Beiträge von Finnock

    Hallo Christian,


    danke für dieses netten kleinen Puzzlestück! Es lohnt sich doch wenn man den „Alten“ zugehört hat.


    Ich glaube nicht das eine Flakstellung aus 4500 Metern das Feuer auf anrückende Panzer eröffnen würde. So früh die eigene Stellung zu verraten wäre grob fahrlässig. Dazu kommt die passende Munition dafür. Für den Abschuss eines Flugzeuges wurden Sprenggeschosse verwendet. Die Idee ging dahin das Flugzeug durch indirekte Treffer zu zerstören. Deshalb explodierten die Geschosse in zuvor eingestellten Höhen. Die Schweiz hat sich übrigens dumm und dämlich an diesen speziellen Zündern verdient. Für Panzerplatten benötigt man jedoch Vollgeschosse. Der Hintergedanke ist das das Geschoss die Panzerung durchschlägt und die Besatzung verwundet /tötet und den Panzer in Brand setzt, den Motor zerstört und ähnliches und zwar mit einem direkten Treffer. Das war bei den damals eingesetzten Flugzeugen nicht nötig. Da reichten (viele) Splitter. Es war im April 1945 (siehe weiter unten) jedoch nicht immer gegeben das Flakeinheiten, die zuvor reine Luftabwehraufgaben hatten, auch über Vollgeschossmunition verfügten.


    Durch deine Angaben befinden wir uns am 6., eher 7. April 1945. Die Amerikaner hatten ein Loch in der „Linie“ der Wehrmacht genutzt und waren weit vorgesprescht. Der Vorstoß auf Hildesheim erfolgte von Sibbesse über den Roten Berg auf Diekholzen und weiter nach Ochtersum, Hohnsenbrücke, Sedanallee. Ein Vorstoß über die Reichsstraße 1, also Heyersum und Emmerke erfolgte zunächst nicht. Begleitet wurde der Vorstoß permanent von einem Aufklärungsflugzeug.


    Die Dorfchronik von Diekholzen vermerkt hierzu das am 7. April nach kurzen Gefechten am Roten Berg auf Sibbesser Seite die Amerikaner Diekholzen besetzten und von dort aus den Flughafen in Hildesheim mit Artillerie unter Feuer nahmen. Das hat mich stutzig gemacht. Diesen Flugplatz zu beschießen machte am 7. April keinen Sinn mehr. Am 6. April war der Flugplatz nach Augenzeugen stundenlang von Tieffliegern angegriffen worden. Das Ziel waren die leichten Flugabwehrgeschütze. Die Angriffe erfolgten so lange bis alle Geschütze ausgeschaltet waren. Über Verluste liegen keine Angaben vor und es ist auch fraglich ob sich überhaupt noch Personal dort aufgehalten hat. Der Flugplatz war vom Kampfgeschwader 200 bereits zuvor verlassen worden.


    Was könnten sie dann beschossen haben?


    Hildesheim wurde am 7. April kampflos übergeben. Nur an der Marienburg (nicht zu verwechseln mit der Marienburg bei Nordstemmen) hatte es ein kurzes Gefecht gegeben. Allerdings gehörte Marienburg damals noch nicht zu Hildesheim. Das gleiche gilt für Himmelsthür womit wir wieder bei eventuellen Geschützen auf dem Osterberg wären. Himmelsthür war damals noch eigenständig und ein der Stadt vorgelagertes Dorf. Von der heutigen Bebauung darf man sich nicht täuschen lassen. Die Stadt war noch weit entfernt. Deshalb wäre auch ein Beschuss vom Osterberg von den Amerikanern nicht der Stadt zugeschrieben worden.


    Vielleicht war es tatsächlich so das vom Osterberg auf amerikanische Panzer geschossen worden ist und deshalb von Diekholzen aus auf diese Stellung das Feuer eröffnet worden ist. Die Richtung ist naja, ungefähr gleich.


    Da der Einheimische beim herumklettern von einem US Soldaten erwischt wurde lässt sich die Begebenheit in die Zeit vom 7. April bis Anfang Juni hinein zeitlich eingrenzen. Am 29.5.1945 wurde Hildesheim den Briten übergeben und somit Teil der britischen Zone.



    Gibt es eigentlich einen Ort im Forum wo man derartige Sachen wie von Christian oder Informationen aus der Dorfchronik allgemein zugänglich ablegen kann?


    Ich denke das es ganz nützlich sein könnte derartige Informationen abzulegen. Gerade wenn es sich um die Schlussphase des 2. Weltkrieges handelt kommt man doch nur weiter wenn man gut zugehört hat wenn der alte Einheimische was erzählt hat und man es auch irgendwo nachlesen kann.


    Sebastian

    Danke für diese Information! Damit müsste sich etwas anfangen lassen. Ich werde jetzt erstmal versuchen den Autor vom Luftkrieg im Weserbergland zu kontaktieren. Vielleicht hat er ja Informationen darüber auch wenn das Weserbergland etwas von uns entfernt ist. Desweiteren werde ich einem der Co-Autoren schreiben. Er befasst sich speziell mit der Entwicklung der Flak. Vielleicht komme ich da weiter.


    Ich habe inzwischen herausbekommen das im März 1945 bei Petershagen, nördlich von Minden, ein Flakzug eine Lancaster abgeschossen hat deren Bombenlast für Hildesheim bestimmt war. Eine Einheit wird nicht genannt. Ich versuche auch hier den Autor zu kontaktieren.


    Ich melde mich dann hier wieder. Noch mal: vielen Dank für deine Zeit!


    Sebastian

    Erst mal Danke für deine Arbeit Michael! Damit habe ich schon mal einen Überblick bekommen wie das große Skelett des XI. Luftgaues ausgesehen hat. Von Dänemark bis Italien. Kaum zu glauben. Allerdings scheint sich für Hildesheim eine echte Lücke aufzutun.


    Ich habe vor kurzen das Buch Zielpunkt von Hermann Meyer-Hartmann ersteigern können. Es ist „das“ Buch zum Luftkrieg für den Raum Hildesheim. Kurz darauf habe ich noch das Buch Geheime Kommandosache ebenfalls von Meyer-Hartmann bekommen und vage Informationen aus dritter Hand und Informationen aus Kanada die ich noch vertiefen muss.


    Bei dem Zielpunkt wurde ich fündig was die Flakeinheit angeht. Die leichte Heimatflakbatterie 87/XI wird im Zusammenhang mit der Ausbildung von Luftwaffenhelfern genannt. Und zwar für den Dezember 1944. Sie lässt sich jedoch noch bis Februar 1945 und indirekt vielleicht noch darüber hinaus belegen (das deckt sich somit mit deinem Hinweis).


    1940 wurden in der Innenstadt von Hildesheim Passanten auf der Straße nachts von Flaksplittern getroffen und leicht verletzt als Alliierte Bomber beschossen wurden. Dabei muss es sich um 8,8cm Geschütze gehandelt haben die bei Giesen gestanden haben sollen. Das mit den Flaksplittern ist belegt, das mit den 8,8ern eine mündliche Überlieferung. Fest steht das die schweren Geschütze 1942 die Stadt wieder verlassen haben. Unbekannt ist jedoch ob die Stadt Ersatz bekam.


    Die Gliederung des Luftgaukommandos XI weißt natürlich nicht die leichte Heimatflakbatterie 87/XI auf. Ich denke das es sich dabei nur um einen kleinen Fleischbrocken in diesem riesigen Skelett gehandelt hat. Der unterste kleinste Teil, noch dazu Heimatflak.


    Wenn ich es richtig verstanden habe bedeutet leicht 2cm bis 3,7cm und damit Geschütze die gegen Tiefflieger eingesetzt wurden. Die 87/XI wurde zu diesem Zweck auf dem Flugplatz eingesetzt um diesen zu schützen. Es gibt zwar das Buch Geheime Kommandosache von Meyer-Hartmann, jedoch geht er auf die Flugabwehr nicht ein. Leider auch nicht auf die Rolle die dieser Flugplatz in der Ausbildung von Luftwaffenhelfer gespielt haben muss. Erschwerend kommt hinzu, das auf dem Flugplatz von Hildesheim das Kampfgeschwader 200 stationiert war. Für diese Einheit galt die höchste Geheimhaltungsstufe hoch zwei. Selbst das Wachpersonal soll nicht von allen Vorgängen auf dem Flugplatz gewusst haben. Damit sind auch Informationen zu der Luftabwehr des Flugplatzes streng geheim gewesen.


    Fest steht jedoch das am 6. April 1945 die Geschütze durch mehrfache Tieffliegerangriffe zerstört wurden. Tags darauf rückten amerikanische Truppen in die Stadt ein.


    Nach dem was ich bis jetzt weiß scheint es keine schwere Luftabwehr für Hildesheim Anfang 1945 gegeben zu haben. Die leichte Heimatflakbatterie 87/XI wird wahrscheinlich nie auf einfliegenden Bombern in einer Höhe von 4500 Metern gefeuert haben. Auf fehlenden Flakschutz weißt auch der Eintrag einer kanadischen Staffel hin die am 22. März 1945 Hildesheim bombardiert hat: NO FLAK IN TARGET AREA. Ich gehe davon aus das eine vorhandene schwere Batterie das Feuer auf diese Bomber eröffnet hätte.


    Verwirrend in dieser Sache ist das ein Bomber nach kanadischen Angaben von der Flak getroffen wurde (HIT BY FLAK) während Augenzeugen am Boden gesehen haben das dieser Bomber von einer riesigen Bombe (Cookie, Wohnblockknacker) einer darüber fliegenden Maschine getroffen wurde und explodierte.


    Das Buch Luftkrieg im Weserbergland (sehr zu empfehlen) brachte mich auf eine andere Idee. Dort wird mehrmals die Eisenbahnflak erwähnt. Eventuell stand auf Gleisen vor Hildesheim ein derartiger Zug und hat diese Maschine getroffen. Dafür habe ich allerdings keine Hinweise. Im April 1945 soll ein derartiger Zug noch bei Sarstedt auf amerikanische Panzer geschossen haben. Sarstedt liegt in der Nähe von Hildesheim so das die Anwesenheit eines Flakzuges zumindest möglich wäre.


    Die Frage die daraus abzuleiten wäre gab es einen Flakzug im Gebiet von Hildesheim? Oder noch weiter: wo waren Flakzüge stationiert, wie wurden sie eingesetzt und von wem? Indirekt könnte man über Abschußlisten auf einem Umweg feststellen wer den Kanadier abgeschossen hat. Sind diese Listen archiviert, wenn ja, wo?


    Eine Antwort und eine neue handvoll Fragen...



    Sebastian

    Moin,


    ich bin auf der Suche nach Informationen über die Luftabwehr der Stadt Hildesheim im März 1945 bis 6. April 1945. Es gibt widersprüchliche Angaben über den Ort der Stellungen und die Einsatzfähigkeit. Angaben über die Einheit habe ich bis jetzt gar nicht finden können. Google erbrachte nichts und die betreffenden Bestände des Stadtarchivs sind im Krieg verbrannt. Das es Geschütze gegeben hat belegen mehrere Tieffliegerangriffe der Alliierten am 6. April 1945 auf den Fliegerhorst Hildesheim (Fliegerhorst - Kommandantur 26/XI, Hildesheim), bei dem sie zerstört wurden.


    Wer weiß etwas? Wer weiß wo ich suchen müsste?


    Ich bin für jeden Hinweis dankbar!


    Sebastian

    Moin,


    ich bin 43 Jahre alt und komme aus Hildesheim. Ich interessiere mich für Geologie, Vor- und Frühgeschichte und jüngere (Lokal-) Geschichte. In meiner Kindheit musste ich einige Geschichten meiner Großmütter, Großonkel und Onkel „ertragen“. Heute wäre ich froh wenn ich mir vor mehr als 30 Jahren Notizen gemacht hätte. Nach dem meine Tochter ein Referat über den Bombenkrieg in Hildesheim schreiben musste, und wir deshalb den Military Cementery bei Hannover besuchten, war mir klar das ich die gehörten Geschichten irgendwie in den geschichtlichen Kontext bringen muss. Irgendwann stößt man an seine Grenzen. Das Stadtarchiv verfügt leider über keine Akten von 1945 (verbrannt am 22. März 1945) und das Buch Zielpunkt von Meyer-Hartmann lässt doch einige Fragen offen. So bleibt ein unfertiges Puzzle liegen weil Teile fehlen. Also versuche ich hier eventuell noch Teile zu finden. Vielleicht kann ich auch Puzzleteile hinzufügen die jemand anderes braucht. Wer weiß das schon?


    Grüße aus Hildesheim
    Sebastian