Ausbildung - Kampf im natürlichen Nebel

  • Hallo Allerseits,


    Abschrift und Bearbeitung!


    262. Infanterie-Division

    Abt. 1a Nr. 1815/40 geheim


    Divisions-Stabsquartier, den 20.10.1940


    Der Oberbefehlshaber des Heeres

    General-Stab des Heeres / Ausbildungs-Abteilung (la)

    Nr. 1920/40 g II. Ang.


    Kampf im natürlichen Nebel


    ... Die Truppe muss sich, soweit noch nicht geschehen, auf Kampf im Nebel einstellen. Auf folgende, für Unterrichtung und Ausbildung der Truppe wichtige Punkte wird hingewiesen:


    1. Nebel verhindert, außer auf nächste Entfernungen, beobachtetes Feuer. Er wird damit zum Feind des Verteidigers, den er zum Nahkampf zwingt.


    2. Für den entschlossenen, mit dem Kampf im Nebel vertrauten Angreifer ist der Nebel Helfer und Wegbereiter zum raschen Vorwärtskommen. Im Nahkampf kann sich die kämpferische Überlegenheit des deutschen Soldaten auswirken.


    3. Sicheres Zurechtfinden im Nebel ist Voraussetzung dafür, dass die schlechten Sichtverhältnisse den Angreifer nicht hemmen, sondern rasch auf Nahkampfentfernung an den Feind heranbringen.


    4. Die Truppe darf sich vom Nebel nicht überraschen lassen. Schon bei den ersten Anzeichen für aufkommenden Nebel sind Richtungspunkte zu nehmen, Kompasszahlen festzulegen, bei Panzern die Kreiselkompasse zu orten.


    5. Vorgehen und Angriff werden sich im Allgemeinen an Wege, Wasserläufe, eindeutig sich abzeichnende Höhenrücken, Talmulden usw., die in Richtung auf das Ziel führen, anlehnen müssen. Im Übrigen muss die Truppe abschnittsweise vorgeführt werden. Als Zwischenziele eignen sich nur im Nebel einwandfrei erkennbare Geländeabschnitte, quer zur Richtung des Vorgehens laufende Straßen u.ä.


    6. Die Truppe ist auf Sichtweite zusammenzuhalten und tief zu gliedern. Größere Abstände und Zwischenräume sind durch Verbindungsleute mit Sichtabstand zu überbrücken.


    Rückwärtigen Teilen kann des Verbindungshalten durch Auslegen von Richtungsbändern oder farbigen Schnitzeln erleichtert werden.


    Losungsworte und Blinksignale mit Taschenlampen sind zu befehlen um die Gefahr des Verwechselns von Freund und Feind zu verringern.


    7. Die rasch wechselnden Sichtverhältnisse und die Möglichkeit, dass der Nebel sich jederzeit und schnell verflüchtigen kann, verlangen schnelles Anpassen der Formen an die jeweiligen Sichtverhältnisse und hierzu von Führer und Mann Wachsamkeit, Wendigkeit und Entschlusskraft.


    8. Der Zusammenstoß mit dem Feind erfolgt meist überraschend. Die Truppe muss daher stets gefechtsbereit sein. Wer als erster entschlossen und überfallartig zupackt, hat den Erfolg für sich!


    9. Die vordersten Teile sind vom ersten Antreten an so zu gliedern, dass sie jederzeit als Angriffsspitzen, ohne Verstärkung abwarten zu müssen, ins Gefecht treten können. Schwere Infanteriewaffen, einzelne Geschütze, panzerbrechende Waffen, Pioniere mit Flammenwerfern, Funksprechgerät und, wo möglich, einzelne Kampfwagen sind zuzuteilen.


    10. Im entschlossenen Ansprung sind ständige Anlagen und ausgebaute Stützpunkte mit Nahkampfmitteln, Feind im freien Gelände und in feldmäßiger Stellung mit der blanken Waffe niederzukämpfen.


    Der Führer jeder Angriffsgruppe muss schnell Schussrichtung und Schussfolge der Sperrfeuer schießenden feindlichen Waffen feststellen, um zu vermeiden, dass der Stoß unmittelbar in die Feuergarbe hinein geführt wird.


    Umfassungen sind im Nebel nicht am Platze. Sie erhöhen die Gefahr gegenseitigen Bekämpfens.


    11. Durch vorgefundene oder geschlagene Lücken in der feindlichen Verteidigung ist rücksichtslos bis zum befohlenen Ziel durchzustoßen. Zunächst nicht niedergekämpfte Verteidigungsanlagen sind durch rückwärtige Teile, gegebenenfalls erst nach Eintreten besserer Sicht zu nehmen, um die durchgestoßene eigene Truppe nicht zu gefährden.


    12. Panzer werden im Allgemeinen einzeln oder in Zügen in Zusammenarbeit mit der Infanterie als stählerne Spitze zum Niederkämpfen von Widerstandsnestern eingesetzt. Sie sind hierzu zu unterstellen. Aufgabe der mit den Panzern gekoppelten Infanterie und Pioniere ist es, die Panzer vor einem Aufprallen auf Panzerabwehr oder Minensperren zu schützen.


    Für das Vorführen geschlossener Panzerverbände gelten die Grundsätze der Ziffern 3 - 7 sinngemäß. Gute Ausbildung im Gebrauch des Kreiselkompasses ist unerlässlich. Verbindungs-Panzer der Verbindung-Trupps stellen die Verbindung zwischen den einzelnen Einheiten sicher.


    Geschlossener Einsatz bis zu Kompaniestärke ist erst bei einer Sicht von 500 m an aufwärts möglich. Er erfolgt zur Ausnutzung des errungenen Erfolges durch Stoß in die Tiefe.


    13. In der Abwehr selbst wenn diese nur vorübergehend beabsichtigt ist, muss in den nebelreichen Zeiten auch bei Tage stets das Sperrfeuer sichergestellt sein. Bei einsetzendem Nebel sind die Sicherungen im Vorgelände und die Besetzung der HKL zu verdichten. Lücken in der HKL, für deren Besetzung die Kräfte nicht ausreichen, durch Spähtrupps laufend zu überwachen, Reserven zum Gegenstoß bereitzuhalten.


    Zwischen Sicherungen oder Horchposten im Vorgelände und den Gefechtsständen der HKL sind nach Möglichkeit unmittelbare Drahtverbindungen einzurichten, um das Sperrfeuer schnell auslösen zu können.


    14. Fehlende Beobachtung im Nebel macht einen verstärkten Einsatz vornehmlich drahtloser Nachrichtenmittel, auch für Querverbindungen, erforderlich. Zusätzliche Zuteilung von Nachrichteneinheiten an die vorn eingesetzten Verbände kann notwendig werden.


    Bei der Ausbildung werden zweckmäßig zunächst die Formen für den Kampf im Nebel bei Tage geschult. Die Ausbildung ist alsdann in die Nacht zu verlegen, da Nebeltage selten in ausreichender Zahl und zum gewünschten Zeitpunkt zur Verfügung stehen werden. Darüber hinaus ist jeder Nebeltag für die Ausbildung auszunutzen.


    Im Entwurf:


    gez.

    von Brauchitsch


    Für die Richtigkeit der Abschrift


    Hauptmann I.G.


    Quelle: germandocsinrussia


    Gruß

    Antje

    Ich suche Informationen über das:
    Kriegslazarett in Bromberg Zeitraum Januar - Ende Februar 1942 und das
    Kriegslazarett Königsberg Januar 1943. :whistling:

  • Hallo Antje,


    danke für dieses sehr interessante Dokument.


    Nebel, und ganz besonders sehr dichter Nebel (man kann die Hand nicht vor Augen sehen), sind ganz besonders schwierige Wetterverhältnisse für alle Gefechtsarten, besonders natürlich den Angriff. Deswegen sind die im Dokument beschriebenen Verhalten möglichst oft u üben. Nur, wer hat schon zur Ausbildungszeit immer Nebel zur Verfügung.

    Deswegen habe ich in meiner Zeit als Chef immer sehr flexibel auf derartige Wetterverhältnisse reagiert. Bei aufkommenden Nebel habe ich den Dienstplan, so es möglich war, schnell geändert und Kampf bei Nebel geübt. Das hat zwar auch öfter Ärger mit den vorgesetzten Bereichen gegeben, aber ich konnte die kurzfristige Dienstplanänderung immer gut erläutern.

    Einem Problem, Vorbereitung der Unterführer für den plötzlich geänderten Dienst, konnte ich dadurch begegnen, dass ich die Unterführer zu Beginn des Ausbildungsjahres darauf hingewiesen hatte, dass eine derartige Änderung mal kommen kann und sie deswegen entsprechende Ausbildungsunterlagen vorzubereiten haben. Ich als Chef habe das natürlich auch gemacht.

    So waren wir ausreichend auf diese schwierigen Verhältnisse vorbereitet.


    Gruß

    Horst

  • Hallo Horst,


    herzlichen Dank, dass du deine Erfahrungen mit uns geteilt hast. Ich wusste gar nicht, dass das auch heute noch gehandhabt wird.


    Gruß

    Antje

    Ich suche Informationen über das:
    Kriegslazarett in Bromberg Zeitraum Januar - Ende Februar 1942 und das
    Kriegslazarett Königsberg Januar 1943. :whistling:

  • Hallo Antje,


    ob das heute noch so gemacht wird, kann ich nicht überblicken!

    Meine Zeit als Chef ist auch schon fast 50 jahre her! Aber ich denke, dass das Thema "Kampf bei schlechter Sicht und Nebel" auch heute noch ein Thema ist oder wieder wird.


    Gruß

    Horst