Beiträge von Policeman

    Hallo Carsten,


    zu der Quelle.


    Hierbei handelt es sich um den Aktenordner, AK 5235/73, Band 10, Inhalt: "Pol.-Btl. 311, Kdo-Befehle Schpol. Jena", im Bestand BStU. Deinen Großvater betreffend speziell um folgende darin enthaltene Befehle:

    Kommando der Schutzpolizei, Kommandobefehl Nr. 58, Jena, den 27. Februar 1942, BStU 000066-000067.

    Kommando der Schutzpolizei, Kommandobefehl Nr. 123, Jena, den 10.6.1942, BStU 000108-000109.

    Kommando der Schutzpolizei, Kommandobefehl Nr. 135, Jena, den 18.7.1942, BStU 000121-000122.

    Kommando der Schutzpolizei, Kommandobefehl Nr. 141, Jena, den 12.8.1942, BStU 000129-000130.


    Mir liegt der komplette Bestand in Kopie vor. Dennoch kann ich ihn u.a. aus Datenschutzgründen und einer Nutzungseinschränkung nicht an Dritte weitergeben.


    Anmerkung zur Quelle:

    Der Jenaer Journalist Frank Döbert, der mittlerweile verstorben ist, irrte sich damals in seinem Fachbeitrag zum Polizei-Bataillon 311, Vorläufig ist alles noch harmlos, in: Darms/Schneider, Polizei und Geschichte, Ausgabe 2/2010, S. 68, Fußnote 102, in dem er zur Quelle anmerkte, dass sich darin "die nahezu vollständig erhaltenen Tages(Kommando-)befehle" befinden. Dies ist keinesfalls korrekt. Meines Erachtens sind von 1940 bis 1945 nur etwa 60 % der Befehle dokumentiert (als Kopie). Zur groben Einordnung, 1940: fehlt fast vollständig, 1941: von ca. 300 Befehlen nur 21 erhalten, 1942-1945: lückenhaft, aber am besten dokumentiert.


    Ein Archiv möchte ich Dir aber noch ganz besonders ans Herz legen. Hier bestehen die größten Chancen Personalunterlagen deines Großvaters zu finden. Denn mir ist bekannt, dass sich im Thüringischen Staatsarchiv in Weimar, durchaus eine vielversprechender Bestand an Personalunterkagen von ehemaligen Polizisten befindet. Nachfahren von Bataillonsangehörigen, vor allen Dingen aus Weimar, wurde m.W. hier bereits fündig.


    Halte mich dazu bitte mal auf dem Laufenden.


    @ OGOtto/Horst

    Leider ist das damalige Video, welches bei youtube veröffentlicht wurde, nicht mehr abrufbar. Es gab aber vor einiger Zeit ein MDR-Beitrag zu Jena, Döbert und dem Polizei-Bataillon 311. Auf die Schnelle finde ich diesen gerade nicht. Eventuell ist dieser aber auch schon nicht mehr online. Schade.


    Viele Grüße

    Daniel

    Hallo WF,


    ich helfe jederzeit gern. Man tut was man kann, soweit es die Freizeit zulässt.


    @ Carsten

    Vielen Dank fürs zeigen der Fotos. Das mit dem Zugführer könnte auf Grund der ersten zwei Aufnahmen durchaus passen. Höchstwahrscheinlich gehörte er als Unterführer zum Stammpersonal. Die beiden letzten Fotos zeigen definitiv keine Einsatzbesprechung, sondern es scheint sich hierbei um eine Spende (Spielsachen) der Polizei an Kinder zu handeln. Es war durchaus üblich, dass Polizisten die Sachen sogar selbst anfertigten. Dein Großvater trägt an der Uniform das Verwundetenabzeichen in schwarz, ein Infanterie-Sturmabzeichen und ist im Range eines Zugwachtmeisters d.SchP. zu sehen.


    Existieren in Familienbesitz eventuell weitere Aufnahmen, die z.B. die Ausbildung in Jena oder den auswärtigen Einsatz in Südrussland dokumentieren?


    Grüße

    Daniel

    Hallo Carsten,


    versuchen wir mal ein paar Lücken in der Vita deines Großvaters zu füllen. Ein wenig kann ich Dir also weiterhelfen, zumindest was die Zeit in Jena und beim Polizei-Bataillon 311 betrifft.


    Dein Großvater Oberwachtmeister d.SchP. William Horn (Heimatdienststelle: Polizeiverwaltung Weimar) kam auf Grund einer Ersatzanforderung des Polizei-Bataillon 311 vom 7. Februar 1942 über den Einsatzzug 311 und der Nachschubstelle (Kommando Lemberg) mit weiteren 18 aktiven Beamten und 13 Reservisten zum Bataillon. Die Inmarschsetzung der Polizisten nach Lemberg erfolgte am 28. Februar 1942.


    Kleiner Exkurs dazu, zur besseren Einordnung:

    Im Winter 1941/42 hatte das Polizei-Bataillon 311 bei Frontkämpfen im Süden Russlands so hohe Verluste erlitten, dass der Befehlshaber des rückwärtigen Heeresgebietes Süd bei der Heeresgruppe B die Rückgabe erbat. Allein bis zum 6. März 1942 waren beim Bataillon zwei Offiziere und 29 Mann gefallen und vier Offiziere und 122 Mann verwundet worden. Die aktuelle Gefechtsstärke betrug bei insgesamt drei Kompanien nur noch sieben Offiziere und 120 Mannschaften. In der Heimat stieß die schnelle und unkomplizierte Ersatzgestellung für das Bataillon aber an ihre Grenzen, worauf ich an dieser Stelle jetzt aber nicht weiter eingehe.

    Die als Ersatz für die im auswärtigen Einsatz befindlichen Polizei-Bataillone, Reserve-Polizei-Bataillone und Polizei-Kompanien bereitgestellten Kräfte waren als „Ersatz Polizei-Bataillon (Res.-Pol.-Batl. bzw. Pol.-Kompanien) ... (Nr. des betr. Pol.-Batl., Res.-Pol.-Batl. bzw. Standort der betr. Pol.-Komp.)“ zu bezeichnen. In Jena existierte somit nur ein Ersatz- oder auch Einsatz-Zug Polizei-Bataillon 311, welcher anfangs irreführend in diversen Dokumenten auch als Ersatz-Polizei-Bataillon 311 bezeichnet wurde.


    Interessanterweise kehrte dein Großvater bereits am 8. Juni 1942 vom auswärtigen Einsatz beim Polizei-Bataillon 311 zurück und wurde der Ersatz-Einheit des Polizei-Bataillons 311 in Jena zugeteilt.


    Zwecks Ausbildung zum Funkdienst wurde William Horn anschließend mit weiteren sechs Polizisten am 7. Juli 1942 vom Reserve-Zug des Polizei-Bataillons 311 zur Funkstelle in Jena abgeordnet.


    Nach dieser Funk-Ausbildung wurde er mit fünf von den sechs zur Nachrichten-Staffel abgeordneten Polizisten wiederum als Ersatz zum Polizei-Bataillon 311 in den Osten abgeordnet. Die Inmarschsetzung zur Ersatzleitstelle Frankfurt/Oder erfolgte am 13. August 1942. Er kehrte somit zurück. Vielleicht bereits ein drittes Mal? Interressant wäre es zu erfahren, bei welcher Einheit er seine Erfrierungen erlitten hatte. Mich würde weiterhin interessieren, wo er nach der Auflösung des II./Polizei-Regiment 6 (ehemals Pol.-Batl. 311) landete. Vielleicht beim III./Polizei-Regiment 26, wo vergleichsweise viele ehemalige Bataillonsangehörige hinkamen. Es bleibt also spannend.


    Vielleicht stelle ich mich pro former nochmal kurz vor vor. Mein Name ist also Daniel P. (Jahrgang 1978) und ich bin hauptberuflich als pädagogische Fachkraft in der Kindertagesbetreuung des öD beschäftigt. Nebenher bin ich seit etwa 20 Jahren als Polizeisammler und –historiker aktiv, mit Schwerpunkt auf die bisher eher weniger bekannte Polizeiformationen im auswärtigen Einsatz 1938 – 1945. Seit 2022 bin ich auch Mitglied in der Deutschen Gesellschaft für Polizeigeschichte. Das Jenaer Polizei-Bataillon 311 interessiert mich schon seit längerer Zeit. Alles begann mit der damaligen Ausstellung zum Bataillon, welche am 12. Februar 2009 im Stadtmuseum Jena eröffnet wurde, eine lange Geschichte. Eigentlich ist das Forum der Wehrmacht (FdW) mein Stammforum, doch bei interessanten Themen verirre ich mich ab und an auch mal hierher, wie es halt im WWW so ist.


    Kennst du diesen Link schon? Hier habe ich mit Freunden, sonstigen Usern oder Nachfahren versucht einen Arbeitsthread zum Polizei-Bataillon 311 zu erstellen, der bis heute ab und an noch aktiv ist.


    https://www.forum-der-wehrmach…olizeibataillon-311-jena/


    Aktuell geht meinerseits erstmal nix mehr.


    Viele Grüße

    Daniel

    Hallo Mathias,


    hier ein paar Ergänzungen zum Thema.


    Horodenka lag etwa 60 Kilometer südöstlich von Stanislau entfernt und gehörte zum Kreis Kolomea. Ende Juni 1941 lebten in der Stadt etwa 4.500 Juden. Die SiPo-Aussenstelle des Kreises Kolomea, unter Leitung des SS-Obersturmführers Peter Leideritz, organisierte alle „Juden-Aktionen“ in Horodenka. Weiterhin existierten in der Stadt Posten der Kriminalpolizei (Gestapo), der dt. Gendarmerie und der unterstellten ukrainischen Polizei. All diese Dienststellen waren zusammen aktiv an sämtlichen antijüdischen Aktionen in Horodenka beteiligt. Bereits am 5. Dezember 1941 wurde in der Stadt die erste antijüdische Aktion durchgeführt. Unter dem Vorwand Thypus-Aufnahmen zu machen, versammelte die deutsche Gendarmerie und die ukrainische Polizei die Juden in der Synagoge. Zur weiteren Authentizität wurden auch jüdische Physiker gebeten anwesend zu sein. Nach der Aussonderung von Handwerkern und sonstigen „Spezialisten“ erschoss eine Abteilung der SiPo aus Kolomea 2.500 Juden im Wald bei Semakowce. Am 13. April 1942 kam es zu einer zweiten Aktion in Horodenka. Dabei versteckten sich zahlreiche Juden in selbstgebauten Bunkern. Während dieser Aktion erschoss die deutsche Polizei (u.a. Gendarmerie?) 75 Juden. Zwischenzeitlich wurden weitere Juden aus den umliegenden Ortschaften in das Ghetto nach Horodenka verbracht. Die dritte Aktion begann am 8. September 1942 und dauerte drei Tage lang. 2.000 Juden wurden über Kolomea ins Vernichtungslager Belzec transportiert. 200-300 Juden wurden während dieser dritten Aussiedlungsaktion vor Ort erschossen. Ende September 1942 war die Stadt „judenfrei“. Doch damit war das Töten der Gendarmen nicht beendet. Denn später vereinzelt aufgegriffene Juden wurden von den jeweiligen Ordnungspolizei- und Gendarmerieposten vor Ort „sonderbehandelt“, das bedeutet erschossen.


    Bisher sind mir nur zwei Angehörige des Gendarmerie-Postens Horodenka namentlich bekannt:

    Meister d.Gend. Wilhelm Hollmann, Heimatdienststelle: Minden (bis 10.02.1944)

    Bez.-Oberwachtmeister d.Gend. Adolf Schröder, Heimatdienststelle: Minden (ab 08.02.1944)


    Eventuell sagen diese Namen deinem näheren Familienkreis etwas? Denn es kam vor, dass Gendarmen nach dem Krieg Kontakt zu ihren ehemaligen Kameraden pflegten.


    Wäre es Dir möglich, Scans der vorliegenden Rechnungen und Quittungen hier einzustellen? Ich arbeite an anderer Stelle am Aufbau der Gendarmerie im Distrikt Galizien. Bislang ist die Quellenlage dazu leider noch recht dünn.


    Siehe u.a. hier: https://www.forum-der-wehrmach…trikt-galizien-1941-1944/


    Verwendete Quellen:

    USHMM, Encyclopedia of Camps and Ghettos 1933-1945, Volume II, Ghettos in German – Occupied Eastern Europe Part A.

    Dieter Pohl, Nationalsozialistische Judenverfolgung in Ostgalizien 1941-1944, Organisation und Durchführung eines staatlichen Massenverbrechens.

    KdGend Galizien, Tagesbefehl Nr. 5 vom 16.02.1944, IPN Warschau GK 104/12.

    7./Pol. 24 an KdGend Galizien, Tgb.Nr. 64/42 vom 14.09.1942, Betreff: Judenumsiedlung, Arolsen Archives.

    Katzmann-Bericht, Arolsen Archives.


    Grüße

    Daniel