Alles anzeigenHallo Martina,
deine Frage zu beantworten ist schwierig, denn es gab in dem gesuchten Zeitraum mit ziemlicher Sicherheit diverse Verbandplätze und Lazarette in und um Witebsk. Was mit ihnen passierte während des Rückzuges dazu kann ich nur Mutmaßungen anstellen.
Aber die wahrscheinlichste ist, dass dein Vater entweder noch im Lazarett war und samt Lazarett überrannt und gefangengenommen wurde, oder kämpfend sofern er in der Lage dazu war fiel.
Die andere Möglichkeit ist genauso schrecklich, wenn er genesen war, und er sich auf dem Weg zu seiner Truppe befand und dabei der russischen Armee in die Hände fiel. Das es keine Aufzeichnungen zu Verlegungen auf der Kartei gibt, lässt mich vermuten, dass das Chaos schon so groß war, dass dem Schreibdienst keine Beachtung mehr geschenkt werden konnte.
Aufgrund der Feindübermacht konnten gefallene deutsche Soldaten die auf der feindlichen Seite der Hauptkampflinie gefallen waren, nicht geborgen werden, somit gibt es auch keine Aufzeichnungen wenn nicht gerade ein Überlebender über das Schicksal des Gefallenen Auskunft geben konnte, das bedeutete in der Regel Soldat vermisst!
Gruß
Antje
Es folgt ein Auszug über den Rückzug aus Witebsk:
Quelle Buch: Das grüne Regiment. Der Weg der 256. Infanterie-Division aus der Sicht des Regiments 481 - Barbara Selz, Kehrer, Freiburg i.Br. 1970, Seite 178
Rückzug
Für Barbarastraße südlich der Lutschessa: Oberleutnant Kupfer; Grenadier-Regiment 481
Für Barbarastraße nördlich der Lutschessa: Hauptmann Krause; Grenadier-Regiment 350
Für Feldherrnstraße: Major Seiler; Panzer-Jäger-Abteilung 256
Für Nordring: Oberleutnant Marx; Grenadier-Regiment 350
Die Aufgabe der Straßen-Kampfkommandanten bestand darin, die Abwehr entlang der Straßenzüge zu organisieren und vorzubereiten, um jeden feindlichen Vorstoß aufzuhalten. Das bedeutete, im Ernstfall alle greifbaren Soldaten zu erfassen, Versprengte aufzufangen, diese Abwehrgruppen mit Waffen, Munition und Panzer-Zerstörungsmitteln auszustatten, den Abschub der Verwundeten geordnet durchzuführen. Das bedeutete außerdem, schon jetzt mit dem Ausbau von Stellungen an zur Abwehr geeigneten Geländestellen anzufangen, Baumsperren und Verminung vorzubereiten, Minen bereitzulegen zur Schließung der jetzt noch ausgesparten Minengassen, Sprengmaterial an Brückenstellen zu deponieren und Alarmübungen abzuhalten.
Seit der linke Flügel der 3. Panzer-Armee vom 13.12. an von ungeheuren Truppenmassen des Gegners angegriffen wurde, der nach den Worten des Oberbefehlshabers Panzer Armee-Oberkommando 3 versuchte, Witebsk einzukesseln und in Besitz zu nehmen und damit das Tor in den baltischen Raum aufzustoßen", hielt die 256. Infanterie-Division jeden ruhigen Tag für ein Täuschungsmanöver des Gegners. Dieser schoss sich auf die Barbarastraße südlich Babinowitschi ein, baute Stellungen, die von der Truppe als Ausgangsstellungen für einen Angriff gedeutet wurden, und die Zahl der Annäherungsgräben wurde immer größer. Als dann noch zusehends die Seen zufroren, bemächtigte sich der Truppe eine wachsende, angespannte Unruhe.
Am 23.12. gab der Divisionskommandeur den Befehl, alle rückwärtigen Stützpunkte zur Rundumverteidigung auszubauen, das hieß, außer Fliegerdeckungsgräben und Unterständen mit anschließenden Kampfanlagen Panzerdeckungslöcher auszuheben (und gegen Sturzunfälle abzusichern), für jeden einzelnen Soldaten im Gebiet von den Bataillonsgefechtsständen bis zur rückwärtigen Divisionsgrenze.
Da die eigene Front noch ruhig war, während an der Nordfront der 3. Panzer-Armee schwere Kämpfe tobten, musste die Division am 24.12. um 23.00 Uhr ein Bataillon (II./Grenadier-Regiment 481) herauslösen und mit eigenem Transportraum nach Koopti befördern, wo es der 246. Infanterie-Division unterstellt werden sollte. Den Abschnitt des abgestellten Bataillons übernahm der Stab/Panzer-Jäger-Abteilung 256 zusammen mit der Rekruten-Kompanie/Grenadier-Regiment 481: „Kampfgruppe Seiler" war gebildet.
In der Nacht vom Heiligen Abend auf den ersten Weihnachtsfeiertag drang ein eigener Spähtrupp ostwärts des Ssitnjanskoje-Sees in einen russischen Graben, der bei einer Tiefe von 2 m so eng war, dass man sich nur seitlich vorwärtsbewegen konnte; der Spähtrupp stieß auf einen Bunker, aus dem gerade ein Mann mit einem Beil in der Hand heraustrat. In dem sich ergebenden Handgemenge wurde der Russe erschlagen. Durch den Lärm war die Bunkerbesatzung aufmerksam geworden. Zwei Russen gingen an einem rechts liegenden MG-Stand in Stellung und bekämpften den Spähtrupp; als weitere acht bis zehn Mann aus dem Bunker kamen, zog sich der Spähtrupp zurück. Beim Rückmarsch geriet der Führer des Spähtrupps in ein frisches Minenfeld, worauf die Gruppe nervös wurde und zum Teil ebenfalls in das Minenfeld lief. Drei Mann wurden schwer, drei leicht verwundet.
„Panther-Stellung" (11.10.1943 - 23.06.1944)
Trotz besorgniserregender Unruhe vor der Front I./Grenadier-Regiment 481 am 25.12. blieb für die 256. Infanterie-Division auch der zweite Weihnachtsfeiertag (Sonntag) ohne Angriff. Am 27.12. wurde beim linken Nachbarn ein Panzerdurchbruch erzielt, während an der rechten Divisionsnaht, in der Gegend Gorbowo, vorerst nur ein Angriff, mit dem Übungsleitenden zu Pferd voraus, geübt wurde (29.12.). Auch wurden neue Pak- und Granat-Werfer-Stellungen sowie stärkere Postenbesetzung beobachtet. Trotzdem entzog das Korps der Division nun auch noch I./Grenadier-Regiment 481, das in der Nacht vom 30. auf 31.12. herausgelöst wurde und in Stepanenki - Ukraischtsche Zwischenunterkunft bezog und dann in der Nacht vom 01. auf 02.01.1944 im Lkw-Transport als Korpsreserve nach Mjaklowo verlegt wurde, an die Naht zwischen 246. Infanterie-Division und Panzer-Grenadier-Division „Feldherrnhalle" (Generalmajor Steinkeller).
Zum Ende des Jahres 1943 sprachen der Oberbefehlshaber Panzer-Armee-Oberkommando 3, Generaloberst Reinhard, der Kommandierende General VI. Armee-Korps, General der Infanterie Jordan 107*, und der Kommandeur 256. Infanterie-Division, Generalmajor Wüstenhagen, der Truppe ihre Wünsche aus für Sieg und Heimkehr im neuen Jahr. General Jordan wandte sich ausdrücklich an die Infanterie:
„Kameraden der Infanterie!
Euch zum Beginn des neuen Jahres meine besonderen Grüße und Wünsche auszusprechen, ist mir ein Bedürfnis. Seit Monaten tobt die große Schlacht in Rußland, ihre unbarmherzige Härte spürt ihr am meisten. Pausenlos, ohne Ablösung, ohne Ruhe steht ihr im Kampf. Nichts, weder das feindliche Massenfeuer noch die Anstürme des 10- und mehrfach überlegenen Gegners noch die Kälte erschüttern eure Standhaftigkeit und euren Mut. Ihr übertrefft die Somme- und Flandernkämpfer des Kriegsjahres 1916/17.
Geht hinein in das Neue Jahr mit dem stolzen Bewusstsein, dass unbeschadet der Verdienste aller anderen Waffen sich keiner mit euren Leistungen messen kann, dass letzten Endes auf euren Schultern das Schicksal des Vaterlandes ruht und dass es sich auf euch wie bisher verlassen kann.
Der Herrgott beschirme euch!!«
*Seit 15.11.1943 unterstand die Division wieder General-Kommando VI. Armee-Korps
Anbei noch eine Lagekarte aus dem Buch: Otto Heidkämper Witebsk
Fast glaube ich, dass es sich bei der Schilderung am Heiligabend um meinen Vater handeln könnte. Fast identisch hatte später eine Info über das Geschehen geheißen, die uns erreicht hatte. Er sei mit Kameraden am 24.12.1943 in ein Minenfeld geraten und dabei verletzt worden...Tag und Ort des Geschehens sind identisch.
Es berührt mich sehr sehr stark.
Einer seiner mit ihm dort verletzten Kameraden sei später im Lazarettverstorben.