Doppelgeschoßpatronen im Versuch

  • Guten Abend zusammen,
    habe mal einen Mehrteiligen Interessanten Bericht über die o.g. Patronen heraus genommen.
    Grüße Matthias"GeGe"
    Doppelgeschoßpatronen Kaliber 7,9mm

    (Teil I)

    Einführung;

    Patronen mit mehreren Geschossen gab es schon lange vor dem 1.Weltkrieg. Es waren allerdings Entwicklungen, die keine große Verbreitung fanden und die nicht ausschließlich zwischenstaatlichen Auseinandersetzungen dienen sollten. Als Beispiel für die in diesem Rahmen passende Munition sei die US-Patrone Cal. .30 Guard genannt, weil ihr Aufbau dem der nachfolgenden beschriebenen Patronen Kal. 7,9mm am nächsten kommt.
    Dieser Abschnitt zeigt unter anderem die Schwierigkeiten auf, die immer wieder überwunden werden mussten, bevor die Patronen mit den 2 Geschossen im April 1945 in Serie hätten gehen können.
    Ende 1944 bestand die Bewaffnung des Deutschen Heeres-von der Munitionsseite für Karabiner, Maschinengewehre und Sturmgewehre gesehen aus;
    a) der Patrone Kal. 7,9mm (7,9x57) mit dem Standard-Infanterie-geschoß(sS-Geschoß) von 11,55g und einer Treibladung von 2,8g Nz.Bl.P.;
    und b) der Patrone Kal.7,9mm kurz(7,9x33) mit dem Standard-Maschinenkarabinergeschoß(Mkb-Geschoß)von 8g und einer Treibladung von 1,5g Pist.P.
    Aus dieser Zeit (Ende 1944) rührte der Gedanke, eine neue Infanterei-patrone für den Fronteinsatz zuentwickeln. Der erste Schritt war, die normale Infanteriepatronenhülse(Hülsenlänge 57mm) mit dem 8g Geschoß der Maschinenkarabinerpatrone (später Sturmgewehrpatrone) zu laboriern, um die Wirkung und die Treffgenauigkeit zu erproben. Da der Versuch positiv verlief, folgte umgehend der zweite Schritt. Die Infanteriepatronenhülse mit einer länge von 57mm sollte versuchsweise mit 2 Geschossen von je 8g hergestellt werden.

    Als Vorteil der Infanteriepatrone mit 2 Geschossen wurde unter anderem angesehen:

    1. Die Wirkung sollte um 100% gesteigert werden.
    2. Der Karabiner, die Maschinengewehre MG 34 u.42 sollten Eigenschaften erhalten, die dem Sturmgewehr 44 nahe kommen.
    3. Eine besondere Ausbildung bei der Truppe sollte nicht erforderlich sein.
    4. Eine Umrüstung braucht nicht vorgenommen werden.

    Die anschließenden Versuche erstreckten sich über einen großen Zeitraum in dem neben Geschoßlaborierungen (wie nachfolgend aufgezeigt), auch Pulverlaborierungen vorgenommen werden mussten.

    Erprobung;

    1. Versuch:
    Infanteriepatrone mit 2 Geschossen von je 8g
    Ladung: 1,6g Nz.R.P. 3,0x3,0x 0,5 (Pulver vom 2cm Mod. 30)
    Waffe: Karabiner 98k
    Entfernung: 30m

    Von 3 Patronen mit den vorbezeichneten Doppelgeschossen verfeuert, ergaben sich bei 2 Patronen verhältnismäßig große Durchschnittsabweichungen. Der Gasdruck der 3. Patrone war nicht groß genug, die Geschosse durch den Lauf zu treiben. Der Zwischenraum, mit dem die beiden Geschosse im Lauf steckengeblieben waren, betrug 230mm. Der Versuch war damit beendet.

    2. Versuch:
    Ladung; 1. s.o. und 0,4g BL.P. 1,5x1,5x0,4 (Pulver aus Infanteriepatrone)
    Waffe: s.o.
    Entfernung: s.o.

    Durch die verstärkte Treibladung auf 0,2g und die 2 verschiedenen Pulversorten wurde der Gasdruck erhöht. Gleichzeitig wurde ein besserer Sitz des 2. Geschosses erreicht. 16 Patronen wurden verschossen. Auch dieser Versuch wurde beendet, weil unter anderem einmal das zweite Geschoß 10 cm vor der Laufmündung Steckengeblieben war.

    3.Versuch:
    Infanteriepatrone mit 2 Mkb-Geschossen von je 8g
    Ladung: 2,4g Bl.P. 1,5x1,5x0,4
    Waffe: s.o.
    Entfernung: s.o.

    Die Treibladung (Infanteriepatronenpulver) von 2,4g ergab bei 16 Testpatronen ein zufriedenstellendes Trefferbild. Es gab keine Ausreißer und es blieben bei diesem Gasdruck auch keine Geschosse im Lauf stecken.

    (Quelle; Die Militärpatronen Kal.7,9mm, Journal-Verlag)

  • (Teil II)


    Versuchsschießen auf größere Distanz (100m)


    Um die ballistischen Eigenschaften dieser Patronen auf grössere Entfernung zu prüfen, wurde ein Versuchsschießen auf 100m abgehalten. Die Versuchspatronen mit einer Hauptladung von 1,6g und einer Vorderladung von 0,8g Nz.Bl.P. 1,5x1,5x0,4 ergaben zufriedenstellende Ergebnisse. Scheibe 1 (12er Ringscheibe) =20 Schuß, Entfernung 100m ergaben 357 Ringe, das sind für 40 Treffer ein Durchschnitt von 9 Ringen für jeden Trefffer. Die Pulversorte Nz.Bl.P.1,5x0,4, ein nicht gewöhnliches Pulver, wurde für brauchbar gefunden, jedoch war der Vorrat verbraucht. Für weitere Versuche wurde deshalb das italienische "Beutepulver" Nz.B.P.1,25x1,25x0,34 ausgewählt.
    Standard-Infanteriegeschosse mit 2,8g Nz.Gew.Bl.Pulver(2,0x2,0x0,45)erhalten eine V0=708+23-40m/sec(mittlerer Gasdruck in der Kammer 3088atm). Um das Verfeuern des kurzen Infanteriegeschosses mit normaler Viesierung aus dem Karabiner98k, dem MG34 und MG42 zu ermöglichen, musste die Geschossgeschwindigkeit von 665m/sec auf 750m/sec erhöht werden. Die Testergebnisse der nachfolgenden Versuche zeigten, dass das zweite Geschoß in einer Zone verminderten Drucks, im Sog des ersten Geschosses fliegt und bei einer Entfernung von ca.150m eine Abweichung erreicht hat, die bei einer Entfernung von 300m einer Abweichung von 200mm zum ersten Geschoß entspricht. Diese Abweichung ist ziemlich konstant. Nach Auswertung der geschossenen Werte wurde weiter versucht, die Ergebnisse mit dem Infanteriedoppelgeschoß zu verbessern, um damit das gesetzte Ziel-bei einer Höchstabweichung von 300m eine Höchstabweichung von 200mm zu erreichen.
    Die Versuche wurden zuerst mit verschiedenen Pulversorten durchgeführt. Mit dem Standard-Kurzgeschoß und Hülse konnte die Geschwindigkeit von 750m/sec nicht erreicht werden. So wurde geplant, dieses mit einer Spezailhülse mit Standard-Kurzgeschoß und einem Gasdruck von 5500atm zu erreichen.
    Januar 1945 in Finow(Mark)
    Aufgrund der Erfolge, die die Patrone mit Doppelgeschossen bei der Vorführung im WaPrüf.A(BuM) 1/Inf. erzielt hatte, sollte diese Munitionsart so schnell wie möglich bei der Truppe eingeführt werden.
    Um das Projekt von der Entwicklung zur Massenherstellung in den Nullserien voranzutreiben, wurde der Betriebsleiter der Finower Industrie GmbH ermächtigt, die Entwicklung in diese Richtung zu beschleunigen. Diese Fabrik stellte in der Hauptsache Munition für Scharfschützen her und die Besprechung zeigt, dass dieses Werk in der Lage war Doppelgeschoßpatronen in hervorragender Qualität herzustellen.
    Mit dem italienischen Beutepulver wurde eine V0 von 665+13m/sec-11mM/sec erreicht. Es sollte der Anregung gefolgt werden, sobald wie möglich zwei besondere Hülsen zu konstruieren.
    Die eine ein Volumen von 3,5cm³, die andere von 3,7cm³ haben. Diese sollten die Standard-Hülse, die einen Inhalt von 4cm³, hat ersetzen. Noch im Januar 1945 wurde festgestellt, dass in der gegenwärtigen Form das Infanterie-Doppelgeschoßß die geforderten Eigenschaften auf eine Entfernung von 150m erfüllt. Die Funktionssicherheit im MG42 warebenfalls zufriedenstellend.


    (Quelle;Die Militärpatronen Kal.7,9mm-ihre Vorläufer und Abarten, Journal-Verlag

  • Teil III

    Die Versuche wurden in der Richtung weitergeführt, dass das Infanterie-Doppelgeschoß aus allen Infanteriewaffen auf einer Entfernung von 300m verfeuert werden kann. Der maximale Streukreis wurde auf 200mm festgelegt. Ein Versuch bewies, dass diese Möglichkeit, den Minimum-Streukreis von 30mm, bei einer Entfernung von 100m, mit zwie Arten von gebräuchlichen Infanteriegeschossen zu erzielen, gegeben ist. Hierbei wurde das normale Gewicht nicht geändert und eine konstante Pulverladung verwendet. Das Hauptproblem der inneren Ballistik war gelöst, als sS-Geschosse mit dem einheitlichen Gewicht von 12,55g verwendet wurden und der Gewichtsunterschied zwischen den Geschossen genau ²/3 zu ³/3 betrug. Die Geschwindigkeit wurde von 400 auf 750,/sec erhöht. Die Spezialhülsen, die von den Finower Industrie-Werken ausgeliefert wurden, waren zum ersten Mal für ein schnellbrennendes Pulver mit einem Gasdruck von 5500atm benutzt worden.
    Weitere vorläufige Versuche verfolgtendas Ziel, bei der Massenherstellung keine Änderungen an Hülsen und Geschossen notwendig werden zu lassen, das heißt es sollten Standard-Hülsen und -Geschosse verwendet werden.

    (Quelle;
    Die Militärpatronen Kal.7,9mm-ihre Vorläufer und Abarten, Journal Verlag)