Zusammenstellung & Bearbeitung: UHF51 • Berlin • 2007-09-17
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Quelle:
"Die verlor’nen Haufen"
Sondertruppen zur Frontbewährung im 2. Weltkrieg
Ein Beitrag zu ihrer Geschichte
Autor: Horst Voigt, Major d. Res. a.D. (†), in DSJB 1980 - 1998, Schild-Verlag München
Abschrift, Zusammenstellung und Bearbeitung UHF51 ● Berlin ● 2007-09-17
Teil IX / Die Lw.Schützen und Jäger z.b.V.
Die Luftwaffe hatte 1942 – 1945 ihre eigene Bewährungstruppe. Die Bewährungstruppe 500 war im Heer für die gesamte Wehrmacht aufgestellt worden (siehe Teil I und II). Die Einheitlichkeit des Bewährungswesens war daher seit dem Aufstellungsbefehl des Reichsmarschalls für eine eigenständige Bewährungstruppe der Luftwaffe nicht mehr vorhanden. Neben dem Heer verfügten auch Kriegsmarine und Luftwaffe über Erdkampftruppen. Im Zuge der Aufstellung der Luftwaffen-Feldkorps und Lw.Felddivisionen unter dem Gen.Kdo. des XIII. Flieger-Korps entstand die Luftwaffen-Bewährungstruppe (Lw.Bew.Tr.).
Mangels organisatorischer und taktischer Voraussetzungen verzichtete die Kriegsmarine auf eine eigene Bew.Truppe für infanteristischen Einsatz; sie überstellte ihre Delinquenten "zur Frontbewährung in einem Bewährungs-Bataillon" der Bew.Truppe 500; offenbar versuchsweise setzte sie 1944 beim Lw.Jg.Btl. z.b.V. 1 im Verband des Jäger-Regiment (L) 42 - Kdr.: Oberst Dorff – der 21. Feld-Div. (L) eine Marine-Bewährungs-Kompanie im Raum Ostrow in der "Panther"-Stellung ein, die vermutlich untergegangen ist. Nach Auflösung bzw. Eingliederung der Lw.Feld-Divisionen in das Heer wurden die 10 Lw.Jäger-Bataillone z.b.V als Bewährungstruppe zunächst beibehalten. Davon gingen 4 Bataillone im Heer, 2 in der Fallschirmtruppe auf, 1 Btl. ging unter, nur 3 der Btle. bestanden bis zuletzt. Im September 1944 hatte der Chef der Personellen Rüstung und NS Führung der Luftwaffe, Gen.Oberst Loerzer, den Bewährungseinsatz gerichtlich bestrafter Soldaten der Luftwaffe neu geregelt: "...Der Bewährungseinsatz von Soldaten mit Freiheitsstrafen bis zu drei Monaten, denen die Strafvollstreckung ganz oder teilweise ausgesetzt ist, erfolgt grundsätzlich bei der eigenen Truppe, und zwar innerhalb der Regimenter, Geschwader usw. Die Soldaten sind jedoch nach Möglichkeit bei einer anderen Batterie, Staffel usw. einzusetzen. Wo Bewährungsmöglichkeiten vor dem Feinde nicht bestehen, sind die Soldaten an sonst gefährdeter Stelle unter erschwerten Bedingungen einzusetzen." Für einen Gnadenerweis aufgrund des Führererlasses vom 26. Januar 1942 waren von den Disziplinarvorgesetzten vorzuschlagen:
a) Soldaten, die sich durch überragende kämpferische Leistungen ausgezeichnet haben – der Gnadenantrag war in diesen Fällen an keine Frist gebunden.
b) Soldaten, die sich durch besonderen Mut und beispielhaften Einsatz hervortaten, wenn sie sich längere Zeit – etwa sechs Monate – gut geführt haben. Bei Gefallenen und Schwerstverwundeten war längere gute Führung nicht erforderlich.
c) Soldaten, die unverschuldet keine Gelegenheit zu Beweisen besonderen Mutes und beispielhaften Einsatzes hatten, sich aber hervorragend geführt haben, d.h. durch ausgezeichnetes Verhalten bei der Truppe hervorgetreten waren, wenn sie sich zwei Jahre lang gut geführt hatten.
Grundsätzlich konnten Gnadenanträge gestellt werden auf Erlass der Reststrafe, Aufhebung des Rangverlustes, Anordnung der beschränkten Auskunft aus dem Strafregister sowie Straftilgung. Die Strafregistermaßnahmen waren nur möglich, wenn sich der Soldat durch überragende kämpferische Leistungen, durch besonderen Mut und beispielhaften Einsatz ausgezeichnet hatte, und wenn er nach seiner Persönlichkeit die Gewähr für künftiges Wohlverhalten bot. Die Gnadenanträge waren mit eingehendem Führungsbericht, in dem die besonderen Leistungen des Soldaten anzugeben waren, von den Disziplinarvorgesetzten mit den Befugnissen eines Kompanie-Chefs – in Offizierssachen über den Gerichtsherrn – vorzulegen. Für die Wiederbeförderung ehemaliger, d.h. degradierter Offiziere, galten sinngemäß die auch für das Heer gültigen Bestimmungen gem. Heeres-Mitteilungsblatt 1942, Nr. 515, mit denen alle vorher geltenden Bestimmungen außer Kraft gesetzt worden waren. In der Luftwaffe wurde in der Regel die Wiederbeförderung nach Rangverlust nach den Bestimmungen der LDv. 76/1a Anl. 15, 29 und 30 vorgenommen. Ähnliche Regelungen bestanden in den Bewährungstruppen der Waffen-SS. In der Luftwaffe war das Amt für Vollstreckungs- und Gnadensachen der Luftwaffe zuständig; Chef des Amtes: General der Flieger Kastner-Kirdorf.
"Soldaten aller Waffengattungen der Luftwaffe mit Freiheitsstrafen von mehr als drei bis acht Monaten, denen die Strafvollstreckung ganz oder teilweise zur Frontbewährung ausgesetzt worden ist, haben sich, sofern sie kv. oder bedingt kv. ... sind, bei im Erdkampf eingesetzten leichten, mittleren oder schweren Flak-Einheiten zu bewähren", heißt es im Merkblatt des OKL vom 12. September 1944. Sie verblieben bei der Flak-Artillerie. Unter diese Reglung fielen auch die bis dahin nicht im Erdkampf eingesetzten Angehörigen der Flak-Artillerie.
Eine Ausnahme bildeten die Delinquenten des fliegenden Personals. Sie wurden aus der Vollzugsanstalt zur Frontflieger-Sammelgruppe in Quedlinburg in Marsch gesetzt. Von dort wurden sie zur Versetzung in eine Fronttruppe dem OKL/LP 2 gemeldet. Für alle sonstigen Lw.Angehörigen galt folgende Regelung: Delinquenten in der Luftflotte Reich sowie den Luftflotten 5 und 10, außerdem bereits als Flak-Artilleristen Ausgebildete, wurden zu der le. Flak-Ausbildungs-Abt. 699 in Aßling/Krain versetzt. Die Delinquenten der Luftflotten 1, 2, 3, 4, 6 und des Lw.Kdo. Südost wurden zu Ausbildungseinheiten bestimmter Flak-Abteilungen der genannten Luftflotten versetzt. Das Lw.Kdo. Südost war diesbezüglich auf das Luftfl.Kdo. 2 angewiesen.
Der Gerichtsherr des Amtes für Vollstreckungs- und Gnadensachen der Luftwaffe sowie die übrigen Gerichtsherrn waren ermächtigt, Bewährungsmänner der Fliegertruppe, der Luftnachrichtentruppe usw. gleichzeitig in die Flak-Artillerie zu überführen. Eine Ausnahme bildete das Spezialpersonal aller Waffengattungen der Luftwaffe. Es wurde von den Vollzugsanstalten zur jeweiligen Stammwaffe in Marsch gesetzt. "Diese Soldaten sollten sich möglichst unter gefahrvollen Umständen und erschwerten Bedingungen durch besonders fachliche Leistungen und tadellose Führung bewähren. Der Einsatz soll nach Möglichkeit bei einer anderen Staffel, Kompanie usw. erfolgen" (Merkblatt des OKL). Für Gnadenanträge allerdings konnten sich Delinquenten des Spezialpersonals, als ihre soldatische Ehre vor dem Feinde wieder herstellen wollten, freiwillig zum Einsatz mit der Waffe melden. Delinquenten mit Freiheitsstrafen von mehr als 8 Monaten, denen die Strafvollstreckung ganz oder teilweise zur Frontbewährung ausgesetzt worden war, wurden, sofern sie den Tauglichkeitsgrad kv. oder bedingt kv. hatten, zu den Lw.Jäger-Bataillonen z.b.V. oder zum Infanterie-Ersatz-Bataillon 500 (des Heeres) versetzt, zur Bew.Truppe 500 jedoch nur bei Infanterietauglichkeit.
Die Versetzung sprach der jeweils zuständige Gerichtsherr oder Gerichtsherr des Amtes für Vollstreckungs- und Gnadensachen der Luftwaffe aus.
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MfG Uwe