erforsche meinen Vater

  • Guten Tag, weiß nicht so recht ob das Forum für mich richtig ist. Ich erstelle eine Familienbuch für mich und meinen Mann mit Vor- und Nachfahren. Dabei bin ich nun ausgerechnet über meinen Vater mit viel Ungereimtheiten gestoßen, was mich veranlasst sein Leben etwas mehr zu durchleuchten, damit er mir evtl. wieder Näher kommt.


    Ich bin nach dem Krieg geboren. Als Kind nahm ich folgendes auf und ließ es bis zu meinen Forschungen so stehen:


    Für mich war mein Vater in den Kriegsjahren in Rußland, wurde in den letzten Kriegsjahren schwer verwundet, kam als Invalide heim. Irgendwie nahm ich auf, dass er wohl auch nach dem Krieg noch im "Lazarett" war, was ich einfach so hinnahm. Die gab es doch gar nicht mehr oder? Lt. meinem Wissensstand war er in Göppingen. Dort lernte er auch meine Mutter kennen und ich resultiere daraus 1948.


    Bei meinen Erforschungen stieß nun zuerst auf einen Eintrag: Entlassung aus dem KZ Sachsenhausen als Häftling Nummer 1642; Häftlingsblock 29 am 4.1.1941. Lt. Auskunft Sachsenhausen bzw. Arolsen hat man nicht mehr als diese Informationen. Also nicht wohin entlassen, nicht warum in Sachsenhause und ist es wirklich der gesuchte Franz Weber.


    Lt. Eintrag bei der Gemeinde im Heimatwohnort und Auskunft der WAST wurde er am 1.5.1941 zum Militär eingezogen. Er ist 1908 geboren und war 1941 bereits 33 Jahre.
    Laut WAST: Erkennungsmarke:
    -1021- 4. M.G. Ers .Kp. 110.


    Meine erste Frage: bei den Forschungen zu dem Thema Sachsenhausen und anschließend Militär erzählte mir jemand es hätte sogenannte Strafbatallions gegeben dort wären aus KZ entlassene eingezogen worden, meist für die Ostfront. Wenn es sich um meinen Vater in Sachsenhausen handelte muß er entweder als politischer oder als sonst Unbequemer oder dem damaligen System nicht gefallend inhaftiert gewesen sein, was für seine Entlassung spricht. Sachsenhausen war zunächst für solcherart Gefangene gedacht.


    Jetzt habe ich von der Wast noch folgende Informationen:
    Truppenteil: laut Meldung vom 29.12.1942
    3. Kompanie Grenadier-Regiment 124
    Dienstgrad: Gefreiter (keine Beförderung)


    Lazarettaufenthalte:
    29.12.1942 – 24.01.1943 Feldlazarett 172 Allenino/Russland -wegen Nephritis-


    29.01.1943 - 05.02.1943 Kriegslazarett 2/619 Minsk -wegen Nephritis-


    06.02.1943 – 17.02.1943 Reservelazarett Stenzya -zur Behandlung der Nieren-


    22.02.1943 – 15.07.1943 Reservelazarett Metz, Innere Abteilung -wie vor-
    Abgang: garnisonsverwendungsfähig Heimat 3 Monate Grenadier-Ersatz- Bataillon 124, Trier


    17.12.1943 – 05.01.1944 Kriegslazarett 4/527 Proskurow -wegen Granatsplitterverletzung linker Arm, rechte Rückenseite mit Lungen- verletzung,
    rechte Gesäßhälfte, linke Wade seit 10.12.1943
    08.01.1944 – 21.01.1944 Reservelazarett IX Warschau -wegen Granatstecksplitter linker Unterschenkel, linker und rechter Oberarm seit 10.12.1943-


    Für mich entstehen da folgende Fragen: War er im Reservelazarett in Metz und dann Trier oder lag das ganze in Trier? Wäre doch näher liegender. Dann ist er wohl offensichtlich wieder
    an die Ostfront gekommen nach diesem Aufenthalt, um dann gleich wieder im Lazarett zu landen?


    Kann man irgendwo heraus finden (nochmals Anfrage an WAST?) wohin von Warschau aus die Entlassung oder Rückverschiebung ging. Gibt es irgendwo Auskünfte über die Aufenthalte nach 1945 von Kriegsinvaliden? Mir fällt da der Begriff "Kriegsopferfürsorge" ein. War das nicht ein Amt das für Rentenzahlung zuständig war und ähnliches? Weiß jemand ob man dort Auskunft bekommt?


    Er sprach auch immer von einem Leutnant? Major? Dr. Geissinger ?? Gibt das auch Hinweis auf Frontaufenthalt?


    Ich weiß das ganze ist nicht so richtig "militärisch", für "bömische Dörfer" :) . Vielleicht kann mir hier jemand noch einen Anstoß geben.
    Ich wäre sehr dankbar.
    Mit freundlichen Grüßen
    Karin Seßler

  • Hallo Karin und willkommen im Forum,


    da hast du ja schon al eine ganze Menge an Vorarbeit geleistet. Zu den Fragen:


    Die Lazarette wurden teilweise bei Kriegsende von den Alliierten weiterbetrieben. Auf Grund der Verletzungen, etc kann man Verwundete nicht in jedem Fall transportieren oder Verlegen.
    Was die Strafbataillione angeht, so kannst würde das in der Meldung vo nder WASt vermerkt sein. Da er nach 1941 in einem Grenadier-Regiment eingesetzt war ist also daraus nichts an jeglicher Repressalie zu erkennen.
    An Hand der Verletzungen und der Lazarettaufenthalte würde ich durchaus schließen, dass dein Vater an der Front gekämpft und auch dementsprechend verwundet worden ist. Das Grenadier-Regiment 124 war in Russland eingesetzt und das ist schlüssig mit den Lazarettstandorten.
    Er war in Metz zur Behandlung, ich schätze wieder Nierenprobleme oder anderweitige internistische Erkrankungen waren der Grund. Danach ist er, ich nenne es einmal bedingt einsatztauglich (quasi bis zur vollständigen Erlangung seiner körperlichen Kräfte) nach Trier versetzt worden um dort (wahrscheinlich) Wachaufgaben oder Ausbildungsaufgaben wahrzunehmen. Danach gings dann zurück an die Front wo er wieder verwundet worden ist.
    Ich hoffe ich konnte dir das ganze etwas näher bringen.


    Falls du noch Fotos oder Dokumente besitzen solltest und sofern du diese hier einstellen magst, könnte man noch mehr Informationen gewinnen.


    Horrido


    Daniel

    Suche Infos über die Eisenbahnpioniere und die Eisenbahnentseuchungszüge.

  • Hallo Daniel,
    zunächst mal besten Dank für Deine schnelle und ausführliche Antwort. Das bringt mir schon etwas Licht in mein Dunkel.
    Bilder und Unterlagen habe ich leider wenig, da meine Eltern (leider) wenig aufbewahrt haben. Bilder nur sehr spärlich. Ich habe aber im Kopf ein Bild mit einigen Soldaten beim Einstieg in einen Bahnwaggon. Ich suche danach. Ich kann das gerne einstellen. Wobei ich keinerlei Ahnung habe wo das war. Aber vielleicht kennt jemand eine mit auf dem Foto vorhandene Person.
    Zunächst Danke. Ich melde mich gerne wieder, wenn ich noch etwas habe, ist das doch alles sehr hilfreich für mich.
    Beste Grüße
    Karin

  • Hallo Karin,


    anbei mal die Eckdaten auf Einheitenebene:

    Lt. Eintrag bei der Gemeinde im Heimatwohnort und Auskunft der WAST wurde er am 1.5.1941 zum Militär eingezogen. Er ist 1908 geboren und war 1941 bereits 33 Jahre.
    Laut WAST: Erkennungsmarke:
    -1021- 4. M.G. Ers .Kp. 110.

    steht für: 4./MG-Ersatz-Kompanie 110


    Jetzt habe ich von der Wast noch folgende Informationen:
    Truppenteil: laut Meldung vom 29.12.1942
    3. Kompanie Grenadier-Regiment 124
    Dienstgrad: Gefreiter (keine Beförderung)

    Grenz-Infanterie-Regiment 124


    1. Aufstellung:


    * 10.11.1938, Friedensstandort Trier (III. erst bei Mobilmachung), Wehrkreis XII; Infanterie-
    Regiment 124 seit 19.9.1940; 23.10.1940 Abgabe des III. als I./Infanterie-Regiment 698 an die 342.
    Infanterie-Division (14. Welle); wurde ersetzt; 15.5.1942 Stab III. und 9. Kompanie zur Aufstellung
    Radfahrabteilung 72 verwandt und ersetzt; Grenadier-Regiment 124 seit 15.10.1942; 10.11.1942 das
    III. Bataillon aufgelöst; 2.3.1944 nach Ausbruch aus dem Kessel von Tscherkassy in
    Hrubieszow/Generalgouvernement aufgefrischt (aus der Division Generalgouvernement).


    2. Gliederung:


    1939 I. 1-4, II. 5-8, III. 9-12, 13, 14
    1942 I. 1-4, II. 5-8, 13, 14


    3. Unterstellung:


    Im Frieden Grenzkommandantur Trier;
    Mobilmachung Grenzdivision Trier 72. Infanterie-Division (19.9.1939):
    1939 Trier
    1940 Frankreich
    1941 Rumänien, Nordgriechenland, August Südrußland, Krim
    1942 Krim, August Mittelrußland (Rshew)
    1943 Mittelrußland (Rshew, Orel), Oktober Südrußland
    1944 Tscherkassy, nach Wiederaufstellung Lemberg, Baranow
    1945 Schlesien


    4. Ersatz:


    124 Koblenz, Trier, Wehrkreis XII



    72. Infanterie-Division


    1. Aufstellung:


    * 19.9.1939 bei Trier, WK XII, aus der bei Mobilmachung aus der Grenzkommandantur Trier
    gebildeten Grenzdivision Trier (mit Infanterie-Regiment 105, Grenz-Infanterie-Regiment 124 und
    II./Artillerie-Regiment 34)


    2. Gliederung:


    Infanterie-Regiment 105 I.-III. Friedensstandort Trier Infanterie-Regiment 124 I.-III. Friedensstandort
    Trier Infanterie-Regiment 266 I.-III., errichtet 19.10.1939 im WK IX Artillerie-Regiment 706 (mit
    II./34, 747, 751, schwer 760)
    Panzerabwehr-Abteilung 72
    Pionier-Bataillon 72
    Nachrichten-Abteilung 72
    Versorgungs-Einheiten 315.


    Das Artillerie-Regiment 706 wurde am 2.4.1940 in 172 umbenannt (I. aus II./34, II. aus 747, III. aus
    751, IV. erst 10.2.1941 aus 760). Die Radfahrabteilung 72 wurde erst am 15.5.1942 aus der vorh.
    Radfahrschwadron gebildet. Das III./124 und III./266 (auch III./l05) wurden im November 1942
    aufgelöst. Mit Befehl vom 2.3.1944 wurde die im Kessel von Tscherkassy stark angeschlagene Divi-
    sion bei Hrubieszow/GG aufgefrischt und ihr am 24. März die Division Generalgouvernement
    eingegliedert.


    Grenadier-Regiment 105 I., II.
    Grenadier-Regiment 124 I., II.
    Grenadier-Regiment 266 I., II.
    Füsilier-Bataillon 72
    Artillerie-Regiment 172 I.-IV.
    Divisionseinheiten (Panzerjäger, Pionier-, Nachrichten-)
    Versorgungseinheiten 172.


    Die nach dem Einsatz im Weichselbogen in der Lausitz wieder aufgestellte Division (Grenadier-
    Regiment 105 aus Grenadier-Führernachwuchs-Regiment 1249) kam im Raum Tetschen-Leitmeritz
    in russische Gefangenschaft.


    3. Unterstellung:


    1939
    Oktober XXIII 6. Armee "B" Westen Mosel-Saar
    Dezember XXIII 16. Armee "A" Westen Mosel-Saar


    1940
    Mai OKH-Reserve Nordhausen Westen Thüringen
    Juni XXXXIV 6. Armee "B" Westen Frankreich
    Juli II 4. Armee "B" Westen Frankreich
    August XI 4. Armee "B" Westen Bretagne
    September XI 6. Armee "C" Westen Bretagne
    Oktober XXII 2. Armee "C" Westen Paris
    November XXXIX 1. Armee "D" Westen Paris
    Dezember XI 1. Armee "D" Westen Paris


    1941
    Januar/März XXX 12. Armee - Südosten Rumänien
    April/Mai XVIII 12. Armee - Südosten Griechenland
    Juni/Juli z.Vfg. 11. Armee Süd Osten Rumänien
    August/September LIV 11. Armee Süd Osten Südukraine
    Oktober/Dezember XXX 11. Armee Süd Osten Krim


    1942
    Januar/Februar XXX 11. Armee Süd Osten Krim
    März/Mai z.Vfg. 11. Armee Süd Osten Krim
    Juni/Juli XXX 11. Armee Süd Osten Sewastopol
    August LIV 11. Armee Süd Osten Krim
    September/Dezember XXVII 9. Armee Mitte Osten Rshew


    1943
    Januar/Februar XXVII 9. Armee Mitte Osten Rshew
    März z.Vfg. 2. Panzerarmee Mitte Osten Orel
    April/Juni XX 2. Panzerarmee Mitte Osten Orel
    Juli XX 9. Armee Mitte Osten Orel
    August XXXXVI 9. Armee Mitte Osten Orel
    September XXXV 9. Armee Mitte Osten Brjansk
    Oktober XXXVIII 8. Armee Süd Osten Dnjepr, Kiew
    November/Dezember III 8. Armee Süd Osten Tscherkassy


    1944
    Januar/Februar XI 8. Armee Süd Osten Tscherkassy
    März Auffrischung in Hrubieszow Osten -
    April/Juli XXXXII 4. Panzerarmee Nordukr. Osten Lemberg, Kowel
    August/September XXXXII 4. Panzerarmee Nordukr. Osten Baranow
    Oktober/Dezember XXXXII 4. Panzerarmee "A" Osten Baranow


    1945
    Januar XXXXII 4. Panzerarmee "A" Osten Baranow
    Februar (Kgr.) XXIV 4. Panzerarmee Mitte Osten Oder
    März (Kgr.) V 4. Panzerarmee Mitte Osten Lausitz
    April LVII 4. Panzerarmee Mitte Osten Lausitz
    Mai GD 4. Panzerarmee Mitte Osten Erzgebirge


    4. Ersatz:


    WK XII, E 105 Koblenz, Heidelberg


    Quelle: VMD


    Gruß
    Michael

  • Nachtrag:

    Bei meinen Erforschungen stieß nun zuerst auf einen Eintrag: Entlassung aus dem KZ Sachsenhausen als Häftling Nummer 1642; Häftlingsblock 29 am 4.1.1941. Lt. Auskunft Sachsenhausen bzw. Arolsen hat man nicht mehr als diese Informationen. Also nicht wohin entlassen, nicht warum in Sachsenhause und ist es wirklich der gesuchte Franz Weber.

    zu diesem Thema soltest du mal diesen Bereich sichten:


    Entlassungsschein KZ Mauthausen

    Meine erste Frage: bei den Forschungen zu dem Thema Sachsenhausen und anschließend Militär erzählte mir jemand es hätte sogenannte Strafbatallions gegeben dort wären aus KZ entlassene eingezogen worden, meist für die Ostfront.

    zu diesem Thema soltest du mal diese Bereiche sichten:


    Bewährungstruppe

    Sondertruppen zur Frontbewährung im 2. Weltkrieg

    Gruß
    Michael

  • Nachtrag:

    Kann man irgendwo heraus finden (nochmals Anfrage an WAST?) wohin von Warschau aus die Entlassung oder Rückverschiebung ging.

    sofern noch nicht geschehen würde ich es auch nochmal beim DRK versuchen:


    https://www.drk-suchdienst.de/de/suchanfragen

    Gibt es irgendwo Auskünfte über die Aufenthalte nach 1945 von Kriegsinvaliden? Mir fällt da der Begriff "Kriegsopferfürsorge" ein. War das nicht ein Amt das für Rentenzahlung zuständig war und ähnliches? Weiß jemand ob man dort Auskunft bekommt?

    zur Berechnung der Rentenansprüche wurde oftmals z.B. der Wehrpass eingeschickt, sofern vorhanden:


    Nachweise über ausländische Versicherungszeiten (ausländischer Versicherungsverlauf, Arbeitgeberbescheinigungen, Arbeitsbücher, Wehrpass etc.),


    Quelle: https://www.deutsche-rentenver…e_stellen_unterlagen.html


    Gruß
    Michael

  • Hallo Michael,


    jetzt war ich einige Tage nicht mehr hier und habe heute von Dir soviel Informationen bekommen. Herzlichen Dank. Das muss ich jetzt erst verdauen. Danke für den Tip Rentenversicherung und DRK. Das werde ich als nächstes angehen.


    Gruß
    Kalla

  • Hallo Kalla,

    jetzt war ich einige Tage nicht mehr hier und habe heute von Dir soviel Informationen bekommen. Herzlichen Dank. Das muss ich jetzt erst verdauen. Danke für den Tip Rentenversicherung und DRK. Das werde ich als nächstes angehen.

    nichts zu danken, es freut mich zu hören, dass ich helfen konnte. Wenn du noch weitere Infos bekommen solltest, bitte wieder melden.


    Gruß
    Michael