Reichsautobahn

  • Hallo,
    hier etwas zu einem sehr kontroversen Thema, zumindest bei der braunen Fraktion:

    Nach der NSDA-Parteilegende soll Hitler die Idee des Autobahnbaus in Deutschland während seiner Haft in Landsberg gehabt haben.


    Wie sieht es wirklich aus:
    Die erste, übrigens mautpflichtige, Autobahn wurde 1921 von der Automobil-Verkehrs- und Übungsstrasse Gmbh(Avus) als eine etwa 9.8 Km lange kreuzungsfreie Strasse mit zwei getrennten Fahrbahnen zur ersten Automobilausstellung in Berlin fertiggestellt. Der Bau war bereits 1912 begonnen worden, aber durch den ersten Weltkrieg unterbrochen worden.


    Zwischen 1923 und 1924 wurden die ersten 130 Km "Autostrada" von Mailand nach den lombardischen Seen gebaut.
    In Deutschland gründete sich 1924 die Studiengesellschaft für den Automobilbau(Stufa), die sich der Motorisierung widmete und auch theoretisch Autobahnprojekte untersuchte.
    1926 bildete sich der "Verein zur Vorbereitung der Autostrasse Hansestädte-Frankfurt-Basel(HAFRABA). Dieser verein bestand aus Wirtschaftsvertretern und Vertretern regionaler politischer Gremien. 1927 veröffentlichte der Verein die karte eines zukünftigen Autobahnnetzes in Deutschland, das den spâteren durch Hitler genehmigten Bauten quasi glich.
    Die Bezeichnung Autobahn wurde besonders ab 1928 durch die gleichnamige Zeitschrift den breiteren Massen bekannt.
    Auch in den USA wurden durch die Motorisierung autobahnähnliche Strassen(Highways) gebaut.


    Bereits 1926 begannen die Planungs- und Vermessungsarbeiten für eine Autobahn Köln-Düsseldorf-Ruhrgebiet. Seit 1927 wurde die Main-Neckar-Strecke der Autobahn Hamburg-Basel fertig projektiert. Der vorgesehene Bau wurde durch finanzielle Gegebenheiten verhindert, eine Finanzierung durch Mautgebühren wurde von der Reichsregierung nicht genehmigt.
    [Exkurs: Ich glaube, falls es damals zu einer Autobahnfinanzierung durch Mautgebühren gekommen wäre, dann wären alle deutschen Autobahnen auch heute noch mautpflichtig.]


    Etwa Mitte 1932 wurde die Autobahn Köln-Bonn eröffnet und das alles ohne pompöse Feier, wie sie später mit Hitler, genauso wie unter Stalin, durchgeführt wurden. Bauträger waren die Stadt Köln unter Adenauer und die Rheinische Provinzialverwaltung. Teilweise wurde sie mit, heute sagt man ABM-Massnahmen finanziert.
    Wegen der öffentlichen Diskussion über Autobahnen hatten viele Regionalverwaltungen die entsprechenden Flächen bei der Regionalplanung schon vorgesehen.
    [Exkurs: Die Autobahn Frankfurt Kassel sollte an sich mitten durch die Wetterau verlaufen. Aber es gab erheblichen Widerstand durch die ländliche Bevölkerung. Daher wurde die Trasse an den rand des Taunus gelegt, wo die Böden nicht so fruchtbar waren wie in der Wetterau.]


    Die Bevölkerung stand diesen Planungen mit dem riesigen finanziellen Aufwand sehr gemischt gegenüber.
    Auf der einen Seite kam in Deutschland auf 100 Einwohner ein Auto, in den USA lag dieses Verhältnis bei einem Auto auf fünf Einwohner. Daher sahe viele wenig Sinn in einem Autobahnbau. Es gab auch Stimmen, die dafür plädierten das bestehende Strassennetz auszubauen. Auch wurde eine Verbesserung der Eisenbahn, Energieversorgung, Wohnungsbau etc. gefordert.
    Die Entscheidung Hitlers für den Autobahnbau bescherte Deutschland etw im Vergleich zu Frankreich, wo Autobahnen erst nach dem II. Weltkrieg gebaut wurden, wo es im Vergleich der Bevölkerungsdichte das zweieinhalbfache an Strassenkilometern wie in der BRD gab.
    Die HAFRABA mit ihren Vorarbeiten trat an Hitler heran, so wie sie vorher regelmässig bei den anderen Reichsregierungen antichambriert hatte. Hitler war sofort dafür. Wenige Monate spâter konnte Hitler den ersten Spatenstich für das Reichsautobahnennetz tun. Ohne die Vorarbeiten der HAFRABA hätte es noch etliche Jahre gedauert bis die ersten Autobahnen hätten gebaut werden können.


    Hitler hatte es auch geschafft sich gegen die Kritiker der eigenen Partei durchzusetzen. Diese waren für den Ausbau der Wasserkraft und für einen verstärkten Wohnungsbau um damit die Konjunktur anzukurbeln. Diese Ankurbelung hätte die Wirtschaft auch sekundär besser gefördert als der vom verkehrspolitischen nicht unbedingt notwendige Reichsautobahnenbau.
    1935 arbeiteten etwa 110 00 Arbeiter mit einem Stundenlohn von 0.68 RM an den "Strassen des Führers".
    Man muss aber auch bedenken, dass der Eisenbahn durch den Autobahnbau notwendige Investitionsmittel entzogen wurden, dies rächte sich dann im II. Weltkrieg bei den zu hoch gespannten Transportaufgaben.
    Gerechterweise sollte man aber auch anerkennen, dass der Bau ein Erfolg war. Bis 1935 wurden knapp 4000 Km fertiggestellt. Mitentscheidend für diese Leistung war der "Generalinspekteur für das deutsche Strassenwesen" Strassenbauingenieur Dr Todt.
    Bis Kriegsende entstanden beim Bau Kosten von etwa 6.5 Milliarden Reichsmark. Die Finanzierung erfolgte durch Kredite, Ölzölle, Beförderungssteuer und mit Masse aus nicht benötigten Arbeitslosenversicherungsbeiträgen. Auch die Sparer durften 1948ihren Beitrag zu den Autobahnen zahlen. An der technischen Leistung kann man allerdings nicht rütteln.
    Zusammenfassend:
    Hitler hat Autobahnen bauen lassen, die kann man deshalb nicht als etwas Schlechtes bezeichnen. Aber weil Hitler auch die Autobahnen hat bauen lassen, ist Hitler deshalb nicht "gut".


    Benutzte Literatur:
    - Meyers Lexikon, Leipzig 1936, Band 1, Spalte 809-811
    - Hrsg. Walter Gruber: Volk ans Gewehr, Wiesbaden 1934, Seite 304-310
    - Wulf Blei: Das Jahr I, Berlin 1934
    - Wulf Bley: Das Jahr II, Berlin 1935
    - Wulf Bley: Das Jahr III, Berlin 1936
    - Otto Grube: Volk und Kanzler, Berlin 1934
    - Hans-Joachim Winkler: Legenden um Hitler, Berlin 1961
    - Hrsg H. Huber und A.Müller: Das III. Reich, Wiesbaden 1