260. Infanterie-Division

  • Im Kampf gegen Sowjetpanzer



    Ein Gegenstoß des III./480 beendete die Büffel - Bewegung



    Es geht gegen Morgen am 18. März 1943 matt blinken einzelne Sterne am noch Schneeverhangen Himmel, dunkle Wolkenfetzen jagen am nächtlichen Firmament. Einen günstigen Augenblick erhaschend wirft der Mond sein kaltes Licht auf die gespenstig wirkende kalte Erde. Mitten in diese Stille hinein erschallt der Ruf: Alarm – Alarm! Für unsere III./480 das einige Tage Ruhe nach der Büffel- Bewegung erhalten und sich nun halbwegs gemütlich in Zelten eingerichtet hat, bedeutete dieser Alarm eine niederschmetternde Enttäuschung. Aber so etwas sind wir ja inzwischen gewöhnt.
    Was aber ist geschehen? Bei dem vor uns liegenden Regiment 282 der 98 Division ist der Iwan in der Nacht durchgebrochen und ungefähr drei Kilometer tief eingedrungen. Unser Bataillonskommandeur Major Strohm, weist den Kompaniechef einen 500 Meter vor uns gelegenen Wald als Bereitstellung für den Gegenstoß zu. Von rechts nach links gruppieren sich die 9.11. und 10. Kompanie, dazu die Maschinengewehre und Granatwerfer der Zwölften sowie einige Pak der Vierzehnten.
    Unsere 11. geht dorthin vor unter Führung von Oberleutnant Dr. Kurt Raff aus Göppingen. Schon beim Einrücken jagte der Russe uns vereinzelte schwere Brocken herüber, so das ein Gefreiter mit Granatsplitter im Bauch zusammenbricht. Eine Stunde nach dem Alarm treten wir nach kurzem Feuerüberfall unserer Infanteriegeschütze zum Gegenangriff an.
    Schon beim Heraustreten aus dem Wald streift der Buchstäbliche erste Gewehrschuss den der Russe auf uns abgab, die li9nke Backe von Major Strohm, seine siebente Verwundung. Nach kurzem Bepflastern stürmt er mit uns weiter.
    Inzwischen haben die Sowjets versucht unseren Gegenstoß mit ihren schweren Waffen im Keime zu ersticken. Aber trotz einiger Verluste sind wir im ersten Ansturm etwa 500 m vorgedrungen und haben die vor uns liegende Höhe erreicht.
    Da wird an der linken Flanke eine grüne Leuchtkugel abgeschossen. Panzer greifen an! Von halb links sehen wir 5 T34 auf uns zu rollen, noch etwa 250 m von uns entfernt. Pak nach vorne! Oberleutnant Raff und ich damals Melder, springen in eine vor uns liegende Bodenvertiefung. Schnell wird ein kleines Deckungsloch im liegen ausgeschaufelt. Dicht aneinandergepresst und fest an die Erde gedrückt, liegen wir in den schneewässerigen aufgeweichten Boden. Unsere brennenden Augen lassen keinen Blick von dem anrollenden klotzigen Stahlungeheuern.
    Eine rasch in Stellung gebrachte Pak eröffnet nach kurzer Zeit das Feuer, Die Bedienung jagt Schuss auf Schuss den langsam heranrollenden Panzern entgegen. Nach der fünften Granate sitzt Schuss auf Schuss. Deutlich können wir die Explosionen auf den Panzern beobachten.
    Bald jagt auch eine zweite Pak hinter uns laut bellend den stählernen Kolossen ihre Granaten entgegen. Trotzdem kriechen die Gegner langsam heran, unaufhörlich aus ihren Kanonen feuernd. Endlich bleibt ein Stahlkoloss stehen, eine mächtige Stichflamme schießt gegen den grau verhangenen Himmel ein ohrenbetäubender Knall folgt. Getroffen! Dicker schwarzer Qualm liegt über den Panzer.
    Mit klopfenden Herzen aber sehen wir zwei T 34 sich immer weiter vorwärts schieben. Sie nähern sich unseren Deckungsloch. Noch 50 m, noch 40 m, noch 30 m, noch 25 m ! Plötzlich halten beide Panzer schlagartig an. Haben sie uns erkannt?
    Bange Minuten müssen wir überstehen, ich versuche mich noch fester an den Boden zu pressen. Dabei schlägt mein Spaten an die Gasmaskenbüchse und verursacht ein kaum hörbares Geräusch. Oberleutnant Raff drückt meinen Arm mit seiner Hand an den nasskalten Boden ohne ein Wort zu sagen, als wollte er damit andeuten: Ruhig bleiben, Nerven bewahren.
    Da zischt ein ekelhaftes Pfeifen über uns hinweg. Mit peitschen Knall zerbersten eigene Pak Granaten, surren ihre Splitter um uns durch die Luft. Beide Panzer werden kurz hintereinander getroffen, einer geht sofort in Flammen auf, die Besatzung des zweiten verlässt fluchtartig die Luke des Turmes und bleibt in unserem Feuer liegen.
    Die anderen zwei Panzer die gegen die links angreifende Kompanie vorgestoßen sind, drehen ab, immer wieder abwechslungsweise feuernd, um so dem Schicksal ihrer Kameraden zu entgehen.
    Sofort greifen wir weiter an in Richtung des vor uns liegenden Dorfes, Strepki, in dem sich die russische Infanterie festgesetzt hat. Die Panjehütten stehen zum größten Teil in hellen Flammen. Die Sowjets ziehen sich auf den nahen Wald zurück. Stoßtruppartig haben wir das Dorf freigekämpft. Langsam bricht die Dämmerung herein.
    Die folgende Nacht zum 19. März ist ziemlich unruhig. Der von uns besetzte Dorfrand liegt immer wieder unter heftigem Gratwerferfeuer. Zweimal besucht uns der Rollbahnotto. Vom nahen Wald dringt Motorengeräusch einiger Panzer an unser Ohr. Granaten ihrer Kanonen pfeifen herüber. Eine schlägt in den Bataillonsgefechtstand ein, in einer Russenhütte am nordöstlichen Ortsausgang. Diese steht sofort in Flammen, leider verbrennen dabei einige Kameraden buchstäblich bei lebendigem Leib. Vor uns werden Gefreiter Heinrichs und Sanitätsunteroffizier Bruno Wolter schwer Verwundetet.
    Im ersten Frühlicht treten wir wieder zum Angriff an, werde aber sofort mit heftigem Feuer empfangen. Zur Unterstützung sind uns drei Sturmgeschütze zugeteilt. Langsam wird der Iwan zurückgedrängt. Nachmittags heben wir trotz starker Verluste die alte Front wieder erreicht. Der Einbruch ist somit bereinigt und die Stellung befindet sich wieder in deutscher Hand.
    In diesen harten Tagen wurden 48 Panzer des Gegners abgeschossen: jedoch sind auch unsere Verluste sehr hoch: 42 Gefallene, 113 Verwundete und elf Vermisste, hatte unsere 260. Division zu beklagen. Ab dem 25. März ist es dann wieder ruhig, die Büffel – Bewegung ist für uns endgültig abgeschlossen.

    Kurt Breuning

    Kameradenhilfswerk der
    260. Infanterie- Division

    Mit freundlichen Grüßen

    Karlheinz

  • „Endlich mal was anderes!“



    Bei der 14./470 vor und nach „Büffel“



    Nach einem Lazarettaufenthalt in Rosslawel befand sich der Chronist Ende Februar 1942 in „Erholungsurlaub“ beim motorisierten Tross der 14./470. Bei einem Bummel über die Dorfstraße kam es zu einem Gespräch mit einem Russen, der junge Hunde abzugeben hatte. Man war sich bald einig und für eine Schachtel Zigaretten wechselte ein Welpe den Besitzer. Liebevoll aufgezogen wurde „Peter“ so sein Name trotz weiblichen Geschlechts zu einem richtigen Soldatenhund.
    Die Ugra Ressa Stellung kennte er bald in und auswendig und verhielt sich wie ein erfahrener Landser. Beim rauschen einer Granate ging er sofort in Deckung. Gab es einmal „Blauen Heinrich“ was ihm nicht schmeckte, hielt er sich bei anderen Bunkerbesatzungen schadlos. Auf mancher Grabenstreife tat er durch leises Knurren kund, das der Iwan in der Nähe sei. „Peter“ war bekannt und beliebt im ganzen Regiment.
    Eines Tages war nicht zu Übersehen das er bald Nachwuchs bekommen würde. Die nachfrage nach den Jungen setzte ein, bevor sie auf der Welt waren. Oberleutnant Beck unser Chef und von Beruf ein cleverer Kaufmann, hatte die glänzende Idee die jungen Hunde den meist bietenden zu überlassen. Da Geld weniger gefragt war, wurde als Währung „Kognac“ festgelegt. Bald erschienen fünf Welpen und gediehen prächtig.
    Dann begann die „Büffelbewegung“, wir Panzerjäger wurden der Nachhut zugeteilt. Bei Schnee und Eis und später auch noch Morast konnten wir vorne keine Hunde gebrauchen. Kurzerhand wurden sie der Feldküche übergeben mit der Bitte um Pflegliche Betreuung bis zur neuen Stellung. Dort eingetroffen kamen die sechs Hunde wieder zur Geschützbedienung. Die Kameraden Sattler und Wagner beide gefallen nahmen sich der Hunde besonders an.
    Einer der fünf Welpen ausgerechnet der kräftigste, jammerte plötzlich Tag und Nacht. Die Kameraden schimpften über die Ruhestörung, doch gerieten sie bei Sattler an den falschen. Er wurde sehr böse: Wer dem Hundle was antut kriegt es mit mir zu tun!“ Dann nahm er den kleinen und ging mit ihm zum Veterinär. Die Kameraden höhnt zwar: „Da fliegst Du sofort hochkantig raus!“ Dem war aber nicht so. Der Tierarzt war sogar sehr freundlich: „ Endlich mal was anders als immer nur Pferde!“
    Es stellte sich heraus das Knochenreste aus der Speiseröhre des Tieres operativ entfernt werden mussten. Der Arzt bedauerte eine derartige Operation bei einem solchen jungen Hund nicht durchführen zu können. Mit guten Ratschlägen versehen dazu einige Tabletten und dem Bescheid, das der Hund getötet werden müsse wenn in einigen Tagen keine Besserung zu bemerken sei. Kam Sattler zurück. Leider wurde es nicht besser und es zeiget sich, wie scher es ist unter rauen Soldaten jemand zu finden, der das Hündchen töten würde. Es hat sich dann schließlich einer bereit erklärt. Von ursprünglichen Interessenden für die Welpen meldete sich übrigens keiner mehr, so wurden sie kurzerhand verschenkt. „Peter“ blieb bei uns als weiterhin treuer Begleiter „seines“ Herrn.

    Helmuth Huber

    Kameradenhilfswerk der
    260. Infanterie- Division

    Mit freundlichen Grüßen

    Karlheinz

  • Eine typische russische Vitaminkunde

    Heiter Erinnerungen an die 260. Division im Osten



    Wir haben ihn alle kennen gelernt, den Vitaminmangel! Was die Heeresleitung dazu dachte, hatte sich in manchen klugen Heeresbefehlen niedergeschlagen. Hier aber ein paar kleine, wahre Geschichten als „Kampfbericht“ aus dem Kampf mit dem Vitaminmangel.

    Brennnessel - Spinat
    „Au! – Aber ausgezeichnet!“

    Die Schlammperiode neigte sich dem Ende zu. Die Frühjahrsmüdigkeit setzt ein. Beim Verpflegungsamt gibt s natürlich kein Frischgemüse. Aber am Steilhang des kleinen Baches fängt es an zu sprießen: frische junge Brennnesseln! Der Leutnant Führer eines Krankenkraftwagenzuges der kämpfenden Truppe stellt zwei Leute ab zum Brennnesseln sammeln. Ehrlich erstaunte Gesichter: Wenn wir a paar Gänse hätten, die sind scharf auf so was Aber wir? Sollen wir etwa die Brennnessel fressen? „Nein Ihr nicht“ sagte der Leutnant, ich selber aber möchte frischen Spinat Essen zu den Frikadellen vom Verpflegungsamt!
    Die Brennnesseln wurden mit Handschuhe natürlich abgestrupft und mit gutem Schmalz gekocht. Der Leutnant gibt zuerst ein Schauessen: Buletten mit Frühlingsspinat! Gespannt sehen seine Leute zu. „Dürfen wir auch einen Löffel versuchen“ „Gewiss sehr gerne“ Der Küchenbulle hatte vorgesorgt und nach dem ersten Versuchslöffel fast jeder der an die dreißig Leute einen Kochgeschirrdeckel voll. Jedem hat s herrlich geschmeckt.
    Aber das heitere Ende kommt erst! Der Chef des neben liegenden Hauptverbandsplatzes, der Oberarzt kommt vorbei. Wie Herr Leutnant sehe ich recht? Sie essen Spinat! Gewiss Herr Doktor weshalb nicht, man freut sich doch nach langem Winter so sehr über jedes Grüngemüse! Natürlich! Aber wie kommt s das wir keinen Spinat gefasst haben? Da hat wohl mein Verpflegungsunteroffizier wieder mal nicht gespurt. Dem werte ich was erzählen! Ist wohl nicht nötig, das Verpflegungsamt hat nur ganz wenig Spinat angeliefert bekommen! Ach Herr L. darf ich eine Bitte aussprechen: hätten Sie wohl nicht noch ein kleines Schüsselchen von ihrem Spinat übrig für mein „Kasino“ drüben; meine ‚Ärzte und der Apotheker wären begeistert! Mal sehn was sich machen läst, vielleicht ist noch ein Rest in unseren großen Pott drin! Richtig es ist noch was da! Unteroffizier Majer geht mir seinem Schüsselchen hinüber und meldet: Herr Leutnant L. läst den Herrn einen guten Appetit zum Spinat wünschen! Man läst sich s ebenenfalls trefflich Schmecken.
    Kaum ist die Mahlzeit im Kasino abgeschlossen, da kommt zufällig der Leutnant vorbei: Nun hat s ihnen geschmeckt meine Herrn! Ausgezeichnet vielen Dank! Hoffentlich verbrennen ihre Innereien nicht an den Brennnesseln! Lange aber fröhliche Gesichter gab es erst, als die Herren vom „Kasino“ mit dem Leutnant hinübergingen zu den Abfallhaufen und dort die abgeblätterten Brennnesselstängel sahen. Greifen Sie ruhig zu ob das Spinat oder Brennnesselrückstände sind! Der mutige Herr Oberstabsarzt stellte nach flüchtiger Berührung fest: Au! Aber ausgezeichnet war er doch euer Spinat.

    A.L.

    Kameradenhilfswerk der
    260. Infanterie- Division

    Mit freundlichen Grüßen

    Karlheinz

  • Kamillensammler der 260.ID.



    Wie die Latrine in guten Geruch kam



    Vor meinem Bunkerfenster tauchten eines Tages seltsame Krieger auf. Es mögen so ein Dutzend Leute sein mit Säcken. Der eine hält den Sack auf, der andere Pflückt was auf dem Boden und tut es hinein. Was wird hier gespielt? Ich frage einen: Was für Grünzeug sammelt ihr hier? Soll das Futter für eure Panjepferdchen geben? Nein Herr Leutnant. Wir sind von der Sanitätskompanie. Der Herr Apotheker hat uns befohlen hier die Kamillen zu sammeln und ihm zu bringen. Die Division will das Zeug trocknen lassen, das gäbe guten heilsamen Kamillentee!
    Zeigt mal her was ihr da in eueren Säcken habt! Das soll Kamille sein. Sind s auch. Der Herr Apotheker hat s uns selber gezeigt! Schön sammelt nur weiter! Ich gehe zum Apotheker. Ich bin da ihren Kamillensammlern begegnet. Ja und?? Haben Sie etwas gegen Kamillentee? Gewiss nicht! Aber aus dem was da draußen gesammelt wird können Sie nie und nimmer Kamillentee brauen. Was hier so in Massen wächst, sieht der Kamille zwar ähnlich, duftet auch entfernt so ähnlich, ist aber ein ganz gemeines Feldunkraut, eine Acker oder Hundskamille und durchaus nichts Offizielles! Sehen Sie ich habe ihnen so ein armes Pflänzchen mitgebracht. Sie mögen leider wohl Recht haben. Ich glaube sogar dass Sie Recht haben. Ich habe selber nur ganz wenig Botanik studiert. Meine Hauptfächer waren Mineralogie und pharmazeutische Chemie. Aber was machen wir den nun? Wenn ich das Zeug abliefern lasse bin ich ja blamiert! Das sind Sie keineswegs! Geben Sie den braven Sammlern ein paar Zigaretten! Sagen Sie das gesammelte reiche vorläufig und dann, heute Nacht nehmen Sie höchst eigenhändig die Säcke und leeren Sie sie dort hinten in die Abortgrube. Da es sich ja um Hundskamille handelt, wird dort niemand wegen eines angenehmen Duftes argwöhnisch werden. Der Armee melden Sie dann Sachen Kamille eben Fehlanzeige! So geschah s! Ich selber musste dem Herrn Apotheker ehrenwörtlich versprechen, niemanden von der Hunds - Kamillenaffäre zu erzählen. Auch das ist geschehen. Ich habe mein Versprechen gehalten.

    A:L.

    Kameradenhilfswerk der
    260. Infanterie- Division

    Mit freundlichen Grüßen

    Karlheinz

  • Rettich – Samen



    Zusatzverpflegung für Gefechtsvorposten



    Leider muss ich heute mit meinem Sanka nach Rosslawel fahren. Herr Leutnant. Könnten Sie dann nicht meinen Salat pikieren? Das wäre heute dringend dran! So begann es. Leider bin ich kein besonderer Freund von Salat. Wohl aber bin ich ein Freund von Rettichen. Die schmecken mir wenn ich welche habe vortrefflich. Und die muss man ja auch nicht pikieren sondern nur stupfen. Am gleichen Tag geht von mir eine Bestellung nach Reutlingen ab an eine mir bekannte Samenhandlung: Eiszapfen, langes weißes, Rosa Ostergruß, Münchner Bierrettich, jeweils ein Pfund, Mein treuer Fahrer und Obergefreite St. Der mich seinen Salat pikieren lies, daheim ist er Gärtner auf der Reichenau im Bodensee---meint zu gekommen Drei –Pfund – Paket Rettichsamen: Wenn der Iwan uns ein paar Wochen Ruhe läst, kann die ganze Division bei uns im Sommer Rettich vespern.
    Rettiche Stupfen hatte ich noch daheim bei meiner Mutter gelernt. Einen Rettichgroßbetrieb, so wie er nur bei uns in der Front entstand, hatten wir daheim nicht gehabt. Vom nächsten Monat ab tatsächlich reiche Rettichernte! Zwar pflügte gelegentlich der Iwan im Unverständnis für unsere Plantagenarbeit ein Beet um, aber wir hatten unsere Beete strategisch so geschickt verstreut angelegt, dass trotzdem Rettiche in Hülle und Fülle geerntet werden konnten. Bald hat sich sogar bei Nachbardivisionen herumgesprochen, wo es einen frischen Rettich gibt. Wer bei uns vorspricht bekommt seinen Radi.
    Ganz ohne Tausch geht es natürlich nicht ab. Bier ist leider keines gegen Rettiche zu tauschen, wohl aber öfters Benzin! Für einen 20 Liter Kanister Benzin, den wir für unseren Verwundeten Transport so nötig haben, gibt s bei meinem Gärtner einen Pracht s – Bund mit 40 schönen und weißen roten großen Rettichen. Als im Spätsommer die Front etwas begradigt wurde, sind nur ganz wenige Rettiche in Feindeshand gefallen. Unsere letzten Gefechtsvorposten die noch kurze Zeit in unseren Plantagen lagen, haben ehe sie sich vom Feind lösten, ihre Brotbeutel mit unseren Rettichen gefüllt. Sie haben sich später herzlich bei uns für die überraschende Verpflegungszulage bedankt.

    A:L.

    Kameradenhilfswerk der
    260. Infanterie- Division

    Mit freundlichen Grüßen

    Karlheinz

  • 1.Teil


    Bunker = Stoßtrupp bei Paplinowo



    Die 11./460 räumt beim Iwan auf



    Es war Anfang Mai 1943. ich war bei der 11./IR. 460. es war ein Stoßtruppunternehmen mit 60 Mann geplant, um Gefangene einzubringen. Der Einbruch beim Iwan sollte mit zwei Truppen zu je 30 Mann mit einem Zwischenraum von mehr als hundert Metern erfolgen. Dann sollte die russische Stellung gegeneinander aufgerollt werden. Ich glaube unsere Stellung lag damals in der Nähe von Paplinowo.
    Zu diesem Unternehmen wurden Freiwillige vom III. Bataillon gesucht. In unserer Gruppe wollte keiner so richtig mitmachen. Da kam unser Zugführer in den Bunker, ein Oberfeldwebel. Er suchte Freiwillige für diesen Stoßtrupp. Vier Mann meiner Truppe meldeten sich; als erster unser Gruppenführer, Unteroffizier Pfistner, (1945 vermisst im Raum von Thorn), dann Obergefreiter Frank (1944 gefallen), Gefreiter Baumgärtner und ich.

    Hundert Meter vorm Feind

    Das Stoßtruppunternehmen wurde genau durchgesprochen und beim Bataillons Gefechtsstand unter Leitung von Major Vincon geübt. Wir vier hatten die Aufgabe an der Einbruchstelle des rechten Stoßtrupps die Sicherung zu übernehmen.
    Also konnte das Unternehmen steigen. Morgens um „^^Uhr traten wir an, zuerst durch unsere Minengasse, Wir schlichen uns etwa bis auf hundert Meter an die russische Stellung heran und waren so zeitig dort, das wir uns noch ziemlich lange auf den Bauch legen mussten.
    Punkt 4°°Uhr schoss unsere Artillerie einen minutenlangen Feuerüberfall auf die russische Stellung. Mit seiner Vorverlegung hieß es: Sprung auf marsch – marsch! Wir stürmten vorwärts und erreichten den russischen Graben, ohne einen Schuss vom Iwan.

    Er zitterte vor Angst

    Ein sowjetischer Posten stand im Graben die Hände gegen den Himmel gestreckt, und zitterte vor Angst am ganzen Leib. Er musste sich seither verdrückt haben, weil alles so glatt ging. Unsere Kameraden rollten mit Pionieren den Graben auf. Sie hatten Flammenwerfer und Sprengladungen dabei.
    Wir vier Mann brachten als Sicherungsgruppe das MG. in Stellung mit Richtung gegen den feindlichen Waldrand.
    Obergefreiter Frank bewachte den Gefangenen, Gefreiter Baumgärtner blieb am MG. und Unteroffizier Pfistner und ich gingen noch ein Stück den Graben rechts entlang, er vorne mit der MPi, im Arm ich hinterher mir der 08 in der Hand. Das war eigentlich Leichtsinnig von mir, nur mit einer Pistole und ein paar Eierhandgranaten im russischen Graben.



    Kameradenhilfswerk der
    260. Infanterie- Division

    Mit freundlichen Grüßen

    Karlheinz

  • 2. Teil


    Der Iwan kam aus dem nichts

    Wir wandelten weiter den Graben entlang. Auf einmal kniete vor uns ein Iwan im Graben, als käme er aus dem Nichts--- und schoss sofort mit seinem Gewehr. Unteroffizier Pfistner traf die Kugel durch das rechte Ohrläppchen. Er Machte jetzt den Fehler und ließ im ersten Schreck seine MPi. Fallen und griff sich ans Ohr. In diesem Augenblick lud der Iwan sein Gewehr durch. Im Nu nahm ich meine 08 in die linke Hand drückte zugleich mit dem Ellenbogen Unteroffizier Pfistner zur Seite und traf den Iwan, bevor er noch weiteres Unheil anrichten konnte.
    Dann entdeckte ich erst das vom Graben links ein überdachter, langer Gang abzweigte. Hinter seinen schwachen Knick lag versteckt ein Erdbunker, prima getarnt. In ihm mussten mindestens sechs bis acht Russen sein. Ich hörte ihr aufgeregtes Gerede. Hastig warf ich gegen den Eingang eine Eierhandgranate, die aber an dem Grabenknick abprallte und ohne Wirkung blieb.

    Es gab noch Wunder

    Nun rief ich aufs Geradewohl nach einem Pionier. Und siehe da, es gibt noch Wunder, so glaube ich denn gleich darauf kam ein Pionier mit einer T – Mine, die mit einer Abreisvorrichtung versehen war. Ich rief los schnell wirf die Mine dahinein! Wir waren kaum in Deckung und schon flogen Bunkerbalken durch die Gegend.
    Inzwischen hatte der gefangene Russe meinen Unteroffizier Pfistner kunstgerecht verbunden; besser hätte es kein Arzt gekonnt.
    Da kam auch schon das Zeichen zur Rückkehr. Wir zogen uns schleunigst mit unserem Gefangenen zurück. Jetzt erst wachten die Sowjets erst richtig auf, denn nun bekamen wir ganz schön Zunder von ihrem Ratsch – bum, Granatwerfern und 17,2 cm Granaten. Obergefreiter Frank erhielt einen Splitter ins Bein, kam aber ohne Hilfe zurück.

    Wir finden keine Minengasse

    Und nun kam das fatalste: Wir fanden in unserer Erregung vor unserer eigenen Stellung die Minengasse nicht, und der Gegner ballerte immer heftiger. Da sagte unser Gefangener: Komm Kamerad! Da könnt ihr sehen dass der Iwan nachts vor unserer Stellung herumschnüffelt, und wir haben nichts davon gemerkt.
    Das Stoßtruppunternehmen war ein voller Erfolg. Wir hatten gefangene gemacht, Bunker gesprengt und mit Flammenwerfer ausgeräuchert. Unsere Verluste waren gering.
    Wir wurden in unserer Stellung vom Regimentskommandeur, ich glaube es war Oberst Dr, Bracher, und vom Bataillonskommandeur, Major Vincon empfangen und zu unseren Erfolgen beglückwünscht.
    Alle Beteiligten wurden dann zum Regimentsgefechtsstand befohlen. Dort wurde unser erfolgreiches Unternehmen gefeiert. Es gab ein gutes Essen, Bier wurde ausgeschenkt und Musik war auch dabei.
    Ich bekam meine erste Auszeichnung, das Sturmabzeichen. Kurz darauf fuhr ich in Urlaub. Als ich zurückkehrte musste ich die traurige Nachricht hören, das drei Kameraden meiner Gruppe gefallen waren und einer schwer Verwundet wurde. Der Iwan revanchierte sich nämlich nach unserem Stoßtruppunternehmen – und zwar gleich mit 200 Mann.

    Erich Baldermann

    Kameradenhilfswerk der
    260. Infanterie- Division

    Mit freundlichen Grüßen

    Karlheinz

  • 1. Teil


    Sturm auf den Feindgraben



    Erfolgreicher Stoßtrupp der 11./ 480 bei Kurkino



    Nachdem am 18.März 1943 die Büffelbewegung ihren Abschluss gefunden hatte, stand die 260. Division unter Generalleutnant Hahm immer noch im Verband des XIII. AK., General von Tippelskirch. Schon längst war unser Regiment 470. das ohnehin nur noch aus zwei Bataillone bestand aufgelöst. Das I. (Major Strom) war inzwischen III./480 geworden, das II. wurde als III./460 eingesetzt (Major Dr. Gebhardt). Die Division lag nordostwärts Spas Demensk, Gefechtstand war in Judino. Linker Nachbar war die 268. rechter die 183. Division.
    Der April erwies sich als ruhiger Monat, auch die Verluste hielten sich in Grenzen. Sogar eine Theatergruppe gab in Uspech ihre Vorstellung. Auch die ersten Maitage verliefen ohne Änderung.
    Ab Anfang Mai wurden dann an verschiedenen Abschnitten verstärkte Stoßtruppunternehmen durchgeführt. Dabei wurden feindliche Bunker bei Werchowje und Wyssokoje gesprengt und Teile des feindlichen Grabens aufgerollt(Rgt.460).
    Wir von der 11./480 (Hauptmann Dr. Raff) hatten den Auftrag, am 9.Mai im Zuge des bevorstehenden Unternehmens „Birkengrün“ die Wegnahme von Kurkino und Star. Lasinki, ein verstärktes Stoßtruppunternehmen auszuführen. Schon tage vorher übten wir einige Kilometer hinter der HKL. zusammen mit der III./AR.260, an Hand von Luftbildaufnahmen des feindlichen Stellungssystems.
    So wurde der ganze Zeitplan des Unternehmens die Einteilung der Stoß und Sicherungsgruppen, das aufrollen des Grabens, Ausschalten der Bunker, sowie das Loslösen, genauestens vorbereitet. Nach einigen Tagen klappte es wie am Schnürchen, sowie einst bei der Kompanieübung in Blanzy Frankreich.
    Führer des Unternehmens war Leutnant Mayer. Die erste Kampfgruppe hatte Feldwebel Leitner, die zweite Feldwebel Lebherz, die Sicherungsgruppe mit vier MG. der Unteroffizier Pfister.
    Die Nacht zum 9.Mai war gekommen. Gegen 1,35°°Uhr verließen wir gut vorbereitet unsere eignen Linie, mit MPi, Handgranaten und geballten Ladungen bewaffnet. Bis zum Abgrund eines kleinen Baches, ungefähr 30 Meter, konnten wir noch fast aufrecht gehen. Darüber springen konnten wir nicht um keine Geräusche zu verursachen.
    Da der Mond sein fahles Licht auf die Landschaft legte, hieß es nun sich auf allen Vieren an die Feindliche Stellung heranzuarbeiten. Immer wieder horchend und dann weiter robben ging es mühselig voran. Kusseln gaben uns manche gute Deckung. So ereichten wir unbemerkt gegen 3,40 °°Uhr bis auf etwa 25 m den feindlichen Graben. Da unser Artillerie – Feuerüberfall erst Punkt Vier auf Kurkino- West einsetzte, hatten wir noch einige Minuten Zeit. Wir hörten schon die Stimmen der russischen Grabenposten. Auch eine brennende Zigarette konnten wir aufglühen sehen.
    Genau vor uns standen zwei Posten in einer Sappe in ihrem Grabenloch, die Gewehre auf den Rand gelegt. Leise sprachen sie miteinander.
    Endlich begann der Feuerüberfall auf Kurkino, ein herrlicher Feuerzauber. Nun hieß es losstürmen! Der Kampf Mann gegen Mann begann, während uns die Sicherungsgruppe Pfister abschirmte.
    Unser erstes Ziel waren die Poste in der Sappe. Mit kurzen Sprüngen waren wir oben am Grabenrand. Schon wurde der einem kräftig Schlag mit seines eigenen Gewehres kampfunfähig gemacht, während der zweite Post Sekundenschnell in die Hocke ging und zu uns herauf schießen wollte. Gefreiter Ronz verhinderte das durch eine Handgranate.



    Kameradenhilfswerk der
    260. Infanterie- Division

    Mit freundlichen Grüßen

    Karlheinz

  • Blitzschnell ging es weiter. Noch immer schirmte die Feuerglocke unserer Artillerie das Vorgehen ab. Wir die zweite Stoßgruppe hatten die Aufgabe, von rechts nach links den Graben aufzurollen und die Bunker außer Kampf zu setzten, während die Gruppe Leitner von links angriff.
    Mit schnellen Atem raubenden Sprüngen drangen wir in die Gräben ein. Fast behinderten uns wir uns gegenseitig, jeder wollte möglichst schnell eine halbwegs sichere Deckung haben.
    Mit Handgranaten warfen wir uns den Weg frei. Schon tauchte der erste Feindbunker auf, gut getarnt. Der Posten war schnell erledigt, Handgranaten flogen durch den Eingang ins innere.
    So konnten wir zwei Kampfstände ausschalten. Weiter ging es den Graben entlang, immer wieder aus unserer MPi, feuernd. Sahen wir vor uns eine Bewegung wurde sofort eine Handgranate geworfen. Kurze Deckung bis zur Detonation, dann ging es weiter.
    Zwei Grabenposten waren so erschrocken dass sie sich ergaben. Die ersten Gefangenen! Ein Mann brachte sie sofort zur eigenen HKL. zurück.
    Der dritte Bunker wurde durch das einschlagen eines Fensters am oberen Bunkerrand mit einer geballten Ladung kampfunfähig gemacht. Wir waren erstaunt, dass sich noch keine größere Gegenwehr zeigte. Alarmzeichen konnten wir auch nicht war nehmen, oder hatten wir sie in den Nervenaufreibenden Vorwärts stürmen nicht bemerkt?
    Da zeigte sich auch schon der vierte Feindbunker, etwa zehn Meter entfernt an einem Verbindungsgraben nach rückwärts. Wir warfen einige Handgranaten, sprangen blitzschnell auf den Bunker und feuerten auf alles was sich bewegte. Dabei konnten wir noch einen Gefangenen machen. Den nächsten Grabenposten konnten wir durch einen kurzen Schlag mit der Faust gefangen nehmen. Auch den folgenden Bunker setzten wir ohne Verluste außer Gefecht.
    Unsere drei leicht Verwundeten konnten sich selbständig zu den Sicherungsgruppen zurückarbeiten.
    Endlich hörten wir die Stimmen der von links kommenden Stoßgruppe Leitner. Fast hätten wir uns noch selbst bekämpft, aber der Ruf „Lebherz“ bist Du das kam rechtzeitig.
    Nun war auch der Iwan erwacht, Aus der Tiefe des Kampffeldes hörten wir ein furchtbares Gebrüll, Kommandos ertönten, eine wilde Schiesserei begann.
    Unser Auftrag aber war erfüllt, es begann das Loslösen vom Feind. Grüne Leuchtkugeln das ausgemachte Zeichen, wurden geschossen. Es war auch höchste Zeit, denn der Iwan feuerte aus allen Rohren von Minute zu Minute stärker. Leider hatten wir noch zwei Verwundete zu beklagen.
    In etwa 50m Breite verließen wir, die zwei Stoßgruppen, den Graben, um weitere Verluste zu vermeiden. Zwei rote Leuchtkugeln bedeuteten für unsere Artillerie neuen Feuereinsatz.
    Schon setzte das Feuer ein. In seinem Schutz hetzten wir zu unseren eigenen Stellungen zurück. Die Leichtverwundeten und die Gefangenen wurden mitgenommen. Das stärker werdende Feuer zwang uns immer wieder in volle Deckung.
    Die Verwundeten voraus, dann die Gefangenen, dann wir, so erreichten wir den Bachgrund. Da schon das Frühlicht am Himmel erschien, schoss unsere Artillerie noch einige Nebelgranaten, um uns den letzten Teil des Rückzuges zu sichern.
    Der Iwan setzte nun mit seinen „Ratsch Bumm“ und der „Stalinorgel“ einige Salven in unsere Stellungen. Aber zu spät, ohne Verluste für uns. Den eigenen Graben konnten wir fast aufrecht gehend erreichen. Gegen 6,30°°Uhr ging diese Kampfnacht für uns zu Ende!
    Ein gut vorbereitetes Unternehmen war geglückt. Bei nur fünf Verwundeten kehrten wir mit fünf Gefangenen, darunter eine Frau, in unsere Stellung zurück. 900 Meter des feindlichen Grabens wurden aufgerollt, neun Bunker geknackt, zwei Granatwerfer und vier MG. erbeutet. Unser Kommandeur Major Strohm und unser Chef Hauptmann Dr. Kurt Raff, nahmen uns mit freudigem Hurra in Empfang.


    Dieser Erfolg wurde am 11.Mai 1943 im OKW- Bericht gewürdigt: Nördlich Kirow wurde bei einem örtlichen Untenehmen ein Einbruch in die russische Stellung erzielt. 900 Meter des feindlichen Grabens wurden aufgerollt, der Feind hatte erheblich Verluste an Menschen und Material.

    Kurt Breuning

    Kameradenhilfswerk der
    260. Infanterie- Division

    Mit freundlichen Grüßen

    Karlheinz

  • „Festtage“ in der „Büffelstellung“



    Aus dem Tagebuch eines Wachtmeisters der 10./AR.260---I.



    In der Nacht des 12. März 1943 bezogen wir die „Büffelstellung“. Am 13. März ist der Russe schon da und versucht weiter durchzustoßen. Wir feuern auf vorgehende Russen, das zweite Geschütz hat einen Rohrkrepierer. Kanonier Wiesler ist gefallen, Obergefreiter Klevorn und Gefreiter Schüler werden schwer Verwundetet. Am 29. März morgens gibt es wieder einen Rohrkrepierer, aber keine Ausfälle. Das Tauwetter hält an, wir entwässern am 30. März die Feuerstellung. Weitere Angriffe des Russen werden erwartet.
    Am 31. März bauen wir Munitionsbunker. In vierzehn Tagen muss das Dorf geräumt sein. Der Abteilungskommandeur Pihuliak wird am 1.April zum Major befördert. Walter Drenkhaus, Obergefreiter Mevissen und Franz Lüken sind gefallen. Der Russe hat Glück mit seinem Streufeuer, es werden immer weniger von den Alten.
    Am 2. April gibt es einen Dauerskat mit Leutnant Weber aus Freiburg und Hans Weiß aus Hagen, habe die beiden zum ersten Mal ordentlich „reingelegt“. Doch es ist ja nur zum Zeitvertreib. Meine Wäsche gebe ich einer Russin zum Waschen. Es gibt Abstellungen zum Bunkerbau für die Fernsprecher, dazu einen Rechner – und VB – Lehrgang. Kaum ist etwas fertig sind schon wieder Leute abzugeben, an jedem Geschütz bleiben nur fünf Mann.
    Am 4. April scheint sich der Russe wieder beruhigt zu haben. Wir bauen weiter Bunker, aber Holz kommt nicht ran und am 12. April muss das Dorf geräumt sein! Es hat viel Geschneit, aber die Sonne schmilzt alles wieder fort. Am Morgen des 5. April haben wir sieben Grad Kälte.
    Am 10. April wird Leutnant Wanke auf Befehl des Kommandeurs von der B- Stelle in die Feuerstellung geholt und zusätzliche Leute werden an den Geschützstand gestellt. Auch am 11. April wird den ganzen Tag gearbeitet, Hans Weiß und ich sind am Kommandobunker. Der Kommandeur ist wieder in der Stellung und treibt uns an.
    Bis zum 14. April arbeiten wir wie wild, damit die Stellung fertig wird. Am 15. April besuchen Regiments und Abteilungskommandeur die Feuerstellung und sehr zufrieden—daher!
    Am 16. April geht es zu Fuß zur Protzen Stellung in Gorki, dort werden alle Waffen notiert. Unser Spies Willi Schlüter wird Leutnant, Hans Uhlmann wird Spieß und Hans Küpper Futtermeister. Am 17. April reite ich mit Gulde zur Fernprotze. Mittags essen wir dort eine ordentliche Pfanne Bratkartoffeln, abends Eier mit Milch. Am 19. April geht es zurück in die Feuerstellung. Leutnant Dahlhaus ist wieder bei der Abteilung.
    Am 22.April ist das Wetter gut, Radieschen kommen aus der Erde. Wenn es nicht mehr zu hart friert, werden sie sicher gut. Aus der Fernprotze schickt Heinrich Etgeton eine Kiste für Infanterie Munition--- voll mit Eiern die sind für Ostern.
    Am 24. April wird Leutnant Dahlhaus Adjutant, Oberleutnant Chef der der Elften und Leutnant Weßner geht zur leichten Batterie zurück.
    Am 25. April halten wir Oster-Gottesdienst in der Feuerstellung bei Gnesdilowo. Den Tag über bleibt es ruhig, die Ostereier schmecken gut. Neuer Chef der 12. Batterie ist Oberleutnant Schäfer ein Bauernsohn aus Württemberg. Leutnant Weber übernimmt die B-Stelle. Leutnant Wanke wird Batterieoffizier, bleibt aber noch einige Tage auf Beobachtung zur Einweisung des Oberleutnants.
    Die 11. Batterie macht am 27. April in der Nacht Stellungswechsel. Die 98. Division wird herausgezogen, dafür kommt unsere Division weiter nach rechts. Hoffentlich können wir in der Stellung bleiben. Wir liegen aber ganz am linken Flügel und so kann das gut gehen. Wir bekommen Samen für Möhren, Radieschen und Salat. Weitere drei Fenster werden eingebaut. Am 1. Mai sind wir zum Theater in Gnesdilowo: „Mogeleisen“ so recht was für Landser.



    1. Teil




    Kameradenhilfswerk der
    260. Infanterie- Division

    Mit freundlichen Grüßen

    Karlheinz

  • 2. Teil
    Am 8. Mai bin ich der Protzen Stellung. Trotz anfänglich gutem Wetters gibt es später Regen und ich werde dabei sehr nass. Am 9. Mai unternehme ich mit Hans Jung einen kleinen Ritt. Später sitzen wir mit Rechnungsführer Kurt Tölle zusammen. Am 10. Mai geht es zur Feuerstellung zurück, zwanzig Eier werden in der Gasmaskenbüchse mitgenommen. Ein Geschütz wird zur Bunkerbekämpfung vorgezogen. Hans Pottbäcker hat mir ein großes Paket von zu Haus mitgebracht. Prima!
    Am 14. Mai werde ich als Leitungsorgan für eine Regimentsübung zur 5./AR. 198 ganz am rechten Flügel unserer Division befohlen, Leutnant Weber zu einer anderen Einheit. Am Abend sind wir wieder in der Stellung. Leutnant Weber geht dann am 15. Mai nach Jelitschejewo als Lehrer für Artilleristik Etgeton und ein neuer Hauptwachtmeister ist gegen Abend gekommen. Die Grundstufe für unser Geschütz wird am 17. Mai ermittelt auf den Stand, den ich bei Gnesdilowo ausgesucht habe.
    Am 19. Mai übereicht der Major mir das Eiserne Kreuz. Der zweite Geschützstand ist jetzt auch fertig. Am 20. Mai sind wir wieder im Theater, prima Kräfte! Der Schneider hat mir aus einer langen Hose eine tadellose Reithose gebaut. An sofort müssen alle Pferde sechs Wochen im Freien bleiben, damit die Räude endgültig bekämpft werde kann.
    Am 26. Mai werde ich mit einem Geschütz zur Abteilungsrahmenübung befohlen, so ein Unfug. Am 29. mai gibt es eine Feuerleitübung. Am 30. Mai haben wir eine Zusammenkunft des Unteroffizierskorps in Gnesdilowo. Am 31. Mai besucht der Regimentkommandeur die Stellung. Am 1. Juni kommt Unteroffizier Bernard vom Nachrichtenlehrgang zurück.
    In der nähe der Feuerstellung finden wir am 8. Juni ein Entennest mit 12 Eiern. Am Pfingstsonntag 10. Juni schlüpfen die Kücken zehn Stück! Die Mutti ist ziemlich zahm, die Landser laufen hin sich das Familienglück anzusehen. Am Pfingstmontag kommt Leutnant Weber vom Kursus zurück.
    T.Arians

    Kameradenhilfswerk der
    260. Infanterie- Division

    Mit freundlichen Grüßen

    Karlheinz

  • 1. Teil


    Die Stellung wurde ihr Grab



    Divisions- Bataillon 260 im „Balkon von Kurkino“



    Nach Anschluss der „Büffelbewegung“ übernahm im Juli 1943 das erst im März aufgestellt Divisions- – Bataillon 260 einen Abschnitt nördlich Spas – Demensk, zwischen den Regimentern 460 (links)und 480 (rechts). Beim rechten Nachbarbataillon bildete die HKL fast einen rechten Winkel, mit der Spitze gegen das Dorf Kurkino gerichtet, der Balkon. Am 7. August setzte das feindliche Artilleriefeuer ein, der Beginn einer erwarteten Großoffensive. Nach drei Tagen kommen Infanterie und Panzer, der linke Nachbar wird durchbrochen. Unsere Gräben sind eingeebnet.
    Wir geben Teile des Vorfeldes auf, der Gegner rückt nach. Plötzlich tauchen zwei Panzer auf. Ich hole zwei Pak Bedienungen aus ihrem Bunker, die durch das Tagelange Trommelfeuer nicht bemerkt haben, das der Nahkampf begonnen hat.
    Durch den Abkürzungsgraben den die Soldaten der Kompanie Burkon noch vor Beginn des Großangriffes fertig gestellt haben, geht es zurück zur Anhöhe. Nach etwa 40 Metern kann jedoch von einem Graben keine Rede mehr sein; das Artilleriefeuer hat auf einer Strecke von 300 bis 400 Metern eine flache Mulde aus ihm gemacht.
    Unterdessen hat sich am Bataillons – Gefechtstand ein heftiger Gewehrfeuerwechsel entwickelt, zwischendurch gaben Maschinengewehre Feuerstöße ab. Die beiden Panzer rasseln nacheinander ein Stück vor. Dann halt ein Schuss aus einer Panzerkanone durch den Wald, nach Minuten noch einer.
    Mit dem vor mir robbenden Melder habe ich Ärger. Er hebt sich leichtsinniger weise zu sehr von Boden ab. Wahrscheinlich wird deshalb die Bedienung einer russischen Pak auf uns aufmerksam und schießt auf uns. Zum Glück ist der Schusswinkel so ungünstig, das alle Granaten als Abpraller über uns wegfliegen.
    Der Verbindungsgraben hat in seinem letzten Stück noch seine ursprünglich Tiefe. Von hier aus habe ich einen umfassenden Ausblick auf den rückwärtigen Wald und die offene Flanke.
    Der Lärm beim Gefechtstand geht unvermindert weiter, zwischendurch zwei gewaltige Detonationen. Mit ihnen hatte es wie mir später von Augenzeugen übereinstimmend berichtet wird, folgende Bewandtnis.
    Auf dem am Gefechtstand vorbeiführenden Fahrweg sind die beiden im geringen Abstand hintereinander fahrenden Panzer bis auf etwa 50 Meter an den Gefechtstand herangekommen. Ihre Infanterie Begleitung ist ein gutes Stück zurückgeblieben. Unter dem Feuerschutz unserer Infanterie Waffen arbeite sich nun Hauptmann Ostermann, durch den Straßengraben kriechend, an beide Panzer heran und schiebt jeden eine Tellermine unter seine Laufkette.



    Kameradenhilfswerk der
    260. Infanterie- Division

    Mit freundlichen Grüßen

    Karlheinz

  • 2. Teil
    Der Gegner geht zurück

    Mit dieser Tat wendet sich das Kriegsglück auf unsere Seite. Langsam verlagert sich das Infanteriefeuer in Richtung auf die offene Flanke. Dann laufen auf einmal zwei drei braune Gestalten aus dem Wald über eine Wiese zurück, die sich im weiten Oval in den Wald hinein schiebt. Da die Flüchtenten von keiner Seite beschossen werden, fallen sie in Schritt. Ein einzelner folgt. Eine Gruppe von fünf oder sechs Mann kommt nach. Es werden immer mehr.
    Die Entfernung zu ihnen ist so groß, das sie wie harmlose Spielzugsoldaten wirken. Einige von ihnen marschieren nun auf den zwischen ihnen und uns liegenden Geländeeinschnitt zu, der von uns nicht vollständig einzusehen ist—in dürfen sie daher nicht erreichen. Das mir zur Verfügung stehende MG wird auf dem Grabenrand in Stellung gebracht und feuert auf sie, was es hergibt. Die Russen beginnen wieder über die Pläne zu rennen und versuchen, den jeweils nächstliegenden Waldrand zu erreichen. Im nu ist die Waldwiese wie leer gefegt.
    Auf dem Rückweg fällt mir das scharf geschnittene Profil eines älteren MG - Schützen auf. Der baumlange schlanke Mann steht tief gebückt hinter seinem MG und beobachtet aufmerksam über den Grabenrand hinweg die andere Seite, seine buschigen Augenbrauen sind grau meliert. Auf meine Frage wir er als Älterer in diese Frontdivision komme, erfahre ich das er einer Landesschützeneinheit angehört habe, vor wenigen Tagen aus dem Urlaub in Brest – Litowsk zur 260. ID. kommandiert worden, 48 Jahre alt, schwäbischer Landwirt und ein kinderreicher Familienvater sei.
    Als ich im weggehen beiläufig bemerke, das sein junger Kamerad der an der Lehmwand zusammengesunken liegt, einen festen Schlaf habe, Antwortete der Alte: Der ist seit gestern Nachmittag tot, durch Kopfschuss gefallen. Seitdem gibt es für den Überlebenden keine Ablösung mehr.
    Nicht weit von diesem Kampfstand ragt aus der Erde an der Grabensohle ein Stück von einem Stiefelschaft, ein Koppelschloss, etwas von einem Uniformstück, ein mischblonder Haarschopf--- kein seltenes Bild. Tödlich getroffen in den Graben gesunkene Soldaten sind von der durch Granateinschläge hochgeworfenen Erde sofort notdürftig begraben worden. Mir kommt der Gedanke dieser Tode könnte Zander sein. Er hat dieselbe Haarfarbe. Mit der Hand schiebe ich die Erde von seinem Gesicht: das gleich volle flächige Gesicht. Ich bin überzeugt Zander gefunden zu haben. Im Stollen berichte ich darüber. Ein zufällig anwesender Kompaniemelder widerspricht sogleich.
    Den Toten den Sie gesehen haben, ist nicht Zander gewesen. Ich habe ihn am Abend vor dem Großangriff in einem Splitterschutzloch in der Grabenwand sitzen sehen--- Tot. In einem Schutzloch schräg gegenüber kauerte der Dolmetscher – tot. Offenbar ist zwischen beiden auf der Grabenkante eine Granate eingeschlagen.
    Zwischen beiden. – Da ging ich doch bis Zander mir am Stollen sagte: Bleiben Sie doch gleich hier Herr Leutnant, Sie brauchen bestimmt nicht mitzugehen, das mit dem Überläufer schaffe ich alleine. Der Zufall ist ein Launenhafter Geselle.
    Der Abend legte sich auf die Landschaft. Es gibt nur noch den üblichen Feuerwechsel mit der anderen Seite und der Gewissheit, dass mit den verbliebenen Kräften die Stellung kaum noch erfolgreich verteidigt werden kann. Dem entspricht der Divisionsbefehl der uns noch vor Dunkelheit erreichte: Um Mitternacht sei die Stellung zu räumen, zuvor müssen die Verwundeten herausgeschafft werden.
    Die Gefallenen bleiben also. Für sie wird diese Stellung zur letzten Ruhestätte. In der Mondhellen Nacht schleppten nun während zwei Stunden abgekämpfte Soldaten ihre zerschossenen Kameraden schweigend durch halbverschüttete Gräben. Man hörte kein Wehklagen der Verwundeten. Auszeichnungen werden verliehen. Ein paar Wochen später erhält Hauptmann Ostermann das Ritterkreuz.
    Dr. E. Rossa

    Kameradenhilfswerk der
    260. Infanterie- Division

    Mit freundlichen Grüßen

    Karlheinz

  • Unheilvolle Stellung



    Beim Divisionsbataillon 260



    Am 7. August beginnt der Sowjetische Großangriff. Unser Bataillon liegt in einem Abschnitt nördlich Spass – Demensk, zwischen der Regimentern460 (links) und 480 (rechts). Nach schweren Verlusten gelingt es zunächst, unsere Stellung im wesendlichen zu behaupten. Dann aber müssen wir auf Grund eines Divisionsbefehls in Anbetracht der Gesamtlage doch zurück.
    Noch bei nächtlicher Dunkelheit erreichen wir am 1. August 1943 die neue Stellung, einen Schützengraben mit einem davor liegenden Panzergraben. Der Schützengraben ist nicht voll ausgebaut, er reicht einen Soldaten von durchschnittlicher Größe gerade bis zum Koppelschloss. Vermutlich ist man bei seiner Anlage davon ausgegangen, das die Infanteristen die in einmal besetzten würden, während des Stellungskrieges Zeit und Muße hätten, ihn bis auf die notwendige Höhe auszuheben. Vielleicht hat aber auch die Zeit so gedrängt, dass man nicht dazu gekommen ist, die Anlage vollständig auszuführen.
    Jetzt hätte jeder Grabensoldat neben dem unvermindert anhaltenden Feuergefecht mit den Russen ein Stück von 70 bis 100 Meter um etwa 50 cm zu vertiefen – eine Aufgabe die keiner mehr erfüllen kann. Das Bataillon bezieht daher nicht den Schützen – sondern den Panzergraben. Das kommt uns jedoch teuer zu stehen.
    Eins, zwei vordringende russische Panzer bleiben zwar in dem Panzergraben – das ist auch sein Sinn stecken, doch haben sie dort in dem fast Schnurgerade gezogenen Graben alle Kämpfer des Bataillons aufgereiht vor den Mündungen ihrer Feuerwaffen liegen. Das bringt uns schwere Verluste ein. Neben vielen anderen fällt ihr Oberfeldwebel Albrecht aus Nürnberg, mit dem ich eine Zeitlang derselben Kompanie im Regiment 480 angehört hatte. Unter erheblichen Verlusten gelingt schließlich der Rückzug auf den Schützengraben.
    Hauptmann Ostermann hält sich fast ausschließlich in der Stellung auf, während er mir den Dienst im Bataillons - Gefechtstand überlässt, einen Bunker in einem kleinen Waldstück. Hier meldet sich gegen 11°°Uhr ein 32 Jähriger Leutnant, der den Zivilberuf eines Berufschullehrers hat und unserer Einheit als Ersatz zugeteilt ist. Fronterfahrung bringt er leider nicht mit. Er übernimmt eine Kompanie die jedoch nur noch die Stärke von drei, allenfalls vier MG – Bedienungen hat. Ein Melder weist ihm den Weg in die Stellung. Bereits drei Stunden später kehrt derselbe Offizier mit einer schweren Verletzung zurück. Ein Granatsplitter hat ihm die Schulter zerschlagen.
    Am frühen Nachmittag finde ich Zeit, mich in der näheren Umgebung umzusehen. Auf den Weg zum Sanitätsbunker fliegt ein Leuchtspurgeschoss etwa zehn Zentimeter an meinen Augen vorbei.
    Ein junger Soldat sitzt im Sanitätsbunker mit entblößtem Oberkörper auf einem Schemel, schräg hinter ihm steht Assistenzarzt Dr. Damerow der mich sogleich fragt: Sehen Sie hier eine Verwundung? Auf dem gebräunten muskulösen Rücken ist nicht der geringste Ritz zu erkennen. Als der Soldat meine verneinende Antwort hört, jammert er über seine schwere Rückenverwundung, zeigt mit dem Finger auf die angebliche Wunde. Nichts von einer solche ist zu sehen und ---- gleichwohl ein schwerer Krankheitsfall.
    Kurz darauf trifft in meinen Bunker ein 20 jähriger Gefreiter mit der von ihm als Ranghöchsten und Dienstältesten geführter Kompanie ein, die allerdings nur noch aus acht Mann besteht. Er meldet die Kompanie habe die Stellung nicht halten können. Dabei hat sich außer dem üblichen Feuerwechsel in dem Frontabschnitt nichts Besonderes zugetragen. Auch er hat die Nerven verloren. Um das Loch in der Front schleunigst zu schließen, ziehe ich mit allen wieder nach vorn. Wir nutzen in Schützenreihe vorgehend, eine flache Mulde aus. Mit einem Mal haut die russische Artillerie hier hinein. Wir laufen auseinander, jeder versucht auf eigene Faust die Stellung zu erreichen.

    Ich selbst habe einen weiteren Bogen zum linken Flügel gemacht, auf dem die 2. Kompanie unter Leutnant Fleischer eingesetzt ist. Das Gelände ist flach wie ein Brett und offen. Die meisten haben auf ihrem Postenstand den Graben so vertieft, dass sie aufrecht stehen können. Fleischer der sich mal hier mal dort aufhält, ragt mit dem ganzen Oberkörper aus dem Graben. Er beobachtet aufmerksam die gegnerische Stellung und, wenn drüben ein Mündungsfeuer aufblitzt duckt er sich schnell in den Graben. So viel Zeit bleibt ihm bis das Geschoss eintrifft. Während ich mit ihm die Lage erörtere, passen wir beide einmal nicht auf und die Geschosse eines Feuerstoßes sausen uns um die Ohren.
    In der Nacht wird diese unheilvolle Stellung aufgegeben. Mit einigen Infanteristen bilde ich die Nachhut des Bataillons. Es ist schon hell, als wir aus dem Wald treten und einen tiefen Teileinschnitt unserer neuen Stellung vor uns haben. Ein schmaler Weg führt den stark abfallenden, hohen Talhang hinunter. Durch die breite mit hüfthohem Gras bewachsene Aue schlängelt sich ein harmloses Gewässer. Ein wenig vor dem Talhang auf der anderen Seite buddeln unsere Schützen bereits ihre Löcher.
    Einige sind gerade damit fertig, als der erste Russe genau an der Stelle aus dem Wald tritt, an der ich etwa 15 Minuten zuvor gewesen bin. Der MG – Schütze neben mir eröffnet sofort das Feuer auf ihn. Durch mein Fernglas beobachte ich, wie der flach auf dem Boden liegende russische Infanterist in wenigen Augenblicken mit dem Spaten einen kleinen Erdhügel vor sich aufwirft und sich dann langsam tiefer und tiefer eingräbt. Jedenfalls ist er keinen Meter zurückgewichen. Er hat von dort ein hervorragendes Schussfeld in den Talgrund.
    Unser Bataillons – Gefechtsstand wird auf der Höhe hinter einem Haselnussgebüsch eingerichtet. Durchbruchversuche unternimmt der Russe in unserem Abschnitt nicht. Dennoch trifft schon recht früh am Nachmittag der Befehl ein, um Mitternacht auf eine neue Stellung zurück zu gehen. Diesen Befehl an die Grabenbesatzung weiterzugeben, ist dem Bataillonadjutanten persönlich aufgetragen.
    Mit einem Melder beginne ich am rechten Flügel von Schützenloch zu Schützenloch. Dann jedoch kommen wir in den Feuerbereich des MG jenes Russen von heute früh. Dieses den Talgrund weithin beherrschenden MG nimmt uns fast pausenlos unter Beschuss. Dagegen ist nicht anzukommen.
    Mein Melder und ich retten uns mehrmals dadurch, dass wir uns in das Meterhohe Gras werfen. Es bleibt schließlich nichts anders übrig als das die Soldaten den Rückzugsbefehl von Schützenloch zu Schützenloch einander zurufen.

    Dr. E. Rossa

    Kameradenhilfswerk der
    260. Infanterie- Division

    Mit freundlichen Grüßen

    Karlheinz

  • Zurück hinter die Desna



    Aus dem Tagebuch eines Wachtmeisters der 10./AR. 260 – II.



    Am 14. Juni 1943 geht die Parole um, dass die Division Stellungswechsel machen werde. Ein Bataillon der 460. wird in der Nacht zum 16. Juni tatsächlich verlegt. Ein Regimentskommandeur de linken Nachbardivision besucht uns. Leutnant Weber fährt am 18. Juni in Urlaub, Leutnant Schilling ist zu Einarbeitung schon eingetroffen. Ich selbst werde Oberwachtmeister Hohnsträter während seines Urlaubs vertreten. Leutnant Schlütter kommt nach seinem Urlaub zur Stabsbatterie.
    Die „Russenbatterie“ und die zwölfte bekommen am 22.Juni je zwei Geschütze hinzu, so dass beide jetzt sechs Rohre haben. Die beiden neuen Haubitzen sind am 23.Juni sofort in die vorbereiteten Stände gefahren worden. Ein Arbeitskommando unter Heinrich Dreimann mit fünf Mann von uns ist zur zwölften kommandiert. Sie bauen neue Stellungen aus, es soll dort ein gutes Panzerschussfeld geben. Am 25. Juni ist bis auf sechzig Granaten alles abgefahren, am Abend des 26. Juni beginnt der Stellungswechsel. Ich bin schon mit der Muni – Staffel voraus, um die neuen Geschützstände auszusuchen. Bald nach Mitternacht sind wir wieder feuerbereit. Der erste Geschützstand ist am 28. Juni fertig, mittags wird am zweiten angefangen. Der Kommandeur kommt und ist zu frieden. Der zweite Stand ist dann am 30.Juni fertig. Auch der Regimentskommandeur besucht uns wieder. Am 1.Juli wird Felix Bressem von der 12. Batterie am Unterkiefer schwer verwundetet.
    Am 3. Juli sind General – Regiments – und Abteilungskommandeur in der Stellung: alles in Ordnung! Die Batterie wird am 4. Juli eingeschossen, der Russe antwortet zum Glück nicht. Am 8. Juli ist die Stellung fertig und am 10. Juli wird mit dem bau des Kommandeurs Bunker begonnen. Der höhere Artilleriekommandeur, Regiments – und Abteilungskommandeur sehen sich die Stellung an.
    Am 20. Juli gibt es Alarm: Am späten Nachmittag ist der Russe nach Artillerie – Vorbereitung in den Hauptverteidigungsgraben eingebrochen. In der Nacht bleibt es ziemlich ruhig. Leutnant Wanke geht am 24. Juli nach Smolensk zur Batterieführer Schule, Leutnant Weber vertritt ihn. Bei einem Fußballspiel schlägt die Zehnte das Regiment mit Acht zu Eins.
    Der Russe zieht seit Tagen vor uns Truppen zusammen und schafft Material heran. Über 70 feindliche Bomber überfliegen am 31. Juli unsere Stellungen, auch am 1. August ziehen sie den ganzen Tag über uns hinweg. Am Abend des 5. August kam der einzig Kamerad aus meiner Heimat Jakob Kisters zu mir. Er wird zur Alarmkompanie abgestellt.
    Am Abend des 6. August liegt schweres Feuer aus Rohren aller Kalieber auf dem Abschnitt unseres linken Nachbars. In der Frühe des 7. August beginnt der Russe zu trommeln, auch auf unsere Stellung. Bald schießen auch wir Stör und Vernichtungsfeuer auf Feindliche Batterien. Bei Alexandrowo ist der Russe mit Panzern durchgebrochen, die Nachbar - Division soll teilweise eingeschlossen sein. Doch in der Nacht bleibt alles ruhig.
    Am 8. August morgens greift der Russe an: Judino wird von ihm genommen, ebenfalls die 7. Batterie, die dort steht. Die Neunte hält den Gegner mit Erfolg ab. Die sowjetischen Flieger sind sehr aktiv, sieben werden abgeschossen. In der Nacht machen wir Stellungswechsel, die HKL muss zurückgenommen werden. Jakob Kisters ist gefallen!
    Am 9. August setzt morgens das Trommelfeuer wieder ein, auch die Flieger kommen in Schwärmen. Die Munitionsstaffeln werden noch heftiger angegriffen als am Vortag. Den ganzen Tag wird viel geschossen, auch am 10. August erscheinen wieder sowjetische Fliegerschwärme, doch gegen Mittag kommen unsere Jäger. Einige feindliche Maschine werde heruntergeholt, das wirkt. Leutnant Weber ist als vorgeschobener eingesetzt, kommt aber am 11. August zurück.

    In der Nacht geht es wieder 7 Km. zurück. Der Gegner hat die Höhe 333,3 genommen und kann von dort aus weit in unser Hinterland sehen, in fast alle Feuerstellungen. Die „Barbarossastellung“ wird in zwei Etappen bezogen, Leutnant Weber sucht neue Feuerstellungen aus. Der Russe drückt in unserem Abschnitt nicht stark, dafür aber weiter links. Wir müssen noch mal 5 Km. weiter, weil der Iwan links von uns durchgebrochen ist.
    Am 13. August kommt morgens Munition. Der Tag verläuft ziemlich ruhig auch der 14. August. Es scheint dass der Russe neue Kräfte heranführen muss. Im Wehrmachtsbericht wird unsere Division westlich und südwestlich Wjasma erwähnt.
    Am 15. August marschieren wir von Prochody nach Rjasanka. Es geht die ganze Nacht hindurch, unterwegs fahren wir uns fest. Die Geschütze werden einzeln herausgezogen, und zwei sofort bis hinter die Desna gebracht. Am Abend verschießen wir die restliche Munition, etwa siebzig Granaten. Das ist eine ganz tolle Nacht, auch die restlichen Pulverbeutel werden verbrannt.
    Am Morgen des 16. August sind wir in der neuen Stellung. Schon erscheint der Kommandeur: Die beiden russischen schweren Haubitzen bis hinter die Desna bringen in den Raum von Projanowo, vierzig Kilometer südlich Jelnja.
    Die 13. Batterie ist damit vorerst aufgelöst, weil keine russische Munition mehr herankommt. Die Bedienung geht zu ihrer Stamm - Batterie zurück.
    Am 17. August treffe ich Unterveterinär Theo Hermans aus Pont, ein Nachbardorf meiner Heimat. Mittags bin ich Trojanowo, abends gibt es Kartoffel mit Reis. Am 18. August esse ich bei der Feldstrafabteilung. Am 19. August ist Ruhe an der Desna. Es wird eifrig gebaut, Gräben und Bunker für die Infanterie. Auf den Hängen westlich des Flusses werden Beobachtung – Stellen ausgehoben, aber vorerst ohne Bunker. Wir essen weiter bei der Strafabteilung meist auch abends.

    T. Arians

    Kameradenhilfswerk der
    260. Infanterie- Division


    Mit freundlichen Grüßen


    Karlheinz

  • 1.Teil


    Der Feind steht auf drei Seiten



    Divisions- - Bataillon 260 im „Balkon von Kurkino“ 1943



    Der Verfasser dieses Berichts erlebte mit dem Bataillon 260 den Sowjetischen Großangriff am 7. August 1943 in der HKL der „Büffelstellung“ während die dem Autor des Buches verfügbaren Unterlagen die gleiche Einheit als Gegenstoßreserve sehn.

    Im Juli 1943 übernimmt das Division – Bataillon 260. das nach Abschluss der „Büffelbewegung“(März 1943) seine Aufstellung vollendet hat und nebenher wesendlich im Wegebau eingesetzt war, einen Frontabschnitt in der letzten „Büffelstellung“ nördlich Spas – Demensk. Links von uns liegt das Regiment 460. rechts das Regiment 480. Im bereich des unmittelbar rechts liegenden Bataillons, das von dem damaligen Oberstleutnant Strohm geführt wird, knickt der Hauptkampfgraben fast im rechten Winkel um. Die Spitze dieses Winkels zeigt nach Osten, auf das Dorf Kurkino. Hier am Balkon von Kurkino beginnt die kurze Geschichte vom Untergang des Bataillons 260.
    Bei der Übernahme des Abschnitts durch uns ist bekannt, dass ein Russischer Großangriff im Mittelabschnitt bevorsteht.
    Für uns gilt es den bestmöglichen Verteidigungszustand zu schaffen. Die gesamte Stellung wird vermint und verdrahtet, das Grabensystem erweitert, Spähtrupps schleichen nachts vor den russischen Stellungen entlang, ein paar Dolmetscher liegen tagsüber in ihren Deckungslöchern nahe dem russischen graben auf der Lauer um telefonische Gespräch abzuhören. Ausgelegte Kabelstränge fangen die im Erdreich umlaufenden elektrischen Ströme russischer Fernsprechleitungen auf. Das Abhörsystem klappt ausgezeichnet und bringt die Bestätigung, dass die Kräfte auf der Gegenseite massiert stehen und ihre Überlegenheit so groß ist, dass die Möglichkeit einer erfolgreichen Abwehr kaum noch gegeben ist.
    Eines Tages kommt außerordentlich Hilfe. Die vordersten Stellungen müssen für den Einsatz von Sturzkampfflugzeugen mit gelben Fliegertüchern markiert werden. Dann setzen die Stukas hoch über uns nacheinander zum Sturzflug auf die feindlichen Stellungen an, stoßen ihre Bombenlast ausklingend unter markerschütterndem Geheul herunter, ziehen kurz über den Erdboden steil hoch und drehen in der Anflugrichtung ab. Der in mehreren Wellen mit großartiger Genauigkeit geflogener Einsatz richtet auf der Gegenseite verheerenden Schaden an. Die in der Nacht aus ihren Löchern zurückkehrenden Abhördolmetscher berichten wie viele Bunker vernichtet und „Kästen“ übersetzt russische Tarnbezeichnung für Panzer zerstört worden sind. Kennzeichnend für das Ausmaß der Schadens ist der aufgefangene Ausspruch eines sowjetischen Offiziers: „Der 44ste“--- mit dieser Tarnzahl ist ein uns gegenüberliegender Bataillonskommandeur gemeint – „läuft kopflos umher“
    Vor einer allabendlichen Meldung an die Division unterrichte ich mich wieder einmal über den Stand der Arbeit am Grabensystem. Vom Rand des Waldes in den Bataillons – Gefechtstand liegt, führt ein rund 300 Meter langer Graben frontwärts eine leichte ansteigende Bodenwelle hinauf, biegt oben im rechten Winkel nach links ab, läuft etwa 300 Meter auf der Anhöhe, um dann steil zum Hauptkampfgraben abzufallen. Der so im Winkel verlegte Graben hat den Vorzug, dass er vom Feind nicht einzusehen ist.
    Zurzeit wird an einem weniger sichtgeschützten Verbindungsgraben gebaut, der diesen rechten Winkel ausspart. Die Arbeiten an diesem Verkürzungsgraben müssten bald abgeschlossen sein. Soldaten der schweren Maschinengewehr Kompanie sind mit dem Aushub beschäftigt. Unterwegs treffe ich ihren Chef Oberleutnant Dr. Burkon. Der gleich mir auf dem Weg zu ihnen ist. Der blonde hochgewachsene Jurist aus Prag will jedoch deshalb nicht wie ich im Graben gehen, weil seine Leute teils außerhalb des Grabens arbeiten müssen.

    Also steige ich ebenfalls heraus und beide marschieren wir über die freie Pläne—jede Kugel trifft ja nicht. Auf dem Rückweg passiert es dann aber. Ich sehe wie ein Feuerstrahl vorne aus Burtons Stiefelschaft springt. Burkon fällt um – ein Leuchtspurgeschoss hat sein Schienbein durchschlagen.
    Tags darauf heißt es: In der Früh des nächsten Tages beginnt der russische Angriff. Das klingt wie ein Befehl in eigener Sache; offenbar ist die Übergeordnete Führung genau unterrichtet, was sich auf der anderen Seite tut. Unsere für diesen Fall getroffene Vorausplanung wird bekannt gegeben.
    Der Bataillonskommandeur, der Adjutant, der Melder ein Beobachter der Infanterie Geschütz Zug und der gesamte Pionierzug werden sich nach vorn in einen ausgebauten Stollen unmittelbar hinter den Hauptkampfgraben begeben und dort den Angriff erwarten.
    Bevor es soweit ist erreicht den Bataillonsstab die Meldung einer Kompanie, dass im Vorfeld ein russischer Soldat liege, der rufe und vermutlich nicht den Mut habe, überzulaufen. Stünde ein Dolmetscher zur Verfügung, würde man bald heraushaben was mit ihm los sei. Die Division mit der ich dieserhalb telefoniere ist nicht interessiert.
    Um aber auf keinen Fall etwas zu versäumen, besorge ich einen ehemaligen russischen Soldaten, der in deutscher Soldaten Uniform die Aufgabe des Dolmetschers erfüllt. Mit ihm ziehen wir in die Stellung. Gefreiter Zander als Meldegänger vorneweg, ich dahinter, dann der Dolmetscher.
    Im jeweiligen Abstand von 5 Metren geht es durch den Zugangsgraben zur Anhöhe und auf deren Rücken nach links. Mal da mal dort detoniert eine Granate. Bisher hat es einen Beschuss solcher Art hier nicht gegeben. Er ist ein Vorzeichen des morgigen Angriffs; die feindliche Artillerie schießt sich ein.
    Zander und ich wollen nach Einvernahme des Überläufers in dem für den vorgeschobenen Bataillons – Gefechtstand vorgesehenen Sollen bleiben. Von dem erwarteten Angriff trennen uns nun keine 12 Stunden mehr.
    Etwa 40 Meter vor der Einmündung des Zugangsgrabens in den Hauptkampfgraben kommen wir an eben diese Stollen vorbei. Zander wendet sich nun zu mir: Herr Leutnant bleiben Sie doch gleich hier, Sie brauchen nicht mitzugehen das mit dem Überläufer schaffe ich alleine.
    Daran besteht kein Zweifel dass dieser fixe Berliner Junge es alleine schafft. So kommt es das nur Zander und der Dolmetscher weiterziehen. Beide sehe ich zum letzten Mal.
    Mit Tagesanbruch des 7. August beginnt die Artillerie des Gegners aus allen Rohren zu feuern. Granateinschläge rütteln an unseren Unterstand, Erde rieselt auf uns herab.
    Wir sitzen zu beiden Seiten des Stollenganges auf dem Boden, mit dem Rücken zur Wand, Mann an Mann warten -- warten sinnieren: Wenn das Trommelfeuer aufhört, die russische Infanterie angreift, in unseren Graben einfällt, werden wir den Gegenstoß führen wenn er dort einbricht, dann wenn er von da kommt, dann --- Noch ist es nicht so weit. Noch liegt eine Meterhohe Staubschicht aufgewirbelt von pausenlos einschlagenden Granaten, wie eine Nebelbank über dem durch wochenlange Sommerhitze ausgedörrten Gelände.
    Funker halten sich wegen des besseren Empfangs vor dem Stolleneingang im Graben auf. Eine Granate zerfetzt einem Funker das Gerät auf dem Rücken, er selbst bleibt unverletzt.
    Zermürbend wirken die Meldungen über stets neue Tote und Verwundete und das ununterbrochene massierte Trommelfeuer --- die Überlegenheit des Feindes. Manchmal wummern ganz schwere Koffer durch die Luft zur anderen Seite hinüber, doch sind es immer nur wenige Brocken. Im Stollengang herrscht Schweigen.
    Nachts pausieren die schweren Waffen. Es beginnt schon der dritte Angriffstag. Nach wenigen Stunden bricht das Artilleriefeuer plötzlich ab. Damit steht die entscheidende Auseinandersetzung unmittelbar bevor.
    Vom Zugangsgraben auf der Höhe halte ich Ausschau. Auf der Gegenüberliegenden Seite tut sich nichts. Völlig verändert sieht der Graben aus. Fast nirgends hat er seine Ursprüngliche Tiefe, streckenweise ist er auf Längen von 10 bis 20 Meter beinahe zugeschüttet.



    Kameradenhilfswerk der
    260. Infanterie- Division


    Mit freundlichen Grüßen


    Karlheinz

  • 2. Teil


    Da und dort lehnen ein oder zwei Gewehre verlassen an der Grabenwand, liegen ein blutgetränkter Waffenrock, ein Pullover, Denn einzigen Menschen den ich hier treffe ist ein Leutnant als vorgeschobener Beobachter der Heeresartillerie . Der mittelgroße breitschultrige Sportsmannstyp mit dem rostfarbenen Schnurbärtchen ist die Ruhe selbst.
    Er macht mich darauf aufmerksam dass der Russe bei unserem linken Nachbarn durchgebrochen ist. Durch sein Scherenfernrohr überzeuge ich mich von diesem überraschenden Vorgang: Panzer fahren mit großen Zwischenräumen in die deutschen Stellungen ungehindert hinein, gefolgt von russischen Infanteristen in Schützenketten. Das alles läuft so geordnet und reibungslos wie ein Film ab. Dann verabschiedet sich der fremde Leutnant. Sein Auftrag ist beendetet er muss sehen das er zurückkommt, ehe der Russe ihm den Rückweg abschneidet.
    Im Stollen hat unser vorgeschobener Beobachter des Infanteriegeschützzuges den Durchbruch der Russen gleichfalls beobachtet. Im Augenblick ziehen Zugmaschinen Geschütze in die aufgegebene deutsche Stellung. Gespanne Frauen in Uniformen folgen. So fluten die feindlichen Massen an unserer Front, die wie ein Eckpfeiler steht, vorbei ins Hinterland.
    Die Division befindet sich in der fatalen Lage, von drei Seiten vom Feind umgeben zu sein. Die Absicht des Gegners mit den vordringenden starken Kräften in unsere linke Flanke zu stoßen und die Front von hinten aufzurollen, liegt erkennbar auf der Hand. Diese unerwartete Veränderung der Lage erfordert neue Abwehrmaßnahmen.
    Ein im Vorfeld von uns besetzter Geländebuckel, der von einem Grabenoval umlaufen wird, das mit dem Hauptkampfgraben mit einem Stichgraben verbunden ist, wird aufgegeben weil er im Falle eines gegnerischen Angriffs wegen der bei uns inzwischen eingetretnen starken Verluste kaum noch gehalten werden kann.
    Dann begibt sich Hauptmann Ostermann mit dem Pionierzug und den Meldern zu Bataillon – Gefechtstand zurück, wo er den erwarteten Flankenstoß der Russen auffangen will. Mir belässt er einen Melder, ein leichtes MG. und zwei Mann zu dessen Bedienung mit dem Auftrag auf jeden Fall die Front vorne zu halten.
    Kaum ist der Buckel im Vorfeld aufgegeben und der Verbindungsgraben nach dort kurz vor dem Hauptkampfgraben mit spanischen Reitern verrammelt und verdrahtet, als schon zwei russische Offiziere vor diesem Hindernis stehen. Vom Stollen aus habe ich beide im Scherenfernrohr unmittelbar vor mir. Ihr gebärden und Gestik deuten daraufhin das sie nur darauf warten, das ihre links von uns ins Hinterland vorgedrungene Truppenteilen uns in den Rücken fallen. Noch einmal müssen unsere Infanterie Geschütze herhalten, um diese so dicht aufgerückten Offizier zu vertreiben. Vergeblich sie bleiben.

    Hauptkampfgraben gesperrt

    Mein Hauptaugenmerk gilt dem linken Flügel und den Vorgängen um unseren Gefechtsstand. Auf dem linken Flügel steht eine von Leutnant Fleischer geführte Kompanie. Er hat nachdem die Nachbardivision die Stellung verlassen hat, den Hauptkampfgraben an der Divisionsnaht gründlich verbarrikadiert. Kampfstarke Gruppen sind hier eingesetzt. Eine von ihnen wird von dem 19 Jährigen Gefreiten Ernst Finus aus Watterdingen geführt.
    Dann mobilisiere ich die Verteidigungsbereitschaft in Richtung des Bataillons – Gefechtsstandes. Mit meinem Melder geht es durch den Zugangsgraben auf der Höhe und von dort im rechten Winkel hinunter.
    Gerassel von Panzern dringt aus dem Wald herüber, in dem der Gefechtstand liegt, aus Richtung der offenen Flanke schiebt es langsam gegen ihn vor: Sowjetische Panzer. Einer von ihnen hält an, dann der andere folgt. Eine Weile herrscht Totenstille. Einer fährt wieder an, der andere folgt. Aus der Umgebung des Gefechtsstandes fallen jetzt vereinzelt Gewehrschüsse.
    Kurz vor dem Waldrand am Gefechtsstand läuft der Zugangsgraben aus und geht in einen Fußweg über. An dieser Stelle hat jemand viel Blut verloren, ein großes Stück des lehmigen Grundes ist rotbraun verfärbt, ein blutiges Uniformstück liegt nahe dabei.
    Ganz in der Nähe stehen in ihrer ausgebauten Stellung zwei Panzerabwehr Geschütze --- zu meinem Entsetzen ---einsam und verlassen. Ich gehe zu dem zugehörigen, rund 30 Meter entfernten Bunker hinüber, wo die beiden Geschützbedienungen um einen langen Tisch schweigend wie in andächtiger Betrachtung beisammensitzen. Sie haben noch nicht begriffen, dass nach dem tagelangen Trommelfeuer der Abwehrkampf in eine neue Phase gedrehten ist. Dabei sind die beiden Feindpanzer vielleicht 400 Meter von hier entfernt.

    Dr. E. Rossa

    Kameradenhilfswerk der
    260. Infanterie- Division

    Mit freundlichen Grüßen

    Karlheinz

  • 1.Teil


    Abwehr westlich der Büffelstellung



    Tagebuch – Eintragungen über die schweren Einsätze der 3./460 im Sommer 1943



    Nachdem die 4. Armee vom März bis Anfang August 1943 beiderseits der Rollbahn Rosslawel -- Juchnow im Raume nördlich und ostwärts Spass Demensk in der gut ausgebauten Büffelstellung alle Angriffe hatte abwehren können, brach in den ersten Augusttagen ein russischer Großangriff los. Das unmittelbare Erleben dieser Zeitspanne im Rahmen einer Schützen Kompanie sollen die Tagebucheintragungen des Kompanie Chefs der 3./460, Jordan Sauter übermitteln.
    Ende Juli und Anfang August: Beiderseitig lebhafte Spähtrupptätigkeiten erweist nahe russische Angriffabsicht auf unsere Stellung bei Djuki. Eigene Artillerie Feuerschläge und Luftangriffe auf Russische Stellungen wechseln mit feindlichen Artillerie und Granatwerfer – Feuer auf unsere Gräben und Hinterland.
    6. August: Bombenangriffe und Artillerie – Feuer auf Russische Bereitstellungen. Russischer Angriff wird unmittelbar erwartet.
    7. August: 3,30°°Uhr setzt schwerstes russisches Trommelfeuer ein. Im Schwerpunkt links von uns bricht der Feind auf einer Breite von etwa 8 Kilometer ein. Wichtige Stützpunkte gehen dabei verloren. Trotz wiederholten Anstürmen erliegen die Russen in unserem MG. und Sperrfeuer unserer Artillerie vor unserer HKL. Den ganzen Tag über hält das Ringen an. Starke Russische Bomber und Schlachtfliegerverbände greifen ein. Wo bleiben unsere Jäger? Wenn der Russe in diesem Tempo weitermacht, werden wir schließlich am Ende unserer Kraft sein.
    8. August: Der Russe greift unentwegt weiter an: Links ist er in Divisionsbreite eingebrochen, damit wirt für uns die Lage gefährlich. Deshalb soll heute Nacht der linke Flügel meiner Kompanie zurück gebogen und somit der Stichgraben vom Bataillons – Gefechtsstand zur Kompanie neuen HKL werden. Ich habe das Gefühl – als ob uns schwere Tage bevorstünden. Um 20°°Uhr wird der linke Flügel der Kompanie zurück verlegt. Eine Menge, Arbeit die ohne Stockung durchgeführt werden muss!
    9. August: Kaum sind wir damit am frühen Morgen fertig, so ist auch schon der Russe im alten Kompanie Abschnitt. In der neuen HKL wird emsig geschanzt. Der Tag ist Sonnig ja heiß. Der Feind greift uns aus dem gegenüberliegenden Wäldchen an, wird aber im Gegenstoß verlustreich abgewiesen. Gegen Abend noch mal dasselbe „Spiel“, und wiederum wird er zurückgeworfen. Meine Männer schlagen sich tapfer in dem schweren Feuer.
    10. August: An Schlaf ist nicht zu denken. Unablässige gehen die Angriffe der Russen weiter und unablässig liegt der Kompanieabschnitt unter Artilleriefeuer. Wir sind der Eckpfeiler unserer Division. Jetzt richten sich die Angriffe auch gegen den rechten Kompanieabschnitt in der alten HKL. Überall wird der Feind abgeschlagen. Obwohl feindliche Schlachtflieger und Jäger über uns kreisen, weichen wir nicht. Mit jeder Stunde festigt sich sogar unsere neue Front. Dem Russen ist nicht einmal ein Einbruch gelungen. Gefreiter Fischbach gefallen, sonst sind glücklicherweise die eigenen Ausfälle mäßig.
    11. August: Es sieht nach Herbst aus, Nebel, Kühle, Wind. Auch heute mehrfache Angriffe des Russen. Unsere Gräben sind übel zerschossen. Der Regiments - Kommandeur, Oberst Dr. Bracher, schickt nach seinem besuch in unsere Stellung meinen Männern als Anerkennung für ihr tapferes Aushalten Kognak und Zigaretten. Der Abend ist ruhiger, der Russe scheint angeschlagen zu sein.
    12. August: Völlig überraschend für alle kommt am späten Abend der Befehl zum Loslösen. Wir wollen es nicht wahr haben; wir haben doch gehalten; die Stellung ist fest in unserer Hand! Doch Befehl ist Befehl!

    Viel Gerät und noch mehr Munition muss liegen bleiben, aber unbrauchbar gemacht. Unser Munitionsbunker ist randvoll, nun wird er Gesprengt. Es fehlen Fahrzeuge, um alles mitzunehmen. Es wird Bewegungskrieg geben; dabei kann unsereiner kein unnötiges Zeug mit herumschleppen. – Kamerad Schmauder ist gefallen. Stundenlang warte ich auf den Zug Ehing; aber dieser erreicht auf einen andern Weg den befohlenen Punkt. Der Panzergraben bei Ssemenkowo nimmt uns für einen Tag auf. Auch Unteroffizier Holzhäuser ist gefallen. Der Feind fühlt mit schwachen Kräften vor und wird mühelos abgewiesen. Um 21°°Uhr lösen wir uns erneut vom Feind und setzten uns in Richtung Barbarossa – Stellung ab. Ein unbeschreiblich nächtliches Bild – ringsum die brennenden Dörfer! Aber unbarmherzig drängt der Russe hinter uns her.
    13. August: In der Morgenfrühe beziehen wir Stellung bei Kamenka. Sie ist gut angelegt. Der Ort selbst liegt noch da wie im tiefsten Frieden. Die Luft riecht nach Kartoffeläckern und nach Herbst. Am späten Nachmittag ist wieder Krieg. Mit starken Kräften stellen sich die Russen zum Angriff bereit. Nach einem heftigen Feuerüberfall brennt der Ort Kamenka zusammen. Rings um meinen Gefechtstand glüht ein Feuermeer. Feldwebel Ehing ist gefallen, ein tapferer und hervorragender Zugführer.



    Kameradenhilfswerk der
    260. Infanterie- Division

    Mit freundlichen Grüßen

    Karlheinz

  • 2.Teil


    14. August: Pausenlos Feindangriffe. Befehl und Meldungen jagen sich. Die Kameraden Scherb, Wachter und Zils sind gefallen. Erbitterter Grabenkampf an der Naht zur 2. Kompanie von Leutnant Schweizer. Meine Männer kämpfen beispielhaft. Sie halten und stehen! Im Gegenstoß wird der Russe zum Graben hinausgeworfen. Der Sonnabend versinkt im Brüllen der Geschütze.
    15. August: Wir stehen schon in den frühen Morgenstunden alarmbereit. Unsere eifrigen Batterien zerschlagen feindliche Bereitstellungen. Der Feind hat vorerst die Nase voll. Aber ich habe immer das ungute Gefühl, ob wir nicht umgangen sind. Heute Nacht soll weiter abgesetzt werden. Die Barbarossa – Stellung muss aufgegeben werden. Der Feuerkampf reist nicht ab; ein Abendlicher Angriff wird abgeschlagen.
    Kamerad Bohnenberger ist gefallen. Um 21°°Uhr lösen wir uns vom Feind, wobei Zug Leutnant Glässer die Nachhut bildet. Der Nachthimmel leuchtet von den Bränden.
    16. August: Nach einem anstrengenden Marsch durch Schlamm und Regen in stockdunkler Nacht erreichen wir in den frühen Morgenstunden Ort Ssnopot, zur Verteidigung nicht günstig gelegen. Und ausgerechnet hier soll fünf Tage gehalten werden! Mir ist nicht wohl dabei. Früher als erwartet ist der Russe da und steht mit seinem Panzern mitten in meiner Kompanie. Wir erleben schwere Stunden. Eigene Sturmgeschütze greifen ein und hauen uns heraus. Die Stellungen bleiben in unserer Hand, aber Feldwebel Lang ist gefallen, wieder ein bestbewährter Zugführer!
    17. August: Pausenlos russische Feuerschläge eröffnen den Morgen. Dann Angriff auf Angriff. Die Verbindung zum rechten Nachbarn reißt ab. Wir halten und warten auf Verstärkung. Sie kommt nicht. In den Beerensträuchern, in den Hecken und Kartoffeläckern vor uns wimmelt es vor Russen. Das Gelände ist derart unübersichtlich, das eine erfolgreiche Abwehr stündlich mehr und mehr aussichtslos erscheint. Schweren Herzens gebe ich den Befehl, Ssnopot zu räumen und westlich davon eine neue Abwehrlinie zu beziehen. Jetzt greifen eigene Jäger und Sturzkampfbomber ein und decken mein Absetzten. Feindliches Feuer von Panzern, Pak und Maschinengewehre prasselt hinter den weichenden Schützenzügen her. Die Kameraden Rothfritz, Seite und Greiner fallen, -- die Kameraden Reich, Piontek, Ruff und Ziegler erreichen die neue Stellung nicht mehr. Sie werden als vermisst gemeldet!
    Die Kompanie wird am Abend herausgelöst und marschiert während der Nacht nach Ilowez zurück. Meine wackere Kompanie ist hart angeschlagen! Neben mir geht Oberleutnant Grötzinger. Wir finden uns stundenlang auf dem Weg nicht zurecht.
    18. August: unser Bataillon liegt in Reserve in einem Waldlager. „Ruhelager“ ist treffend für einen Platz, der den ganzen Tag unter Beschuss liegt.
    Am Nachmittag Abmarsch zur rechts gelegenen Division nach Kamenez. Dort beziehen wir eine rückwärtige Stellung unter fortwährenden Fliegerangriffen.
    19. August: Wir haben eine wüste kalte Bombennacht hinter uns. Ununterbrochen dröhnt von vorne das Artilleriefeuer. Mit einem Ohr horcht man immer auf den Puls der Schlacht. Der Feind greift weiter an. Am Nachmittag marschiert das Bataillon weit auseinander gezogen zurück zum Regiment. Fliegerangriff und das Feuer weittragender Batterien begleiten unser Verlegen. Wir beziehen in einem Wäldchen ein ruhiges Lager, graben unsere Löcher und spannen die Zeltplanen darüber. Es Regnet.

    Kameradenhilfswerk der
    260. Infanterie- Division

    Mit freundlichen Grüßen

    Karlheinz

  • 1.Teil


    Duell mit Maschinengewehren



    Vom Einsatz des Divisionsbataillons 260



    Das Divisionsbataillon war eine Ersatzgründung, und sollte nachdem wegen der schweren Verluste im Russlandwinter 1941/42 von den drei Regimentern der Division nur zwei übrig geblieben waren, wieder eine dritte Einheit geschaffen werden, die – wie ein Regiment dem Divisionskommandeur unmittelbar unterstand. Mit vier Kompanien, einen Infanterie Geschützzug, Pionierzug, Panzerabwehrzug und Nachrichtenzug war es ein „überdimensionales“ Bataillon.
    Mit seiner Aufstellung wurde im Winter 1942/43 begonnen. Zunächst war Major Goldberg, im Zivilberuf Oberlandesgerichtsrad, der nach Ausheilung einer vor Stalingrad erlittene Verwundung vorübergehend unserer Division angehörte, damit beauftragt; dann wurde dem jungen Oberleutnant Ostermann die Führung anvertraut. Er wurde bald darauf zum Hauptmann befördert, zugleich Kommandeur des Bataillons und als solcher später mit dem Ritterkreuz ausgezeichnet.
    Die Daten des nur kurze Zeit bestehenden Bataillons sind schnell aufgezählt.
    Während der „Büffelbewegung“ im März 1943 die damit begann, das sich die Division aus der Rjessa Stellung löste, und mit dem Aufbau einer neuen Front ostwärts und nördlich Spas – Demensk endete, wurde das noch unfertige Divisionsbataillon im wesendlichen in Reserve gehalten und nur in zwei Fällen kurzfristig eingesetzt.
    Den nachfolgenden Stellungskrieg verbrachte das Bataillon zunächst im Raum Gneschilowo hinter der Front, vollendetet hier seine Aufstellung und baute durch sumpfiges und morastiges Gelände dringend notwendigen Zufahrtsweg zur Hauptkampflinie, bis es Ende Juli, Anfang August 1943 selbst einen Frontabschnitt übernahm.
    Zu diesem Zeitpunkt stand nach dem Feindbeobachtung fest, das ein massierter sowjetischer Angriff auf breiter Front in kürze bevorstand. Mitte August 1943 war es soweit. An dieser Stelle will ich nur erwähnen das es den Gegner nach tagelanger Artillerievorbereitung gelang, mit Panzer Unterstützung bei unserer linken Nachbardivision durchzubrechen, so das einschwenkende russische Infanterie und Panzer hinter unserer eigenen HKL auftauchten. Den Angehörigen des Bataillons - Stabes gelang es jedoch, diesen gefährlichen Stoßkeil zu stoppen, die Panzer zu vernichten und das Gebiet hinter den eigenen Hauptkampfgraben frei zu kämpfen.
    Schon in diesen ersten Tagen des Abwehrkampfes waren die Verluste an Menschen und Material so empfindlich, das die Stellung insbesondere wegen der offenen Flanke bei aller Tapferkeit auf die Dauer nicht hätte gehalten werden können. Der erwartete Befehl, in eine der vorbereiteten rückwärtigen Stellung zurück zu gehen, lies auch nicht lange auf sich warten.

    Verlustreich Rückzüge

    Solche Rückzüge auf mehr oder weniger gut angelegte Verteidigungslinien wiederholten sich in der Folgzeit noch viele Male. Oft blieb die Division nicht einmal eine Nacht in der neuen Stellung, manchmal auch mehrere Tage. Dieser hinhaltende Widerstand vollzog sich in außerordentlich verlustreichen Kämpfen.




    Nach zwei Wochen hatte das Bataillon, das zu Beginn des Kampfes alles in allem rund 450 Mann stark war, nur noch 18 Gewehrträger im Graben stehen. Rund 180 Mann waren gefallen. Außer dem Kommandeur und seinem Adjutanten war kein Offizier mehr da.
    Anhanden einer Liste der Gefallenen hatte ich deren Angehörigen zu benachrichtigen. In Unkenntnis der näheren Umstände fast aller Einzelschicksale blieb mir nichts anderes übrig, als diese Arbeit formularmäßig zu erledigen, zumal die Zeit auch deswegen drängte, weil mir ein Oberschenkelsteckschuss bereits zu schaffen machte.
    Noch kurz vor meinem Abtransport übernahm eine Pionierkompanie den Abschnitt unseres ausgebluteten Divisionsbataillons 260, das damit aufgehört hatte zu bestehen.
    Diesen Bericht möchte ich mit der Schilderung der Erlebnisse eines herausgegriffenen Kampftages abrunden.
    Im Morgengrauen bezog das Bataillon etwas nördlich Spass Demensk wohl die dritte rückwärtige Stellung innerhalb weniger Tage. Die Einweisung nahm der Kommandeur selbst vor. Anschließend unterrichtete ich mich über den Grabenverlauf, die Eigenarten des Geländes, den Einsatz der Gewehre und gelangt so an unseren rechten Flügel, wo ein einfacher Gewehrposten eingesetzt war.
    Die Sonne stand an einen makellosen blauen Himmel nur ein wenig über den Horizont. Der Posten nutzte die ruhige Morgenstunde, um ein Auge voll Schlaf zu nehmen. Er hat den Kopf auf Unterarm und Grabenrand gelegt und lies sich den Buckel bescheinen. Das war ein nicht ungefährliches Verhalten, weil nicht abzuschätzen war, wann der erste Russe am gegenüberliegenden Waldrand erschien. Es konnte wenn es auch nicht wahrscheinlich war bereits in der nächsten Minute der Fall sein.
    Mehrmals rüttelte ich den Mann, der sich nicht rührte und im Schlaf einmal die Zahl „einundzwanzig“ murmelte, die in keinem Sinnhaften Bezug zur gegebenen Lage stand. Ich schüttele ihn jetzt mit aller Gewalt. Darauf richtet er sich halbwegs auf, blinzelte, lallte wieder dieselbe Zahl, fiel sofort in seine alte Lage zurück und schlief weiter. Der Mann war im wahrsten Sinn des Wortes zum Umfallen müde In diesem Augenblick kam sein Zugführer, ein Unteroffizier herzu der dabei war die Kampfbereitschaft in der neuen Stellung zu organisieren.

    Die erste Meldung

    Für mich gab es nun auf dem Bataillonsgefechtstand, der etwa anderthalb Kilometer zurück lag, ein kurzes Ausruhen unter freien Himmel. Dann kamen die ersten Meldungen von vorne über Funk: Russe nachgestoßen—versucht im linken Abschnitt durchzubrechen – wird im Nahkampf aus den Graben geworfen – Feldwebel Weismantel maßgeblich beteiligt --- wird dabei schwer Verwundetet.
    Das waren aufregende Vorgänge, bis der Gegner sich gezwungener Maßen wie erwartet am Waldrand festsetzt, der im wesendlichen parallel zu unserem Graben verlief. Am Nachmittag wurde über die rückwärtige Fernsprechleitung eine erneute kritische Lage durchgegeben: Feind Einbruch im rechten Grabenabschnitt.
    Die Situation zu klären und bereinigen gehört zu meinen Adjutanten Aufgaben. Mit etwa sechs Mann machte ich mich auf den Weg nach vorn. Beim Überqueren einer ausgedehnten Waldwiese gerieten wir in den Raketenhagel einer Stalinorgel. Die weit aus einander liegenden und tief in den weichen Wiesengrund eindringenden Granaten taten uns nichts. Mich machte nur stutzig, dass der Feuerschlag gerade in diesem Augenblick kam, denn das Gelände war von der Feindseite nicht einzusehen. An Zufall vermochte ich nicht zu glauben. Sollte ein Beobachter auf unserer Seite das Feuer auf uns gelenkt haben.




    Kameradenhilfswerk der
    260. Infanterie- Division

    Mit freundlichen Grüßen

    Karlheinz