum Divisionsstab. Wir sollen auf die einzelnen Kompanien verteilt werden. Wie lange wird es noch dauern, bis wir endlich bei unserer Einheit im Dreck liegen? Hoffentlich nicht allzu lange. Abends gehen wir ins Frontkino. Es war eine angenehme Endtäuschung, dass es so viele Frontkinos gibt. Vier Stück haben wir schon angetroffen. Kann aber bloß von Vorteil sein.
    11. November: Nun sind wir in einem Dorf, drei Kilometer von der Front entfernt. Es heißt Romano Nowinski. Um 12°° wurden wir von einem Hauptmann beim Divisionsstab eingeteilt: Sches Mann zum Regiment 460, sechs zu 480, und drei zum Füsilier Bataillon, unser Unteroffizier und Marschbegleiter zu seiner alten Einheit.

    Archiv / Tagebuch W. Stähle

    Kameradenhilfswerk der
    260. Infanterie- Division

    Mit freundlichen Grüßen

    Karlheinz

  • Warten auf den Einsatz



    Aus einem Kameraden – Tagebuch der 7./470



    Im November 1943 sind wir an der Ostfront eingetroffen, am 11. November werden wir den Truppenteilen zugewiesen, ich komme zum Regiment 480. Mit mir gehen Karl Rapp (schon in Bergzabern der gleichen Gruppe wie ich in Ettlingen war) und Otto Schlegel (auf der gleichen Stube wie ich), Bartl Haindle und Friedrich Fäugler (in Ettlingen mit mir im V Zug), Fries und Gunzelnig (4. Kompanie in Ettlingen). Fängler kommt zur Füsilier – Einheit.
    Um eins marschieren wir in Oroschek ab, um Vier angekommen. eine Quälerei mit dem 50 Pfund schweren Tornister durch diese endlose Steppe. Nach Ankunft Meldung beim Regimentskommandeur. Da er abwesend war, empfing uns ein Major. So wie bisher alle Dienststellen, empfing man uns sehr erfreut, obwohl man den Ersatz sonst schief anschaute. Nachdem wir ein Jahr als Ausbildungszeit und die Art der Ausbildung angegeben hatten, hörten wir dauernd anerkennende Worte, man scheint von uns sehr viel zu erwarten. Na wir werden ja sehen.
    An der Front scheint der Zauber übrigens nach einigen Wochen Ruhe wieder zu beginnen. Heute hörten wir die Stalinorgel. Ari, MG- Gewehr, und Granatwerfer Feuer dauert die ganze Nacht und den ganzen Tag, bleibt aber bei Störversuchen.
    Gestern Abend waren wir noch im Front – Kino: „das sündige Dorf“, ganz schön, Umgebung Raum und Zeit waren vergessen. In der Wochenschau wurden Bilder vom Kampf in Italien gezeigt: Ein Raunen und murmeln ging da durch den Raum, wie es eben von Menschen kommt, denen man etwas Schönes zeigte. Diese Leute die schon Jahre im Osten sind verstand ich vollkommen.
    Nun hat das Zigeunerleben ein Ende. Zum letzten Mal haben wir noch eine feste Baracke. Morgen schon liegen wir im Grabendreck. Zehn Tage waren wir unterwegs, sah, erlebte und lernte ich ungeheuer viel verstehen. Sehr viel Neues habe ich gesehen. Aber am meisten Achtung habe ich vor den Rot Kreuz Schwestern gewonnen. Was das für eine junge Frau bedeutet, ihre besten Jahre hier zu versauern! Diese Schwestern leisten nicht weniger wie jeder Rüstungsarbeiter und kaum weniger wie jeder Soldat an der Front.
    12. November: Nun sind wir endlich vorne. Heute morgen Meldung beim Regimentskommandeur. Anschließend marschieren wieder anderthalb Stunden mit dem Tornister. Beim Tross stauten wir unser Zeug in den Wäschebeutel um. Gegen 2°°Uhr marschieren wir mit dem Verpflegungsfahrzeug weg. Nach zwei Stunden kamen wir an.
    13. November: Mit der Feldküche fuhren wir zum Bataillon. Auf dem Gefechtstand meldeten wir uns dann. Bataillonskommandeur Major Helmling (Ritterkreuz) richtete einige Begrüßungsworte an uns. Unter anderem bemerkt er, dass die Lage sehr gespannt sei. Wir sollten gleich als Gruppenführer eingesetzt werden. Anschließend begaben wir uns in den Bunker der Melder. Nach dem wir uns Häuslich eingerichtet hatten, ich war gerade beim Eintragen ins Tagebuch, kam ein Unteroffizier und sagte, wir sollten uns fertig machen, wir müssten zurück zum Tross. Mit dem Gefechtsfahrzeug fuhren wir zurück. Die Nacht verbrachten wir dann in einer Hütte mit Russen zusammen. Es war verdammt kalt und da überall die Scheiben fehlten, frohren wir nicht schlecht.
    Heute Früh marschierten wir dann nach Romano Nowinski, wo wir uns einquartierten. Nun sitzen wir hier und warten. Der Grund weshalb wir zurück mussten, ist ein Befehl das vom Jahrgang 1925 bis auf weiteres niemand an der Ostfront eingesetzt werden dürfte.
    Vorne sieht es toll aus. Kaum Brusttiefe Gräben, 34 Mann in einer Kompanie, dabei eine Abschnittsbreite von 1200 Metren. So alle fünfzig Meter ein Mann, dabei nur zum Teil zwanzig Meter vom Iwan entfernt. Jede Nacht soll er im Graben sein.
    Meinen ersten toten Russen sah ich gestern. Die Kugeln und besonders die Ari Geschosse pfiffen, orgelten und dröhnten und explodierten ganz schön. Zurzeit denke ich viel an zu Hause. Doch das ist nicht gut. Diese Gedanken muss ich mir wohl abgewöhnen. Nun ist der zweite Sonntag in Russland vorüber. Hoffentlich bleiben wir nicht noch eine Woche hier.
    Nachdem es den ganzen Tag ruhig war, ging es wie üblich gegen Abend los. Die Ari auf beiden Seiten funkte das übliche Störungsfeuer. Plötzlich setzte der Iwan die Stalinorgel ein. Hier in drei Kilometern Entfernung bebet und zitterte die Bude, als ob sie einbrechen wollte. Die deutsche Ari blieb die Antwort nicht schuldig. MG und Gewehrfeuer dauerte die ganze Zeit über an.
    Die kurze Tageszeit vom Mittagessen bis zum Dunkel werden benütze ich zum Schreiben. Den Eltern, Schwester Gertrud, die am 20.11. Geburtstag hat, und Irene schrieb ich. Schade dass ich keine Post erhalten kann. Hoffentlich hat das Warten bald ein Ende.
    Augenblicklich nimmt der Iwan die Ortschaft unter Feuer. Ein Einschlag muss in der nähe des Hauses gelegen haben, denn die Wände schwankten bedenklich, der Verputz fiel zu Boden und Schlegel wurde ganz bleich. Für heute nun Schluss, den das Stearin von den Hindenburglichtern ist mir gestern über das Buch gelaufen.

    Archiv / Tagebuch W. Stähle

    Kameradenhilfswerk der
    260. Infanterie- Division

    Mit freundlichen Grüßen

    Karlheinz

  • 1. Teil


    Zwölfspännig vor den Haubitzen



    Aus den Tagebuch eines Wachtmeisters der 10./AR.260



    Bis Mitte August 1943 sind wir von Stellung zu Stellung, hinter die Desna ausgewichen. Am 20. August herrschte verhältnismäßig Ruhe, viele leichte Kampfflugzeuge ziehen in Richtung Front, über die Lage vorne ist nichts bekannt. Am 25. August verlegen wir abends nach Nowinki, die Nacht ist ruhig. Am 26. August wird ein neuer Stand angelegt, doch am 27. August geht es wieder in einen anderen Abschnitt, da dort ein Angriff erwartet wird. In den Frühen Morgenstunden des 28. August sind wir Feuerbereit. Dann setzt das Trommelfeuer der Russen ein. Deutsche Infanterie erscheint bei uns, der Iwan ist durchgebrochen. Doch die Division hält die Stellung. Unteroffizier Dreimann wird am Kopf leicht verwundet, Wachtmeister Fritz Neuhaus ist schwer Verwundetet, Gniers leicht. Verwundet werden auch Glurich, Stern, Hohler und Oblonka.
    In der Nacht geht es zurück in die vorherigen Stellung, am Sonntagmorgen sind wir Feuerbereit. Bald liegt wieder ganz ordentliches Feuer in der Stellung. Doch es geht gut, wir haben keine Ausfälle. Die heftigen feindlichen Angriffe während des Tages werden abgeschlagen. Abends krachen fünf Fliegerbomben in die Protze: Zwölf Pferde tot, acht verwundet! In der Nacht ist es dann ziemlich ruhig.
    Mit sehr starken Kräften greift der Russe am 30. August an, wird aber durch unsere Infanterie wieder zurückgedrückt. Wir haben alle Munition verschossen und sind zum Nichtstun verurteilt. Am 31. August wird Schulte und Heyer verwundet. Abends müssen wir abmarschieren durch den Wald: Eine Nacht die ich nicht vergessen werde! Die Nachhuten der Infanterie bleiben bei uns. Die Pferde werden auf die Geschütze zwölfspännig umgespannt. Eine Haubitze bleibt stehen und wird später mit dem Traktor nachgeholt. Oberst Bracher hat zwei Kompanien zur Sicherung abgestellt.
    Am 1. September sind wir in der neuen Stellung bei Konjaty. Den Tag über ist es ruhig, der Russe kommt nicht nach. Am 4. September besucht Major Pihuliak die Stellung, ist sehr zufrieden. Am Tag zuvor hat er die Nachricht von der Geburt seiner Tochter erhalten. Oberst Bracher Kommandeur der 460er, hat das Ritterkreuz bekommen, Oberst Mayer unser Kommandeur das Deutsche Kreuz.
    Schon am 11. September marschieren wir dann bis hinter die Desna in eine „vorerst endgültige“ Stellung. Das Wetter ist gut, alles hat prima geklappt. Am 12. September können wir einige Stunden Schlafen, dann geht es wieder an die Arbeit. Abends ziehen wir vor in eine Zwischenstellung, um den Russen abfangen zu können. Obergefreiter Prüßner wird vom Regimentskommandeur am 14. September das Eiserne Erster überreicht.
    Es Regnet einen ganzen Tag. Am 17. September Nachmittag beziehen wir eine neue Stellung bei Buda. Am 18. September ist alles ruhig keine Feindberührung. Vor uns hat die Infanterie eine Sicherungslinie gezogen. Am Morgen des 19. September gibt es erste Feindberührung, am Nachmittag greift der Iwan stärker an. Wir verlegen nach Tschistik, am Abend darauf nach Rakowka.
    Wieder setzt starker Regen ein. Dennoch geht es am 23. September nach Dubrowka, am nächsten Tag nach Studuiz in Bereitstellung und weiter nach Kochany in Stellung: Vierzig Kilometer ohne Unterbrechung! Zum Glück wird das Wetter besser.
    Am 28. September marschieren wir sechs Kilometer nach Dubrowka, von dort nachmittags weiter. Bei der Augenblicklichen Stellung des Mondes ist in der Nacht fast nichts zu sehen, dazu regnet es in Streifen. Am Morgen des 29. September sind wir bei Nojowo in Stellung, schon mittags geht es weiter. Die Wege sind schlecht, aber unsere braven Pferde schaffen es. Sie bekommen so viel zu fressen, wie sie wollen. Es ist zum Glück genügend Futter vorhanden. Auf dem Nachtmarsch knickt mein Fuß um.
    Am 1. Oktober erreichen wir eine Brückenkopfstellung bei Parojewka am Dnjepr. Die Linie ist gut ausgebaut, aber kein Bunker: Mein Fuß ist angeschwollen und schmerzt stark, so komme ich am 2. Oktober in die Protze zum Arzt. Am Nachmittag des 6. Oktober wird die etwa 12 Km. Protze nach rückwärts verlegt, eine Nahprotze bleibt etwa zwei Kilometer hinter der Feuerstellung. Am 9. Oktober erzielen wir beim Fliegerschießen auf eine Brücke vier Volltreffer. Der Russe hat uns aber ausgemacht und schießt zurück. – Mit meinem Fuß wird es langsam besser.



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    Karlheinz

  • 2. Teil


    Vier neue Geschütze

    Am 14. Oktober erhält Hans Weiß ein Telgramm, das seine Mutter in Hagen total Bombengeschädigt ist. Der Russe greift schwer an, Rauchfuß, Brundstein und Leutnant Menge sind verwundetet. Am 15. Oktober gehe ich in die Feuerstellung zurück. Die Fernprotze ist in Sarehsje. Die Gefreiten Röder und Häring kommen am 23. Oktober von Königberg zurück, wo sie Geschütze hingebracht haben. Oberwachtmeister Gierse wird vier neue Haubitzen mitbringen. Am 24. Oktober wird der Russe wieder aktiver. Um fünf Uhr ist er schon im Dorf, in dem die Abteilung liegt. Kuhlmann wirft den Angreifer wider hinaus. Am 25. Oktober greift der Iwan unsere B Stelle an, alle müssen zurück, Prüßner wird verwundetet, Doppelgläser und Pistolen gehen verloren. Nachmittags wird der Russe im Gegenstoß wieder geworfen. Die Linie vom 1. Oktober wird wieder hergestellt. Auch am 26. Oktober ist der Russe wieder im Graben, kann aber nicht mehr hinausgeworfen werden. Nebel hat seinen Angriff begünstigt.
    Am 27. Oktober ist lebhafter Betrieb im vorderen Graben. Am 28. Oktober gehe ich zum Arzt im alten Gefechtstand der Abteilung: Der Knöchel ist zwar noch dick, aber es geht schon wieder. In der Nacht zum 5. November taucht ein sowjetischer Stoßtrupp links von unserer B Stelle auf. Es gibt den ersten starken Frost. Oberwachtmeister Hohnträter kommt am 9. November in die Feuerstellung, damit er seine Zähne in Ordnung bringen lassen kann. Dafür geh ich auf B Stelle. Am 10. November fährt Leutnant Schilling in Urlaub, sein Vater ist Oberleutnant Funke. Die Flak hat neben uns ihre Kanonen aufgebaut und feuert auf die russischen Gräben.
    Am 11. November wird Hans Uhlmann Hauptwachmeister. Am 12. November gehe ich zum Zahnarzt in Delgino, ein Zahn wird plombiert. Der Russe bricht am 24. November rechts von uns ein, etwa zehn Kilometer tief. Der Brückenkopf wird aufgegeben. Am Nachmittag beziehen wir eine Wechselstellung der Heeresartillerie. In der Nacht wird die Munition zurückgeschafft. Wir gehen nach Konomorowka. Am 26. November hat es den Anschein, als ob die Stellung gehalten werden soll. Am Abend wird wieder Munition nach vorne geholt. Der Frost geht zurück, toller Schlamm!
    Auch am 27. November bleiben wir. Am 28. November bricht der Russe nördlich von uns ein, die Gefechtsstände 843 und 480 werden überfallen, Am 30. November frühmorgens rücken wir ab, nachdem wir Nachts über 600 Schuss abgefeuert haben. Durch dicken Schlamm erreichen wir mittags die Kompanie. Am 1. Dezember hat es die 12. Batterie ebenfalls unter Schwierigkeiten geschafft und geht bei Ussuscheck in Stellung. Die Pferde können nicht mehr!
    In der Nacht zum 3. Dezember machen wir Stellungswechsel nach Tschistaja. Wisser geht nach Wolkowitschi, Hohnsträter kommt ins Lazarett. --- Ob mein Urlaub noch schief geht? In den Morgenstunden des 4. Dezember sind wir feuerbereit. Der Russe drückt im Süden, die Flanke ist offen, wird aber durch Reserven geschlossen. Jupp Schäpers kommt von der Zwölften zurück. Willi Gierse wird sobald Hans Weiß zurück ist, die Stellung übernehmen. Am 7. Dezember wird eine andere Stellung erkundetet, da unsere jetzige vom Russen eingesehen werden kann. Aber überall ist es gleich: Hat man Panzerschussfeld, gibt es keine Deckung, oder umgekehrt.
    General Schlüter besucht uns am 8. Dezember: Diese Stellung muss ausgebaut werden, nicht die neue erkunden. Die Unterkünfte für die Mannschaften sollen zuerst gebaut werden. Bei der Abteilung melde ich mich zum Urlaub ab.
    Am 9. Dezember gelange ich zusammen mit Johannes Jansen und Franz Bruchof mit Feldpost und Ferntransporter nach Mogilew. Ein Ortsteil wird schon gesprengt, in sieben Tagen soll die Stadt geräumt sein. Doch ich fahre erst einmal in Heiratsurlaub.

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    Karlheinz

  • Vom Feindflug nicht zurückgekehrt



    „Erstens kommt es anders --- zweitens als man denkt“



    Im Winter 1943/44 gehörte ich der 260. ID. dem Stab an eines Infanterie Regimentes an, dessen Gefechtstand vorübergehend in einem sehr mitgenommenen Dorf des Mittelabschnitts untergebracht war. Neben anderen Aufgaben hatte ich die eines Ortkommandanten wahrzunehmen, was im wesendlichen bedeutete, dafür zu sorgen das von den etwa fünfzehn übrig gebliebenen Holzhäusern kein weiteres abgetragen und die Niederlassung bewacht wurden.
    Ein Wachposten war auch vor den Bunker des Regimentskommandeurs aufgestellt. Hier gab es eine Besonderheit. Irgendwann wo und wie war der Kommandeur in den Besitz von drei Gänsen gelangt, die neben seinem Bunker in einem besonderen Beschlag eingesperrt waren, schon drei Stellungswechsel überlebt hatten und bei Gelegenheit den Zweck ihres Daseins erfüllen sollten d.h. verspeist werden sollten. Wann uns aus welchem Anlas das geschehen sollte war noch nicht erörtert worden.
    Eines Vormittage folgte ein Fernmündlicher Anruf des Kommandeur, etwa so: Was haben sie bloß für Leute vor meinem Bunker als Posten abgestellt? Unmöglicher Mann heute! Nicht einmal im Stande, eine vernünftige Meldung abzugeben. Übrigens sind die Gänse gestohlen! Erwarte Meldung über Verbleib bis 17°°Uhr!
    Das die diesbezüglichen Nachforschung schwierig sei würden, war mir sofort klar. In welcher Pfanne mochten die drei Vögel bereits schmoren? Der Wachposten versicherte treu und bieder, nur den Gefechtsstand bewacht, sonst nichts gesehen und nichts gehört zu haben. Das gleiche Ergebnis hatte die Befragung aller vorhergehenden Wachposten.
    Nach der Erfolglosigkeit meiner Vernehmungen begann ich selbst mit der Spurensuche. Dieses ergab das von der vertrampelten Umgebung des Kommandeursbunker Gänsespuren – deutlich ausgeprägt – in ein Schneefeld führten. Das Federvieh war in Schützenreihe in Richtung zur Front marschiert. Die schnurrgerade Spurenreihe verlief nach 200 m zwischen zwei Häusern am Dorfrand und von dort eine Bodenwelle ansteigend 300 m weiter. Vor dem Kamm der Anhöhe endete die Spur plötzlich. Es führte keine zurück, auch war kein anderer Spurenabdruck zu sehen. Ringsum erstreckte sich eine weiße weite unberührte Fläche.
    In Erfüllung meines Auftrags erschien ich außerdem unverhofft in den Unterkünften. Jedoch nirgends roch es nach Gänsebraten und nirgends entdeckte ich Verdächtiges.
    Inzwischen hatte der Regimentskommandeur in seinem Ärger die Ungeschicklichkeit begangen, seinen Bataillonskommandeur und die benachbarten Regimentskommandeure von seinem Verlust zu unterrichten und Sie zu ersuchen, nach den Tätern zu fahnden. Sein Verdruss war verständlich. Hatte er doch die Tiere wochenlang hegen und pflegen lassen und in der Vorstellung geschwelgt, bald den Duft eines Gänsebratens den Biss in saftiges Gänsepollen und das Gefühl eines friedensmäßig gefüllten Magen zu erleben. Diese lang gehegte Erwartung sollte sich nun eines schnöden Streiches wegen nicht erfüllen.
    Auf seine Anrufe hin erhielt der Kommandeur überall freundliche Antworten und sobald der Hörer aufgelegt war lachte man gründlich. So hatte der Fall eine ausgesprochene gute Seite, als er zur allgemeinen Erheiterung beitrug. Die Stimmung bei der Truppe war gut.
    Einige Tage später meldete mir der Feldwebel des Nachrichtenzuges, dessen Leute zur Tatzeit die Kommandeurswache gestellt hatten und allein schon deswegen mitverdächtig waren, das im zugetragen worden sei, aus den nahe gelegenen Bunkern einer Beobachtungsstelle der Artillerie habe es nach Gänsebraten gerochen. Demnach war das Dasein der Kommandeurgänse als beendetet anzusehen.
    Nach dem Ergebnissen meiner Nachforschungen drängt sich folgender Tatverlauf auf: Unbefugte (fremde Artilleristen oder eigene Nachrichtenmänner oder beide im Zusammenwirken ) hatten den Gänsen freien Auslauf verschafft, die Tiere zum Marsch aus dem Dorf zur Anhöhe veranlasst, dann vom Ortsrand aus hinter ihnen hergeschossen und sie auf diese Weise vor der Anhöhe – russische Hausgänse flogen gut --- bewusst zum Fluge angetrieben, um die einige hundert Meter weiter hinter der Anhöhe einfallenden Gänse --- vom Dorf aus nicht einzusehen – zu erlegen und vorzeitig ihrer Bestimmung zuzuführen, allerdings anderen als den ursprünglich vorgesehenen Mägen. Im Ganzen war es eine perfekte Tatausführung.
    Da es auch wirklich so gewesen war, zeigte bald darauf ein Schild an, das an der Tür des verweißten Gänsestalles hing und die Aufschrift trug: Vom Feindflug nicht zurückgekehrt.

    Dr. R

    Kameradenhilfswerk der
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    Mit freundlichen Grüßen

    Karlheinz

  • Meine letzte Reise an die Front



    Abschied von der 260 Infanterie – Division



    Es ist Anfang Juni 1944 im Bremserhäuschen eines Güterzuges der Geschütze und Munition zur Front befördert, habe ich es mir bequem gemacht und versuche, mich auf die veränderte Lage einzurichten. Mein Heimaturlaub ist unwiderruflich zu Ende und auch für mich geht der Krieg weiter. Auf der Frontleitstelle in Orscha erfahre ich von der Verlegung des Regiments 470 aus der Gegend südlich von Mogilew in meiner Fahrtrichten von Orscha nach Ostsüdosten.
    Ich genieße den sonnigen Tag und die Bummelfahrt durch die weite Ebene mit den vielen Aufenthalten. Der Wald ist weit weg und ein Partisanenüberfall unwahrscheinlich. Der Leutnant der das Sicherungskommando führt und meist neben mir sitzt, ist mir von früher bekannt. Wir haben beide kurze Zeit derselben Einheit angehört, reden über gemeinsame Bekannte und Erlebnisse. Schließlich taucht mein Haus an der Bahnstrecke auf, etwas abseits einer Straße mit einigen Holzhäusern – meine Endstation.
    Drei vier Soldaten springen von verschiedenen Güterwagen ab, auch ein paar Russinnen. Sie ziehen eilig ab, ohne Gerede. Ehe mich von meinem Kameraden vom Bremserhäuschen verabschiedet habe, sind alle verschwunden. Nur ein alter Mann ist zurückgeblieben. Er sitzt in sich zusammengesunken an der Hauswand neben einer Tür, die in einen Raum führt, in dem nur leere Bänke stehen. Ich spreche ihn an. Er schüttelt den Kopf, zuckt die Schultern, hebt beschwörend die Hände. Eine Verständigung ist nicht möglich.
    Die Dorfstraße liegt in der ärgsten Mittagshitze. Sie ist breit wie eine Autobahn und zerfurcht wie ein Acker. Niemand bewegt sich hier. Am Dorfausgang entdecke ich einen Schilderbaum und unter den vielen Anschlägen auch ein Pfeilförmiges zugespitztes Brettchen mit der Aufschrift „Tross 470“
    Die angezeigte Richtung weist über eine bucklige, freie Pläne. Sehe ich genau hin dann ist stellenweise so etwas wie ein Trampelpfad zu erkennen. Alle paar hundert Meter ragt aus dem Boden ein Meterhoher Stock, an dem ein Pfeil angebracht ist, eine Bestätigung dass die Richtung noch stimmt.
    Nach etwa anderthalb Stunden erreich ich den Tross und erfahre zu meiner Überraschung, das ich dem Regiment nicht mehr angehöre, zur Armee – Waffenschule in Borrisow versetzt bin und auch meine Papiere schon dort sind. Man schimpf über die neue Stellung, die nicht ausgebaut, ohne Gräben, unverdrahtet, und unvermint ist. Man klagt über Trinkwassermangel und fürchtet den bevorstehenden russischen Großangriff.
    Da ich soweit gekommen bin, nehme ich auch die letzte Wegstrecke auf mich, um mich bei Oberst Strohm persönlich abzumelden, von dem ich zum Infanteristen umgeschult wurde, unter dem ich Zugführer, Kompanieführer, Ordonanzoffizier und Adjutant gewesen bin. Etwa eine Stunde Fußmarsch nach Kulakouschtschina muss ich bewältigen.
    Der Oberst verhandelt geraden mit einem Sonderführer vom Korps, Fachmann für Trinkwasserversorgung. Seine Zeit ist knapp bemessen. Er muss noch in die Stellung. Von Strohm erfahre ich jedenfalls, welche Aufgabe mir auf der Waffenschule zugedacht ist. Als ich erwähne dass ich mich im Urlaub verlobt habe, opfert er ein paar Minuten und seine einzige Flasche Wein, um mit dem Trinkwasser Experten und mir anzustoßen. Auffallend hager ist der hochgewachsene, breitschultrige Oberst geworden, der Rockkragen ist ihm viel zu weit. Das Gespräch ist kurz, der eilige Abschied herzlich und für immer.
    Sechs Wochen später bin ich vor den vordringenden Russen ausweichend, mit dem Vorkommando der Armee – Waffenschule von Borrisow über Minsk und Wilna bis Gehlenburg in Ostpreußen gekommen. In diesen Tagen ereignete sich das Attentat auf Hitler.
    Die Schule wird aufgelöst. Mit der Abwicklung ist ein Hauptmann beauftragt, seit acht Jahren Soldat und wie ich Lehroffizier. Auf meinen Wunsch zur alten Division zurück versetzt zu werden, trifft mich seine Antwort wie ein Schlag. Die 260. Division gibt es nicht mehr.
    An diesem Tag habe ich meine Waffenfarbe zu wechseln und für mich beginnt nun eine Odyssee durch die verschiedensten Einheiten
    Sechs Jahre später ermittle ich als Untersuchungsrichter gegen ehemalige deutsche Soldaten, die von den russen zu Leitern von Kriegsgefangenenlager in Russland gemacht worden waren und denen Misshandlungen an Mitgefangenen, die nach ihrer Rückkehr Anzeige erstatteten, zu Last gelegt werden. Schon Hunderte von Zeugen habe ich vernommen, ohne dass ein ehemaliger der 260. ID. darunter war. Jedoch am 7. Dezember 1950 erschien zur Vernehmung in Stuttgart ein Senner aus dem Allgäu, der das Ende der Division miterlebt hat. Er berichtet:
    Ein Rest der Division war irgendwo im Raume von Minsk im einen Wald versammelt, darunter Oberst Dr. Fricker (IR. 480), Oberst Strohm (IR.470), Major Braun (Pi. Btl. 653), und Hauptmann Franz der Divisionsadjutant. Jeder weitere Widerstand erschien damals sinnlos.
    Oberst Strohm brach bald darauf mit Hauptmann Franz und einigen Wagemutigen auf, um den Durchbruch nach Westen zu versuchen. Dr. Friker ging mit den anderen in --- Gefangenschaft ---. Von Braun wissen wir dass er 1971 als pensionierter Forstmeister in der Eifel gestorben ist.

    Dr. Rossa

    Kameradenhilfswerk der
    260. Infanterie- Division

    Mit freundlichen Grüßen

    Karlheinz

  • Nach dem Trommelfeuer: Sie kommen!



    Der 22. Juni 1944 --- erlebt an der Ostfront im Abschnitt der 260.ID



    Gegen 5°°Uhr in der Früh des 22. Juni mache ich meine letzte Runde meiner nächtlichen Grabenstreife, von Posten zu Posten gehen, bis vor zum Horchposten in der Sappe. Langsam graut der Morgen, brandrot steigt die Sonne am östlichen Horizont herauf.
    Allmählich ist der Zeiger der Uhr auf die siebente Morgenstunde gerückt. Da --- mit wachen Augen fährt man aus seinen Träumereien. Ein dumpfer Abschuss --- man kennt dies schon dem Gehör nach: ein schwerer Brocken. --- Es kommt auch schon heulend und zischend heran --- kurz vor dem Graben fast senkrecht, kommt die schwere Granate herunter --- dann eine furchtbare Detonation. Merklich zittert die Grabenwand, stinkender schwarzer Qualm und nach Pulver riechende Luft; glühende Eisensplitter surren durch die Luft; Dreck und Eisenteile überschütten den Graben. Fest drücken sich die Männer an die Grubenwand, schutzsuchend vor dieser tödlichen Gefahr. ---- Jetzt bricht die Hölle los. Der Abschnitt ist längst allarmiert; wir wissen was jetzt kommt. Aus allen Rohren trommelt der Iwan auf unsere Stellung. Unaufhörlich heulen und pfeifen sie heran, die vernichteten Granaten. Abschuss und Einschlag vermischen sich zu einem unentwirrbaren Dröhnen, Zäher, beißender schwarzer Pulverqualm liegt über den Graben und Gelände, nur unterbrochen durch die Stichflammen berstender Geschosse, ---- Trommelfeuer. ---- So wie es unsere Väter zuvor schon an der Somme, in Flandern, und am Douaumont im ersten Weltkrieg erlebt haben: Granaten und nochmals Granaten wühlen sich in die Erde ein, Bäume knicken wie Streichhölzer, Fontänen von Eisen, Stahl und Erde decken fast alles Leben zu. Immer neue Lagen und Salven überschütten unseren Abschnitt! ---- Dazwischen tönt der grässliche Schrei Sanitäääter! ---
    Rechts neben mir ist eben ein Kampfstand eingedrückt worden. Spaten her! Ungeachtet des wahnsinnigen Feuers setzten zwei Kameraden ihr Leben ein, um so schnell wie möglich die verschütteten Kameraden auszugraben. Schon ziehen sie den ersten heraus, drecküberzogen mit fahlem Gesicht. Ein roter Faden läuft aus seinem Mund und dem linken Ohr. --- Es war Umsonst. ---
    Das Donnern und Heulen in der Luft --- die grauenhafte Melodie des Krieges --- wächst immer stärker an. Dem jüngsten meiner Gruppe versagen die Nerven, er weint und schreit laut nach seiner Mutter; er will den Graben verlassen und nach rückwärts laufen, ich ziehe ihn im letzten Augenblick zurück in den Graben, tröste ihn, beruhige ihn, und sein Nervenschock ist bald wieder vorbei. Sein dankbares Lächeln zeigt dies.
    Ungeachtet dieser Einzelschicksale hämmert das rasende Trommelfeuer weiter und weiter. Es ist ein Wahnsinniger fast gleichmäßiger Rhythmus von Abschuss, Einschlag und Explosion. Unzählige Geschosse jagen heran, reißen neue Trichter in das schon aufgewühlte Erdreich. Dazwischen das Gemisch von empor geschleuderter Erde und Rauch der platzenden Geschosse. Und in diesem Höllenlärm liegen wir Infanteristen zusammengeduckt im Grabenabschnitt. Wir müssen da Warten und ausharren, bis der erlösende feindliche Angriff kommt, der jeden einzelnen von uns zum Kampf Mann gegen Mann ruft.

    Sie kommen! ! !

    Wie lange wird es noch dauern? Zwei Stunden trommelt der Iwan schon. Plötzlich wie abgeschnitten, verlegt er das Feuer weiter zurück. Wie eine Erlösung pflanzt sich der gellende Ruf von Gruppe zu Gruppe: „ Sie kommen!“ Jeder stürzt an seinen befohlenen Platz. Soweit das Auge über den Grabenrand blicken kann, sieht man sie ankommen, die olivbraunen Gestalten russischer Infanterie. Jetzt heißt es: Kolben an die Backe, Ziel ---- Druckpunkt, alles in Sekunden schnelle! Die MG – Schützen bringen kaum noch den Zeigefinger vom Abzug. Sie hacken hinein in den immer näher heranrückenden Feind, und wütend schlagen die MG Garben hinein in die Reihen, der Stürmenden und fegen sie weg. Aber schon kommt die zweite Welle, und noch eine dahinter. Es scheint nicht mehr aufzuhören. Die angreifenden Sowjetsoldaten kommen unaufhaltsam immer näher heran. Wir jagen Schuss auf Schuss in die dichten Haufen. Mit teuflischer Genauigkeit schlägt das rechts flankierte sMG (eines Nürnberger Unteroffiziers ) hinein in die Vorwärts stürmenden Iwans. Links beim zweiten Zug sind sie schon --- trotz schwerer Verluste --- in den Graben eingebrochen. Ich Befehle zwei Mann zur Abschirmung an die Zuggrenze, suche selbst Verbindung mit dem zweiten Zug zu bekommen. Da kommen mir auch schon zwei Iwans, wild um sich schießend, im Graben entgegen. Deckung Handgranate abgezogen, über die Grabenecke geworfen, Körber an die Grabenwand gedrückt --- Detonation --- Aufschrei ---- Soldatenglück und Soldatenlos!

    Der Nahkampf tobt

    Unsere Abwehrfront ist in Folge der starken Verluste zum Teil schon durchgebrochen, und noch immer strömen neue Massen mit lautem „Urräää“ – Geschrei heran. Blutüberströmt mit erstarrten Körber, liegt mein tapferer MG Schütze 1 neben seinem MG , die rechte Hand noch an der Abzugsvorrichtung. Pflichtbewusst wie er immer war. Von vorne werden wir jetzt im Nahkampf angegriffen: alles eine wimmelnde , durcheinander wirbelnde Masse. Wir werfen Handgranaten auf kurze Entfernung. Ich sehe zwei Kameraden der Nachbargruppe schon zwischen den Russen --- ein alter Obergefreiter ist dabei. Sein Pistolenschuss noch im Fallen durch den Bauch des Iwan gejagt, rettet sein Leben. Der Russe ist zusammengebrochen.
    Nachdem der Feuerigel der feindlichen Artillerie ins Hintergelände abgezogen ist, kommt für uns der Befehl: Kämpfend absetzen aus dem Graben bis zur ersten Auffangstellung! Die wenigen Überlebenden unserer Kompanie erreichen zum Teil verwundetet und drecküberschmiert diesen Graben. Mit verzerrten, abgekämpften Gesichtern sind sie dem Inferno entronnen und formieren sich schon wieder zu einem Gegenstoß, der aber nichts mehr einbringt; den die eigenen Verluste und die Übermacht des Feindes ist zu groß.
    Von diesem 22. Juni 1944 an --- für jeden der dieser Hölle entronnen ist, wird dieser Tag unvergessen bleiben --- drangen fast ohne Unterbrechung die sowjetischen Armeen immer weiter Westwärts vor, bis an die Grenzen unseres deutschen Vaterlandes.

    Kurt Breuning
    ehem. Uffz. Im GR.470

    Kameradenhilfswerk der
    260. Infanterie- Division

    Mit freundlichen Grüßen

    Karlheinz

  • Im Wirbel des wandernden Kessel



    Mitte Juni 1944 kam das Feldpostamt 260 nach Orscha. Das Quartier war in der Mogilew Schule auf einer eingesehen Höhe. Am Sonntag 25. Juni, kam um 15,30°°Uhr ein Offizier und sagte man solle alles vorbereiten, um innerhalb von zwei Stunden abmarschbereit zu sein.
    Wir sollten nur zu schnell erfahren wie notwendig diese Vorbereitung war, denn schon ab 16,30 °°Uhr fing der Russe an, sich auf diese Höhe einzuschießen. Um 18,30°°Uhr war dann alles marschbereit, um sich in eine ruhige Gegend abzusetzen. Aber es sollte anders kommen, als wir es uns dachten. Die ganze Nacht fuhren wir durch und kamen gegen 4°°Uhr morgens an einen Ort (Name unbekannt), wo wir etwas ausruhen konnten.
    Hier ereichte uns um 5,30°°Uhr ein Melder der Division mit dem Befehl, selbst einen Ausweg zu suchen, weil alle befahrbaren Straßen verstopft seien. Um 6°°Uhr fuhren wir dann wieder los, je ein Mann vom Feldpostamt, Verpflegungsamt, Bäckerei, und Schlächterei – Kompanie, und suchten eine Möglichkeit, aus der Umzingelung heraus zu kommen. Leider war es umsonst. Als wir um 12,15°°Uhr nach Kochanow (25 Km. westlich Orscha) kamen, war kurze Zeit später der Russe auch schon da! Wir mussten wieder zu unserer Einheit zurückfahren, bei denen inzwischen ein Abmarschbefehl auf 18,30°°Uhr eingetroffen war. Zur angegebenen Zeit setzten wir uns in Bewegung. Wie immer in solchen Situationen ging es nicht befehlsgemäß vor sich. Für die ersten 15 Km. brauchten wir die ganze Nacht, und Tags darauf verloren wir drei von unseren fünf Fahrzeugen. Von da an ging es dann schnell rückwärts, jeder auf sich selbst gestellt. An Borrisow, Minsk, Molodetschno, Wilna vorbei, war in Lida wieder unser erster Aufenthalt. Hier konnten wir die noch mitgeführte Post am letzten tage der noch Anwesenden „Deutsche Post Osten“ übergeben und unsere Fahrzeuge wieder einigermaßen in Ordnung bringen. (Federbrüche)
    Nachdem sich alles etwas beruhigt hatte, mussten wir leider feststellen, dass auch wir vom Feldpostamt in der Kesselschlacht hohe Verluste hatten. Von 23 Mann in Orscha waren bei uns am Sammelpunkt in Polen nur noch 10 Mann übrig geblieben, die der letzten Schlacht der Division entkommen waren.

    Jakob Wiedenmann, ehem. Feldpost
    Kraftwagenführer

    Kameradenhilfswerk der
    260. Infanterie- Division

    Mit freundlichen Grüßen

    Karlheinz

  • 1.Teil


    Trotziger Angriff in Richtung Westen



    Der letzte Einsatz der 260. Division im Sommer 1944



    Die schweren Angriffe der sowjetischen Großoffensive begannen für unsere Division am 22. Juni 1944. Sie war in dem Raum südostwärts Orscha, etwas nördlich Gorgi, verlegt worden. Das Regiment „List“ (GR.199 – 57. ID.) unter Oberstleutnant König war der 260. ID. längere Zeit unterstellt. Am 23. Juni hat die Division, während die beiden Nachbarn (rechts 110 ID. links 25. PGD.) bereits nachgeben mussten, alle Einbrüche abgeriegelt oder durch Gegenstoß beseitigt. Regiment 480 (Oberst Fricker) war damals bei dem 78. Sturm – Division (links von der 25.PGD.). in der nähe zwischen 4. Armee und der 3. Panzer Armee geschoben worden. Das Regiment wurde vom 22. Juni bis zum 25. Juni bis auf 80 Mann, dabei sehr wenig vermisste aufgerieben.
    Auf der Rückfahrt von der Armee traf ich, nachdem ich bei der 78. StD. erfahren hatte, das dass Regiment hervorragend, aber sehr schwer gekämpft habe, Oberst Fricker. Als dieser nördlich des Orscha Kreuzes mit kleinstem Stab die Nord - Süd Straße überquert hatte, ging er daran nochmals einen Gefechtsstand aufzubauen. Er erzählte mir das am ersten Kampftag bereits alle Kompanie – Offiziere des Regiments bis auf zwei ausgefallen seien und das Regiment jeweils solange die Stellung gehalten habe, bis es völlig eingeschlossen, sich nach rückwärts durchschlug, um sofort wieder eine neue HKL zu bilden.
    In diesen Augenblick war das Regiment beim dritten Durchbruch; ein Bataillon war noch eingeschlossen. Oberst Fricker führte eine Kampfgruppe aus dem GR.480 unter Major Ostermeier, der vorher ein Bataillon 480 hatte, und ein Regiment der 78. Division unter Major Nädele, der bisher ebenfalls ein Bataillon 480 führte. Dazu kamen Einheiten von Sicherungsregimentern.
    Nach Rückkehr fand ich bei der Division alles so vor, wie man es auch in schwersten Kämpfen nie anders gewohnt war: Die Stellung gehalten, alles klar und bestimmt geführt. Die Truppe hatte sich hervorragend geschlagen. Als ich am 25. Juni Sonderverpflegung zur 480 bringen wollte, wurde dies mit der Begründung verboten, das Regiment sei endgültig eingeschlossen oder sogar vernichtet.
    An diesem Tag sollte zunächst in Sprüngen zum Dnjepr zurückgegangen werden. Das Absetzen wurde dann jedoch mir Rücksicht auf die Lage bei den Nachbarn beschleunigt. Die Division überschritt am 26. und 27. Juni bei Kopys den Strom , südlich Orscha.
    Das GR. 480 (Oberst Bracher) sollte nördlich davon möglichst verlastet – hierzu machte ich den größten Teil meiner Verwaltungsfahrzeuge frei --- zu einem Gegenangriff herangebracht werden, um eine Lücke an der großen Rollbahn westlich Orscha zu schließen. Dieser Angriff kam meines Wissens nicht mehr zur Ausführung, weil der Russe zu schnell vorwärts gekommen war.
    Am Nachmittag des 26. Juni wollte ich die Verwaltungseinheit über Kochanowo nach Tolotschin führen. Das war nicht mehr möglich. In Staroselje fluteten Teile des VI. Korps (3. Panzerarmee) und der linken Nachbardivision nach Süden. Russische Panzer sollten bereits bei Kochanowo und Tolotschin stehen. Ich setzte daraufhin meine Einheit nach Westen in Marsch mit dem Auftrag, sich nach Borissow durchzuschlagen und von dort aus die Division zu versorgen. Weiter erfuhr ich dass der Russe den Dnjepr bei Schkloff überschritten und Orscha zum Teil bereits genommen hat.
    Oberstleutnant von Treschkow (unser I a) wollte als ich ihn um Mitternacht ereichte, auf Grund eigener Informationen dies alles nicht glauben. Die Meldung wurde jedoch kurze Zeit darauf bestätigt durch den Adjutanten von Oberst Fricker. Oberleutnant Böhm der zu seinen Kommandeur nach Orscha durchkommen wollte und die Stadt auch von Süden eingeschlossen fand.
    Während die Division in aller Ordnung noch am 27. Juni, besonders mit dem GR.470 (Oberstleutnant Strohm) den Dnjepr überschritt, hatte die Russen in den Morgenstunden des 27. Juni mit Panzern und aufgesessener Infanterie Staroselje genommen und griff uns von dort nach Westen an in Richtung auf Markowo, wo unser Ib lag.
    Eine entgegen geworfene Alarm Kompanie aus Leuten des Stabes und der Verwaltungstruppen wurde aufgerieben. Dazu kam im letzten Augenblick noch ein von Hauptmann Gerey (Früher Adj. 460.) geführtes Alarmbataillon. Nachmittags
    entschloss sich das Korps zum Durchstoß nach Südwesten.
    Während das Regiment 470 Staroselje angriff und vorübergehend nahm, marschierte die Division nach Süden. Der Übergang über einen kleinen Fluss machte enorme Schwierigkeiten (bei Toriza), es gab unglaubliche Verstopfungen. Die schweren Wagen der Heerestruppen und der Flak fuhren die schwachen Brücken zusammen.
    Ich erkundete eine geeignete Marschstraße weiter südostwärts. Das GR. 460 wurde darauf mittags in diese neue Richtung abgedreht. Oberst Bracher riss nun alles schwungvoll mit, auch einige Panzer und selbst fahr Lafetten.
    In seinem Schwimmwagen trug er an der Spitze den Angriff vor. Ich konnte das gut beobachten, weil ich als Ordonanz - Offizier auf einem Beikrad hinter ihm herfuhr. Der Oberst wollt bis zum Druth durchstoßen. Das Bataillon Vincon hatte zum Teil schwer zu Kämpfen und erlitt große Verluste. Schließlich musste Oberst Bracher auf Grund wiederholter Korpsbefehle halten.




    Kameradenhilfswerk der
    260. Infanterie- Division

    Mit freundlichen Grüßen

    Karlheinz