Beiträge von Karlheinz Stingl

    Teil 1


    Zurückrobben wie bei Karl May



    Absetzbewegung der 260. ID. an der Desna



    Als Anfang September 1943 der Druck, der an Mensch und Material stark überlegenen Russen ein weiters halten der Büffelstellung auf der Linie Kljin – Saasjeo – Nikolskoje – Ossinowka unmöglich machte , setzte sich die 260. ID. parallel zur Nachbardivision in der Zeit vom 9. bis 11.09. über die Desna ab, an deren Westufer ein Grabensystem vorbereitet war.
    Bei den vorausgegangen schweren Abwehrkämpfen mussten wir wieder erhebliche Verluste hinnehmen, so dass unsere Division nur noch Grenadier – Regimenter 460 und 480 mit je zwei Bataillone zu je vier geschwächten Kompanien sowie Stabs-, Panzerjäger – und Infanteriegeschütz – Kp. zur Verfügung hatten. Das Gren. Rgt. war aufgelöst. Hinzu kamen das Div. – Btl. mit zwei Radfahr- und einer motorisierten Schwadron, die Panzerjäger – Abtl. und das FEB 260. Das Art. – Regt. verfügte noch über drei IFH – Abtl. mit je einer Stabs – Batterie und drei Batterien zu vier Geschützen; ferner die schwere Abtl. sowie eine zusätzliche Batterie von 15,2 Haubitzen. Also eine scheinbar starke Artillerie, die aber ihren Verteidigungsauftrag nur in unzureichenden Maße gerecht werden konnte, weil es an Munition fehlte und jeder Schuss der Genehmigung bedurfte.
    Die Absetzbewegung wurde in der Nacht zum 10. September eingeleitet. Das I. / 480 unter Major Strohm mit unterstellten 7. / 480 die ich damals führte, war vom 10. auf 11.09. als Nachhut eingeteilt und sicherte das Übersetzten sowie das Einrichten der Division in der neuen Stellung. Wir setzten uns hinhaltend kämpfend durch einen Wald – und Buschgelände nach Westen ab, bis wir auf etwa 2 km an die Desna herangekommen waren. Da der Russe hart nachdrängte, entschloss sich Major Strohm zu einem begrenzten Gegenstoß, um den Feind auf Distanz zu halten. Er ging dabei mit seiner legendäre Ruhe und einer Übersicht vor, die diesen Kommandeur in besonderer Weis auszeichnete.
    Bei Einbruch der Dämmerung zog sich Major Strohm mit seinem Btl. an das Desna Ufer zurück und übernahm dort einen nach Osten gerichteten Brückenkopf, um meiner im Wald zurück gelassener 7. / 480 nach Erfüllung ihres Auftrages das Übersetzen zu ermöglichen. Ich hatte den Befehl mit meinen ca. 60 Männern den Russen am weiteren Vordringen entlang eines breiten Waldweges, der unsere Rückzugstraße war, zu hindern. Unterstellt war mir eine Gruppe Pioniere, und als VB. Fungierte Lt. Beltle. – Meine Stellung verlief entlang einer Waldschneise. Es galt nun, die erreicht Linie bis zum folgenden Tag um 12 °°Uhr zu halten, um uns dann unter einem Feuerschlag der Artillerie abzusetzen.
    In der Nacht war der Russe in nicht bekannter Stärke bis auf Handgranaten – Wurfweite an uns herangekommen, es galt erhöhte Alarmbereitschaft; an Schlafen war nicht zu denken.
    [FONT=&quot]In dieser Situation setzte ich in enger Verbindung mit dem Gros der Kompanie nach Norden und nach Süden Spähtrupps an; einmal um festzustellen, ob der Russe Anstalten mache, uns in den offenen Flanken zu umgehen, und zum anderen, um auf der neuen künstlichen verlängerten Front durch Abgabe von einzelnen Schüssen und kurzen Feuerstössen aus der MP dem Feind eine starke Besetzung vorzu- täuschen. Darüber brach der Tag an und ich konzentrierte meine geringe Kampfkraft nun wieder am Abend vorher eingenommene Stellung. Mit der höher steigen Sonne erwartete ich den Angriff der Russen; aber außer einzelnen Schüssen und Feuerstöße leichter MGs tat sich nichts. Was ich zu diesem Zeitpunkt nicht wusste: [/FONT]


    Kameradenhilfswerk der


    260. Infanterie- Division


    Mit freundlichen Grüßen


    Karlheinz

    260.ID.


    Sollten Sie nähere Angaben über Kartenmaterial, Einsatzbefehle, und Stellung, sowie über Gefallene und Vermisste haben wollen, dann empfehle ich Ihnen, bei der Hörnle Division. www.260ID.de nachzuschlagen. Die Seite ist hervorragend erstellt.Und doch noch einiger Artikel mehr, die ich nicht habe und auch nicht bekommen konnte, neu in der Divisions Geschichte erstellt. Sie ist auf alle Fälle empfehlendswert und gut zu Lesen.


    Mit freundlichen Grüßen


    Karlheinz

    Lieber heintz 307
    Ich freue mich über Deine Nachricht. Und teile Dir mit dass ich dieses auf alle Fälle noch einmal starten möchte. Ich möchte noch einmal an die russische Förderation eine Anfrage stellen. Aber wie ich nun herausgefunden habe, gibt es auch eine Anschrift für die russische Förderation in München, also wenn ich die letzte Nachricht richtig verstanden habe. Die will ich natürlich erst ausfindig machen, und dann werde ich Dich noch einmal Informieren.
    Mit freundlichen Grüßen


    Karlheinz

    260.ID. Mit Lili Marleen auf dem

    rechten Weg




    1942 auf dem Rückzug südwestlich von Moskau




    Von Polen aus waren wir mir der bespannte Sanitätskompanie auf Sandwegen viel hundert Kilometer durch Russland marschiert. Nachts konnten wir schon die russischen Scheinwerfer um Moskau sehen. Anstatt der erwarteten Winterquartiere gab es aber den Rückmarsch durch tiefen Schnee bei grimmiger Kälte von mehr als 30° Grad (soweit reichte unser Thermometer bei den Minusgraden!). In zerschlissenen Uniformen, ohne Winterbekleidung mussten sich unsere Landser gegen den nachdrängenden Russen zur Wehr setzen. Die Infanteriekompanien soweit sie noch vorhanden, verfügten selten noch über eine Kampfkraft von 20 Mann und mehr.
    Mit einer Sanigruppe war ich ununterbrochen seit 2. Oktober im Einsatz. Wir mussten als vorgeschobener Wagenhalterplatz meist ein bis zwei Inf. – Regimenter versorgen. Mit dem landesüblichen Panje- Schlitten, gezogen von Pferden, transportierten wir Verwundete, Kranke und die vielen Landser mit erfrorenen Füßen zum Hauptverbandsplatz. Die wenigen noch vorhandenen Krankenkraftwagen wollte man vorne, nahe am Feind, nicht mehr einsetzen, weil sie dringend zum Abtransport vom Hauptverbandsplatz zu den schon weit abgesetzten hinteren Lazaretten benötigt wurden.
    Aus einem schon vom Iwan besetzten Dorf hatten wir uns in der Nacht abgesetzt. Auf dem oft vom Schnee verwehten Weg blieben vor uns Panzerjäger, frisch aus der Heimat gekommen, mit neuen Fahrzeugen immer wieder stecken. Im Morgengrauen gelang es uns, Querfeldein vorbei zu kommen. Wie wir später erfuhren, sollten die überholten Fahrzeuge Beute der Russen geworden sein.
    Eben hatten wir uns in einem Haus aufgewärmt, als neuer Einsatzbefehl zu IR. 470 kam, dass eine neu HKL am Ostrand einer russischen Kleinstadt halten sollte. Verwundete und Kranke sollte direkt zu einem behelfsmäßigen Lazarettzug gebracht werden, den wir an einer Bahnstation südwestlich des Städtchens fanden. Durch den Wald ging ostwärts ein Trampelpfad, der in kürze zu Regimentstab 470 führen sollte.
    Während meine Männer ins nahe Städtchen zogen, machte ich mich auf den Weg zum Regiment. Obwohl es gerade Mittag war, wurde es schon dunkel, da im ganzen von der deutschen Wehrmacht besetzten Gebiet die gleich zeit eingeführt war, so dass bei uns in der Nähe Moskaus, der Tag von 5°°Uhr bis 13°°Uhr dauerte. Während ich längere zeit den Pfad entlang ging, wurde es schnell dunkler und ich wurde unsicher, ob ich auf dem richtigen Weg war. Endlich konnte ich einige tief verschneite kleine Häuser vor mir erkennen und auch einen Posten, der sich die Füße warm trat. Hinter einen Baum wartete ich. Tatsächlich er hatte einen russischen Soldatenmantel an, dazu eine Pelzmütze wie ein Iwan. Noch hatte er mich nicht gesehen, Ich überlegte: Mancher Landser trug die wärmere russische Winderbekleidung. Nirgends hatte ich eine Abzweigung vom Trampelpfad erkannt. Der Weg war aber viel weiter gewesen, als mir angegeben worden war. Als der Posten in die andere Richtung ging, schlich ich in den Hausschatten, um dort vielleicht ein taktisches Zeichen an den herumstehenden Fahrzeugen zu erkennen. Vergeblich nur Schneebedeckte Panjefahrzeuge standen dort.
    Inzwischen war der Posten wieder zurück gekommen. Ich kauerte an der Hauswand, bereit, sobald er wieder in die andere Richtung ging, zurück zu schleichen. Da ging im Hause eine Türe auf, und ich hörte leise Radiomusik – und dann deutlich – „Wie einst Lili Marleen!“… Das Lied, das uns dort im Elend des Rückzugs mehr gab als die Wehrmachtsberichte, die meist große Erfolge an anderen Fronten erwähnten, während für unseren Frontabschnitt nur wenige, für uns aber vielsagende Wort Übrig blieben.
    Es war klar: Beim Iwan durfte ein solcher Sender nicht eingeschaltet werden. Drinnen nahm Major Bauer und sein Adjutant Hauptmann Dr. Gebhard dankend meine Meldung an. Nach einigen Minuten ging ich erleichtert den Weg zurück. Meine Männer hatten sich in einem Holzhaus schon ein Feuer gemacht. Glücklicherweise blieb es vorne ruhig. Bis auf den Posten der zweistündig abgelöst wurde, konnten wir zum ersten Mal seit langer Zeit wieder eine Nacht richtig schlafen. Auch am Tag war es ruhig, und wir wären gerne noch geblieben. Dann aber riefen uns einige vorbeikommende Landser zu, ob wir beim Iwan bleiben wollten, sie seine die letzten! So schnell hatten wir noch selten abgebaut, und unbelästigt ging’s ab, Richtung Westen. Eine Benachrichtigung des Wagenhalter Platzes hatte man vergessen!
    Die nächste HKL in Ostroshnoje musste länger gehalten werden und brachte für das Rgt. 470 große Verluste. Außer vielen anderen viel dort ein Sanitäter, der in Frankreich mein Putzer war, und Hauptmann Lell von der Artillerie im Nebendorf durch Herzschuss. Major Bauer wurde auf seinem etwas zurückliegenden Regimentsgefechtsstand von durchgebrochenen Russen mit einem Bauchschuss schwer Verwundetet und musste von uns zurück transportiert werden.

    Oberarzt Dr. Se.




    Kameradenhilfswerk der


    260. Infanterie- Division


    Mit freundlichen Grüßen


    Karlheinz

    Hilflos in einem Bunker von


    Russen umzingelt



    Das Wunder im Höllenwald von Kremenki – 80 km vor Moskau



    260. ID. Es war am 17.November 1941. Wochenlang lagen wir schon an der Oka. Etwa 300 m davon entfernt wohnten wir in einem Holzhaus. Wir hielten uns in diesem Haus auf und hatten es uns gemütlich gemacht, als es auf dem Dach krachte. Eine Granatwerfergranate war auf dem Dach eingeschlagen. Unser Unteroffizier wurde durch einen Splitter in den Rücken getroffen. Auf Anordnung des Stabsarztes wurde er sofort zum Hauptverbandplatz transportiert. Zwei Freiwillige, darunter auch ich, schafften den Kameraden zurück.
    Am Morgen des 18. November 1941 erhielten wir den Divisionsbefehl, die Infanterie in ihrem Kampf bei Kremenki zu unterstützen. Um 6°°Uhr früh zogen wir mit unseren Fahrrädern los. Es war aber nicht möglich, mit den Rädern zu fahren, da der Boden aufgeweicht und daher rutschig war. Gegen 11°°Uhr kamen wir in die Stellung der Infanterie, wo uns ein Feldwebel mit den Worten empfing: „Schön das ihr gekommen seid. Aber ich will euch gleich sagen, hier ist die wahre Hölle.“ Mit meiner Gruppe kamen wir in ein Erdloch, genant Bunker, 3 mal 4 Meter groß, Decken und Wände notdürftig mit Balken abgestützt.
    Kaum waren wir in Stellung, rief der Feldwebel: „Die Russen kommen!“ Die Front war 20 bis 30 Meter gegenüber. Neben mir lag ein Kamerad voller Blut. Mit lautem „Urrääh!“ springen zwei Russen in ein Loch hinter uns. Ich lege die Panzerbüchse auf den Wall und bekämpf die eingedrungen Gegner. Mit meinen 22 Jahren will ich noch nicht sterben.
    In diesem Moment sehe ich einen Panzer 20 Meter vor mir aus dem Wald kommen. Er dreht den Turm, schießt und eine Granate explodiert hinter mir an einem Baumstamm. Ein heißer Schmerz durchzuckt mein rechtes Bein. Ein Splitter hat mir ein Stück aus dem Bein herausgerissen. Blut spritzt heraus, aber kein Sanitäter ist in der Nähe.
    In dieser hoffnungslosen Lage geschah das Wunder. Unser Obergefreite Josef Keckeisen erschien, verband mir das stark blutende Bein und brachte mich in den Bunker. Hier musste er mich aber verlassen, nachdem er mir noch eine Schachtel Zigaretten und Streichhölzer gegeben hatte. Nun liege ich hier im Bunker, als die Russen wieder angreifen. Eine MG Salve schlägt in die Rückwand. Dann ist lange Zeit Ruhe. dann wieder Schritte auf dem Bunker, ich höre russische Laute. Sie werfen eine Eierhandgranate in den Bunker, die zum Glück in die andere Ecke fliegt. Ich bedecke meine Augen mit beiden Händen; als die Granate explodiert, werde ich an der rechten Hand zweimal verletzt. Mit einem Verbandbäckchen habe ich mich so gut es ging verbunden.
    Ein Feuerstoß aus einem MG 34 vernichtet die Russen auf meinem Bunker. Seitdem habe ich einen lahmen Fuß. Ich betete und rauche weiter. Nachmittag höre ich wieder Schritte auf dem Bunker, deutsch Worte, aber sie kamen nicht wieder.
    Als es dunkel wurde, versuchte ich mit letzter Kraft den Bunker zu verlassen. Sehr geschwächt durch die Verwundung und den Blutverlust kletterte ich über tote Deutsche und Russen und erreicht schließlich unsere neue Stellung. Hier kam ich sofort in ärztliche Behandlung, mit einem Lazarettzug nach Smolensk und von dort nach Weida in Thüringen, später nach Rottenburg. Im August 1943 wurde ich als Unteroffizier entlassen, der Krieg war für mich aus.
    Meinen Kameraden Keckeisen, gen. Ignatz, habe ich bei einem Schwadronstreffen am Bodensee wieder gesehen. Er lebt noch und wir feiern ein fröhliches Wiedersehen.
    Albert Bold, Gomaringen

    1. Radfahrerschwadron, 260. ID.


    Kameradenhilfswerk der


    260. Infanterie- Division


    Mit freundlichen Grüßen


    Karlheinz

    Teil 2


    Ihr Herr war dann ganz normal auf sie zugekommen, ihr ein Stück Brot entgegenhaltend, das er aber zu ihrem Leidwesen zur Hälfte selbst aufgegessen hat. Noch zweimal hat am gleichen Tag ihr Herr den Entschluss gefasst, sich zur Ruhe zu legen. Olly hat dann aber nicht mehr gewartet, sonder sofort das weite gesucht. Später hat sie es dann für passend gehalten sofort auszureißen, wenn ihr Herr Anstalten traf, abzusteigen. Dieses hat dann aber wiederum den Reiter erbost, da er diese vorsorgliche Trennung für zu weitgehend gefunden hat.
    Auch der nächste Tag hat an Ollys nerven gezehrt. Man ist gemütlich über eine große Flussniederung getrabt, wobei links hinter einer Hügelkette der Gefechtslärm dröhnte und von rechts die Türme Tschernighows herüber blickten (auf welchen noch russische Artilleriebeobachter saßen). S –s- s –i- i- i bumm hat es gemacht, 100 Meter hinter ihr war ein großer Trichter, aus dem schwarze Erdbrocken emporwirbelten. Olly war ganz aus sich heraus zum Galopp übergegangen, der sich noch verstärkt hat, als sich wieder ein Krater hinter sich auftat. Drei solche Einschläge haben Olly zu einem solchen Galopp verholfen, das sie auf jedem Pferderennen dem Preis geholt hätte.
    Nun dieser Septembermorgen ist friedlich, und nachdem Olly durch Schütteln meine Liebkosung zwar abgelehnt hat, lässt sich aber doch herab, mitgebrachtes Brot aus der Hand zu fressen. Die Sattelgurte sind gleich wieder fest angezogen, und dann machen wir beide einen kleinen geruhsamen Morgenbummel. Unser erstes Ziel ist eine Straße: ja: eine richtige, gepflasterte Straße!
    Links der Straße ein nicht übersehbares, noch nicht gemähtes Haferfeld, an dem wir schon entlang geritten sind, und in welches nun einige Spuren hineinführen. Da ich das andere Ende des riesigen Feldes einmal sehen will, reite ich den Spuren nach. Der Himmel hat sich inzwischen von Westen her bezogen. Wie eine Insel liegt inmitten des Haferfeldes eine grüne Mulde, von einigen Birkenbüschen bestanden. Einen gefallenen Russen sehe ich, wobei Olly, wie um jeden Toden, scheu einen großen Bogen macht, während es stark zum regnen anfängt. Ich sehe unter einen Busch noch einen zweiten Russen liegen, bedeckt von einer neuen Zeltbahn. Die russischen Zeltbahnen sind gut und von uns begehrt. Da ich nur eine dünne Leinenfeldbluse trage, will ich mir die Zeltpan holen. Ich steige ab, halte Olly fest mit der rechten am Zügel und will bückend mit der Linken die Zeltbahn an mich nehmen, als ich einen Gegenzug verspüre und das verschlafene, erschrockene Gesicht des Iwan sehe. Wie mein eigenes Gesicht aussah, weiß ich nicht glaube aber, dem des Russen nicht sehr unähnlich. Doch es ist nicht mein erstes Zusammentreffen mit versprengten Russen.
    Eine Zigarette schnell aus der Tasche geholt, dem Iwan gegeben, und dann traben Olly, der Iwan und ich gemeinsam durchs große Haferfeld den Heimweg ins Dorf an. Der Russe wird bei unserer Feldküche abgegeben, wo er schon Kameraden vorfindet, die teils schon längere Zeit als Kartoffelschäler, Wasser – und Holzhohler und als Krankenträger sich bei uns nützlich machen.




    Ein Wiedersehen



    Nach einer Verwundung zur Neuaufstellung eines Kriegslazaretts versetzt, leite ich auf dem Bahnhof Slonimi in Weißrussland vorübergehend den Abtransport von Verwundeten aus dem Lazarettzug Mosel in unser dortiges Lazarett.
    Auf dem Nebengleis rollte ein Urlauberzug ein, aus dem ich angerufen wurde. Es waren zwei Fahrer meiner ehemaligen Kompanie. In deutscher Uniform als Hiwi doch mein ehemaliger Gefangener, den die Bodenseebauern in ihren Urlaub mitnehmen wollten. Olly, mein treuer Gaul, sei nicht mehr bei der Kompanie. Ein neuer Kompaniechef hätte sein bisheriges Reitpferd mitgebracht und Olly sei gegen dieses Reitpferd eingetauscht worden.
    Viele Jahre später ein Traum -. Im Pferdestall unseres alten Hauses in Ottweiler hatte ich Olly ganz vergessen. Ich ging hin und fand sie fast verhungert mit struppigem Fell. Drüben, jenseits der Blies, war eine Wiese mit grünem, saftig Gras. Dort führte ich Olly hin und sah zu, wie sie weidete. Man konnte bemerken, wie ihre Kräfte zunahmen und ihr Fell wie in früher wieder rotbraun und glänzend wurde. Ich saß wieder auf ihren Rücken und spürte beglückt ihren wundervollen weichen Gang, mit dem sie mich tausende von Kilometern am Oberrhein, durch Frankreich, durch Russland und zuletzt verwundetet zu Hauptverbadplatz getragen hatte. Olly, mein treuer Gaul.



    Kameradenhilfswerk der


    260. Infanterie- Division


    Mit freundlichen Grüßen


    Karlheinz

    260. ID. Olly und ich waren jahrelang dicke Freunde

    Gemeinsame Strapazen des Russlandfeldzuges erlebt und durchlitten

    Wir haben einen schweren Einsatz von 8 Tagen hinter uns. Die Division hat im rücken der russischen Front südlich von Tschernigow im Sumpfgelände der Desna einen Brückenkopf gebildet, und die Russen unter erbitterten Kämpfen sich bemüht, diesen einzudrücken. Nachdem Misslingen haben die Russen sich nach Süden abgesetzt. Meine Aufgabe war es, mit dem Krankenträgerzug der bespannten Sanitätskompanie auf den verschlungenen Pfaden durch das Sumpfgelände, die nach einem Regen kein motorisiertes Fahrzeug mehr trugen, die vielen Verwundeten zum Hauptverbandsplatz zu bringen.
    Sei gestern Nachmittag ist Ruhe, kein MG – Geknatter, keine Granateinschläge, keine Tiefflieger Angriffe mehr. Nur ganz aus der Ferne noch Geschützdonner, der uns aber nichts mehr angeht, weil unsere Division am nächsten Tag viele Tagesmärsche nach Norden zur Bereitstellung eines neuen Angriffs auf Moskau marschieren soll.
    Herrlich ist es, die ganze Nacht, zwar auf dem harten Bretterfußboden der Schule, aber sonst ungestört in Morpheus Armen zu ruhen, morgens ungestört Kaffee zu trinken und dann irgend etwas zu tun wie Briefe schreiben und sich und die Brocken zu reinigen.
    Ich schlendere an dem klaren Septembermorgen durch das ukrainische Dorf und finde hinter einem der kleinen, dunklen Russenhäuser meine langjährige Freundin Olly angebunden, die es in den vergangenen Tagen auch nicht leicht hatte. Olly kannte ich seit dem zweiten Kriegstage. Von ihrem früheren Herrn, einem Bodenseebauern, war sie mir in die Hand gegeben worden mit der Bitte, das Pferd (um ein solches handelte es sich nämlich) gut zu behandeln. Seitdem waren wir beide beieinander.
    Olly hatte genau wie wir einiges lernen müssen, was sie auch Anfangs gar nicht wollte. Sie hatte lernen müssen, dem Willen ihres Reiters zu gehorchen, schwimmen, springen, dauernd wo anders zu sein, kurz ein ganz anderes Leben zu führen, als das bisher gewohnte regelmäßige eines Bauernpferdes.
    [FONT=&quot]Sie begrüßte mich etwas misstrauisch und schüttelte den Kopf, als ich sie streicheln will. Da waren auch in den letzten tagen so merkwürdige Sachen passiert, die sie mit ihrem Pferdeverstand nicht so recht begriff. Sie war zum Beispiel mit ihrem Herrn auf dem Rücken, über eine frisch geschlagene Pontonbrücke geschritten, als dieser absprang und sich neben ihr zur Ruhe legte. Dann hat so ein großer brummender Vogel seine Eier nicht allzu weit weg von ihr fallen lassen, die auch für Pferdeohren ganz scheußlich gekracht haben. Ein bisschen langsamer als hinab ist dann ihr Herr wieder aufgestiegen, um sich nach knapp einer Minute wider im Graben zur Ruhe zu legen, da dieser brummende Vogel, diese Mal noch tiefer als vorher, herangeschwebt kam. Olly hat sich für eine Trennung von ihrem Herrn entschieden, zumal da es wieder so furchtbar krachte. Weg- springend hat sie noch einen Lichtblitz am Flügel des Vogels beobachtet, der sich nun zu einem Rückflug umdrehte, wobei er ihr beängstigend nahe gekommen ist. Es gab einen Krach. Der Vogel schlug auf und stand bald in Flammen. Sie hat ferner gesehen, wie in der bis dahin so leeren Gegenden überall die ihr bekannten Menschentiere aus Erdlöchern hervorkamen, komische Tänze auf einem Bein vollführten, die Arme in die Luft reckten und Laute ausstießen. Nachdem sie den Abstand vom vorherigen Geschehen für groß genug gehalten hat, war sie stehen geblieben, um sich am Gras gütlich zu tun, zumal der Boden um sie herum so sumpfig und schwankend war, wie sie es gar nicht mochte.
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    260. Infanterie- Division


    Mit freundlichen Grüßen


    Karlheinz

    Teil 2

    Linker Oberschenkel war ab



    Als Neuzugang hatten wir nun eine versprengte Gruppe einer mittedeutschen Division bei uns, die ihre Einheit verloren hatte. Und als diese in einen Einschlag einer Mörsergranate geriet, liefen sie in Deckung und ließen einen Kameraden liegen. Ich wartete den nächste Einschlag ab, rannte dann hinaus, packte den Landser unter den Armen und schleifte ihn in Deckung. Atemlos kam ich an. Es hatte ihn übel zugerichtet: Der linke Oberschenkel war über den Knie ab. Ich schnallte ab, zog meine Feldbluse aus und wollte mit meinem Hosenträger das Bein abbinden. Diese waren aber schon Kriegsware ohne Gummi, und als unser Zugführer Oberpauer hinzukam, löste er seine und wir knebelten vereint das Bein ab.


    Vielleicht liest es der


    Unbekannte aus Dresden



    Unser fremde Kamerad sagte nur unter Schmerzen zu mir: Unteroffizier, muss ich sterben?“ worauf ich ihn auf schwäbisch tröstete: „Kerle, was wirst den sterba müssa!“ Man hat ihn nach hinten geschafft und ich hoffe, dass ich ihm das Leben gerettet habe.


    Ein gutes Jahr später war ich selber froh an gute Kameraden, als auch sie mich in der Zeltplane zurückschleiften, auch unter Einsatz ihres Lebens. Das war zweimal Kameradschaft. Dem Dialekt nach war der unbekannte Soldat aus Sachsen, und er wird bestimmt oft an mich denken, wenn er noch lebt. Und wie ein Märchen wäre es, wenn er diesen Bericht lesen würde und ich eine Antwort erhielte. Es gibt Zufälle…
    Adolf Götz


    Kameradenhilfswerk der


    260. Infanterie- Division


    Mit freundlichen Grüßen


    Karlheinz

    Teil 1
    260.ID. Kameradschaft zahlt sich aus

    Wie zwei Soldaten von Kameraden gerettet wurden



    Es war Ende Juli 1943, als ich in Urlaub fuhr. Ich hatte Glück, denn in den nächsten tagen trat eine Urlaubssperre in Kraft. Es lag etwas in der Luft. Meine Gruppe im Stützpunkt 3 bei Kurkino übergab ich an meinen Kameraden Otto Baumann., nicht ahnend, dass ich nachher von meinem guten Kumpel kaum noch jemanden antreffen werde.

    Urlauber sollen in


    Alarmeinheiten gesteckt werden



    Am 7. August begann der russische Großangriff bei Wjasma. Daheim las ich im Wehrmachtsbericht, dass sich die 250. württ. – badische Infanteriedivision besonders bewährt haben. Bei meiner Rückkehr wusste auf der Frontleitstelle Smolensk niemand, wo sich die Division gerade befand, und man wollte uns Urlauber in eine Alarmeinheit stecken. Aber welcher Landser wollte nicht zu seinem alten Haufen zurück? Was mir entgegenkam, waren Lazarettzüge. Als ich Fahrzeuge fand mit dem Hirschhörnle, war ich bald wieder unter Kameraden. Diese wenigen erzählten mir, wo der Panzergraben Gubino mehrmals den Besitz wechselte unter großen Verlusten. Ich suchte mir auf einem Hauptverbandsplatz einen passenden Stahlhelm und meldete mich bei Leutnant Heller. Er führte den kleinen Rest des 3. Bataillons Regiment 480. Er war Feldwebel in meiner Rekruten zeit, wir kannten uns also. Er begrüßte mich mit den Worten: „Mensch Götz, worom bisch net daheim blieben?“ Das heißt er hätte mir gewünscht, nicht hierher zu müssen. In den nächsten tagen lernte ich ihn als fähigen, tapferen Offizier kennen, leider fiel er in den kommenden Wochen.

    In diesen Tagen den Glauben


    an den Sieg verloren



    Am Tag, ehe ich ankam, griff hier der Russe mit Kosaken erfolglos an. Von dieser Attacke lagen noch Pferde und Reiter im Gelände vor uns. Beim nächsten Angriff mussten wir uns absetzten. Heller befahl einen Gegenstoß und wir holten mit Hurra die alte Stellung wieder. Das war schon ein Unterschied, Urlaub und danach gleich wieder Rabatz. Von der Gruppe, die ich übernahm, kannte ich niemand. Die Stellung war am Waldrand, und wir hatten Verluste durch Baumkrepierer. Die Russenstellung gegenüber sollte genommen werden, es kam ein Verband „Stuka“; dieser geriet in heftiges Flakfeuer und einer stürzte ab. Viel Wirkung hatte ihr Angriff nicht. Als wir dann mit vier Panzern angriffen, wurde einer gleich getroffen und brannte. Die anderen fuhren wieder zurück. Das Unternehmen wurde abgeblasen. Unsere Stellung wurde nachts aufgegeben. In diesen Tagen verlor ich den Glauben an ein siegreiches Kriegsende. Als wir in den Schützenlöchern hockten und die Schlachtflieger vom Typ IL 2 stundenlang über uns kreisen und uns ihr Gebrumm auf die Nerven ging, ließ sich kein deutscher Jäger sehen.


    Kameradenhilfswerk der
    260. Infanterie- Division


    Mit freundlichen Grüßen


    Karlheinz

    Oberstleutnant i. G. Erich Labrenz




    260. Inf.Div. von Gernot Weiß Inf. Rgt. 119

    Erich Labrenz wurde am 06.Dez. 1903 in Jeschkendorf, Kreis Liegnitz / Schlesien geboren. Im August 1925 trat er als Freiwilliger in die Reichswehr ein. In dieser Zeit war er beim 13. (Württ.) Inf, Rgt.eingesetzt. 1934 wurde er zum Lt. Resp. OLt. Befördert. Später war er Kp. Fhr. beim Inf. Rgt. 119 in Stuttgart bzw. Ulm tätig.
    Ab August 1939 war er als Hptm. Bei der 260. Inf. Div. eingesetzt, zuerst als Ic (Nachr. Offz.) dann ab Oktober 1940 als Kdr. des III.Btl.Inf.Rgt.480.
    In der Geschichte der 260.Inf. Div. herausgegeben von Werner Haupt und Oberst i. G. a. D H. Köstlin, 1986, werden die Kämpfe im Mittelabschnitt (Kaluga und Brückenkopf Kremenki) u. a. folgender maßen geschildert
    Das KTB (Kriegstagebuch) der 260. Inf. Div. zeichnete über das Geschehen des 08. Dezember folgendes auf:
    10°°Uhr Zehn T - 34 rollen gegen 225,8 heran. Die Artillerie kann zwei in Brand schießen. Andere rollen bis Radenki durch vernichten 2 Pak, 2 IG, 1 sMG, 1 Flak, Infanterie hat schwere Verluste und zieht sich westlich und südwestlich 225,8 zurück.
    13°°Uhr Feind greift mit 20 Panzern Jerschowo an und bricht in Ort ein. III. Ifn. Rgt.480 (Hptm. Labrenz) hält die Stellung.
    Stunde für Stunde verschlechtert sich die Lage an der Front. Da traf am frühen Nachmittag der Korpsbefehl ein, dass sich die Div. in der Nacht auf die Linie Seliwerstewo – Saworowo – Logowo – Radenki – Kalinino- absetzen muss. Als die Vorbereitungen angelaufen waren, erschien überraschend auf dem bereits neu bezogenen Gefechtstand in Aulowo ein 300 Mann starkes Marschbataillon aber ohne Waffen! Die Männer erhielten schnellstens Karabiner und wurden vor allem den ausgebluteten Inf. Rgt. 470 nach Radenki zugeführt.
    Der Stellungswechsel wurde in folge des tiefem Schnee und der beißenden Kälte zu einer Tortur für Menschen, Pferde und Gerät. Die Truppen konnten sich allerdings vom Gegner lösen, ohne dass dieser sofort nachstieß. Die Verluste die die Div. am vergangenen tag und in der Nacht zählte waren enorm. Rittm. Von Geldern, Kdr. I / Inf. Rgt. OLt. Baron, Adj, I / Art. Rgt. 260. Lt. Haigis, 4. / Inf. Rgt.460, waren darunter. Ihre Namen mögen hier für die ihrer Kameraden stehen.
    Da auch Hpt. Labrenz verwundet worden war, wurde Hptm. Gaudig zurückgerufen. Er hatte die Tross der Div. nach Südwesten geführt, übergab sein Kdo. an OLt. Dr. Glenz und übernahm am Morgen des 19.12.sein noch 90 Mann starkes Btl.


    Kameradenhilfswerk der
    260. Infanterie- Division


    Mit freundlichen Grüßen


    Karlheinz

    Übergang im September



    Von Adolf Götz, Oberriexingen




    Wie haben 1941 die großen russischen Flüsse kennen gelernt. Da war zuerst Napoleons Schicksalsfluss, die Bresina, der 1944 auch unser Schicksal wurde. Dann der Dnjepr. Über die Desna gingen wir 2 Mal im Schlauchboot. Einmal bei Nacht einmal bei Tag. Auch die Oka bei Kaluga wurde bei Nacht im Schlauchboot überquert. 10 Tage später wurde ich als MG - Schütze bei Alexin verwundet und der Brückenkopf Kremenki und der strenge Winter blieben mir so erspart.
    Bei meinem zweiten Russlandeinsatz hatte ich es mit einem nassen Übergang zu tun. Zudem wusste ich damals noch nicht, wie dieser Fluss hieß, ich habe erst später erfahren das es die Oster war. Das war im September 43 südl. Smolensk. Ich hatte die Nachhut zu bilden und mich bei stärkerem Druck abzusetzen. Man zeigte mir einen markanten Punkt im Gelände, dort sei ein Fluss, wo uns Pioniere übersetzen würden. Wir kamen an den Fluss. Der Übergang lief so ab: Zwei Pioniere hüben und drüben zogen ein notdürftiges Floss über den Fluss. Es wurde uns gesagt, wir sollen hinten drauf stehen. Es war Eile geboten, denn der Russe setzte nach. Immer zwei Mann wurden übergesetzt. Ich dachte, es ist ein Fluss wie die Enz daheim. Die Tiefe wusste ich nicht, erfuhr sie aber. Als letzter sprang ich mit einem Kameraden drauf. Die Pionier drüben zogen, aber unser Floss ging unter. Heute weis ich wir standen zu sehr in der Mitte. Ein komisches Gefühl, aber wir hatten Glück, das Wasser ging nur bis zum Hals und das Ufer war nicht weit. Nun war uns gesagt worden, drüben würden wir gut aufgenommen, das war aber nicht wahr, es hieß, sich Eingraben. Zunder von drüben bekamen wir auch schon und ich war patschnass. Die Stiefel, die Magazine der MP, alles voller Wasser. Ich warf es weg, weil es verrostete. „Anspruchvolle Infanterie, möge Gott dich schirmen“ hieß der Spruch in der Kaserne in Pforzheim. Nun lernte ich die Anspruchslosigkeit kennen. Die Kleider hatten am Leib zu trocknen. Gott sei dank war schönes Wetter. Aber unser MG war hinten zur Reparatur. Ich hatte noch unser gutes altes MG 34. Nun rief einer hinter den Häusern vor: „Ich habe ein repariertes MG“. Er wusste warum er es nicht herbrachte, er hing zu sehr an seinem Leben. Ich selber dachte, bei dem Beschuss kommt keiner lebend zurück. Ich mochte meine Leute nicht opfern und gab deshalb keinem den Befehl. Nun rief einer: „ Ich hole es“. Meine Meinung dazu war: Ich gebe Dir den Befehl nicht. Was ihn dazu trieb, weis ich nicht. Er war sonst ein Bruddler und schimpfte über alles, ein Wengerter (Weinbauer) aus dem Remstal. Aber er rannte los, es waren mindestens 100 m bis zum MG, er machte eine kurze Verschnaufpause und rannte mit dem MG zurück. Ich war froh, es war ihm nichts passiert, wir hatten unser MG wieder und waren nicht mehr ganz schutzlos. Dass ich ihn beim Kompanieführer gelobt habe, hatte er verdient. Zu meiner Situation muss ich sagen, bei jeder anderen Waffengattung wäre ich nach hinten geschickt worden, um die Kleider zu trocknen, deshalb begleitete mich über den ganzen Krieg der Spruch von der anspruchslosen Infanterie.
    Der Spruch lautete genau: Fahl das Auge, blass die Wangen, ruhig in den Tod gegangen. Ohne Rast von spät bis früh, unverzagt in Stürmen, anspruchslose Infanterie, möge Gott dich schirmen.



    Kameradenhilfswerk der
    260. Infanterie- Division


    Mit freundlichen Grüßen


    Karlheinz

    Verehrte Kolleginnen und Kollegen:
    Bevor ich weitere Artikel über die 260 ID. ins Forum stelle erlauben Sie mir einige Worte darüber zu verlieren, über unsere Deutschen, sowie über die russischen Soldaten, und alle Soldaten, der anderen Nationen. Wenn man solch Berichte ließt, kann man fas nicht glauben was die Männer auf beiden Seiten, für Strapazen, und Elend, und Leid, erdulden mussten. Wenn man lesen muss dass die russischen Soldaten, aus dem fliegenden Flugzeug, aus einer Höhe von 60 m rausgeschmissen wurden ohne Fallschirm, dann kann man so etwas nicht verstehen. Denn es war doch damit zu rechnen, dass einige hunderte von Soldaten, durch die Landung getötet wurden. Man stelle sich vor aus 60 m, das ist so hoch wie manch ein Kirchturm. Wenn man dann lesen muss, das unsere deutschen Soldaten bei 40 – 50° Grad Kälte vor Moskau lagen, ohne ausreichende Winterkleidung, dann muss man sich fragen wie kann ein Mensch das aushalten. Man könnte hier noch die ganzen Daten des Rückzuges beschreiben, aber das würde ein dickes Buch füllen mit all diesen Daten die man Aufzeichnen müsste. Ich will es deshalb mit diesen beiden Anführungen genug sein lassen, denn man müsste mit Sicherheit auch die Gefangenschaft in allen Lagern beschreiben, aber das ist bereits in den einzelnen Artikeln schon geschehen.
    Ich schreibe diese ganzen Artikel ohne Hass, auch wenn mein Vater nicht mehr aus dem Krieg zurückgekommen ist. Ich schreibe mit Ehrfurcht und Anerkennung, der Männer die Unfreiwillig in diesen Krieg gezogen wurden, ganz egal welcher Nation Sie angehören. Vergessen wir nicht dass wir in die Nachbarländer einmarschiert sind.
    Aber und dass gehört auch hier einmal her, sollten wir uns tatsächlich auch bei unseren Politikern aller Demokratischen Parteien, ab den Jahre 1949 bedanken, die es bis heute Verstanden haben, auch bei schweren Endscheidungen den Frieden für unser Volk zu bewahren.
    Dafür gilt ebenso meine Anerkennung und mein Dank.

    Mit freundlichen Grüßen
    Karlheinz

    Lieber heinz 307:
    Ich habe heute deine Nachrichten gelesen, sie sind etwas schwer zu entziffern, aber es wird mir schon gelingen. Du schreibst mir, dass Du noch mehr über die 260 ID. hast. Ich bin Dir dankbar für alles was Du über die 260 ID. hast, und über die Einheiten die der 260 ID. angeschlossen waren. Vor allem interessiert mich alles über sämtliche Einheiten der Artillerie der 260 ID. vom ersten bis zum letzten Regiment. Und von der ersten bis zur letzten Gruppe.
    Ich habe nämlich weiter recherchiert, und herausbekommen das mein Vater bei sämtlichen Artillerie Regimenter eingesetzt war, bis zum Schluss in Ostpreußen. Das wusste ich bis dato noch nicht. Vielleicht gelingt es mir ja, das ich an Händen der verschiedenen Berichte, doch noch einen Hinweis über seinen verbleib herausbekommen kann. Oder zu mindestens über seine Gefangennahme. Es ist zwar sehr viel Arbeit, aber das scheu ich auf keinen Fall. Und es ist auch nicht sehr Wahrscheinlich dass ich damit Erfolg haben werde. Aber wie heißt es, der Glaube versetzt Berge. Ich will es auf alle Fälle probieren.




    Mit den Herzlichsten Grüßen
    an Dich und deine Familie.



    Karlheinz

    Hallo Michael, hallo Martin:


    Ihr bedankt euch für meine Arbeit, die ich im Forum veröffentlicht habe. Das müsst ihr beide nicht tun, denn euere Arbeiten sind eben so gut und man muss sich auch bei euch einmal bedanken für euere Arbeit. Sicherlich Freud einen dieses, aber es muss nicht sein. Ich teile euch mit das ich mit dieser Arbeit noch nicht fertig bin, und ich noch einiges über die 260. Infanterie - Division zu veröffentlichen hab. Nur leider habe ich etwas wenig Zeit, es könnten noch 3 - 4 Wochen vergehen, bis ich mit der weiteren Arbeit beginnen kann. Wünsche euch noch einen schönen Abend.


    Mit freundlichen Grüßen


    Karlheinz

    Schweigelager




    Obwohl das Rote Kreuz behauptet, es hätte und habe keine Schweige – Lager gegeben, können wir hier den Beweis dafür sehen. Nachdem Sie den Bericht über den Weg der Verdammten gelesen haben.

    Die 260. Infanterie – Division war eine so genannte „gesperrte Einheit“. Und was heißt gesperrte Einheit? Eine gesperrte Einheit die, 260. Infanterie – Division war nach Meinung der Russen eine vorbelastete Einheit, die angeblich Gräueltaten begangen haben soll.

    Die Gräueltaten bestanden darin das sie in Russland eingedrungen sind, und dadurch auf die Sowjetische Liste dieser gesperrter Einheiten kamen. Dafür wurden die deutschen Soldaten mit dem Tode bestraft, da die Todesstrafe aber aufgehoben war, wurden die meisten zu 25 Jahre Arbeitsbesserungslager verurteilt.

    Sie durften nicht Schreiben, sie bekamen nichts zu Lesen, sie durften sich in keinster Weis fort bilden z.B. Russisch lernen, sie bekamen auch keine Post, und sie wurden für die Leistungen die sie erbringen mussten nicht Entlohnt. Keine Postverbindung nach Hause, keine Zeitung, keine Bücher oder Lesestoff anderer Art. Es ist ein Schweigelager.

    Die wenigste der deutschen Soldaten kamen wieder in ihre Heimat, sondern Sie starben an Krankheit, Entkräftung, Unterernährung, und schweren Misshandlungen mit schweren Kerker der ja Unmenschlich war. Man sollte nicht glauben das Menschen solche Strapazen überlebt haben.

    Und wie man aus diesem Bericht ersehen kann, gab es doch Schweige – Lager. Wenn das was dieser Soldat erlebt hat, kein Schweigelager war, dann muss man sich wirklich Fragen was man dann unter Schweigelager verstehen muss. Ich finde das ist nur ein Beweis, aber bedarf es noch mehr Beweise, ich glaube nicht.

    Mit freundlichen Grüßen

    Karlheinz

    260. ID. zum Gedenken und zur Erinnerung



    Die Kameraden von deren Taten und Opfern in diesen Berichten berichtet wird, sind und waren Söhne unserer Heimat, unseres Vaterlandes.
    Sie sind nicht Gefragt worden, ob sie einen Krieg wollten oder nicht. Politiker entscheiden über Krieg und Frieden, nicht Soldaten. Unsere Väter wurden aufgerufen, ihre Pflicht zu tun und das Vaterland zu verteidigen, wie das Gesetz es befahl. Dem Befehl folgend erhielten sie ihre Feuertaufe in Frankreich, marschierten durch Polen nach Russland. Im Herbst 1941 wateten sie durch den russischen Schlamm auf den aufgeweichten und nicht befestigten Straßen, die ein vorwärts kommen fast unmöglich machten. Sie marschierten und kämpften in Richtung Moskau, überlebten den Winterfeldzug 1941./42 bei 50° Grad Celsius und wehrten auf den Rückzug oft als Nachhut die nachstürmenden sibirischen Divisionen wieder ab.

    Am 5. Juli 1944erfolgte der letzte Ausbruchsversuch aus dem 7. wanderten Kessel. Das befohlene Durchschlagen in kleinen Gruppen gelang nur wenigen Kameraden. Die meisten kamen in russische Gefangenschaft, aus der viele erst nach 11 Jahren, oder gar nicht mehr zurückkehren durften. Weil sie durch Krankheit, Entkräftung, Hunger oder Furchtbarer -Drangsal in der Zwischenzeit ums Leben gekommen waren.

    Mögen diese Erlebnisberichte auch von unseren Kindern und Kindeskindern gelesen werden, damit sie ihre Väter und ihr Handeln besser verstehen.

    Mit freundlichen Grüßen

    Karlheinz

    13. Teil


    Doch wieder begann für nicht wenige erneut schwere Schicksalsschläge. Und wieder gibt es Enttäuschungen, wieder Herzeleid, selbst an der Schwelle des neuen Lebens!

    Da liegen nun hinter ihnen die Todeslager und die Feuernächte, die Hungerzeiten und die sibirischen Winter, die unheimlichen Gewalttaten und die Lehre aus der Lagerschule des Teufels, wo sie ein genialer Lehrmeister gelehrt, das Lüge, Betrug, Selbstsucht, Kriecherei, Charakterlosigkeit, Verrat und ein hartes Herz die eigentlich brauchbare Tugenden des modernen eigensüchtigen Menschen sei. Und keiner ist ferner von dort gewesen als er, der Heimkehrer! Keiner konnte sich mehr selbst verlieren und keiner stand dem Abgrund näher, und keiner lief ihn so haarscharf entlang!

    Wie hatte man sich den dieses „Heimkehren“ vorgestellt? Waren diese Männer, die unerfüllbare Forderung stellten? Was wollten sie? – Ich will es euch sagen! – Sie wollten das, wonach sie sich all die Jahre gesehnten hatten und was ihnen endlich geschenkt wurde; - Liebe, Geborgenheit, Freiheit!

    Ganz Kirrlach begrüßte Heimkehrer Sand, so lautete die Schlagzeile der „Badischen Neusten Nachrichten“ - Ausgabe Bruchsal vom 23. Dezember 1955 mit einem großen Foto von Robert Sand im Kreis seiner lieben Angehörigen. Nun war Robert Sand endlich und wirklich heimgekehrt. Die Zeitung schreibt weiter:
    War sein überwältigender Empfang in der Nacht zu Sonntag ein überwältigendes Treuebekenntnis der ganzen Gemeinte Kirrlach, so gestaltete sich der Mittwochabend zu einem unvergesslichen Erlebnis nicht nur für den Heimkehrer Robert Sand, sondern für alle Beteiligten und darüber hinaus für die ganze Bevölkerung. In der überfüllten Turnhalle, wo zu Ehren des Heimkehrers die offizielle Empfangfeier stattfand, kam das Heimat – und
    Zusammengehörigkeitsgefühl ebenso stark zum Ausdruck, wie die Freude über die Heimkehr des letzten Kriegsgefangenen aus hiesiger Gemeinde, der mit seinen Angehörigen noch in Briefverkehr stand.

    An der eindrucksvollen Feier beteiligt sich die gesamte Bevölkerung von Kirrlach – und zahlreiche Festredner würdigten Robert Sand, dessen Glaube an die Heimat und das Vaterland, trotz der langjährigen Kriegsgefangenschaft ungebrochen ist. – Die BNN: Überwältigt von diesem herzlichen Empfang dankte Heimkehrer Sand. Er sprach die Hoffnung aus, das bis Weihnachten alle Kriegsgefangenen aus dem Osten heimgekehrt sein mögen. Worte des Dankes fand er auch für Bundeskanzler Adenauer, dessen Initiative die Entlassung der Kriegsgefangenen mit zu verdanken sei. Am Schluss bad er alle Anwesenden, zum stillen Gedenken an die vielen, vielen, im letzten Weltkrieg gefallenen und verstorbenen Kameraden, sich von den Plätzen zu erheben. Die Feier klang aus mit den gemeinsam gesungenen Liedern „Freiheit die ich meine“ und „Großer Gott wir loben dich“, die vom Musikverein begleitet wurden.

    Verfasser: Hermann Melcher, Heidelberg.





    Kameradenhilfswerk der
    260. Infanterie- Division


    Mit freundlichen Grüßen


    Karlheinz

    12.Teil


    Eines Tages hörte Robert Sand über den Lagerlautsprecher, das der Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland, Konrad Adenauer, am 13. September 1955 in Moskau war. Auch die Situation der restlichen Kriegsgefangenen sei besprochen worden, so munkelte man, von denen die Sowjets ja behaupteten, es gäbe keine mehr in der Sowjetunion, sondern nur rechtmäßige verurteilte Kriegsverbrecher. Es keimte ein zartes Pflänzchen von Hoffnung auf, zumal plötzlich im Lager, wo Robert Sand war, noch 17 deutsche Kriegsgefangene auftauchten, die in den Goldminen von Magadan gearbeitet haben. Wenn man euch zusammenlegt, meinten die russischen Häftlinge, werdet ihr vielleicht bald nach Hause fahren.

    Und so kam es eines Tages, dass nach knapp 3 Monaten in Magadan der Rücktransport erfolgte, der nahezu genauso wie die Heimfahrt verlief. Doch es konnte bei den jetzt 20 Deutschen , die es nach Ostsibirien verschlagen hatte, keine rechte Freude aufkommen, denn mit ihnen fuhren auch viele russische Häftlinge, darunter Banditen, und man sprach davon, das die Häftlingskolonie aufgelöst werden sollte. Also war es keine Befreiung, sondern nur eine Verlegung!? – Und ist es ein Wunder, das niemand mehr glaubt, dass alle zweifeln. Und wieder beginnt eine Nervenkrise. Es gibt zu viele Fragen, auf die man keine Antwort findet, und wieder gibt es eine lange Fahrt auf der endlos scheinenden transsibirischen Eisenbahnstrecke.

    Die Häftlinge wurden mehrfach in Städten ausgeladen, wo sie in Durchgangsgefängnissen übernachten mussten. In der Stadt Nishne – Issetsk, Gebiet Swerdlowsk war dann zunächst Endstation, und der übliche Gefangenenalltag begann wieder. Von Befreiungsgefühlen war nicht mehr viel übrig geblieben. Robert Sand arbeitete dort auf dem Bau als Stuckateur. Es ging das Gerücht um, das sie deshalb nicht entlassen werden könnten, weil der Deutsche Bundeskanzler Konrad Adenauer seinen in Moskau eingegangenen Verpflichtungen nicht nachgekommen wäre! – Hoffnungslosigkeit bereitete sich unter den wenigen Deutschen aus und ein Wechselbad der Gefühle löste die Verabschiedung in Swerdlowsk durch eine Militärkappelle aus. Dabei war es so kalt, das offenbar einige Trompeten einfroren, so dass ihnen wohl kein Ton mehr zu Endlocken war. Trotzdem waren alle der Meinung, dass jetzt wieder gehofft werden darf!

    Nach einer fahrt von drei Tagen, wesendlich komfortabler als auf der Hinfahrt, wenn auch im Viehwagen, aber Strohsäcke und nicht überbelegt und relativ gut verpflegt, stoppte der Transport am 16. Oktober 1955 in Potmar, eine kleine Stadt etwa 100 km östlich von Moskau und es hieß aussteigen. Die Stimmung stieg wieder und für Robert Sand war es einfach schon eine große Erleichterung, dass er die Hölle von Dscheskasgan und Magadan hinter sich gelassen hatte und er sich wieder im europäischen Russland befand. – So rückte die Heimat näher, aber ein Begleiter ist doch dabei – die Angst! Die Angst, wie so viele Kameraden früher, noch an der Grenze herausgeholt zu werden.

    Und diese Angst wird sie noch lange begleiten, wenn sie wieder in Freiheit sind. Lange noch spüren sie den Schritt des Postens hinter sich und schauen sich um, sind misstrauisch, hilflos, scheu, verbittert gegen sich und die Welt. Und wie kommen sie heim? In welche Heimat, in welche Verhältnisse? Wer versteht sie und hilft ihnen, nicht nur mit Worten? – Im Lager Potmar werden Versammlungen angesetzt, hier sind jetzt noch mehr deutsche Kriegsgefangene zusammengezogen worden. Und als es schon auf den Dezember 1955 zugeht, fordert ein deutscher Offizier die Russen auf, ihnen Weihnachtbäume zur Verfügung zu stellen. Die Antwort lautete: „Ihr braucht keine Weihnachtsbäume mehr, denn an Weihnachten seid ihr zu Hause!“ Das war für die letzten deutschen Kriegsgefangenen, die angeblichen „Kriegsverbrecher“ ein ungemein befreiender Satz, und die Zahl 13 wurde für Robert Sand zur Glückzahl, den mit dem 13. Transport fuhr Robert Sand im 13. Waggon am 134. November 1955 in Richtung Heimat! – Er war aus 11 Jähriger russischer Kriegsgefangenschaft entlassen worden.

    Am 16,12,1955 befand er sich endlich wieder auf deutschen Reichsgebiet und am 18. 12. 1955 traf er im Entlassungslager Friedland ein, wo diese Männer, die so unglaubliches Schreckliches erlebt und erlitten hatten,in einer ergreifenden Feier begrüßt und von einer großen Menschenmenge begeistert empfangen wurden.





    Kameradenhilfswerk der
    260. Infanterie- Division


    Mit freundlichen Grüßen


    Karlheinz

    11. Teil


    Mit bis an die Zähne bewaffneten Konvoisoldaten, die Hunde mit sich führten, hatte man den als „Schwerverbrecher“ geltenden Häftling sozusagen eine „standesgemäße“ Eskorte zugeteilt. – Als sie nun endlich ihr Lager sahen, das nicht allzu weit entfernt von der Anlegestelle des Schiffes im Hafen lag, konnten die Häftlinge gleich entdecken, das die Wachtürme rund um das Lager mit schwer bewaffneten Doppelposten besetzt waren. Wenn Robert Sand über jene Zeit ins Erzählen kommt, dann wird einem bewusst, das eigentlich jedes Jahr seiner 11 jährigen Kriegsgefangenschaft eines Buches wert wäre, so viele gefährliche und unangenehme Situationen im menschlichen Grenzbereich mussten bewältigt und überstanden werden. So wurde der Mensch in den apokalyptischen Geschehnissen an den letzten Grenzen des Lebens geformt, hartherzig und brutal und durch endlose Leidensjahre hinter Stacheldraht. So liefen sie am Abgrund entlang, endlose Scharen an endlosen Tagen! In Erlebnissen, die gar keine Erlebnisse waren, sondern ein ununterbrochenes Einerlei der Leere und Hoffnungslosigkeit.

    Unser Verstand kann es gar nicht ausdenken, jahrelang die nackte Angst vor der Nichterfüllung der unerbittlichen Norm, festgelegt im ehernen Normgesetz. Angst vor dem Verlust des bisschen mageren Essens: Den so war es doch im Bergwerk, beim Straßenbau, auf dem Bauprojekten, auf den Äckern. – Der aus Schwäche seine Norm nicht erfüllen konnte erhielt weniger Brot, wurde noch schwächer, kam ins so genannte Erholungslager, wurde in Lazarette eingewiesen, kam bald nach Ansicht der sowjetischen Ärztekommission als arbeitsfähig wieder zurück auf seinen Arbeitsplatz. Und nun konnte der Kreislauf bei mehr und mehr abnehmenden Kräften und zunehmende Schwäche wieder von vorne beginnen, bleiben Angst, Hunger, Schwäche und Krankheiten gar treue Begleiter.

    Und dann der Stacheldraht! Überall Stacheldraht und die ewig gleich bleibenden Gesichter, und die große Öde des Landes. – Ringsum die Trostlosigkeit, die nie abreisende Propaganda, die Sehnsucht, die Herzensnot, das Heimweh, die Lieblosigkeit – und daneben der andere, der nackte Mensch, einst Kamerad, jetzt Konkurrent! Der Kranke, der Mutlose, der Heruntergekommene, der Haltlose, der Gottlose, der tierisch Gewordene, der große Hasser, der kleine Kläffer, ! – Und all dies stündlich, täglich, monatelang jahraus – jahrein! – Und dann der Tagesablauf, noch bei Dunkelheit das Wecken, das Waschen von Hunderten unter ein paar spärlichen tropfenden Hähnen, das Verschlingen der Morgenration, die Zählung bei Regen und Sturm, in Eis und Schnee, das Warten – und immer wieder das Warten. Dann das Treiben der Wachen mit Gewehr und Maschinenpistole im Anschlag, das Treiben dieser sich schleppenden grauen, apathischen Massen Mensch durch den Menschen! – Die zehn – oft zwölfstündige Fronarbeit, begleitet von dem hetzenden, anfeuernden, heißen Brüllen der sowjetischen Vorarbeiter, der zurück und das Hinsinken auf den Strohsack! Und all dies über Monate, Jahre!

    Die Baracke mit dem fatalen Geruch ungewaschener Leiber und dem ständigen Schwanken zwischen Stickluft und Eiseskälte! Diese Baracke mit ihren verdreckten Glühbirnen und ihren verwanzten Pritschen, ihren tropfenden Dächern und peinigenden „Regalen für Menschen“ Und das jahrelang!. Unser Ohr mag es gar nicht hören, jahrelang. Ist das nicht ohne Ende? Wie dies meißelt und hämmert, wie da die Fassaden einstürzten und die Männer nackt da stehen, wie die hohen Herrn zu kleinwinzigen Dieben werden und die Heroen des Geistes zu Jämmerlingen. Wie sie da einander belauern und belügen, wie die Wut aufflammt über jede dumme, harmlose Gewohnheit des anderen, wie da die Tünche weggewischt wird und der Mensch wird gerufen! Robert Sand hat diese grauenhaften Zustände in bewundernswerter Haltung überstanden, - trotz der Verbannung nach Magadan.





    Kameradenhilfswerk der
    260. Infanterie- Division


    Mit freundlichen Grüßen


    Karlheinz

    10. Teil


    Dann verstummten die Schüsse. Die Soldaten riefen: „raustreten, wir schießen nicht mehr!“ Und tatsächlich begnügten sie sich mit Kolbenschlägen. – Die einzelnen Gefangenengruppen wurden sofort durch die Maueröffnung hinaus in die Steppe geführt, vorbei an den Kengirer Konvoisoldaten, die eine Absperrung um die Zone bildeten. In der Steppe wurden sie untersucht und mussten sich auf den Boden legen, mit dem Gesicht nach unten, die Hände über dem Kopf ausgestreckt. MWD – Piloten und Aufseher gingen durch die Reihen und holten diejenigen heraus, die ihnen während der Revolte vom Flugzeug oder vom Wachturm aus aufgefallen waren. Die „siegreichen Generäle“ verließen die Wachtürme und gingen frühstücken. Ohne einen von ihnen zu kennen wage ich zu behaupten, das ihr Appetit an einem Junimorgen vortrefflich war, und das sie ihren „Sieg“ begossen. Der Alkoholdunst beeinträchtigte in keiner Weise die ideologische Klarheit in ihrem Kopf. Und was sie in der Brust empfanden, das war außen angeheftet. – Die Zahl der Toden und Verwundeten betrug nach Erzählungen ungefähr sechshundert, nach den Unterlagen der Lagerverwaltung über siebenhundert. Mit den Verwundeten stopfte man das Krankenrevier voll – und als dort kein Platz mehr war, brachte man sie ins städtische Krankenhaus. Den Übrigen wurde erklärt, dass die Truppe nur mit Platzpatronen geschossen und die Häftlinge sich gegenseitig erschossen hätten. – Es währe verlockend gewesen, die Gräber von den Toden von den Überlebenden ausheben zu lassen. Doch damit nicht zu viel bekannt würde, besorgten das die Truppen. Dreihundert der Toden verscharrte man in einer ecke der Zone, die anderen irgendwo in der Steppe.

    Den ganzen Tag lagen die Häftlinge mit dem Gesicht nach unten in der glühenden Sonne. Im Lager wurde indessen alles durchsucht, aufgebrochen und umgekrempelt. Dann brachte man Wasser und Brot in die Steppe. – Der Offizier hatten Listen vorbereitet, nach denen sie die Häftlinge aufriefen. Wer am Leben war wurde abgehackt.

    Die Mitglieder der Kommission der Aufständischen und die anderen hauptverdächtigen wurden in das Lagergefängnis gesperrt, das wieder seiner ursprünglichen Bestimmung diente. Über tausend Häftlinge wurden ausgesondert und zum Abtransport in geschlossenen Gefängnissen oder nach Kohlyma bestimmt. (Wie immer hatte man die Listen halb blind zusammengestellt, und so erwischte es auch viele, die völlig unbeteiligt gewesen waren.) - So weit auszugsweise Alexander Solschenizyn zum Aufstand der Häftlinge von Kengir!

    Und wie hatte Robert Sand den Aufstand überlebt? Wie alle seine Kameraden wurde er im Schlaf überrascht. Mit dem Instinkt des alten Frontsoldaten ging er zunächst einmal in Deckung, die er erst wieder verlassen musste, als er von den stürmenden Rotarmisten aus der Baracke herausgejagt und wo sie draußen mit Kolbenstößen zusammengetrieben wurden. Dann hatte sich alles so abgespielt, wie es Alexander Solschenizyn geschildert hatte. Robert Sand konnte sich später mit einer der ersten Kolonnen von je 100 Mann wieder in das Lager einziehen, wurde aber sofort wieder aussortiert und gehörte zu jenen 1000 Hauptverdächtigen, die zum Abtransport bestimmt waren, obwohl er eigentlich diesen Aufstand nur in „voller Deckung“ erlebte und überlebt hat. Sie wurden wieder vor das Lager getrieben, ohne ihr paar Habseligkeiten aus den Baracken mitnehmen zu können. Zwischenzeitlich regnete es in Strömen und sie standen Stunden fast bis zu den Knien im Schlamm, darunter auch Frauen, die fast unablässig geschrieen haben. Es war eine Tragödie von großem Ausmaß, die Sand nie vergessen wird. Das genaue Datum des Abtransportes ist ihm nicht mehr genau im Sinn. Jedenfalls wurden die aufsässigen Gefangenen und diejenigen, die man dafür hielt, wieder wie üblich in Waggons zu 60 oder 80 Mann hineingepresst, wo vielleicht nur 30 Plätze gehabt hätten. Dann ging s oh - Schreck – der transsibirischen Eisenbahnstrecke entlang über Omsk – Nowosibirsk – Irkutsk – Blagoweschtschensk – Chabarowsk nach Sowjetskaja Gawan. – Man kann sich heute kaum mehr vorstellen, welche Strapazen diese Menschen durchstehen mussten, von denen aber dennoch viele unterwegs geblieben sind.

    Die restlichen hat man dann vier Wochen in einem so genannten Quarantäne – Lager festgehalten und dann, etwa 400 Männer und Frauen, auf ein Einmast – Schiff verfrachtet, das drei Tage durch die la Pereuse – Straße zwischen Sachalin und Japan über das Ochotschische Meer unterwegs war, um dann in Magadan in Ostsibirien anzulegen. Robert Sand war nun 12 000 Kilometer von der Heimat entfernt und man kann sich wohl leicht vorstellen, welche ungeheuere Belastung, alleine schon wegen der Tatsache der riesigen Entfernung bis zur Heimat, das für diesen Mann bedeutet haben muss. Das Lager Magadan war so weit von jeder normalen Entfernungsvorstellung positioniert, das es später noch nicht einmal den offiziellen sieben Bänden „Zur Geschichte der deutschen Kriegsgefangenen des Weltkrieges „ aufgenommen worden ist. Man hatte allerdings nur drei Deutsche in dieses Lager am letzten Zipfel Sibiriens verbracht. Robert Sand, Karl Kret und einen Russlanddeutschen, desen Name Sand entfallen ist.





    Kameradenhilfswerk der
    260. Infanterie- Division


    Mit freundlichen Grüßen


    Karlheinz