Feldwebel Hermann Haake, Flieger-Ausbildungs-Regiment 71 / Nachtschlachtgruppe 1, 2.Staffel

  • Liebe Mitglieder des Forums,

    da Sie mir beim letzten Mal sehr geholfen haben, wende ich mich erneut an Sie.


    1.

    Mein Onkel mütterlicherseits war in seiner Jugend in der Hitlerjugend.

    Woher bekomme ich Informationen über seine Zeit in der HJ?


    2.

    Laut Bundesarchiv war er erst seit 1942 beim Flieger-Ausbildungs-Regiment 71.

    (Seine Einberufung mit 20 Jahren erscheint mir sehr spät.)

    Welche Aufgaben hatte diese Einheit und wo war sie stationiert?


    3.

    Am 01.05.1945 ist er durch einen Flugzeugabsturz in Banzkow bei Schwerin gestorben.

    Aus der Karteikarte in der letzten Zeile lese ich:


    Letzte Mitteilung vom 04.05.1945 ,a. Nachtschlachtgruppe 1, 2 Staffel.


    Lese ich das richtig?

    War das dann seine Einheit ?


    Wenn ja, wo kann ich zu diesem Einsatz, der in den letzten Tagen des Krieges stattfand, Informationen erhalten?

    Ich weiß, dass die US-Truppen bereits am 02.05.1945 in Schwerin einmarschiert sind und am 04.05.1945 die Rote Armee.


    4.

    Frage zur Erkennungsmarke:


    Eine Hälfte verblieb beim Toten, die andere Hälfte diente der Identifizierung.

    Der Onkel wurde identifiziert, aber trotzdem gibt es keinen Hinweis zur Nummer der Erkennungsmarke.

    Warum nicht ?



    Das Grabfeld, auf dem er beerdigt ist, habe ich bereits besichtigt.



    Ich bedanke mich im Voraus für Ihre Bemühungen.


    Mit freundlichen Grüßen

    Felix

  • Guten Tag Felix,


    es freut mich, dass man dir hier schon einmal helfen konnte. Übrigens, wir duzen uns hier alle, also wenn du das auch möchtest , ist das voll in Ordnung.


    Ich kann dir zwar nicht alle Fragen beantworten aber ein bisschen möchte ich versuchen. Den Rest werden andere Sachverständige bestimmt übernehmen.


    1. Was die Hitlerjugend betrifft, könntest du in Dorsten das Einwohnermeldeamt befragen. Sie könnten dir möglicherweise noch mehr Angaben zu deinem Onkel mitteilen. Manchmal genügt ein Anruf.


    2. Kommt mir auch spät vor, aber warum, keine Ahnung. Kann alles mögliche bedeuten, auch persönliche Gründe haben.


    3. Lese ich auch so.


    4. Keine Ahnung. Tut mir leid.


    Viel Glück , du hast deine Fragen deutlich und übersichtlich gestellt und sie werden sicherlich beantwortet werden.


    Herzliche Grüße

    Marga

  • Hallo!


    zu 4.:

    Die Hälfte der Marke, die bei dem Gefallenen blieb, wurde zur späteren Identifizierung benutzt. Aber in diesem Fall musste der Soldat gar nicht identifiziert werden. Hermann Haake wurde schwer verletzt und ist dann auf dem Transport in das Lazarett verstorben. Die Erkennungsmarke hatte er zu diesem Zeitpunkt vermutlich bei sich - genau wie seine Papiere. Man wusste mit einem einfachen Blick in seine Papiere, wer der Mann war und hat die Todesmeldung ohne weitere Ermittlungen an die entsprechenden Stellen weitergeleitet. Also war die Information, welche Erkennungsmarke er hatte, in dem Moment nicht relevant. Man wusste ja, wer das ist.


    Ich kann aus dem Schreiben des Bundesarchivs übrigens nicht ersehen, dass es keine Hinweise zur Erkennungsmarke gibt. Sicher, die Marke steht nicht auf der Karteikarte und sie geht auch nicht aus dem Schreiben des Bundesarchivs hervor. Aber nur, weil das Bundesarchiv darauf nicht eingegangen ist, heißt das nicht, dass die Markenbeschriftung nicht bekannt ist.

    Es liegt eine Meldung in den Erkennungsmarkenverzeichnissen vor (Signatur B563/08878). Ich bin mir sicher, dass in dieser Liste auch die Erkennungsmarke stehen wird. Aber da aus den elektronischen Findmitteln detailliertere Angaben nicht hervorgehen (Dienstgrad, Erkennungsmarke etc.), erscheinen diese Informationen in den Auskünften nicht. Was - wie gesagt - nicht heißt, dass es diese Informationen nicht gibt. Das heißt nur, dass diese Angaben aus dem PC nicht ersichtlich sind und deswegen nicht mitgeteilt werden.



    zu 3.:

    Die Wahrscheinlichkeit, dass Hermann bei der Nachtschlachtgruppe 1 war, ist ziemlich hoch.

    Aber leider kann es auch sein, dass er zum Zeitpunkt des Absturzes bei einer anderen Einheit war.


    Stellen wir uns folgendes Szenario vor:

    Das Flugzeug stürzt in Banzkow ab.

    Die Verwundeten werden in einen Lazarettzug zu anderen Verwundeten getan - aus anderen Flugzeugen, die dort ebenfalls Unfälle hatten.

    Oder unter den zu transportierenden Verwundeten befinden sich Soldaten, die zum Personal eines in der Nähe befindlichen Flughafens gehören.

    Nun fahren diese verwundeten Soldaten in das Lazarett in Schwerin.

    Auf dem Weg stirbt einer der Verwundeten.

    Während man noch auf dem Weg nach Schwerin ist, nimmt einer der Soldaten, der die Verwundeten begleitet, die Papiere des Verstorbenen an sich.

    Dieser (fremde) Mann notiert die Daten des Verstorbenen und schreibt den Zeitpunkt des Todes auf.

    Diesen Zettel, auf dem er das notiert hat, unterschreibt er mit seinem eigenen Namen und seiner eigenen Feldpostnummer.

    Die beiden Männer (der Verstorbene und der "Fremde") kannten sich vermutlich nicht.

    Sie waren nicht unbedingt in der selben Einheit.

    Und schon hat eine andere Einheit den Tod gemeldet.


    Ob es nun genau so abgelaufen ist, wage ich zu bezweifeln, aber es kam meiner Erfahrung nach nicht selten vor, dass bei dem Weg ins nächste Lazarett eine "fremde Einheit" den Tod eines Mannes aufgenommen hat, obwohl dieser aus einer anderen Einheit stammte.

    Gerade bei Soldaten, die auf dem Weg ins Lazarett verstorben sind, ist dies keine unübliche Praxis gewesen. Oft gab es ja auch niemanden mehr aus der Einheit des Verwundeten, der eine diesbezügliche Meldung hätte schreiben können - irgendjemand muss es ja machen.



    Mein Tip:

    Beim Bundesarchiv noch mal anfragen und:

    - Scan/Kopie der Todesmeldung anfordern (wenn das überhaupt möglich ist, denn momentan scheint die Digitalisierung ja noch nicht fertig zu sein)

    - um eine detaillierte Auskunft aus den Erkennungsmarkenverzeichnissen (incl. Erkennungsmarkenbeschriftung) bitten

    Das wird vermutlich noch mal Geld kosten, aber was soll man machen?



    Der Sterbefall des Hermann Haake müsste doch bei einem Standesamt beurkundet sein? Geht aus der Karteikarte nichts hervor (eventuelle Rückseite) ?

    Wenn ja: Bei diesem Standesamt nach der Sterbeurkunde anfragen.


    Gruß

    Dagmar

  • Hallo Felix,


    zu 2) Dein Onkel war bei seinem Tod Feldwebel, dass könnte bedeuten das er eine gute, lange Schulbildung und/oder Ausbildung/Studium genossen hat. Vielleicht kannst du das nachprüfen?


    Zu 3) Lese ich das richtig? War das dann seine Einheit ?


    So würde ich das interpretieren.


    Zu 4) Frage zur Erkennungsmarke:


    „Eine Hälfte verblieb beim Toten, die andere Hälfte diente der Identifizierung.

    Der Onkel wurde identifiziert, aber trotzdem gibt es keinen Hinweis zur Nummer der Erkennungsmarke.

    Warum nicht ?“


    Derzeit gibt es beim Bundesarchiv keinen Zugriff auf die Erkennungsmarken-Unterlagen, da sie gerade digitalisiert werden.

    Wie lange das dauert, weiß ich nicht.


    Es kann auch sein, dass die Unterlagen die seine Erkennungsnummer beinhalten, verloren oder verbrannt sind, dass kann aber erst festgestellt werden wenn die Digitalisierung beendet ist und du in 1 - 2 Jahren einen neuen Antrag gestellt hast.


    „Das Grabfeld, auf dem er beerdigt ist, habe ich bereits besichtigt.“


    Ich habe keine Gräberkartei zu deinem Onkel gefunden, auch beim Volksbund ist er nicht zu finden. Wo liegt denn sein Grab? habt ihr darüber eine Information von einer Behörde bekommen?


    Gruß

    Antje

    Ich suche Informationen über das:
    Kriegslazarett in Bromberg Zeitraum Januar - Ende Februar 1942 und das
    Kriegslazarett Königsberg Januar 1943. :whistling:

  • Nachtrag:


    ich starte einfach mal mit dem überaus interessanten Porträtbild. Augenscheinlich sehen wir ihn hier als Angehörigen der Flieger-HJ. Wenn ich den Dienstgrad richtig erkenne, wäre er hier als ein Oberscharführer zu sehen, siehe Bildvergleich in der Anlage.


    Quelle: Archiv


    Gruß

    Michael


    PS: Neben div. Kleinstabzeichen sieht man auch das Segelfliegerabzeichen des NSFK der B-Prüfung:


    http://www.wehrmachtlexikon.de…NSFK/segelfliegerabz1.php

  • Nachtrag:


    zu den o.g. Angaben zum Dienstgrad und der Flieger HJ im Allgemeinen habe ich dir noch ein paar Auszüge eingestellt. Zudem kann ich jetzt auch anhand der Nummer auf der Schulterklappe sagen, dass er zum HJ-Bann 107 gehörte. Auch dazu findest du in der Anlage entsprechende Infos.


    Quelle: Basic Handbook - Hitler Jugend


    Gruß

    Michael

  • Nachtrag:

    Laut Bundesarchiv war er erst seit 1942 beim Flieger-Ausbildungs-Regiment 71.

    (Seine Einberufung mit 20 Jahren erscheint mir sehr spät.)

    Welche Aufgaben hatte diese Einheit und wo war sie stationiert?

    hier findest du etwas zur Aufgabenbeschreibung dieser Regimenter:


    https://www.lexikon-der-wehrma…/GliederungAusbildung.htm


    und hier die Basisdaten zum gesuchten Regiment:


    https://www.lexikon-der-wehrma…imenter/Flieger-Rgt71.htm


    sowie:


    http://www.ww2.dk/ground/infanterie/flausb71.html


    sowie:


    https://www.forum-der-wehrmach…-71-frankreich-1943-1944/


    Gruß

    Michael

  • Nachtrag:

    Ich würde die Einheit ebenfalls so lesen bzw. interpretieren. In den folgenden Links findest du die Basisdaten zur gesuchten Einheit:


    https://www.lexikon-der-wehrma…tschlachtgruppen/NSG1.htm


    sowie:


    https://www.ww2.dk/air/attack/nsgr1.htm


    Im zweiten Link ist auch für die Zeit 4.45 - 5.45 Schwerin, Husum hinterlegt.


    In den bekannten Datenbanken bzw. in den Verlustlisten des OKL taucht dieser Verlust aber nicht auf. Das folgende Buch könnte aber Aufklärung bringen:


    Die Einsätze der Nachtschlachtgruppen 1, 2 und 20 an der Westfront von September 1944 bis Mai 1945
    von C. Möller


    https://www.amazon.de/Einsätze-Nachtschlachtgruppen-Westfront-September-1944/dp/3938208678


    Gruß

    Michael

  • Allerbesten Dank für die umfangreiche Antwort. Das Standesamt in Dorsten hat lediglich bestätigt, dass mein Onkel am 01.05.1945 in Banzkow/Schwerin gestorben ist. Es gibt keine weiteren Einträge.

    ich werde beim BA. anrufen, wann mit weiteren Digitalisierungen zu rechnen ist.

    Liebe Grüße Felix

  • Zu 2: Wir wissen, dass mein Onkel mit 15 Jahren weit entfernt von seiner Heimat in Westfalen eine Ausbildung in Leipzig-Taucha begonnen hat. Dort war er seit dem 31.10.1938 gemeldet.

    Hier muss es bereits einen Zusammenhang zur Hitlerjugend gegeben haben, da die Familie dort keinerlei Verwandtschaft hatte. Wir kennen nicht die Hintergründe seiner Zeit/Lehre

    in Leipzig.


    Leider wird mein Onkel beim Volksbund/Gräbersuche unter dem Nachnamen Haase geführt. Das werde ich berichtigen lassen, da Geburts- und Sterbedatum mit

    meinem Onkel übereinstimmen. Das Standesamt Dorsten konnte mir zwischenzeitlich mitteilen, wann und wo mein Onkel gestorben ist, so dass ich da

    schon Anhaltspunkte für die weitere Suche hatte. Ich habe mich dann an den Alten Friedhof Schwerin gewandt.


    Besten Dank nochmals für Deine Mühen, liebe Grüße von Felix

  • Allerbesten Dank für die umfangreiche Antwort. Ich werde mir das im Einzelnen noch genauer anschauen bzw. recherchieren.

    Ich habe aber noch eine konkrete Frage zur Farbe der Schulterklappen. Im Internet sind diese unterschiedlich, z.B. dunkelbau oder

    schwarz-rot. Kann man eindeutig sagen, welche Farbe die Schulterklappe HJ 107 hatte ?

    Ferner trägt mein Onkel eine Kreissieger-Nadel, von der Form her vermutlich aus 1940/1941. Gibt es über Kreissieger Verzeichnisse ?

    Liebe Grüße von Felix

  • Herzlichen Dank für die Antwort. Ich werde mich nochmals an das Standesamt in Dorsten bzw. in Leipzig ( Er war in Leipzig-Taucha zwecks Lehre dort seit dem 31.10.1938 gemeldet )

    wenden.

    Liebe Grüße von Felix

  • Hallo Felix,

    Ich habe aber noch eine konkrete Frage zur Farbe der Schulterklappen. Im Internet sind diese unterschiedlich, z.B. dunkelbau oder

    schwarz-rot. Kann man eindeutig sagen, welche Farbe die Schulterklappe HJ 107 hatte ?

    vielen Dank für die Rückmeldung. Ich glaube zwar nicht, dass wir noch viel mehr zur 107 finden werden aber bei der Farbe kann es sich eigentlich nur um hellblau oder hochrot gehandelt haben, siehe Anlage.


    Quelle- Archiv


    Gruß

    Michael


    PS:

    Ferner trägt mein Onkel eine Kreissieger-Nadel, von der Form her vermutlich aus 1940/1941. Gibt es über Kreissieger Verzeichnisse ?

    dazu werde mich mal schauen und mich wieder melden.

  • Nachtrag:

    In den bekannten Datenbanken bzw. in den Verlustlisten des OKL taucht dieser Verlust aber nicht auf. Das folgende Buch könnte aber Aufklärung bringen:

    es gibt noch eine weitere Veröffentlichung, die sich mit diesem Thema beschäftigt. Ich selbst habe in der Vergangenheit leider immer kein Glück gehabt bei entsprechenden Auktionen aber unerwähnt soll es nicht bleiben:


    Die personellen Verluste der deutschen Nachtjagdgeschwader 1940-1945
    von V. Scherzer


    Gruß

    Michael


    PS: Dem erstgenannten Buch würde ich aber Priorität einräumen.

  • Hallo,


    Die sind doch verrückt. Normalerweise kostet das Buch 89;- Euro.


    In Deutschland ist das Buch vergriffen und in NL wird es in einem Antiquariat für 240,- Euro :!:angeboten.


    Wer soll das denn bezahlen? Menno so ein Ärger. Ich möchte doch auch nur schauen ob der Onkel meines Partners dort aufgelistet ist. ;(


    Gruß

    Antje

    Ich suche Informationen über das:
    Kriegslazarett in Bromberg Zeitraum Januar - Ende Februar 1942 und das
    Kriegslazarett Königsberg Januar 1943. :whistling:

  • Hallo MIchael,

    danke für die weiteren Informationen. Ich freue mich sehr über weitere Rückmeldungen.

    Gruß, Felix


    Hallo Antje,


    ich habe leider auch schon vergeblich nach diesem Buch gesucht. Mein Bruder studiert in Münster und hat dort Zugriff auf die Uni Bibliothek. Ich hoffe, dass dort ein Exemplar hinterlegt ist. Sollte dies der Fall sein, werde ich mich diesbezüglich noch einmal bei Ihnen zurück melden.


    Gruß, Felix

    Einmal editiert, zuletzt von FelixPP () aus folgendem Grund: Ein Beitrag von FelixPP mit diesem Beitrag zusammengefügt.

  • Hallo Felix,

    Handelt es sich bei dem Stück auf der rechten Brusttasche um ein HJ-Leistungsabzeichen oder eher um ein Führersportabzeichen?

    aus meiner Sicht sehen wir hier eindeutig das HJ-Leistungsabzeichen, siehe auch:


    http://www.wehrmachtlexikon.de…HJ/leistungsabzeichen.php


    Gruß

    Michel