​Die Problematik der Luftwaffen-Felddivisionen, dargestellt am Beispiel der 20. Luftwaffen-Felddivision

  • Die Problematik der Luftwaffen-Felddivisionen, dargestellt am Beispiel der 20. Luftwaffen-Felddivision


    Autor: Dr. Walter Dann, Gymnasialprofessor a. D. (†)
    Abschrift und Bearbeitung: UHF51 ♦ Berlin (18.09.2009, New Times Roman, 39 DIN-A4 Seiten, Size 11.0)
    Quelle: Deutsche Soldatenjahrbücher (DSJB) 1990-1997, Hrsg. H. Damerau, Schild-Verlag München


    K O P I E R E N
    V E R B O T E N !

    AUSZUG:


    Um folgende Ausführungen verständlicher zu machen, soll zu Anfang das Rekrutierungssystem der Luftwaffe beschrieben werden. Zur Flak, zur Luftnachrichtentruppe (Ausnahme: Meldung zum Bordfunker), zum Sanitätspersonal, zu den Bau-Bataillonen sowie zum technischen und allgemeinen Personal der Fliegertruppe wurden Wehrpflichtige normal eingezogen, auch wenn nachträgliche Meldungen zum fliegenden Personal möglich waren. Wer jedoch zum fliegenden Personal und zu den Fallschirmjägern wollte, musste sich freiwillig melden und eine über die allgemeine Friedensdienstzeit von 2 Jahren hinausgehende Verpflichtung unterschreiben - 5 Jahre bei Flugzeugführern. Umgekehrt brauchten Offiziere des allgemeinen und technischen Personals der Fliegertruppe keine fliegerische Ausbildung haben und hatten höchstens Fronterfahrung aus dem Ersten Weltkrieg. Auch die Fallschirmjäger gehörten zur Fliegertruppe (1941: 7. Flieger-Division im XI. Flieger-Korps).


    Die infanteristische Flugplatzsicherung und die Verteidigung von Frontflugplätzen gegen einen durchgebrochenen Feind war schon immer die Aufgabe des allgemeinen Personals - den Fliegerhorstkompanien - gewesen. In der vorliegenden Arbeit geht es jedoch darum, den Zeitpunkt festzuhalten, zu dem erstmalig Luftwaffensoldaten in geschlossenem Verband an der Front bzw. in der HKL (Hauptkampflinie) eingesetzt wurden.


    Beim Scheitern der deutschen Offensive auf Moskau und dem Gegenangriff ausgeruhter und bestens ausgerüsteter sibirischer Elitetruppen im Dezember 1941 hatte das deutsche Ostheer schwere Verluste an Mensch und Material erlitten. Vor allem im Nord- und Mittelabschnitt waren Frontlücken entstanden, zu deren Schließung die Reserven des Heeres nicht ausreichten.
    Da kamen schon im Herbst 1941 Luftwaffensoldaten zum Erdeinsatz. Hier muss aber klar getrennt werden zwischen Fallschirmjägern, die sich nach dem verlustreichen Kreta-Unternehmen im Frühsommer 1941 in Auffrischung befanden und ab September 1941 in Regiments- und Bataillonsstärke zunächst der HGr. (Heeresgruppe) Nord zur Verfügung gestellt wurden, und den eigentlichen Luftwaffen-Feldeinheiten, auch wenn diese zunächst durch Fallschirmjäger (Fsch.Jg.) verstärkt wurden.
    Als Hitler am 19.12.1941 selbst den Oberbefehl über das Heer übernommen hatte, war er nur zu leicht geneigt, den Wünschen der Heeresführung nachzukommen, die eine Verstärkung der Ostfront durch neu aufzustellende Erdkampfverbände der Luftwaffe forderte.


    Der erste Luftwaffen-Erdkampfverband, der zum Einsatz kam, war der Luftwaffen-Kampfverband Schlemm (mot. Brigade) in den Kriegsgliederungen des Oberkommandos der Wehrmacht (OKW) kurz als "Gr. Schlemm" (Gruppe Schlemm) bezeichnet. Kommandeur war Generalmajor (sp. General der Flieger/Gen.d.Fl.) Alfred Schlemm, auf Kreta Chef des Stabes des XI. Flieger-Korps. Sein Verband wurde schon 1941 auf dem Truppenübungsplatz (Tr.Üb.Pl.) Hammerstein zusammengestellt und kam denn bei der HGr. Mitte zum Einsatz. Personell war die Gr. Schlemm dem VIII. Flieger-Korps unterstellt, taktisch jedoch dem Heer: 4. Armee, LVI. A.K. (mot.), dazwischen aber auch dem XXXX. A.K. (mot.). Im Juni 1942 wurde der Verband aus der Front herausgezogen und aufgelöst, weil - so General Schlemm in einem Schreiben an den Verfasser [W. Dann] - die Luftwaffe ihr hoch qualifiziertes Spezialpersonal nicht länger entbehren konnte.
    Bei der HGr. Mitte erscheint nach der Schematischen Kriegsgliederung des OKW für den 22.04.1942 und für den 11.05.1942 bei der HGr. Mitte beim LVI. A.K. neben der Gr. Schlemm (Lw.Verband) beim XXXX. A.K. (mot.) beim Stab der 331. Infanterie-Division (Inf.Div.) der Lw.Gefechts-Verband "Gr. Ramm u. Reichelt". Ein weiterer "Lw.Verband" der nicht näher bezeichnet ist taucht in dieser Kriegsgliederung beim XII. A.K. auf. Da die beiden letztgenannten Luftwaffenverbände in der Schematischen Kriegsgliederung vom 24.06.1942 nicht mehr erscheinen, in welcher die Gr. Schlemm noch aufgeführt ist, sind diese mit Sicherheit schon vorher herausgezogen und aufgelöst worden.


    Durch die vielen Arbeiten von Egon Denzel liegen genauere Auskünfte über die bei der HGr. Nord eingesetzten Luftwaffen-Feldeinheiten vor. Ab Januar 1942 wurden auf verschiedenen Tr.Üb.Pl. im Reich und in den besetzten Gebieten die Luftwaffen-Feldbataillone 1 - 5 [I - V] aufgestellt und in den Nordabschnitt der Ostfront verlegt, wo sie zu Luftwaffen-Feldregimenter (Lw.Feld-Rgter.) aufgefüllt wurden. Generalmajor Meindl, auf Kreta Kommandeur des Fsch.Jg.Sturm-Rgt. hatte mit dem Stab seines Regiments im Januar 1942 einen aus Einheiten der Luftwaffe, des Heeres und der Waffen-SS gemischten Verband bei der HGr. Mitte geführt. Im Februar 1942 wurde er mit der "Fallschirmjäger-Brigade Meindl" in den Bereich der HGr. Nord, 16. Armee, X. A.K. verlegt und übernahm auch den Befehl über die Lw.Feld-Rgter. 1 - 5. Dieser Verband wurde bei den schweren Kämpfen bei Staraja Russa, bei Demjansk sowie in und um Cholm eingesetzt. Im April 1942 wurden - wie übrigens auch bei der Gr. Schlemm - die Fallschirmjäger herausgezogen. Gen.Maj. Meindl blieb jedoch auf seinem Posten als Kommandeur (Kdr.) der Luftwaffen-Feldregimenter 1 - 5. In den Schematischen Kriegsgliederungen des OKW wird der Verband ab 22.04.1942 als "Gr. Meindl (Lw.Feld-Rgter.)" bezeichnet. Der Verband selbst nannte sich "Division Meindl", wurde von Göring am 30.10.1943 als "Luftwaffen-Felddivision Meindl" bezeichnet. Die "Gr. Meindl" wird 1942 öfters im KTB des OKW erwähnt und bestand weiter, auch als Generalmajor Meindl im Oktober 1942 zum Kommandierenden General des XIII. Flieger-Korps ernannt wurde, das die eigentlichen Luftwaffen-Felddivisionen aufstellte. Seine alte Division wurde zur 21. Luftwaffen-Felddivision, obwohl sie die erste Division dieser Art überhaupt war, und verblieb bis zum bitteren Ende 1945 bei der HGr. Nord.
    Es wurden hier nur solche Lw.Feldeinheiten genannt, die sich aus den Kriegsgliederungen des OKW nachweisen lassen. Sie bestanden zum großen Teil aus Freiwilligen. Jedoch ist bekannt, dass im Bereich der HGr. Mitte auch Angehörige des fliegenden Personals nach Verlust ihrer Flugzeuge infanteristisch an der Front eingesetzt wurden.


    Für den infanteristischen Einsatz von Luftwaffensoldaten an der Front wurde laut Luftwaffen-Verordnungsblatt (LVBl.) vom 13.04.1942 das "Erdkampfabzeichen der Luftwaffe" gestiftet "für ausgezeichnete Kampfleistungen im Erdkampf". Im Bericht des OKW vom 23.06.1942 wurde zum ersten Mal offiziell die Existenz von Luftwaffen-Feldeinheiten erwähnt. Hervorgehoben wird der Einsatz der "Division Meindl" - wohl deshalb, weil sie als einzige weiter bestehen sollte. Dem LVBl. vom 29.06.1942 ist zu entnehmen, dass zu Luftwaffen-Feldeinheiten (genannt werden Luftwaffen-Feldregimenter und Luftwaffen-Schützenregimenter z. b. V. auch Angehörige des fliegenden Personals "versetzt-kommandiert" worden waren. Sie sollten aber weiter zum fliegenden Personal gezählt werden und weiter ihre Fliegerzulage erhalten, weil "mit ihrer Wiederverwendung im fliegenden Einsatz zu rechnen sei." Aus zuletzt Gesagtem kann gefolgert werden, dass das OKL (Oberkommando der Luftwaffe) im Juni 1942 beabsichtigte, diese Lw.Feldeinheiten weiter bestehen zu lassen, wobei jedoch eine Rückkehr zum fliegenden Personal jederzeit möglich sein sollte. Innerhalb der Luftwaffe wurde davon gesprochen, dass jetzt Kriegsfreiwillige zum fliegenden Personal nach ihrer infanteristischen Grundausbildung vor ihrer fliegerischen Ausbildung bei einer Luftwaffen-Feldeinheit eine infanteristische Frontbewährung mitmachen sollten.
    In diesem Zusammenhang ist auch Hitlers Weisung Nr. 46 vom 18.08.1942 zu sehen, mit der die Verlegung von Ersatzeinheiten der Luftwaffe in die "Bandengebiete" hinter der Ostfront befohlen wurde. Am 05.09.1942 meldete daraufhin der Generalstabschef der Luftwaffe, Generaloberst Jeschonnek, die bevorstehende Verlegung von 10.000 Mann in das rückwärtige Gebiet der Ostfront.
    Im Zusammenhang mit der Aufstellung der 20. Luftwaffen-Felddivision sind 3 Einheiten bekannt, die im Winter 1942/43 im rückwärtigen Gebiet der HGr. Mitte gegen Partisanen eingesetzt wurden: das Flieger-Regiment 23 (welches von Kaufbeuren zuerst nach Belfort, von dort im Nov. 1942 nach Gorodok bei Witebsk und schließlich nach dem Raum um den Flugplatz Sheshtshinskaja zwischen Roslawl und Brjansk), das Flieger-Regiment 24 (vom Olmütz nach Ossipowitschi nw. Bobruisk) und ein Bordschützen-Anwärterbataillon (bei Lepel nö. Minsk), von dem zumindest Teile in Russland zum Flieger-Regiment 23 kamen. Laut LVBl. vom 14.09.1942 und vom 26.10.1942 waren solche Fluganwärter-Bataillone Teile des Feldheeres. Dennoch sind diese in keiner Schematischen Kriegsgliederung des OKW verzeichnet, so dass die Anzahl solcher Flieger-Regimenter oder Anwärter-Bataillone im Osten nicht leicht zu ermitteln ist. Jedenfalls hatte die Luftwaffe im Winter 1942/43 einen wesentlich höheren Anteil an der Ablösung von Heeresverbänden im Partisaneneinsatz, die nunmehr für die Front zur Verfügung standen, als bislang allgemein angenommen wurde.


    Bereits im Sommer 1942 war die Personallage des Ostheeres äußerst angespannt. Obwohl der erst im April 1942 eingezogene Jahrgang 1923 bereits eingesetzt war, konnten die Menschenverluste höchstens bis zur Hälfte ausgeglichen werden; an Bildung von Reserven war nicht mehr zu denken. In dieser Lage wandte sich der Generalstab des Heeres (GenSt.d.H.) an das OKW, um zu erreichen, dass Luftwaffe und Marine Personal an das Heer abgeben sollten. Die Diskussion darüber war schon einige Zeit im Gange. Als erstes Ergebnis bestimmte das OKW am 09.09.1942, dass die an der Ostfront stehenden Luftwaffen-Feldeinheiten zu Brigaden ausgebaut werden sollten. Danach sollten sie für den Ost-West-Austausch zur Verfügung stehen, um abgekämpfte Heeres-Divisionen an der Front abzulösen und somit deren Auffrischung in den besetzten Westgebieten zu ermöglichen. Daher legte Chef OKW (GFM Keitel) Hitler einen Befehl zur Unterschrift vor, in dem vorgesehen war, dass Luftwaffe und Marine eine bereits ermäßigte Zahl von 50.000 bzw. 10.000 bis 20.000 Mann an das Heer abgeben sollten. Wie von mehreren Autoren von Memoiren berichtet wird (z.B. von General Warlimont, GFM v. Manstein), sei nunmehr RM Göring wutschnaubend im Führerhauptquartier erschienen und habe sinngemäß gesagt, er sei nicht gewillt, seine "nationalsozialistischen Jungens" in die graue Uniform des Heeres stecken zu lassen, das noch von wilhelminischen Offizieren befehligt werde und bei dem auch noch Pastoren das Sagen hätten. Sollte dieser Ausspruch tatsächlich gefallen sein, so war er Ausdruck von hinsichtlich des Geistes in der Luftwaffe 1942 völlig irrealer Wunschvorstellungen Görings und einer als grotesk zu bezeichnenden Verkennung der Stimmung im Heer zu jener Zeit. Dieser Satz scheint sich aber im Heer und bei seinen Offizieren in Windeseile verbreitet zu haben und war nun umgekehrt dort Anlass zu Vorurteilen gegenüber den Luftwaffen-Felddivisionen, die für deren Fronteinsatz nicht gerade förderlich waren. Jedenfalls wollte Göring kein Personal abgeben und gab sich nicht mit dem Führerbefehl vom 13.09.1942 zufrieden, der vorsah, dass die bestehenden Lw.Feldeinheiten auf eine Stärke von 10 bis 12 Luftwaffen-Feldbrigaden gebracht werden sollten. Weit darüber hinausgehend erklärte sich der Oberbefehlshaber der Luftwaffe (OBdL) bereit, Luftwaffen-Felddivisionen in Stärke von ca. 200.000 Mann aufzustellen. Es bleibt die Frage, ob bei diesem Entschluss Görings nur Abneigung gegen die Heeresgeneralität, Geltungssucht oder der Wunsch, sich wie Himmler mit der Waffen-SS nun selbst eine "Hausmacht" zu schaffen, eine Rolle spielten. Sicher spielte dabei auch der Gedanke mit, dass man aus psychologischen Gründen Kriegsfreiwillige zum fliegenden Personal, die man mit großem Aufwand dafür geworben hatte, nicht einfach zum Heer versetzen konnte. Zwar war die Bedeutung der Luftwaffe 1942 stark herabgesunken, es ist aber nicht unverständlich, dass man bei der Luftwaffenführung beabsichtigte, die Luftwaffe wieder neu aufzubauen und die Luftherrschaft neu zu erringen. Für eine dann erforderliche Vergrößerung des fliegenden Personals hätte man einen großen Teil der Kriegsfreiwilligen wieder zur Verfügung gehabt, solange sie der Luftwaffe angehörten, wenn auch im infanteristischen Einsatz.


    In einem Aufruf vom 17.09.1942 forderte Göring Offiziere aller Dienstränge und Waffengattungen auf, sich für den Kampf an der Ostfront zur Verfügung zu stellen. Das Problem lag natürlich darin, dass nur Offiziere der Flak, der Fallschirmjäger und der ersten Feldeinheiten des Winters 1941/42 über Erdkampferfahrung aus dem 2. Weltkrieg verfügten. Ältere Bodendienste waren aufgrund ihrer Dienstzeit zu Offizieren befördert worden. Dazu gehörten auch abgelöste Offiziere des fliegenden Personals. Wer von älteren Offizieren des allgemeinen oder technischen Personals der Fliegertruppe Fronterfahrung vorweisen konnte, hatte diese im 1. Weltkrieg erworben. Auch die Unteroffiziere des Bodenpersonals waren in der Regel im 2. Weltkrieg noch nie an der Front gewesen.¹) Bei den Mannschaften wurde die Freiwilligmeldung zum Erdkampfeinsatz zweifellos dadurch gefördert, dass man ihnen sagte, dass sie nach Frontbewährung als Infanteristen ein größeres Anrecht hätten, auf eine Fliegerschule zu kommen. Ab Jahrgang 1906 standen Angehörige der Bodendienste der Fliegertruppe sowie aller anderer Waffengattungen der Luftwaffe für die Versetzung zu Lw.Feld-Divisionen zur Verfügung. In erster Linie wurden natürlich Leute verwendet, die 1942 in ihrer Funktion nicht mehr gebraucht wurden (z.B. Musiker).


    ¹) Anmerkung: Ausgenommen des geringen Prozentsatzes, der im Spanischen Bürgerkrieg Erfahrung gesammelt hatte.


    März/April '42
    Gefechtsverband Schlemm
    Schtz.Btl. z.b.V. (Lw.Schtz.)
    Luftw.Kp. Steuer
    Gefechts-Kp. Lw.Bau-Btl. 1/III
    Ln.Schtz.Verband
    Fliegerhorst-Kp. Feustl
    Lw.Bau-Btl. 1/VII
    Lw.Bau-Btl. 2/VII
    Lw.Bau-Btl. 17/XVII
    Lw.Bau-Btl. 19/XVII
    Luftw.Sturm-Btl. Koch (ab 1.4. zur Verfügung Fliegerkorps VIII)
    Luftw.San.Bereitsch.Kp. 9/IV (ab 1.4. z.V. Fliegerkorps VIII)
    5. u. 6./Fallschirm-Art.Abt. (ab 1.4. z.V. Fliegerkorps VIII)
    1½ Flak-Bttr. (8,8 cm)
    Halb-Bttr. 5/704 (Flak 2 cm)
    Halb-Bttr. 5/363 (Flak 2 cm)
    lei. Flak II./411
    __________

    Fortsetzung folgt.
    MfG Uwe

    2 Mal editiert, zuletzt von UHF51 ()

  • K O P I E R E N
    V E R B O T E N !

    Im Oktober 1942 gab Gen.Maj. Meindl seine "Gruppe" bzw. Division an der Ostfront an Generalleutnant Odebrecht ab, die - wie schon erwähnt - zur 21. Lw.Feld-Div. wurde. Meindl selbst, bald Gen.Lt., übernahm als Kommandierender General des XIII. Flieger-Korps (Fl.Korps) die Aufstellung der neuen Luftwaffen-Felddivisionen, die zu dieser Zeit noch dem Chef Heeresrüstung und Befehlshaber des Ersatzheeres (Chef HRüst.u.BdE) Gen.Oberst Fromm unterstanden, der den größten Teil der Bewaffnung, v.a. die schweren Waffen, und die Ausrüstung zu liefern hatte.
    Mit Ausnahme der 15. Lw.Feld-Div., die hinter dem Südabschnitt der Ostfront aufgestellt wurde, erfolgte die Aufstellung aller Divisionen auf den Truppenübungsplätzen (Tr.Üb.Pl.) im Reich (Groß-Born, Mlawa, Bergen, Munsterlager, Fallingbostel) oder direkt in den besetzten Westgebieten. Zusätzlich zur schon vorhandenen 21. Lw.Feld-Div. waren bald 16 neue Divisionen dieser Art gebildet worden, dazu als Kommandobehörden das II., III. und IV. Lw.Feld-Korps. Die Umwandlung des XIII. Fl.Korps zum I. Lw.Feld-Korps wurde 1943 nicht mehr durchgeführt.


    Inzwischen hatte sich die militärische Lage Deutschlands entscheidend verschlechtert durch die anglo-amerikanische Landung in Französisch-Nordafrika und die Besetzung des unbesetzten Frankreich. Daher kamen die 16., 17., 18. und im Frühjahr 1943 die 19. Lw.Feld-Div. in die besetzten Westgebiete. Die Lw.Feld-Div. 1 bis 10, 12, 13, 15 und 21 waren an der Ostfront eingesetzt. Aus Furcht vor alliierten Landungen wurde die 11. Lw.Feld-Div. nach Griechenland verlegt, die 14. nach Norwegen, wo auch noch die selbständigen Luftwaffen-Feldregimenter 501, 502 und 503 lagen. Ein solches war auch (ohne Nummer) in Tunesien eingesetzt und ging dort bei der Kapitulation im Mai 1943 unter.


    Die Katastrophe am Südabschnitt der Ostfront mit dem Verlust der 6. Armee in Stalingrad, die schwersten Kämpfe um Welikije Luki im Mittelabschnitt und bei Leningrad im Nordabschnitt führten dazu, dass die neu aufgestellten Luftwaffen-Felddivisionen im Osten sofort an die Front geworfen wurden. Keine Rede war mehr davon, dass die neuen Divisionen im Ost-West-Austausch an ruhigen Frontabschnitten im Stellungskrieg oder bei den Bundesgenossen im Südabschnitt als "Korsettstangen" eingesetzt werden sollten. Für den Großkampf war die Erdkampfausbildung ab Oktober 1942, dem Beginn der Aufstellung, einfach zu kurz. Heeresrekruten wurden mindestens drei Monate ausgebildet, bevor sie an die Front kamen. Dieser überstürzte Einsatz der neuen Lw.Felddivisionen In Katastrophensituationen wie im Südabschnitt oder bei Welikije Luki konnte kaum anders als mit hohen Verlusten an Menschen und Material enden.
    Aus diesem Verlauf der Winterkämpfe 1942/43 bildete sich bei der Heeresgeneralität ein Vorurteil gegen alle Luftwaffen-Felddivisionen, von dem auch 1944 die 19. und die 20. Lw.Feld-Div. betroffen wurden, als sie unter völlig anderen Bedingungen in Italien zum Einsatz kamen.


    Ab November/Dezember 1942 wurde auf dem Tr.Üb.Pl. Fallingbostel beim Aufstellungsstab II des XIII. Fl.Korps Personal zusammengezogen, das für die Aufstellung der 20. Luftwaffen-Felddivision bestimmt war. Wegen der Ausrüstung mit weißen Fahrzeugen wurde mit einem Einsatz im Osten gerechnet. Im KTB/OKW 1943 wird zwar im Januar/Februar 1943 mehrmals von der 20. Lw.Feld-Div. gesprochen, aber bis zur endgültigen Aufstellung der Division hieß es in Fallingbostel immer noch: Aufstellungsstab II. Zunächst kam das OKW von dem Vorschlag ab, mit der 20. Lw.Feld-Div. die SS-Polizei-Division im Osten abzulösen. Die Aufstellung verzögerte sich weiter dadurch, dass nach KTB/OKW (v. 23.02.1943) 5.600 Mann, darunter 1.600 Flak-Artilleristen, die für die 19. und 20. Lw.Feld-Div. bestimmt waren, mit Waffen und Gerät der 19. Luftwaffen-Felddivision in den Westen verlegt wurden, wo sie zur Neuaufstellung der in Stalingrad untergegangenen 6. Armee der 24. Panzer-Division sowie der 44. und 113. Infanterie-Division zugewiesen wurden. Dies war wohl ein Präzedenzfall. Andererseits wurde dabei deutlich, dass der OBdL es nach einer Mitteilung des WFSt. (Wehrmachtführungstab) nur unter Schwierigkeiten weiteres Personal zur Verfügung stellen konnte. In Fallingbostel traf inzwischen aus dem Osten das Flieger-Regiment 24 ein, das mit Teilen zur Aufstellung der 20. Lw.Feld-Div. verwendet wurde. Ab 08.03.1943 bestand nun die 20. Lw.Feld-Div. Gemäß Kriegsgliederung gehörte sie zum Luftgaukommando I (Königsberg). Ersatztruppe war das Feldersatz-Bataillon der Luftwaffe 5 in Deblin-Irena.


    Gleich zu Anfang muss darauf hingewiesen werden, dass sich die Division während der gesamten Zeit ihres Bestehens (1943 bis 1945) "20. Luftwaffen-Felddivision" nannte, ab Ende 1943 mit dem Zusatz "Radf." (Radfahrverband). Nie hatte sie sich "Felddivision 20 (L)" genannt, wie die Feldpostübersicht (FpÜ) wissen will, auch nicht "20. Lw.-Sturm-Division", obwohl Hitler am 01.06.1944 diese Bezeichnung verfügt hatte. Noch am 29.01.1945 heißt es "Meldung über die organisatorische Aufteilung der 20. Luftwaffen-Felddivision".
    Die Einheiten der Division hatten ebenfalls von 1943 bis 1945 nebeneinander zwei Bezeichnungen, z.B. „Jägerregiment 40 (L)“ auf Seite 4 des Soldbuches unter „Truppenteil bzw. Dienststelle“, dagegen „Lw.Jg.Rgt. 40“ auf dem Dienstsiegel, ab Ende 1943 ebenfalls mit dem Zusatz "Radf.". Im weiteren Text wird ausschließlich die Bezeichnung des Typs "Lw.Jg.Rgt. 40, Lw.Pz.Jg.Abt. 20, Lw.Pi.Btl. 20" usw. verwendet. Der einfache Soldat hieß hier "Jäger" und der Unteroffizier "Oberjäger".


    Nun zur Uniform. Als Kopfbedeckung wurde ausschließlich die Luftwaffen-Bergmütze getragen. Alle Dienstgrade trugen Fliegerbluse, die Offiziere von Anfang an mit grünen Kragenspiegeln. Bei den Jäger-Regimentern, deren Personal aus der Fliegertruppe stammte, wurden die gelben Spiegel weiter getragen. Bei den anderen Einheiten, deren Angehörige aus mehreren Waffengattungen der Luftwaffe stammten, wurden die Kragenspiegel abgetrennt und die Schwingen direkt auf dem Uniformtuch angebracht. Ab August wurden teilweise grüne Spiegel eingeführt, die mit der beim Heer verwendeten Waffenfarbe paspeliert waren (z.B. Lw.Pz.Jg.Abt. 20 = grüne Spiegel mit rosa Paspelierung). Nur Offiziere trugen während des Dienstes die bei den Luftwaffen-Felddivisionen im Osten allgemein eingeführten grünen Überfallhosen wie Fallschirmjäger (aber ohne Taschen für das Kappmesser) und die Tarnjacke aus Zeltplanenstoff, die aber nach der Übernahme ins Heer an alle Divisionsangehörigen ausgegeben wurde - wenn auch aus Drillichstoff.
    Als Beinbekleidung diente die normale Luftwaffen-Tuchhose mit Stiefeln.


    Ab 20.03.1942 wurde die noch in jeder Hinsicht unfertige Division zur Ausbildung, weiteren Auffüllung und Ausrüstung zum Zwecke des Schutzes von Anlagen der Luftwaffe nach Dänemark verlegt. Während der Zugehörigkeit zur Luftwaffe erschien sie in allen Schematischen Kriegsgliederungen des OKW mit dem Zusatz "i.Aufst.". An sich war beabsichtigt, die 20. Luftwaffen-Felddivision nach erfolgter Ausbildung nach dem 01.07.1942 in den Westen zu verlegen. Aus Furcht vor einer alliierten Landung in Dänemark ließ das OKW jedoch diesen Plan fallen. In Dänemark wurden die einzelnen Einheiten auf Fliegerhorsten und in luftwaffeneigenen Unterkünften untergebracht. Reichlich kompliziert waren die Unterstellungsverhältnisse. Einsatzmäßig unterstand die Division dem LgKdo. XI (Luftgaukommando Hannover). Für Bewaffnung und Ausrüstung hatte weiter der Chef HRüst.u.BdE zu sorgen. Für die Zuführung von weiterem Personal war Luftwaffen-Befehlshaber Mitte zuständig. Im Falle einer alliierten Landung hätte jedoch der Befehlshaber der deutschen Truppen in Dänemark (General v. Hanneken) das Recht gehabt, die Einheiten der Division, die sich außerhalb des Kampfgebietes befanden, dorthin zu verlegen.
    Zuerst führte Oberst Kleßmann, Kdr. des Lw.Jg.Rgts. 40 (früher Kdr. des Wachregiments Berlin) die Division beim Transport nach Dänemark (Nordjütland). Im April folgte für ein paar Tage Gen.Maj. Erdmann als Kommandeur, wurde aber sofort wieder versetzt. Divisionskommandeur wurde schließlich Oberst Aue, von dem lediglich ermittelt werden konnte, dass er vor dem Krieg beim Flieger-Ausbildungsregiment 13 in München-Neubiberg war. Der Divisionsstab lag in Aarhus.
    Die infanteristischen Teile der Division bestanden aus den Luftwaffen-Jägerregimentern 39 und 40, die bespannt waren. Jedes Regiment bestand aus 3 Bataillonen zu jeweils 4 Kompanien, wobei die 4., 8. und 12. Kp. "schwere" Kompanien mit je 1 schweren Maschinengewehr-Zug (sMG-Zug) und 1 Granatwerfer-Zug (GrWf.-Zug) und 1 Fliegerabwehr-Zug (Fla-Zug) - letzterer mit 2-cm-Flak - darstellten. Als leichtes Maschinengewehr (lMG) dient zunächst ausschließlich das Flieger-MG 15 mit Zweibein für den Erdbeschuss. Die Waffe schoss an sich nicht schlecht, war aber gegen Verschmutzungen empfindlicher als das MG 34 oder gar das MG 42. Ein Weiterer Nachteil dieser Waffe beim infanteristischen Einsatz bestand darin, dass die Munition nicht gegurtet war, sondern sich in Trommeln befand. Da aber kein Schütze 2 während des Marsches lange die beiden schweren Trommel-Tragen schleppen konnte, musste jeder Schütze einer Gruppe auch eine Trommel nehmen, die beim Marsch wesentlich hinderlicher war, als es umgehängte MG-Gurte gewesen wären.
    Kommandeur des Lw.Jg.Rgt. 39 war Oberstleutnant v. d. Schulenburg. I./39 und II./39 lagen in Aalborg, III./39 war in Frederikshavn untergebracht. Kommandeur des Lw.Jg.Rgt. 40 war Oberst Kleßmann. Dessen Bataillone lagen in Esbjerg, Grove und Rom (Flugplatz bei Lemvig).


    Die Divisionseinheiten waren über Nordjütland verteilt, zum Teil lagen sie mit Einheiten der Jäger-Regimenter zusammen auf den Fliegerhorsten.
    Das Luftwaffen-Artillerieregiment 20 (Oberst Schaper) bestand aus Stab und 4 Abteilungen. Die I. und II. Abt. waren mit russischen 7,62-cm-Geschützen ausgerüstet, die auch als Pak verwendbar waren, die III. Abt. mit russ. 12,2-cm-Haubitzen, die IV. Abt. mit 8,8-cm-Flak. Das Regiment war motorisiert. Ebenfalls motorisiert - zunächst mit Zugkraftwagen (ZgKw) - war die Lw.Pz.Jg.Abt. 20 (Major Castening), bestehend aus Stab und 3 Kompanien, die mit der 5-cm-Pak 38 und der Pak 97/38 ausgerüstet waren. Letztere hatten ein französisches Artillerierohr des Kalibers 7,5 auf einer deutschen 5-cm-Pak-Lafette und sollte Panzer mit Hohlgranaten bekämpfen. Sie wurden jedoch im Herbst 1943 durch die deutsche 7,5-cm-Pak 40 ersetzt.
    Beim Lw.Pi.Btl. 20 (Oberst Anstett) war eine Kompanie motorisiert, die zweite jedoch bespannt. Das Pionier-Bataillon arbeite mit franz. Brückenbaugerät, das in Aalborg übernommen wurde.
    Dazu gab es einen Feldgendarmerie-Trupp, eine Feldausbildungs-Kompanie, ab September 1943 einen Lehrstab Kampfschule, Radfahr-Kompanie, Nachrichten-Kompanie sowie die Lw.Nachschub-Truppe mit Werkstatt-Kompanie, Verpflegungsamt, Bäckerei-Kompanie, Schlächterei-Kompanie, Veterinär-Kompanie, Feldpostamt und Sanitäts-Kompanie. Zum Lw.Art.Rgt. 20 gehörten außerdem auch noch 4 Transportkolonnen.


    Die Aufstellung und Ausbildung der Division litt jedoch stark unter den dauernden Personalabstellungen. Nach dem Tagebuch des O2, Oblt. Gillitzer, mussten um den 26.03.1943 fast 300 Mann an die Ostfront versetzt werden.
    Am 24.04.1943 musste die Division 1.000 Mann der "LAH" ("Leibstandarte Adolf Hitler") zur Verfügung stellen. Am 04.05.1943 kam schließlich der Befehl, dass die III./Lw.Art.Rgt. 20 personell und materiell voll ausgerüstet an die Ostfront verlegt werden sollte, und zwar zur 4. Lw.Feld-Div. unter dem II. Lw.Feld-Korps (Gen.d.Fl. Schlemm s.o.). Die Division war zu diesem Zeit fast so etwas wie eine "Ergänzungs-Truppe". Obwohl Waffen und Ausrüstung inzwischen vollzählig waren, fehlten noch 40% der Unteroffiziere und Mannschaften. Die Ausbildung litt darunter, dass immer nur wenige Männer zum Dienst ausrücken konnten, weil auch noch Wachdienst und Arbeitskommandos gestellt werden mussten.
    Mitte Juli 1943 kamen dann aus Russland ca. 1.000 Uffz. und Mannschaften mit dem Flieger-Regiment 23 - von Oberleutnant Gillitzer als Lw.Feld-Rgt. 23 bezeichnet - zur Division. Diese Soldaten wurden vorwiegend zur Auffüllung der Jäger-Regimenter verwendet, jedoch kamen einzelne auch zur Lw.Pz.Jg.Abt. 20. Nach übereinstimmenden Aussagen mehrerer Kompanieangehöriger bestand z.B. die 7./Lw.Jg.Rgt. 39 überwiegend aus Uffz. und Mannschaften der 3./Fl.Rgt. 23. Im Normalfall entstammten die Soldaten einer Luftwaffen-Felddivision allen Gegenden des Deutschen Reiches. Nach Eingliederung des Flieger-Regiments 23 herrschte jedoch bei Lw.Jg.Rgt. 39 und 40 das süd- und südwestdeutsche Element vor.
    Trotzdem hatte die Division noch nicht ihre Soll-Stärke erreicht. Daher hatte am 23.07.1943 der WFSt. vorgeschlagen, die 20. Lw.Feld-Div. mit der 22. Lw.Feld-Div. zusammenzulegen. Dies war allerdings nicht möglich, weil die 22. Luftwaffen-Felddivision zum großen Teil im Osten eingesetzt war. Der Chef des Generalstabs der Luftwaffe kündigte an, dass andere Zusammenlegungen vorbereitet würden. Weil die 71. Infanterie-Division nach Italien verlegt wurde, sollte die 20. Luftwaffen-Felddivision in Dänemark verbleiben.
    Für die Ausbildung sehr hinderlich war der Umstand, dass an Benzin gespart werden musste. Dies führte dazu, dass z.B. die Pak-Geschütze der Pz.Jg.Abt. 20 von den Geschützbedienungen im Mannschaftszug zum Geländedienst gezogen werden mussten. Nur einmal fand im August 1943 ein Übungsschießen an der Nordsee bei Blokhus (Jammerbucht) statt. So kam es auch nie zu gefechtsmäßigen Übungen der verbundenen Waffen. Dazu kam noch, dass wegen vermehrter Sabotageakte und Unruhen, die zur Entwaffnung des dänischen Heeres führten, vom 29.08.1943 bis 06.10.1943 der Befh.d.dt.Tr. in Dänemark den Ausnahmezustand ausrief, wodurch zusätzlicher Wachdienst nötig und die Ausbildung noch mehr behindert wurde.
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    Fortsetzung folgt.
    MfG Uwe

    2 Mal editiert, zuletzt von UHF51 ()

  • K O P I E R E N
    V E R B O T E N !

    Niemand ahnte jedoch, dass die ganze Zeit die Luftwaffen-Felddivisionen wieder Gegenstand eines erbitterten Tauziehens hinter den Kulissen gewesen waren, weil der GenSt.d.H seit langem ihre Eingliederung in das Heer gefordert hatte. Davon zeugt eine Denkschrift von Generalleutnant Meindl vom 15.05.1943. In diese Diskussion griffen auch Generaloberst Jeschonnek, General der Flieger Petersen, der Inspekteur der Luftwaffen-Felddivisionen und General Ramcke ein.
    Bekanntlich hatten die überstürzt im Osten eingesetzten Luftwaffen-Felddivisionen Im Winter 1942/43 hohe Ausfälle gehabt, weil sie nicht nach der ursprünglichen Planung im Stellungskrieg in ruhigen Abschnitten eingesetzt wurden. Ersatz aus der Luftwaffe war nicht mehr zu beschaffen. Man wollte daher die 21 Luftwaffen-Felddivisionen so zusammenlegen, dass 15 übrig blieben, die zu Fallschirm- und Luftlande-Divisionen ausgebildet werden sollten. Dabei hatte Gen.Oberst Jeschonnek zu Recht gesehen, wie unklug es wäre, Kriegsfreiwillige gegen ihren Willen zum Heer zu versetzen, da sich der größte Teil zur Luftwaffe zurückmelden würde.
    Der Befh.d.dt.Tr. in Dänemark hatte jedoch bereits die Auflösung der 20. Lw.Feld-Div. und ihre Eingliederung in die 416. Infanterie-Division verlangt. Am 20.09.1943 befahl jedoch Hitler die Übergabe der noch bestehenden Luftwaffen-Felddivisionen (1 - 6 und 9 - 21) und des Luftwaffen-Feldregiments 503 an das Heer. Diese sollte bis zum 01.11.1943 abgeschlossen sein. Ausgenommen waren Flak-Abteilungen, 10.000 Mann Stammpersonal für die Fallschirm-Truppe, 6.000 Mann Spezialpersonal mit luftwaffeneigener Vorbildung, Luftwaffen-Jägerbataillone und die Lw.Feldbataillone z. b. V. (Bewährungseinheiten), Generalstabsoffiziere und Generalstabsanwärter, Angehörige aller Dienstränge des Ingenieurkorps mit luftwaffeneigener Spezialausbildung sowie kurzfristig in die Lw.Felddivisionen kommandierte Offiziere und Kriegsoffizieranwärter.


    Schon vorher hatte die Luftwaffe Maßnahmen ergriffen, um möglichst viele Männer zu behalten. Noch im August 1943 wurden erneut Freiwillige zum fliegenden Personal gesucht. Da aber frühere Fliegertauglichkeitszeugnisse nicht anerkannt wurden, zog sich die Bearbeitung der Anträge in die Länge, so dass die Untersuchungen im Reichsgebiet - bei der Fliegeruntersuchungsstelle 5/XI in Kiel und einer gleiche Stelle in Hamburg - erst im September/Oktober 1943 erfolgten. Unglücklicherweise wurde dabei nicht klar und deutlich gesagt, dass die Freiwilligen nur bei Meldung als Fallschirmspringer zur Luftwaffe zurück kämen, jedoch nicht bei Meldung zum fliegenden Personal. So kamen außer den Bewerbern für die Fallschirm-Truppe nur einige Flak-Artilleristen mit der IV. (Flak)/Lw.Art.Rgt. 20, die zur I. Abt. des Flak-Regiment 48 wurde, zur Luftwaffe zurück.
    Mit Unverständnis und Verbitterung nahmen vor allem die Kriegsfreiwilligen Görings Abschieds-aufruf vom 30.10.1943 an die Luftwaffen-Felddivisionen zur Kenntnis. Danach erforderte der verstärkte Ausbau der Luftwaffe die Überführung der Luftwaffen-Felddivisionen in das Heer, weil nur dieses den nötigen Ersatz stellen könne. Dies bedeutet doch, dass die Luftwaffe auf die Kriegsfreiwilligen, die bei den Flieger-Regimentern 23 und 24 im Osteinsatz gestanden hatten, verzichtete und offenbar beabsichtigte, Rekruten späterer Jahrgänge zu Fliegern auszubilden. Bei der 20. Lw.Feld.Div. war bei den Mannschaften ein unverhältnismäßig hoher Prozentsatz von Abiturienten und Studenten, die bei einer Lw.Felddivision wegen der übergroßen Zahl von Unteroffizieren keine Aufstiegschancen hatten. Um Flieger zu werden, waren sie nicht zum Heer gegangen, wo sie wesentlich schneller befördert worden wären. Nun hatten sie weder das eine noch das andere! Nicht nur sie fühlten sich verraten und verkauft. Offizieren, die sich zur Luftwaffe zurückmeldeten, wurde mit Fernschreiben des LgKdos. XI vom 02.10.1943 mitgeteilt, es sei unsoldatisch, das Reichsluftfahrtministerium [RLM] und den Luftgau mit solchen Dingen zu behelligen! Es ist nicht bekannt, dass Göring, der im Sept. 1942 so vehement für die Aufstellung der Luftwaffen-Felddivisionen gegen die Meinung der Heeresführung plädiert hatte, jetzt auch nur einen Finger gekrümmt hätte, um diese Verbände - in welcher Form auch immer - bei der Luftwaffe zu belassen. Es wurde nur verlautbar, dass die Luftwaffe der Übergabe dieser Divisionen an das Heer nur unter der Bedingung zugestimmt habe, dass die Bezeichnung "Luftwaffen-Felddivision" erhalten blieb. Auch aus heutiger Sicht hatte dies wenig Sinn, wenn man bedenkt, dass bei Ersatzgestellung durch das Heer auf Dauer immer weniger frühere Luftwaffenangehörige in einer Division gewesen wären, die den Namen der Luftwaffe trug.


    Die Überführung ins Heer und die Umgliederung zu einem Radfahrverband


    Erschwerend für die Behandlung dieser Frage ist das Fehlen von Unterlagen der Luftwaffe. Wie sich die Luftwaffe zu der sang- und klanglosen Übergabe der Luftwaffen-Felddivisionen an das Heer stellte, ist daher unbekannt. Bei der 20. Lw.Feld-Div. in Dänemark ging am 15.09.1943 die letzte der alle 14 Tage fälligen Meldungen an die Abwicklungsstelle des XIII. Flieger-Korps ab. Von da an unterstand die Division Kommandobehörden des Heeres, und zwar dem Befehlshaber der deutschen Truppen in Dänemark, später Wehrmachtbefehlshaber (WBfh.) Dänemark, General der Infanterie v. Hanneken. Am 16.09.1943 fuhr der Divisionskommandeur Oberst Aue, nach Berlin, weil sich schon herumgesprochen hatte, dass das Heer die Luftwaffen-Felddivisionen eingliedern wollte, schon vor dem Führerbefehl vom 20.09.1943. Zunächst glaubte man, die Divisionen würden alle aufgelöst. Am 20.09.1943 kam Oberst Aue aus Berlin zurück und brachte die Gewissheit, dass die Lw.Felddivisionen ins Heer übernommen werden sollten. Er versuchte aber, von der bereits während der Aufstellung aufgelösten 22. Lw.Feld-Div. Waffen und Gerät zu erhalten. Inzwischen waren auch die Batterien des Lw.Art.Rgt. 20 auf die Fliegerhorste verteilt worden. Am 30.09.1943 verhandelten Offiziere der Lw.Insp. 18 beim Divisionsstab wegen der Abgabe der Division an das Heer.
    Am 03.10.1943 kamen erste vorläufige Durchführungsbestimmungen. In der Regel sollten alle Luftwaffenoffiziere zurückversetzt und durch Heeresoffiziere ersetzt werden. Bei der Division sollten solche Offiziere bleiben, die beim Heer nicht mehr eine gleichwertige Verwendung erhalten konnten. In der Praxis sah es dann so aus, dass die Lw.Offiziere, von denen einige recht beliebt waren, ohne förmliche Verabschiedung Hals über Kopf versetzt wurden, also unter recht unwürdigen Bedingungen. Einige kamen wieder zur Luftwaffe (Flak, Fallschirmjäger), andere auf Lehrgänge in der Heimat. Man hörte nichts mehr von ihnen. Lw.Offiziere blieben bei der Division beim Div.Stab, bei Pz.Jägern und Artillerie, aber auch bei den Jägerregimentern als Adjutanten, technische Offiziere, Ärzte und Veterinäre.
    Im KTB/OKW vom 12.10.1943 steht zu lesen, dass Hitler die Eingliederung der 20. Luftwaffen-Felddivision in die 416. Inf.Div. nicht genehmigte. Vielmehr sollten beide Divisionen bestehen bleiben: Die 416. Inf.Div. als "bodenständige" Division, die 20. Luftwaffen-Felddivision als Inf.Div. (mot.). Eine Vollmotorisierung war offensichtlich Ende 1943 nicht mehr leicht zu bewerkstelligen, zudem wollte man Waffen und Material lieber bewährten Panzer- und Panzergrenadier-Divisionen - wie die einstigen Inf.Div. (mot.) inzwischen genannt wurden - zuführen. Daher verfügte der WFSt. die Umgliederung der 20. Lw.Feld-Div. zu einer "Schnellen Brigade", bei der die infanteristischen Teile mit Fahrrädern beweglich gemacht, die schweren Waffen und die Gefechtstrosse hingegen motorisiert werden sollten. Die 20. Lw.Feld-Div. war wohl die erste Division der Wehrmacht, bei der die gesamte Infanterie mit Fahrrädern ausgestattet war. 1944 im Westen gab es noch zwei weitere "Schnelle Brigaden", die aus mehreren Radfahr-Abteilungen gebildet worden waren. Von da an hieß die Division "20. Luftwaffen-Felddivision (Radfahrverband)" und gehörte zur Kavallerie.
    Alle anderen Lw.Felddivisionen, die damals noch bestanden, wurden Infanterie-Divisionen. Die Divisonen im Westen (16., 17., 18. und 19. Lw.Feld-Div.) sowie die 21. Luftwaffen-Felddivision im Osten bestanden nunmehr aus 3 Jägerregimenter zu jeweils 2 Bataillonen. Daraus geht hervor, dass die 20. Lw.Feld-Div. auch unter allen Luftwaffen-Felddivisionen ein Sonderfall war.
    Am 12.10.1943 wurde auch befohlen, dass die Einheiten der Division von den Fliegerhorsten, deren Schutz sie bisher übernommen hatte, abgezogen werden sollten, um in kleineren Orten um Aalborg Ortsunterkünfte zu beziehen. Auf den Fliegerhorsten wurden sie durch Ausbildungsverbände und Ost-Bataillone abgelöst. Das Luftwaffen-Jägerregiment 39 verlegte in den Raum zwischen Aalborg und Hadsund (Mariager-Fjord), das Lw.Jg.Rgt. 40 kam nach Aars, die Lw.Pz.Jg.Abt. 20 nach Stövring. Schließlich zog auch der Divisionsstab von Aalborg nach Hobro um.
    Vor der Eingliederung ins Heer waren überzählige Unteroffiziere und Portepeeträger als Unterführerreserve auf dem Fliegerhorst Rom bei Lemvik zusammengefasst worden. Sie wurden nun auf die Einheiten der Division verteilt, wo sie natürlich keinerlei Aufgabe hatten und nur ab und zu als UvD oder OvD eingeteilt wurden. Fast alle wurden bis April 1944 zu Lehrgängen ins Reich gesandt, von denen sie nicht wieder zur Truppe zurückkehrten. Am 18.10.1943 wurde auch beim Divisionsstab bekannt, dass die Division in Dänemark bleiben und eine "Schnelle Brigade" werden sollte. Der Divisionsstab, der zunächst verkleinert werden sollte, blieb in gleicher Zusammensetzung bestehen.
    Die III. Bataillone der beiden Jäger-Regimenter wurden aufgelöst, das Personal wurde auf die beiden anderen Bataillone der Regimenter verteilt. Im Hinblick auf eine drohende Landung wurde der Befehlshaber am 28.10.1943 nachdrücklich darauf hingewiesen, dass die Truppen unter seinem Befehl sich nicht länger als Besatzungstruppen fühlen sollten, da eine Landung jederzeit möglich sei. Die Führungsstäbe sollten Gefechtsstände beziehen. Eine beschleunigte Durchführung der befohlenen Verschiebungen - betroffen davon war auch die 20. Luftwaffen-Felddivision - wurde gefordert.
    Am 30.10.1943 traf daraufhin bei der Division ein Fernschreiben des Befehlshabers ein mit der Mitteilung, dass viele alliierte Landungsboote aus dem Mittelmeer abgezogen worden seien, und dass man im Winter mit einer Landung in Dänemark rechne. Am gleichen Tag traf beim Divisionsstab ein Oberstleutnant vom RLM "zur Abwicklung" der Division ein.
    Nach dem bereits in Teil I erwähnten Tagesbefehl Görings zur Verabschiedung der Luftwaffen-Felddivisionen vom 30.10.1943 erließ Hitler am folgenden Tag den Aufruf, in dem er die Soldaten der Lw.Felddivisionen in den Reihen des Heeres willkommen hieß und der von vielen der betroffenen Soldaten nicht ohne Bitterkeit zur Kenntnis genommen wurde. Maßgebend für das weitere Schicksal der Division war Hitlers Weisung Nr. 51 vom 03.11.1943. Darin wurde u.a. befohlen:
    " - Beschleunigte Umgliederung der 20. Luftwaffen-Felddivision zu einem kampfkräftigen
    beweglichen Eingreifverband unter Zuteilung von Sturmgeschützen bis Ende 1943.
    - Alle […] in Dänemark liegenden Truppenteile und Verbände […] dürfen ohne meine
    Genehmigung nicht für andere Fronten abgezogen werden.
    - OB West legt über das bisherige Maß hinaus kalendermäßig und durch Kriegsspiele und
    Rahmenübungen das Heranführen von behelfsmäßig angriffsfähig zu machenden Verbänden aus
    nicht angegriffenen Frontabschnitten fest (sic!)".
    Weiter hieß es, dass der Befehlshaber der deutschen Truppen in Dänemark entsprechende Maßnahmen zu treffen habe. Diese Führerweisung wurde am Tage danach beim Divisionsstab bekannt. Die Verlegung des Div.Stabes sollte durchgeführt werden, weil ein Landungsunternehmen der Engländer befürchtet wurde und die Division als Eingreifreserve in Frage kam. Weiter sollte die Div. ziemlich stark motorisiert und mit Fahrrädern ausgerüstet werden. Eine Landung in Dänemark war für den Gegner wegen des weiten Weges für die Invasionsflotte und der geringeren Luftunterstützung wegen zu großer Entfernung von den eigenen Luftstützpunkten nicht leicht zu bewerkstelligen. Wie General Jodl, Chef des Wehrmachtführungsstabes, in einem Vortrag vor den Reichs- und Gauleitern der NSDAP am 07.11.1943 in München ausführte, hatte Dänemark eine Schlüsselstellung am Ostsee-Eingang. Eine geglückte Landung dort hätte weitere Operationen gegen Skandinavien ermöglicht und zu einer unmittelbaren Bedrohung Norddeutschlands geführt. Landungen könnten vor allem um Esbjerg und an der Ostküste um Aalborg erfolgen.
    Die deutsche Führung befürchtete nun, dass die schwache Truppenbelegung und Befestigung Dänemarks den Gegner zu einer Landung veranlassen könnte. Nach den Scheitern der letzten Offensive im Osten und dem Abfall Italiens hatte Deutschland die Initiative bei der Kriegsführung verloren und musste nun fast überall eine alliierte Landung gegenwärtigen. Allerdings erfolgten 1944 die alliierten Landungen bei Anzio/Nettuno und in der Normandie, nicht aber in Dänemark. Die Frage drängt sich auf, ob Berichte über eine Landung in Dänemark ein Täuschungsmanöver oder eine gezielte Fehlinformation waren, von welcher Seite auch immer, in der Absicht, starke deutsche Kräfte an allen Küsten der besetzten Gebiete zu binden und somit zu verzetteln.
    Nach den Angaben auf Stammkarten der Division wurde sie am 26.10.1943 ins Heer überführt und dem WK IV (Wehrkreis IV, Dresden) zugewiesen. Schon am 17.11.1943 erfolgte eine Änderung. Die Division, jetzt als Radfahrverband bezeichnet, wurde dem WK X (Hamburg) zugeteilt, in dessen Bereich die Ersatz-Truppenteile lagen.
    Am 12.11.1943 verabschiedete sich Oberst Aue als Divisionskommandeur. Kurzfristig wurde die Division jetzt von Oberst Wachsen (Kavallerie) geführt, bis am 07.12.1943 Oberst Crisolli mit der Führung der Division beauftragt wurde. Am 01.02.1944 wurde er Divisionskommandeur und gleichzeitig zum Generalmajor befördert. Crisolli ebenfalls von Hause aus Kavallerist, wurde 1940 Oberst als Kdr. des Schützen-Regiment 8 der 8. Pz.Div. Im Russlandfeldzug 1941 war er an der Einnahme von Dünaburg beteiligt, aber auch an dem missglückten Vorstoß auf Tichwin. Am 17.07.1941 mit dem Ritterkreuz ausgezeichnet, wurde er Ende Januar 1942 schwer verwundet. Nach seiner Wiederherstellung war er zunächst Kdr. des Schtz.Rgt. 13 und ab November 1942 wurde er nacheinander mit der Führung verschiedener Divisionen beauftragt.
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    E N D E des Auszuges.


    MfG Uwe