Guten Abend!
Ich las gerade ein wenig in den Nachrichten oberhalb der meinigen von heute Morgen und fand den Begriff der "Festung Harz" angesprochen, und daß es dazu widersprüchliche Aussagen und Meinungen gebe. Der Grund dafür ist wohl vor allem auch die damalige Lage, die in ein hektisches Hin-und-Her von Befehlen und Gegenbefehlen ausartete. Ich will damit andeuten, daß der Begriff wohl kaum eine Erfindung ist, sondern ein Plan, für den irgendwelche Vorbereitungen gemacht wurden oder werden sollten, die dann aber schon nach wenigen Tagen obsolet wurden, weil sich die Lage praktisch von Tag zu Tag dramatisch änderte. Insofern darf man vielleicht auch nicht von einer Legende sprechen, sondern eher von "hochfahrenden Plänen", die bei Licht betrachtet vollkommen wirklichkeitsfremd waren, aber dennoch eine Existenz in den Köpfen und einen realen Kern hatten. Ich zitiere dazu aus meinem "Giftschrank" den damaligen "jüngsten Gauleiter des Reiches" (in Hannover), Hartmann Lauerbacher (1909-1988), der in seiner in den achtziger Jahren erschienenen Autobiografie ein wenig darüber schreibt. Der Tenor des Buches ist deutlich verharmlosend, mutmaßlich auch in Teilen entstellend; aber das Detail, das er berichtet, wäre vielleicht nicht der Mühe einer beschönigenden oder gar völlig verfälschten Darstellung wert gewesen. Lauterbacher also schreibt:
„Mittlerweile
[März/April 1945] wurde
die militärische Situation so, daß die geplante
Harz-Rundumverteidigung in das akute Stadium rückte. Der Oberbefehl
für die Vorbereitung lag bei Generalfeldmarschall Kesselring, der
mit seinem Eisenbahnzug (der aus einem Wagen für die Arbeit der
Funk- und Fernschreibanlagen sowie Schlaf- und Speisewagen bestand)
etwas abseits von Blankenburg stationiert war. Dort kam ich eimal
mit ihm zusammen.
Da
diese Harzfrage mehrere Gauleiter berührte, fand eines Tages eine
gemeinsame Besprechung in Schierke im Oberharz statt, an der außer
mir die Gauleiter Eggeling aus Halle, Jordan aus Dessau und Sauckel
aus Weimar teilnahmen, außerdem der Hauptbereichsleiter Friedrichs
von der Parteikanzlei.
Es
ging einfach um die Frage, wie wir von der zivilen Seite dazu
beitragen konnten, daß die Besatzung dieser „Festung Harz”
überhaupt existieren und dann unter Umständen zum Einsatz kommen
konnte. Dazu waren umfangreiche Versorgungsmaßnahmen erforderlich,
von der Verpflegung angefangen bis zur Zigarette und den Getränken.
Das war in der Haupt-sache meine Angelegenheit, weil ich als
Oberpräsident von Hannover und Chef des Ernährungs- und
Wirtschaftsamtes von dort näher am Harz war und sämtliche
erforderlichen Güter unschwer aus den riesigen Vorratslägern
entnehmen konnte. Das Reichswirtschafts- und
Reichsernährungsministerium hatte solche Bevorratungen in Gestalt
zahlloser Läger angelegt, die nicht militärischen Charakters waren,
sondern lediglich „zivile” Nachschub- und Versorgungsgüter
enthielten. Ohne sie, s-weit sie den Krieg überdauerten, wäre die
Versorgungslage unmittelbar nach dem Ende des Krieges katastrophal,
teilweise überhaupt nicht denkbar gewesen.
Anfang
April 1945 brachen meine Nachrichtenverbindungen mit dem
Führerhauptquartier größtenteils zusammen, was zu zwei
persönlichen Fahrten nach Berlin führte. Dort kam es dann am 12.
April in einer mehr als furchtbaren Kulisse zu mei-ner letzten
Begegnung mit Adolf Hitler, die wie schon gesagt, Bormann verhindern
wollte...."
(Hartmann Lauterbacher "Erlebt und mitgestaltet, Kronzeuge einer Epoche 1923-1945 - Zu neuen Ufern nach Kriegsende", Verlag K. W: Schütz, Preußisch-Oldendorf, 1. Auflage 1984, S.318/319)
Gruß, lastenausgleich