Medizinische Versorgung der Zivilbevölkerung durch die deutsche Wehrmacht in der Sowjetunion 1941-1944

  • Hallo,


    wo hier so viele zum Thema Sanitätswesen in den NARA-Rollen fündig werden, gibt es zu o.g. Teilaspekt Fundstücke in den Akten der Einheiten?


    In den Kriegstagebüchern des Sanitäters Paul Krause bin ich gerade auf einen Eintrag gestoßen, im Juli 1941 wurde eine Krankenstube für die Zivilbevölkerung eingerichtet.
    Hat jemand ähnliche Beispiele?


    Quelle:
    Paul Krause - Meine ungewollten Reisen.
    Aus meinem Tagebuch 1939-1945
    https://www.gigabook.de/kriegstagebuch/


    Gruß
    Udo

  • Hallo Udo,

    In den Kriegstagebüchern des Sanitäters Paul Krause bin ich gerade auf einen Eintrag gestoßen, im Juli 1941 wurde eine Krankenstube für die Zivilbevölkerung eingerichtet.
    Hat jemand ähnliche Beispiele?

    dass ist ein interessanter Ansatz. Ich bin mir auch sehr sicher, ebenfalls dazu etwas gelesen zu haben aber ich weiss im Moment leider nicht mehr wo genau. Da wird sich aber bestimmt noch etwas finden lassen.


    Gruß
    Michael


  • Hat jemand ähnliche Beispiele?

    Hallo Udo,


    Jah, das war ganz normal das zu tun.


    Zum beispiel kann man darüber lesen in Hans Pichler, "Truppenartz und Zeitzeuge". Wenn der einheit nicht im HKL lag, war der Truppenarzt auch arzt für die lokale bevolkerung.
    Änhliche beschreibungen findest du im Heinreich Habe "Endstation Moskau 1941/42", und im Eugen Fritze "Unter dem Zeichen des Aeskulap 1940-1945". Alle 3 autoren war ärzte, Pichler im Waffen-SS.

  • Hallo Udo und Hans - Kristian,


    Danke für die Infos zu diesem Aspekt der damaligen Geschehnisse.


    Gruß Ulf

    --------------------------------------------------------------
    Ich suche Bildmaterial, Dokumente und sonstige Informationen über ausländische Orden und Ehrenzeichen die an Deutsche verliehen wurden. Zum Zweck der Aufarbeitung und der Dokumentation.
    Vielen Dank

  • Hallo Ulf,

    Danke für die Infos zu diesem Aspekt der damaligen Geschehnisse.

    nein, hinter dem "Aspekt" verbirgt sich eine tiefergehende Problematik. Wie Hans Kristian bereits erwähnt, kam es durchaus oftmalig zur Mitbehandlung der Bevölkerung.
    Die jüngste Forschung zum Vernichtungskrieg jedoch spricht den gefühlten 30.0000 Wehrmachtsärzten an der Ostfront mehr oder weniger jede Mitversorgung ab.


    Z.B. der englischen Historikers Alexander Hill in seinem Werk: The War behind the Eastern Front. The Soviet Partisan Movement in North-West Russia, 1941-44. London 200


    Zitat von Alexander Hill

    "In exceptional cases it seems that the local population received treatment from German doctors."


    Dabei ergeben Bilder als historische Quelle mitunter ein ganz anderes Bild. Sieht das nach "exceptional case" aus?



    Grüße
    Udo

  • Moin,


    ein kleiner Hinweis meinerseits.


    (…)
    Besondere Verdienste um die Zusammenarbeit mit den Kalmücken und das menschliche Verständnis für ihre Probleme erwarb sich der zur 16. Inf.Div. (mot.) von der 1. Pz.Armee kommandierte Sonderführer Dr. Doll, auch Othmar Wrba genannt. Er war früher k.u.k. Offizier, dann Kaufmann und Architekt und hatte drei Jahre lang dem Deutschen Konsulat in Odessa als Angestellter angehört. Durch viele Reisen Kenner des kalmückischen Volkes, hatte es SdrFhr. Dr. Doll mit seinem Abwehrtrupp 103 verstanden, das anfangs den Deutschen gegenüber noch vorhandene Misstrauen abzubauen. Er erinnerte die Kalmücken an dem vom preußischen König Friedrich Wilhelm III. hochgeehrten Führer des 2. Kalmückischen Reiter-Regiments , Oberstleutnant Sserep Tschan, der 1813 das Eiserne Kreuz erhielt und schrieb auch in der von der 16. Inf.Div. (mot.) herausgegebenen Zeitung für die Kalmücken über diesen tapferen Soldaten. Dr. Doll setzte zuverlässige Kalmücken als Bürgermeister (Starosten) ein, so in der Hauptstadt Elista den Bembe Cuglinow, in Ulan-Erge den Kalmücken Mastak. Durch Speisung der armen Bevölkerung erleichterte er dieser das Leben und nahm sie für die Deutschen ein. Wohin er kam, hielt er im Beisein des Starosten Sprechstunden für die Bevölkerung ab.

    Die Zusammenarbeit deutscher Ärzte mit den kalmückischen Ärzten und Ärztinnen zur Seuchenbekämpfung über das Seucheninstitut Savetnoje und das Feldlazarett der 16. Inf.Div. (mot.) sowie das Feldlazarett in Elista war gut. Bekämpft wurde hauptsächlich Pest und Tularämie, die besonders im Osten des Gebietes verbreitet waren. Große Sorge bereitete der 16. Inf.Div. (mot.) die ausreichende Versorgung der Bevölkerung ab Winter 1942/43 mit Lebensmitteln. Dank guter Organisation klappte es einigermaßen.
    Wo kalmückische Lehrer vorhanden waren, wurden Schulen eröffnet und so die Landessprache in Wort und Schrift gelehrt.
    Nachdem auf die positiven Berichte der 16. Inf.Div. (mot.) hin die 1. Pz.Armee und der Chef d. Gen.Stabes der HGr. B, General v. Sodenstern, sich von der überwiegend antibolschewistischen Haltung der Kalmücken überzeugt hatten, wurden auf Antrag von Dr. Doll in den einzelnen Dörfern zuverlässige Polizeikader gegründet und mit Beutewaffen ausgestattet. Ihnen wurde als Aufgabe Schutz der eigenen Dörfer, Aufklärung in deren Umkreis und Aufklärung gegen Teile der Roten Armee zugewiesen, die im Zusammenhang mit der Schlacht um Stalingrad in den Nordostteil der Kalmückensteppe eingedrungen waren und vor denen Chalchuta von der 16. Inf.Div. (mot.) geräumt werden musste.
    (…)
    __________
    MfG Uwe

  • Hallo Udo,

    nein, hinter dem "Aspekt" verbirgt sich eine tiefergehende Problematik. Wie Hans Kristian bereits erwähnt, kam es durchaus oftmalig zur Mitbehandlung der Bevölkerung.
    Die jüngste Forschung zum Vernichtungskrieg jedoch spricht den gefühlten 30.0000 Wehrmachtsärzten an der Ostfront mehr oder weniger jede Mitversorgung ab.

    dass die Geschichtsschreibung kein einheitliches Bild zeigt ist ein Problem, was man leider schon sehr häufig bei div. Themen erleben mußte. Ich weiss aber nicht ob man zu diesem Thema eine einheitliche Aussage treffen kann bzw. geben könnte. Dennoch finde ich es sehr hilfreich auch mal belegbare Beispiele für diesen Umstand aufzuzeigen.


    Gruß
    Michael


    PS: Ich kann mir aber kaum vorstellen, dass es mit fortschreiten des Krieges gleich geblieben ist. Ich würde gerne noch bei dir eine Quellenangabe nachtragen, sind das deine Bilder?

  • Moin Michael,


    sollte man da nicht etwas "entspannter" sein? Ein Verhinderungsgrund nicht stante pede zu antworten, sollte immer in Betracht gezogen werden.
    Drei der Bilder haben ein eindeutiges Copyright, welches ich Udo zuschreiben würde, das erste Bild ist m.E.n. etwas fragwürdig, da mglw. aus einem Buch.


    So, das wäre dann alles dazu und hier von meiner Seite.
    __________
    Gruß Uwe

  • Hallo Michael,


    warum nicht die obligatorische Ergänzung eines Einzeilers bei den Nutzungsbedingungen? Würde dich rechtlich bei von Usern eingestellter Materialien aus jeder Haftung nehmen Eine gängige Praxis aller Online-Foren, warum fehlt dies hier? Dessen ungeachtet - ich stelle hier grundsätzlich nur Material aus Privatbesitz ein.



    PS: Ich kann mir aber kaum vorstellen, dass es mit fortschreiten des Krieges gleich geblieben ist.

    In welcher Hinsicht? Musste man als Besatzungsmacht über die Jahre nicht ggfls. Zugeständnisse machen? Was sollte sich in Punkto Humanismus in einer Ortskrankenstube des Jahres 1943/44 geändert haben, kranke Madgas in einem Ruhequartier weit hinter der Front standen doch wohl zu keinem Zeitpunkt unter dem Regelwerk des "unwerten Lebens"?
    Ich wundere mich nicht über ein fehlendes einheitliches Bild, eher über eine vorauseilende negative Beurteilung des Aspekts in der jüngsten Forschung.



    Moin,


    ein kleiner Hinweis meinerseits.

    @Uwe
    Vielen Dank für den Hinweis auf Sonderführer Dr. Doll. Stammt der Text aus der Veröffentlichung von Joachim Hoffmann, Deutsche und Kalmyken 1942 bis 1945 ?
    Während der wenigen Monate im Kaukasus wurde dann unter Zurhilfenahme von Divisionsärzten Seuchenbekämpfung betrieben, während parallel in den nahen Großstädten zur Judenvernichtung übergegangen wurde. Diese Ambivalenz wird bei der Vielzahl der Akteure und Schauplätze wohl ständig mit in die Bewertung einfließen.


    Ich revanchiere mich mit einem Beitrag zur Division Brandenburg:


    Zitat von Fleischhauer

    ...Dem Stab der "Brandenburger" gehörten mehrere Offiziere aus deutschbaltischem Adel an, die über die notwendigen Landes- und Sprachkenntnisse verfügten.
    Wie andere Einheiten der Abwehr II führten auch die Brandenburger Frontalaufklärung durch. Beim Eindringen in das Schwarzmeergebiet wurden Teile der Division zum Einsatz im deutschen Siedlungsgebiet zwischen Tiraspol und Odessa, den sogenannten Kutschurganer Kolonien (Selz, Kandel, Baden, Straßburg u.a.) abgestellt.
    Unter ihnen befand sich das 6. Lehrregiment "Brandenburg z.b.V. 800". Die Anordnung des Oberbefehlshabers der 11. Armee vom 9. August 1941 lautete auf Schutz der deutschen Bevölkerung gegen die Plünderungen der in diesem Raum operierenden rumänischen Armeeteile. Die "Brandenburger" weiteten ihre Unterstützung der einheimischen Deutschen auch auf andere Sektoren aus. So kümmerte sich der Arzt der Truppe, Dr. Ehreninger, um die medizinische Betreuung der Deutschen; er übernahm sowohl die chirurgische Versorgung der durch die Gefechte verletzten Mitglieder der deutschen Gemeinden als auch die Behandlung chronischer Krankheiten (vor allem Trachoma, Malaria, Tuberkolose und Unterernährung der Kinder) .

    Quelle: Ingeborg Fleischhauer, Das Dritte Reich und die Deutschen in der Sowjetunion.




    Gruß
    Udo

  • Hallo Udo,

    warum nicht die obligatorische Ergänzung eines Einzeilers bei den Nutzungsbedingungen? Würde dich rechtlich bei von Usern eingestellter Materialien aus jeder Haftung nehmen Eine gängige Praxis aller Online-Foren, warum fehlt dies hier?

    danke für den Hinweis aber das sehe ich anders.

    In welcher Hinsicht? Musste man als Besatzungsmacht über die Jahre nicht ggfls. Zugeständnisse machen? Was sollte sich in Punkto Humanismus in einer Ortskrankenstube des Jahres 1943/44 geändert haben, kranke Madgas in einem Ruhequartier weit hinter der Front standen doch wohl zu keinem Zeitpunkt unter dem Regelwerk des "unwerten Lebens"?

    auf diese Frage möchte ich dir gerne antworten. Ich beziehe mich jetzt mal nur auf ein paar Beispiele, die mir gerade so einfallen.


    1. Die Verluste wurden soweit mir bekannt auf dt. Seite an der Ostfront von Jahr zu Jahr mehr. Das galt aber mit Sicherheit nicht für ausgebildetes Sanitätspersonal. Dazu kommt noch der Umstand des Mehrfrontenkrieges. Diese Ereignisse haben mit Sicherheit nur eins zu Folge gehabt und zwar, dass ein dt. Soldat froh sein konnte wenn er überhaupt noch Fachgerecht versorgt werden konnte. Denkst du allen ernstes, dass ein Arzt oder Sanitäter noch seine letzten Verbände oder Medikamente einem Zivilisten an der Ostfront überlassen hätte?


    2. Zudem führte die dt. Kriegsführung (gerade besonders an der Ostfront) zu einer Spaltung gegenüber der Zivilbevölkerung. Ich glaube nicht, dass ich diesen Punkt jetzt noch weiter ausführen muß.


    Gruß
    Michael

  • Moin Michael,


    mit dieser Meinung hast Du gezeigt, dass Dir das Sanitätswesen der Wehrmacht im II. Weltkrieg nur in Bruchstücken bekannt sein dürfte.


    Die Verallgemeinerung "Ostfront" ist schon im Ansatz falsch.


    Einen zeitlichen Bezug stellst Du leider nicht her.


    Der Einzige, welcher wirklich darüber Ahnung und detailliertes Wissen hat/hatte war Jürgen Fritzsche.
    Aber weshalb er hier nicht mehr "vorbeischaut", sollte allgemein bekannt sein.


    EDIT: Stelle einige Beförderungslisten der San.Offz. hier bei Gelegenheit ein


    __________
    MfG Uwe

  • Hallo Michael,



    2. Zudem führte die dt. Kriegsführung (gerade besonders an der Ostfront) zu einer Spaltung gegenüber der Zivilbevölkerung. Ich glaube nicht, dass ich diesen Punkt jetzt noch weiter ausführen muß.

    ehrlich gesagt bin ich über die Antworten zu einem nicht erforschten Themengebiet etwas entsetzt. Natürlich will hier niemand anhand weniger Fotos eine törichte Idealwelt von medizinischer Versorgung insinuieren, aber Fotos und Erinnerungen von Ärzten geben mir Rätsel auf. Ich empfinde es wenig hilfreich, rein auf die strenge Besatzungspolitik, auf Ausbeutung und regionale Partisanentätigkeiten zu verweisen. Wir sprechen immerhin von einer mehrjährigen Besatzungsherrschaft mit 70 Millionen verbliebenen Einwohnern, 50.000 Sanitätseinrichtungen in vermutlich 100.000 Dörfern und Städten. Das Zusammenleben dort, mit all seinen Akteuren (Organisation Todt, Wehrmacht, SS, Wirtschaftseinheiten, 30.000 Ärzte, 200.000 Sanitäter), willst Du auf dem Niveau einer verachtenden Gedankenwelt Himmlers sehen? Das wären harte Beschuldigungen und Vorurteile.


    Diese Ereignisse haben mit Sicherheit nur eins zu Folge gehabt und zwar, dass ein dt. Soldat froh sein konnte wenn er überhaupt noch Fachgerecht versorgt werden konnte. Denkst du allen ernstes, dass ein Arzt oder Sanitäter noch seine letzten Verbände oder Medikamente einem Zivilisten an der Ostfront überlassen hätte?

    Ist der Einwand jetzt spekulativer Art oder liegen dir stichhaltige Beweise aus NARA-Materialien vor? Mir ist von einer Knappheit nichts bekannt, sieht man von der Winterkatastrophe vor Moskau41/42, eingekesselten Verbänden, örtlichen Großkampftagen oder den letzten 30 Tagen im Stalingrader Kessel mit seinem Verwundetenelend in den Kellern nichts bekannt.


    Deswegen frage ich hier nach relevanten Begebenheiten auf Mikroebene und multiperspektivische Hinweise jeglicher Art, Spekulationen und Annahmen bezüglich der Praxis erhellen das Geschehen leider nicht.



    Gruß
    Udo

  • Hallo Uwe,

    Ich beziehe mich jetzt mal nur auf ein paar Beispiele, die mir gerade so einfallen.

    wenn ich das schreibe dann meine ich das wohl auch oder? Die Aussage impliziert für mich, dass es mir gerade dazu eingefallen ist und meine bisherige Meinung widerspiegelt, nicht mehr nicht weniger.

    mit dieser Meinung hast Du gezeigt, dass Dir das Sanitätswesen der Wehrmacht im II. Weltkrieg nur in Bruchstücken bekannt sein dürfte.


    Die Verallgemeinerung "Ostfront" ist schon im Ansatz falsch.


    Einen zeitlichen Bezug stellst Du leider nicht her.

    also wenn ich nicht den Überblick verloren habe, bewegen wir uns hier immer noch an der Ostfront bzw. ich werde versuchen da hin zu kommen.

    Die Verallgemeinerung "Ostfront" ist schon im Ansatz falsch.

    da bin ich bei dir........

    Der Einzige, welcher wirklich darüber Ahnung und detailliertes Wissen hat/hatte war Jürgen Fritzsche.

    okay, verstanden......

    EDIT: Stelle einige Beförderungslisten der San.Offz. hier bei Gelegenheit ein

    Gruß
    Michael

  • Hallo Udo,

    ehrlich gesagt bin ich über die Antworten zu einem nicht erforschten Themengebiet etwas entsetzt. Natürlich will hier niemand anhand weniger Fotos eine törichte Idealwelt von medizinischer Versorgung insinuieren, aber Fotos und Erinnerungen von Ärzten geben mir Rätsel auf. Ich empfinde es wenig hilfreich, rein auf die strenge Besatzungspolitik, auf Ausbeutung und regionale Partisanentätigkeiten zu verweisen.

    ich finde es sehr gut den Versuch zu unternehmen ganz ohne Vorurteile und leidenschaftslos an dieses Thema zu gehen. Auch mir fällt es manchmal schwer dies zu tun aber ich werde es natürlich gerne versuchen. Dennoch kann man den Punkt der Besatzungspolitik nicht vollkommen ausblenden, weil er bestimmt seinen Teil zur Entwicklung beigetragen hat.

    Ist der Einwand jetzt spekulativer Art oder liegen dir stichhaltige Beweise aus NARA-Materialien vor? Mir ist von einer Knappheit nichts bekannt, sieht man von der Winterkatastrophe vor Moskau41/42, eingekesselten Verbänden, örtlichen Großkampftagen oder den letzten 30 Tagen im Stalingrader Kessel mit seinem Verwundetenelend in den Kellern nichts bekannt.


    Deswegen frage ich hier nach relevanten Begebenheiten auf Mikroebene und multiperspektivische Hinweise jeglicher Art, Spekulationen und Annahmen bezüglich der Praxis erhellen das Geschehen leider nicht.

    ich bin mir sehr sicher, dass wir in dieser Richtung belegbare Zahlen und Beispiele finden werden, die und ein relativ klares Bild liefern können. Ich für mich werde erstmal den Versuch unternehmen, über die Verluste zu gehen, die ja unmittelbar mit der Auslastung der Kräfte im Sanitätswesen verbunden sind.


    Ich schau mal und melde mich wieder. Vorher muß ich aber erstmal an einer anderen Front kämpfen und ein 4000 Seiten Problem lösen. :)


    Gruß
    Michael

  • Hallo Michael,


    ich bin mir sehr sicher, dass wir in dieser Richtung belegbare Zahlen und Beispiele finden werden, die und ein relativ klares Bild liefern können.

    vielleicht habe ich mich mißverständlich ausgedrückt. Es ging mir nicht um einen Zahlenbeweis, dass nicht das halbe Sanitätswesen 40 Wochenstunden für die russische Zivilbevölkerung abgestellt werden konnte. Eher um Formen und Fälle der Mitversorgung, was z.B. macht ein Staffelarzt der Luftwaffe neben dem normalen Dienstbetrieb, wenn in seinem stationierten Dorf eintausend Kinder Keuchhusten haben, siehe Foto? Also die Sichtweise der Praxis vor Ort - NICHT AN GROSSKAMPFTAGEN, über den Tellerrand statistischer Zahlen hinaus.


    Oder meinst Du wirklich, ein Tupfer und ein Tropfen Jod zusätzlich für die russische Bevölkerung hätte das Großdeutsche Reich vorzeitig an den Rande des Zusammenbruchs gebracht?
    Das wäre doch eher dem fehlenden Benzin, fehlender Waffen und anderem Nachschub geschuldet gewesen.



    Gruß
    Udo

  • Hallo,


    ich habe auch hier im Forum eine Buchempfehlung entdeckt, die in dieser Hinsicht sehr aussagekräftig ist:
    Als Sanitätsoffizier im Rußlandfeldzug (Mit der 3. Panzer-Division bis vor Moskaus Tore)
    RE: Als Sanitätsoffizier im Rußlandfeldzug


    Die Tagebuchaufzeichnungen von Assistenzarzt Dr. Türk zusammen mit den außergewöhnlichen Farbbildern zeigen deutlich,
    welchen Zulauf so eine örtliche Krankenstube haben konnte.



    Gruß
    Udo

  • Hallo Udo,

    vielleicht habe ich mich mißverständlich ausgedrückt.

    dass kann ich dir im Moment auch nicht so genau sagen. Ich dachte eigentlich, dass ich meine Aussage zur Lageentwicklung an der Ostfront - in Bezug auf das Sanitätswesen - etwas transparenter machen sollte.


    Gruß
    Michael


    PS: Das von Dir eingestellte Buch kann ich wirklich nur empfehlen, zumal es hier sehr gut rein passt!

  • Hallo Michael,


    noch empfehlenswerter sind die detailreichen Erinnerungen von Alexander Kern, die im Internet als PDF abrufbar sind (siehe Link).
    Auch hier sind spontane Hilfeleistungen während des Vormarsches erwähnt.


    Zitat von Kern

    Unser 2. Zug hatte Anfang Juli im Wolkowysk ein Orts-Lazarett aufgemacht, und zwar in einem Flügel des russischen „ГОСПИТАЛЬ“. Wir versorgten dort nicht nur unsere deutschen Verwundeten, sondern auch ca. 70 Polen = polnische Zivilisten, die bei der Einnahme der Stadt teilweise schwere Verwundungen erhalten hatten durch Fliegerbeschuß und Artillerie. Die jüdischen Ärzte des Hospitals waren – verständlicherweise – beim Nahen der Deutschen geflohen. Daher lagen Dutzende schwerer Fälle seit mehreren Tagen ohne jede Versorung. Wir versorgten und operierten und verbanden nun alle diese hilflosen Menschen mit ihren üblen, vereiterten Wunden. Es wurden auch Nachamputationen vorgenommen, wo es notwendig geworden war, um eine allgemeine Sepsis zu verhüten. Wir hatten glücklicherweise sehr viel Verbandsmaterial. Die rührende Dankbarkeit der polnischen Zivilisten hatte ein gutes Echo in der Stadt: „Pan Doktor“ hier. „Dzen kuje (Danke schön), Pan Doktor.“
    Ich ging im weißen Ärztemantel über dem Uniformrock (um die Mediziner unseres 2. Zuges zu unterstützen!) durch die übervollen Stationen, um Morphium, SEE, Cardiazol und Sympatol zu injizieren, und galt auch als „Pan Doktor“ bei den Verwundeten. Es herrschte in den Sälen eine sehr lästige Fliegenplage, der unsere „unsterilen Helfer“ erfolgreich mit „Flit“ in großen Sprühdosen zu Leibe gingen. Damals bekam ich solide Übung in jeder Art Injektionen: subkutan, intergluteal, intramuskulär und auch intravenös (was sonst den „gelernten“ Ärzten vorbehalten war). Aber in diesem übervollen Hospital! Als wir nach 14 Tagen Arbeit in Wolkowysk weiter nach Osten marschierten, mußten wir die Hospitalkranken ohne jede ärztliche Hilfe zurücklassen.


    Quelle:
    Alexander Kern ERINNERUNGEN
    4. Teil 1939–1945 Als Sanitäter im Zweiten Weltkrieg
    Mit der Sanitätskompanie 2/262– 2/353 I. D.– 2/236 I. D.– 328 I. D.1939–1945 in Ost- und Westeuropa
    von Sanitätsfeldwebel A. Kern OP-Instrumenteur/Hauptverbandplatz
    http://alexmem4-quer.filmfast2.de/alexmem4-quer.pdf



    Gruß
    Udo