260. Infanterie-Division

  • Teil 2

    Linker Oberschenkel war ab



    Als Neuzugang hatten wir nun eine versprengte Gruppe einer mittedeutschen Division bei uns, die ihre Einheit verloren hatte. Und als diese in einen Einschlag einer Mörsergranate geriet, liefen sie in Deckung und ließen einen Kameraden liegen. Ich wartete den nächste Einschlag ab, rannte dann hinaus, packte den Landser unter den Armen und schleifte ihn in Deckung. Atemlos kam ich an. Es hatte ihn übel zugerichtet: Der linke Oberschenkel war über den Knie ab. Ich schnallte ab, zog meine Feldbluse aus und wollte mit meinem Hosenträger das Bein abbinden. Diese waren aber schon Kriegsware ohne Gummi, und als unser Zugführer Oberpauer hinzukam, löste er seine und wir knebelten vereint das Bein ab.


    Vielleicht liest es der


    Unbekannte aus Dresden



    Unser fremde Kamerad sagte nur unter Schmerzen zu mir: Unteroffizier, muss ich sterben?“ worauf ich ihn auf schwäbisch tröstete: „Kerle, was wirst den sterba müssa!“ Man hat ihn nach hinten geschafft und ich hoffe, dass ich ihm das Leben gerettet habe.


    Ein gutes Jahr später war ich selber froh an gute Kameraden, als auch sie mich in der Zeltplane zurückschleiften, auch unter Einsatz ihres Lebens. Das war zweimal Kameradschaft. Dem Dialekt nach war der unbekannte Soldat aus Sachsen, und er wird bestimmt oft an mich denken, wenn er noch lebt. Und wie ein Märchen wäre es, wenn er diesen Bericht lesen würde und ich eine Antwort erhielte. Es gibt Zufälle…
    Adolf Götz


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    Karlheinz

  • 260. ID. Olly und ich waren jahrelang dicke Freunde

    Gemeinsame Strapazen des Russlandfeldzuges erlebt und durchlitten

    Wir haben einen schweren Einsatz von 8 Tagen hinter uns. Die Division hat im rücken der russischen Front südlich von Tschernigow im Sumpfgelände der Desna einen Brückenkopf gebildet, und die Russen unter erbitterten Kämpfen sich bemüht, diesen einzudrücken. Nachdem Misslingen haben die Russen sich nach Süden abgesetzt. Meine Aufgabe war es, mit dem Krankenträgerzug der bespannten Sanitätskompanie auf den verschlungenen Pfaden durch das Sumpfgelände, die nach einem Regen kein motorisiertes Fahrzeug mehr trugen, die vielen Verwundeten zum Hauptverbandsplatz zu bringen.
    Sei gestern Nachmittag ist Ruhe, kein MG – Geknatter, keine Granateinschläge, keine Tiefflieger Angriffe mehr. Nur ganz aus der Ferne noch Geschützdonner, der uns aber nichts mehr angeht, weil unsere Division am nächsten Tag viele Tagesmärsche nach Norden zur Bereitstellung eines neuen Angriffs auf Moskau marschieren soll.
    Herrlich ist es, die ganze Nacht, zwar auf dem harten Bretterfußboden der Schule, aber sonst ungestört in Morpheus Armen zu ruhen, morgens ungestört Kaffee zu trinken und dann irgend etwas zu tun wie Briefe schreiben und sich und die Brocken zu reinigen.
    Ich schlendere an dem klaren Septembermorgen durch das ukrainische Dorf und finde hinter einem der kleinen, dunklen Russenhäuser meine langjährige Freundin Olly angebunden, die es in den vergangenen Tagen auch nicht leicht hatte. Olly kannte ich seit dem zweiten Kriegstage. Von ihrem früheren Herrn, einem Bodenseebauern, war sie mir in die Hand gegeben worden mit der Bitte, das Pferd (um ein solches handelte es sich nämlich) gut zu behandeln. Seitdem waren wir beide beieinander.
    Olly hatte genau wie wir einiges lernen müssen, was sie auch Anfangs gar nicht wollte. Sie hatte lernen müssen, dem Willen ihres Reiters zu gehorchen, schwimmen, springen, dauernd wo anders zu sein, kurz ein ganz anderes Leben zu führen, als das bisher gewohnte regelmäßige eines Bauernpferdes.
    [FONT=&quot]Sie begrüßte mich etwas misstrauisch und schüttelte den Kopf, als ich sie streicheln will. Da waren auch in den letzten tagen so merkwürdige Sachen passiert, die sie mit ihrem Pferdeverstand nicht so recht begriff. Sie war zum Beispiel mit ihrem Herrn auf dem Rücken, über eine frisch geschlagene Pontonbrücke geschritten, als dieser absprang und sich neben ihr zur Ruhe legte. Dann hat so ein großer brummender Vogel seine Eier nicht allzu weit weg von ihr fallen lassen, die auch für Pferdeohren ganz scheußlich gekracht haben. Ein bisschen langsamer als hinab ist dann ihr Herr wieder aufgestiegen, um sich nach knapp einer Minute wider im Graben zur Ruhe zu legen, da dieser brummende Vogel, diese Mal noch tiefer als vorher, herangeschwebt kam. Olly hat sich für eine Trennung von ihrem Herrn entschieden, zumal da es wieder so furchtbar krachte. Weg- springend hat sie noch einen Lichtblitz am Flügel des Vogels beobachtet, der sich nun zu einem Rückflug umdrehte, wobei er ihr beängstigend nahe gekommen ist. Es gab einen Krach. Der Vogel schlug auf und stand bald in Flammen. Sie hat ferner gesehen, wie in der bis dahin so leeren Gegenden überall die ihr bekannten Menschentiere aus Erdlöchern hervorkamen, komische Tänze auf einem Bein vollführten, die Arme in die Luft reckten und Laute ausstießen. Nachdem sie den Abstand vom vorherigen Geschehen für groß genug gehalten hat, war sie stehen geblieben, um sich am Gras gütlich zu tun, zumal der Boden um sie herum so sumpfig und schwankend war, wie sie es gar nicht mochte.
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    Karlheinz

  • Teil 2


    Ihr Herr war dann ganz normal auf sie zugekommen, ihr ein Stück Brot entgegenhaltend, das er aber zu ihrem Leidwesen zur Hälfte selbst aufgegessen hat. Noch zweimal hat am gleichen Tag ihr Herr den Entschluss gefasst, sich zur Ruhe zu legen. Olly hat dann aber nicht mehr gewartet, sonder sofort das weite gesucht. Später hat sie es dann für passend gehalten sofort auszureißen, wenn ihr Herr Anstalten traf, abzusteigen. Dieses hat dann aber wiederum den Reiter erbost, da er diese vorsorgliche Trennung für zu weitgehend gefunden hat.
    Auch der nächste Tag hat an Ollys nerven gezehrt. Man ist gemütlich über eine große Flussniederung getrabt, wobei links hinter einer Hügelkette der Gefechtslärm dröhnte und von rechts die Türme Tschernighows herüber blickten (auf welchen noch russische Artilleriebeobachter saßen). S –s- s –i- i- i bumm hat es gemacht, 100 Meter hinter ihr war ein großer Trichter, aus dem schwarze Erdbrocken emporwirbelten. Olly war ganz aus sich heraus zum Galopp übergegangen, der sich noch verstärkt hat, als sich wieder ein Krater hinter sich auftat. Drei solche Einschläge haben Olly zu einem solchen Galopp verholfen, das sie auf jedem Pferderennen dem Preis geholt hätte.
    Nun dieser Septembermorgen ist friedlich, und nachdem Olly durch Schütteln meine Liebkosung zwar abgelehnt hat, lässt sich aber doch herab, mitgebrachtes Brot aus der Hand zu fressen. Die Sattelgurte sind gleich wieder fest angezogen, und dann machen wir beide einen kleinen geruhsamen Morgenbummel. Unser erstes Ziel ist eine Straße: ja: eine richtige, gepflasterte Straße!
    Links der Straße ein nicht übersehbares, noch nicht gemähtes Haferfeld, an dem wir schon entlang geritten sind, und in welches nun einige Spuren hineinführen. Da ich das andere Ende des riesigen Feldes einmal sehen will, reite ich den Spuren nach. Der Himmel hat sich inzwischen von Westen her bezogen. Wie eine Insel liegt inmitten des Haferfeldes eine grüne Mulde, von einigen Birkenbüschen bestanden. Einen gefallenen Russen sehe ich, wobei Olly, wie um jeden Toden, scheu einen großen Bogen macht, während es stark zum regnen anfängt. Ich sehe unter einen Busch noch einen zweiten Russen liegen, bedeckt von einer neuen Zeltbahn. Die russischen Zeltbahnen sind gut und von uns begehrt. Da ich nur eine dünne Leinenfeldbluse trage, will ich mir die Zeltpan holen. Ich steige ab, halte Olly fest mit der rechten am Zügel und will bückend mit der Linken die Zeltbahn an mich nehmen, als ich einen Gegenzug verspüre und das verschlafene, erschrockene Gesicht des Iwan sehe. Wie mein eigenes Gesicht aussah, weiß ich nicht glaube aber, dem des Russen nicht sehr unähnlich. Doch es ist nicht mein erstes Zusammentreffen mit versprengten Russen.
    Eine Zigarette schnell aus der Tasche geholt, dem Iwan gegeben, und dann traben Olly, der Iwan und ich gemeinsam durchs große Haferfeld den Heimweg ins Dorf an. Der Russe wird bei unserer Feldküche abgegeben, wo er schon Kameraden vorfindet, die teils schon längere Zeit als Kartoffelschäler, Wasser – und Holzhohler und als Krankenträger sich bei uns nützlich machen.




    Ein Wiedersehen



    Nach einer Verwundung zur Neuaufstellung eines Kriegslazaretts versetzt, leite ich auf dem Bahnhof Slonimi in Weißrussland vorübergehend den Abtransport von Verwundeten aus dem Lazarettzug Mosel in unser dortiges Lazarett.
    Auf dem Nebengleis rollte ein Urlauberzug ein, aus dem ich angerufen wurde. Es waren zwei Fahrer meiner ehemaligen Kompanie. In deutscher Uniform als Hiwi doch mein ehemaliger Gefangener, den die Bodenseebauern in ihren Urlaub mitnehmen wollten. Olly, mein treuer Gaul, sei nicht mehr bei der Kompanie. Ein neuer Kompaniechef hätte sein bisheriges Reitpferd mitgebracht und Olly sei gegen dieses Reitpferd eingetauscht worden.
    Viele Jahre später ein Traum -. Im Pferdestall unseres alten Hauses in Ottweiler hatte ich Olly ganz vergessen. Ich ging hin und fand sie fast verhungert mit struppigem Fell. Drüben, jenseits der Blies, war eine Wiese mit grünem, saftig Gras. Dort führte ich Olly hin und sah zu, wie sie weidete. Man konnte bemerken, wie ihre Kräfte zunahmen und ihr Fell wie in früher wieder rotbraun und glänzend wurde. Ich saß wieder auf ihren Rücken und spürte beglückt ihren wundervollen weichen Gang, mit dem sie mich tausende von Kilometern am Oberrhein, durch Frankreich, durch Russland und zuletzt verwundetet zu Hauptverbadplatz getragen hatte. Olly, mein treuer Gaul.



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    Karlheinz

  • Hilflos in einem Bunker von


    Russen umzingelt



    Das Wunder im Höllenwald von Kremenki – 80 km vor Moskau



    260. ID. Es war am 17.November 1941. Wochenlang lagen wir schon an der Oka. Etwa 300 m davon entfernt wohnten wir in einem Holzhaus. Wir hielten uns in diesem Haus auf und hatten es uns gemütlich gemacht, als es auf dem Dach krachte. Eine Granatwerfergranate war auf dem Dach eingeschlagen. Unser Unteroffizier wurde durch einen Splitter in den Rücken getroffen. Auf Anordnung des Stabsarztes wurde er sofort zum Hauptverbandplatz transportiert. Zwei Freiwillige, darunter auch ich, schafften den Kameraden zurück.
    Am Morgen des 18. November 1941 erhielten wir den Divisionsbefehl, die Infanterie in ihrem Kampf bei Kremenki zu unterstützen. Um 6°°Uhr früh zogen wir mit unseren Fahrrädern los. Es war aber nicht möglich, mit den Rädern zu fahren, da der Boden aufgeweicht und daher rutschig war. Gegen 11°°Uhr kamen wir in die Stellung der Infanterie, wo uns ein Feldwebel mit den Worten empfing: „Schön das ihr gekommen seid. Aber ich will euch gleich sagen, hier ist die wahre Hölle.“ Mit meiner Gruppe kamen wir in ein Erdloch, genant Bunker, 3 mal 4 Meter groß, Decken und Wände notdürftig mit Balken abgestützt.
    Kaum waren wir in Stellung, rief der Feldwebel: „Die Russen kommen!“ Die Front war 20 bis 30 Meter gegenüber. Neben mir lag ein Kamerad voller Blut. Mit lautem „Urrääh!“ springen zwei Russen in ein Loch hinter uns. Ich lege die Panzerbüchse auf den Wall und bekämpf die eingedrungen Gegner. Mit meinen 22 Jahren will ich noch nicht sterben.
    In diesem Moment sehe ich einen Panzer 20 Meter vor mir aus dem Wald kommen. Er dreht den Turm, schießt und eine Granate explodiert hinter mir an einem Baumstamm. Ein heißer Schmerz durchzuckt mein rechtes Bein. Ein Splitter hat mir ein Stück aus dem Bein herausgerissen. Blut spritzt heraus, aber kein Sanitäter ist in der Nähe.
    In dieser hoffnungslosen Lage geschah das Wunder. Unser Obergefreite Josef Keckeisen erschien, verband mir das stark blutende Bein und brachte mich in den Bunker. Hier musste er mich aber verlassen, nachdem er mir noch eine Schachtel Zigaretten und Streichhölzer gegeben hatte. Nun liege ich hier im Bunker, als die Russen wieder angreifen. Eine MG Salve schlägt in die Rückwand. Dann ist lange Zeit Ruhe. dann wieder Schritte auf dem Bunker, ich höre russische Laute. Sie werfen eine Eierhandgranate in den Bunker, die zum Glück in die andere Ecke fliegt. Ich bedecke meine Augen mit beiden Händen; als die Granate explodiert, werde ich an der rechten Hand zweimal verletzt. Mit einem Verbandbäckchen habe ich mich so gut es ging verbunden.
    Ein Feuerstoß aus einem MG 34 vernichtet die Russen auf meinem Bunker. Seitdem habe ich einen lahmen Fuß. Ich betete und rauche weiter. Nachmittag höre ich wieder Schritte auf dem Bunker, deutsch Worte, aber sie kamen nicht wieder.
    Als es dunkel wurde, versuchte ich mit letzter Kraft den Bunker zu verlassen. Sehr geschwächt durch die Verwundung und den Blutverlust kletterte ich über tote Deutsche und Russen und erreicht schließlich unsere neue Stellung. Hier kam ich sofort in ärztliche Behandlung, mit einem Lazarettzug nach Smolensk und von dort nach Weida in Thüringen, später nach Rottenburg. Im August 1943 wurde ich als Unteroffizier entlassen, der Krieg war für mich aus.
    Meinen Kameraden Keckeisen, gen. Ignatz, habe ich bei einem Schwadronstreffen am Bodensee wieder gesehen. Er lebt noch und wir feiern ein fröhliches Wiedersehen.
    Albert Bold, Gomaringen

    1. Radfahrerschwadron, 260. ID.


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    Karlheinz

  • 260.ID. Mit Lili Marleen auf dem

    rechten Weg




    1942 auf dem Rückzug südwestlich von Moskau




    Von Polen aus waren wir mir der bespannte Sanitätskompanie auf Sandwegen viel hundert Kilometer durch Russland marschiert. Nachts konnten wir schon die russischen Scheinwerfer um Moskau sehen. Anstatt der erwarteten Winterquartiere gab es aber den Rückmarsch durch tiefen Schnee bei grimmiger Kälte von mehr als 30° Grad (soweit reichte unser Thermometer bei den Minusgraden!). In zerschlissenen Uniformen, ohne Winterbekleidung mussten sich unsere Landser gegen den nachdrängenden Russen zur Wehr setzen. Die Infanteriekompanien soweit sie noch vorhanden, verfügten selten noch über eine Kampfkraft von 20 Mann und mehr.
    Mit einer Sanigruppe war ich ununterbrochen seit 2. Oktober im Einsatz. Wir mussten als vorgeschobener Wagenhalterplatz meist ein bis zwei Inf. – Regimenter versorgen. Mit dem landesüblichen Panje- Schlitten, gezogen von Pferden, transportierten wir Verwundete, Kranke und die vielen Landser mit erfrorenen Füßen zum Hauptverbandsplatz. Die wenigen noch vorhandenen Krankenkraftwagen wollte man vorne, nahe am Feind, nicht mehr einsetzen, weil sie dringend zum Abtransport vom Hauptverbandsplatz zu den schon weit abgesetzten hinteren Lazaretten benötigt wurden.
    Aus einem schon vom Iwan besetzten Dorf hatten wir uns in der Nacht abgesetzt. Auf dem oft vom Schnee verwehten Weg blieben vor uns Panzerjäger, frisch aus der Heimat gekommen, mit neuen Fahrzeugen immer wieder stecken. Im Morgengrauen gelang es uns, Querfeldein vorbei zu kommen. Wie wir später erfuhren, sollten die überholten Fahrzeuge Beute der Russen geworden sein.
    Eben hatten wir uns in einem Haus aufgewärmt, als neuer Einsatzbefehl zu IR. 470 kam, dass eine neu HKL am Ostrand einer russischen Kleinstadt halten sollte. Verwundete und Kranke sollte direkt zu einem behelfsmäßigen Lazarettzug gebracht werden, den wir an einer Bahnstation südwestlich des Städtchens fanden. Durch den Wald ging ostwärts ein Trampelpfad, der in kürze zu Regimentstab 470 führen sollte.
    Während meine Männer ins nahe Städtchen zogen, machte ich mich auf den Weg zum Regiment. Obwohl es gerade Mittag war, wurde es schon dunkel, da im ganzen von der deutschen Wehrmacht besetzten Gebiet die gleich zeit eingeführt war, so dass bei uns in der Nähe Moskaus, der Tag von 5°°Uhr bis 13°°Uhr dauerte. Während ich längere zeit den Pfad entlang ging, wurde es schnell dunkler und ich wurde unsicher, ob ich auf dem richtigen Weg war. Endlich konnte ich einige tief verschneite kleine Häuser vor mir erkennen und auch einen Posten, der sich die Füße warm trat. Hinter einen Baum wartete ich. Tatsächlich er hatte einen russischen Soldatenmantel an, dazu eine Pelzmütze wie ein Iwan. Noch hatte er mich nicht gesehen, Ich überlegte: Mancher Landser trug die wärmere russische Winderbekleidung. Nirgends hatte ich eine Abzweigung vom Trampelpfad erkannt. Der Weg war aber viel weiter gewesen, als mir angegeben worden war. Als der Posten in die andere Richtung ging, schlich ich in den Hausschatten, um dort vielleicht ein taktisches Zeichen an den herumstehenden Fahrzeugen zu erkennen. Vergeblich nur Schneebedeckte Panjefahrzeuge standen dort.
    Inzwischen war der Posten wieder zurück gekommen. Ich kauerte an der Hauswand, bereit, sobald er wieder in die andere Richtung ging, zurück zu schleichen. Da ging im Hause eine Türe auf, und ich hörte leise Radiomusik – und dann deutlich – „Wie einst Lili Marleen!“… Das Lied, das uns dort im Elend des Rückzugs mehr gab als die Wehrmachtsberichte, die meist große Erfolge an anderen Fronten erwähnten, während für unseren Frontabschnitt nur wenige, für uns aber vielsagende Wort Übrig blieben.
    Es war klar: Beim Iwan durfte ein solcher Sender nicht eingeschaltet werden. Drinnen nahm Major Bauer und sein Adjutant Hauptmann Dr. Gebhard dankend meine Meldung an. Nach einigen Minuten ging ich erleichtert den Weg zurück. Meine Männer hatten sich in einem Holzhaus schon ein Feuer gemacht. Glücklicherweise blieb es vorne ruhig. Bis auf den Posten der zweistündig abgelöst wurde, konnten wir zum ersten Mal seit langer Zeit wieder eine Nacht richtig schlafen. Auch am Tag war es ruhig, und wir wären gerne noch geblieben. Dann aber riefen uns einige vorbeikommende Landser zu, ob wir beim Iwan bleiben wollten, sie seine die letzten! So schnell hatten wir noch selten abgebaut, und unbelästigt ging’s ab, Richtung Westen. Eine Benachrichtigung des Wagenhalter Platzes hatte man vergessen!
    Die nächste HKL in Ostroshnoje musste länger gehalten werden und brachte für das Rgt. 470 große Verluste. Außer vielen anderen viel dort ein Sanitäter, der in Frankreich mein Putzer war, und Hauptmann Lell von der Artillerie im Nebendorf durch Herzschuss. Major Bauer wurde auf seinem etwas zurückliegenden Regimentsgefechtsstand von durchgebrochenen Russen mit einem Bauchschuss schwer Verwundetet und musste von uns zurück transportiert werden.

    Oberarzt Dr. Se.




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    Mit freundlichen Grüßen


    Karlheinz

  • Hallo Karlheinz,

    schön dich wieder im Forum zusehen, natürlich hast du auch gleich für ausreichend Lesestoff gesorgt.
    Wollten wir nicht nochmals eine Anfrage wegen deinem Vater starten oder hast du es dir anders überlegt?

    Gruß Heinz:)

    Suche alle Informationen über die 17.ID und I.AR77.

  • Lieber heintz 307
    Ich freue mich über Deine Nachricht. Und teile Dir mit dass ich dieses auf alle Fälle noch einmal starten möchte. Ich möchte noch einmal an die russische Förderation eine Anfrage stellen. Aber wie ich nun herausgefunden habe, gibt es auch eine Anschrift für die russische Förderation in München, also wenn ich die letzte Nachricht richtig verstanden habe. Die will ich natürlich erst ausfindig machen, und dann werde ich Dich noch einmal Informieren.
    Mit freundlichen Grüßen


    Karlheinz

  • 260.ID.


    Sollten Sie nähere Angaben über Kartenmaterial, Einsatzbefehle, und Stellung, sowie über Gefallene und Vermisste haben wollen, dann empfehle ich Ihnen, bei der Hörnle Division. www.260ID.de nachzuschlagen. Die Seite ist hervorragend erstellt.Und doch noch einiger Artikel mehr, die ich nicht habe und auch nicht bekommen konnte, neu in der Divisions Geschichte erstellt. Sie ist auf alle Fälle empfehlendswert und gut zu Lesen.


    Mit freundlichen Grüßen


    Karlheinz

  • Teil 1


    Zurückrobben wie bei Karl May



    Absetzbewegung der 260. ID. an der Desna



    Als Anfang September 1943 der Druck, der an Mensch und Material stark überlegenen Russen ein weiters halten der Büffelstellung auf der Linie Kljin – Saasjeo – Nikolskoje – Ossinowka unmöglich machte , setzte sich die 260. ID. parallel zur Nachbardivision in der Zeit vom 9. bis 11.09. über die Desna ab, an deren Westufer ein Grabensystem vorbereitet war.
    Bei den vorausgegangen schweren Abwehrkämpfen mussten wir wieder erhebliche Verluste hinnehmen, so dass unsere Division nur noch Grenadier – Regimenter 460 und 480 mit je zwei Bataillone zu je vier geschwächten Kompanien sowie Stabs-, Panzerjäger – und Infanteriegeschütz – Kp. zur Verfügung hatten. Das Gren. Rgt. war aufgelöst. Hinzu kamen das Div. – Btl. mit zwei Radfahr- und einer motorisierten Schwadron, die Panzerjäger – Abtl. und das FEB 260. Das Art. – Regt. verfügte noch über drei IFH – Abtl. mit je einer Stabs – Batterie und drei Batterien zu vier Geschützen; ferner die schwere Abtl. sowie eine zusätzliche Batterie von 15,2 Haubitzen. Also eine scheinbar starke Artillerie, die aber ihren Verteidigungsauftrag nur in unzureichenden Maße gerecht werden konnte, weil es an Munition fehlte und jeder Schuss der Genehmigung bedurfte.
    Die Absetzbewegung wurde in der Nacht zum 10. September eingeleitet. Das I. / 480 unter Major Strohm mit unterstellten 7. / 480 die ich damals führte, war vom 10. auf 11.09. als Nachhut eingeteilt und sicherte das Übersetzten sowie das Einrichten der Division in der neuen Stellung. Wir setzten uns hinhaltend kämpfend durch einen Wald – und Buschgelände nach Westen ab, bis wir auf etwa 2 km an die Desna herangekommen waren. Da der Russe hart nachdrängte, entschloss sich Major Strohm zu einem begrenzten Gegenstoß, um den Feind auf Distanz zu halten. Er ging dabei mit seiner legendäre Ruhe und einer Übersicht vor, die diesen Kommandeur in besonderer Weis auszeichnete.
    Bei Einbruch der Dämmerung zog sich Major Strohm mit seinem Btl. an das Desna Ufer zurück und übernahm dort einen nach Osten gerichteten Brückenkopf, um meiner im Wald zurück gelassener 7. / 480 nach Erfüllung ihres Auftrages das Übersetzen zu ermöglichen. Ich hatte den Befehl mit meinen ca. 60 Männern den Russen am weiteren Vordringen entlang eines breiten Waldweges, der unsere Rückzugstraße war, zu hindern. Unterstellt war mir eine Gruppe Pioniere, und als VB. Fungierte Lt. Beltle. – Meine Stellung verlief entlang einer Waldschneise. Es galt nun, die erreicht Linie bis zum folgenden Tag um 12 °°Uhr zu halten, um uns dann unter einem Feuerschlag der Artillerie abzusetzen.
    In der Nacht war der Russe in nicht bekannter Stärke bis auf Handgranaten – Wurfweite an uns herangekommen, es galt erhöhte Alarmbereitschaft; an Schlafen war nicht zu denken.
    [FONT=&quot]In dieser Situation setzte ich in enger Verbindung mit dem Gros der Kompanie nach Norden und nach Süden Spähtrupps an; einmal um festzustellen, ob der Russe Anstalten mache, uns in den offenen Flanken zu umgehen, und zum anderen, um auf der neuen künstlichen verlängerten Front durch Abgabe von einzelnen Schüssen und kurzen Feuerstössen aus der MP dem Feind eine starke Besetzung vorzu- täuschen. Darüber brach der Tag an und ich konzentrierte meine geringe Kampfkraft nun wieder am Abend vorher eingenommene Stellung. Mit der höher steigen Sonne erwartete ich den Angriff der Russen; aber außer einzelnen Schüssen und Feuerstöße leichter MGs tat sich nichts. Was ich zu diesem Zeitpunkt nicht wusste: [/FONT]


    Kameradenhilfswerk der


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    Mit freundlichen Grüßen


    Karlheinz

  • Teil 2


    Der Russe hatte uns nördlich im weiten Bogen bereits Umgangen und stieß in den nächsten Tagen gegen die Desna vor.
    Es ging inzwischen auf 12°° Uhr zu und wir waren in gespannter Erwartung des Feuerschlages unserer Artillerie, in dessen Schutz wir uns vom Gegner lösen wollten. Auf das Feuerkommando von Lt. Beltle zogen aber nur drei einzelne Granaten über uns hinweg. Beltle war außer sich; aber auch er war ziemlich machtlos. Er konnte an den Munitionsmangel unserer bisher immer zuverlässigen Kameraden von der Artillerie nichts ändern.
    Der Russe wurde nun unruhig und begann zu schießen. Jetzt wurde es für uns kritisch, denn offenes Absetzten hätte wahrscheinlich den sofortigen Angriff der Russen ausgelöst. Ich befahl nun meinen Zugführern, sie sollten über Gruppenführer durchsagen lassen: Jeder hat schon einmal seinen Karl May gelesen. Robbt also auf Zeichen so geräuschlos wie möglich zurück bis zu einem Wegeknie, zirka 200m rückwärts, wo wir der Beobachtung der Russen entzogen sind. Tatsächlich ereichten wir unbehelligt den Sammelplatz, wobei auch unser einziger Verwundeter bei diesem Unternehmen, ein MG Schütze, gebracht wurde. Von dort machten wir uns dann unter Einhaltung entsprechender Sicherungsmaßnahmen auf den Weg zu Major Strohm. Als wir ca. 500 m von unserer Schneisenstellung entfernt waren, traten die Pioniere in Aktion und bereiteten Baumsprengungen vor, die den Russen am raschen Nachstoßen hintern sollten. Als wir uns den Brückenkopf näherten, hörten wir bereits Gewehr – und MG – Feuer aus nördlicher Richtung, in das auch bereits Teile des Btl. Strohm verwickelt waren.
    Wir erreichten unsere Kameraden vom I. / 480 ohne weitere Ausfälle. Nachdem wir über die Desna geschleust waren, durften wir auf Befehl von Oberst Friker einen ganzen Tag ausruhen, bis es wieder in Stellung ging.
    Kurt Kraft




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    Karlheinz

  • Teil 1


    260.ID. Geheimnisvolle schwarze Katze
    Nächtlicher Spuk an einem Brückenkopf der Westfront

    Es war an der Westfront in einer jener unvergessenen Mondnächte am Ende des ersten Kriegsmonats. Mit einem Kameraden stand ich um die Mitternachtszeit auf Doppelposten am Neuenburger Brückenkopf. Seit einigen tagen war dieser nächtliche Wachdienst aus seinem ewigen einerlei heraus für uns etwas besonders geworden: Einmal, weil am Abend der klare Spätsommertag in eine ebenso klare Nacht überging, ohne das sich Dunst oder Nebel dazwischengelegt hätten. Zum anderen aber auch wegen der Katze, von der man nun schon im ganzen Abschnitt sprach, als von etwas Sagenhaften; wegen der Katze, die Abend für Abend in unserem Postenbereich auftauchte kurz stutze und dann mit einem Satz auf die Eisenbahnbrücke sprang und hinüber zum anderen Ufer lief, hinüber zu den Franzosen.
    Die Meinungen über diesen nächtlichen Spuk waren geteilt. Die meisten lachten über die ganze Geschichte. Doch gab es genug Leute, die der Sache Bedeutung zumaßen, und ihre Zahl vermehrten sich mit jedem neuen Tag. Auf alle Fälle lag der Befehl vor, die Katze nach Möglichkeit zu fangen. Ich saß daher auf der Lauer, dem Feind den Rücken zukehrend. In der Hand hielt ich ein großes Fangnetz.
    Der Bahndamm lief gerade aufs Dorf zu, von dessen Dächern einige im hellen Mondschein glitzerten, die übrigen aber umso dunkler und schroffer von den mattgrünen Rebenhügel abhob, die dahinter lagen. Links des Dammes war das flache Land mit unzähligen Gemüsegärten bedeckt, in denen sich bereits die ersten Schleier des Frühnebels versteckt hielten. Rechterhand stand warm und lockend der Rheinwald. Hinten am Horizont waren die Schwarzwaldberge. Drüben im Bunker da schnarchten sie jetzt. In einer schwachen Stunde würde auch ich mich wieder auf die Falle strecken und den Teppich über die Ohren ziehen… und schlafen, schlafen…. Doch halt! Was huscht den dort die Schienen entlang, so dunkel und länglich, so geduckt… sollte das? – Atemlos umklammerte ich den Griff des Fangnetzes. Nun war sie auf meiner Höhe und ich schlug zu. Ein leiser Schrei. Ich warf mich über das Netz; doch mein Atem stockte-: das war nicht möglich! Nein das konnte nicht sein! Was ich in Händen hielt, worauf ich kniete – es war gar keine Katze, - es war ein Menschenkörper!




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    Karlheinz

  • Teil 2


    Kalter Schweiß rannte mir über die Schläfen. Ich zitterte. Mit klammen Fingern hielt ich das netz auf dem Boden. Darunter begann es sich zu regen. Und mit einem Mal war da das Gesicht eines Mädchens unter dem Netz, ganz nahe bei meinem, fahlhell vom Mond beschienen. Dunkle Augen blitzten mich an! Ich wollte rufen. Aber das Wort blieb mir in der Kehle stecken. Ich schaute weg und starrte wieder darauf hin, erkannte und sah… es war die Mizzi, dieser schwarze Teufel aus dem Gasthof „ Schloss“ die sich unter meinen Armen wand. „Las mich!“ zischte sie noch einmal Dann begann sie zu winseln: Du tust mir Unrecht. Du weißt nicht was ich hier wollte! Flehte sie und blickte mich schmachtend an. „ Las mich wenigstens aus dem Netz – ich kann einweg nicht davonlaufen! Bitte, bitte“ – Eigentlich hatte sie recht! Langsam zog ich das Netz von ihrem Körper, packte sie aber gleich hart am Handgelenk. „Au - du tust mir weh! Lachte sie da plötzlich und wollte aufspringen, stolperte und fiel so, dass sie nahezu in meinem Armen lag. Nicht genug Sie kuschelte sich regelrecht gegen mich und flüsterte: „ Wie schön es heute Abend ist!“ „ Halt den Mund!“ fuhr ich sie an und riss an ihrem Handgelenk. Denn ich hatte doch eine maßlose Wut! – Zum Teufel noch mal mit ihren zierlichen Händen und dem Duft ihrer Haare, die jetzt gerade meinen Mund streiften. Freches Weib! Klaut die Mappe von meinem Chef mit ihrer Schmiegsamkeit. Und jetzt will sie auch mich noch drankriegen, mitten im Wachdienst!
    Aber da spürte ich schon ihren hauch an meinen Lippen „Du dummer Junge!“ flüsterte sie und drängte mir einen Kuss auf. Ich weiß nicht; aber ich lies etwas locker an ihrem Handgelenk. Und gleich hatte sie beide Arme um meinen Hals geschlungen: „ Und du meintest, ich liefe dir davon!“ lachte sie mit ihrer Glockenhellen Stimme. „Ganz finster hast du dreingeblickt – und bist doch gar nicht böse!“ schmeichelte sie weiter…. Und lag in meinen Armen.
    Ich wollte sprechen. Da hielt sie mir den Mund zu mit ihren warmen Händchen und hauchte: „Nicht sprechen Liebling!“ – Im selben Augenblick aber – noch heute überläuft es mich kalt, wenn ich daran denke – gibt sie mir einen Stoß, dass ich zurückfliege, während die rechte Hand aus meiner Rocktasche, die sie mir geöffnet hat, - das bemerkte ich erst jetzt – mein Geheimbuch reißt. Sofort schnelle ich wieder hoch. Aber da ist sie schon ein paar Schritte weg, die Mappe unterm Arm. Gleich wird sie mit einem Satz hinter der Böschung verschwinden!
    Ich reiße meine Pistole heraus und will in Anschlag gehen, da fällt mir mein Kamerad in den Arm und fährt mich an: Mensch Hermann! Bist du verrückt? … auf wen willst du den schießen?? „Aber“ schreckte ich auf… und merkte, dass ich geträumt hatte. Ich muss eingeschlafen sein; dies alles war gar nicht geschehen. Meine Pistole aber hatte auf einen Busch am Bahndamm gezeigt. „Hermann, ich glaube, du hast einen Rausch!“ sagte der Kamerad. Fassungslos steckte ich die Waffe weg. Da plötzlich fährt er zurück und schreit: „Da ist sie!“ – Aber zu spät. Der Schatten der Katze, die in diesem Augenblick tatsächlich an uns vorbei gewischt war, huschte schon wieder fern im Brückentunnel.
    HermannBinder
    260. ID.


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    Karlheinz

  • Teil 1


    Nach Lähmung wieder genesen


    Wie ein Infanterist die letzten Kriegsmonate erlebte



    Ein kleiner Rest der 260. Infanteriedivision hatte es geschafft, dem Zusammenbruch der Heeresgruppe Mitte im Juni 1944 zu entkommen. Dieser wurde schon Ende Juli als Kampfgruppe 260 im Rahmen der 299.ID an der Ostpreußischen Grenze wieder eingesetzt und hatte gleich hohe Verluste. Am 8. Oktober wurden wir abgelöst, meinen Zugabschnitt übergab ich an einen blutjungen Leutnant namens Graf von Kastell vom Reiterregiment Mitte, wir aber wurden auf dem Bahnhof Grayewo verladen und hofften, endlich mal vom Osten weg zu kommen, vielleicht nach Italien oder in den Westen. Der Zug fuhr über Lyck, Johannesburg, Ortelsburg durch die Masurschen Seen, dann bog er leider in die falsche Richtung nach Süden, wir wurden auf freier Strecke ausgeladen, dann ging es mit einer Kleinbahn leider wieder nach Osten.
    Wir landeten im Narewbogen, wo der Russe einen Brückenkopf gebildet hatte. Da war gleich der Teufel los. Am 11. wehrte ich mit meinem Zug einen starken Angriff ab, der rechte Zug setzte sich ab, wir hielten die Stellung bis zur Dunkelheit, ich wäre ohnehin nicht über die Höhe gekommen, die unter schweren Beschuss der Russen lag. Rechts hatte ich keinen Anschluss, da rückte der Iwan ein. Es regnete übrigens an diesem Tag in Strömen und wir waren Schlamm verschmiert. Es dunkelte und wir setzten uns ab, gerieten aber ins Feuer eines deutschen Schützenpanzers, der uns für Russen hielt. Als ich gegen Morgen meinen Kompanieführer wieder gefunden hatte, bot er mir einen Schnaps an und sagte, er habe mich beim Bataillon gelobt. In den nächsten tagen war wieder allerhand los. Dann kam der 15. Oktober. Wir besetzten morgens eine Stellung im Hochwald - vor uns lag eine Lichtung -, gruben mit unseren Spaten Schützenlöcher, was durch die Bäume der Wurzel gar nicht so einfach war. Nun wurde von links durchgegeben: da drüben steht ein Panzer, dieser war von mir aus nicht sichtbar, es hieß, die Besatzung montiert daran. Mein Chef war gleich Feuer und Flamme. Dieser Leutnant Frischmayer kam aus Norwegen, war noch nicht lange hier im Osten, wir hatten im da viel voraus. Er lies sich eine Panzerfaust geben, schlich auf günstige Entfernung vor, aber entweder war er zu nervös oder er hatte schlecht gezielt, er traf nicht. Ein junger Uffz. Namens Schneider mit einigen Mann ging nun vor, machte die Besatzung unschädlich und sprengte den Panzer.




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    Karlheinz

  • Teil 2


    Schneider ist am gleichen Abend noch gefallen. Als nun der Panzer qualmte, kam neues Unheil. In meinem Abschnitt stand ein zweiter, gut getarnt, den wir durch das Unterholz nicht gesehen hatten. Dieser trat nun in Tätigkeit, zuerst fiel mein Leutnant, er hatte nur ein flaches Loch gegraben, dann kam ich dran. Beim zweiten Schuss erwischte es mich. Ich sackte sofort zusammen und mein Gedanke war, so ist es, wenn man stirbt. Sollte ich jetzt auch zu den vielen Toden Kameraden gehören; warum ich Plomben ausspuckte, weiß ich bis heute nicht, auch nicht warum der Panzer jetzt aufhörte. Mein Stahlhelm hat sicher schlimmeres verhütet. Die Kameraden riefen nach mir, kamen und wollten mich aus meinem Loch heraus ziehen, Erde war auch hinein- gerieselt. Aber ich sagte: „Last mich liegen! Es ist Zwecklos!“
    Ich war durch einen Splitter im zweiten Halswirbel gelähmt. Aber es gab im Jahre 1944 noch gute Kameraden. Sie legten mich auf meine Zeltbahn und schleiften mich zurück. In einer Atempause sagte ich zu einem, dem ROB - Gefreiten Proske: „ Mach meine Dienstuhr weg, die kannst du haben, und schreib meinen Leuten viele Grüße heim. „Als ich Granateinschläge hörte, sagte ich zu ihnen: Legt euch doch hin sonst seit ihr auch noch he“, wie man im schwäbischen sagt. In Sicherheit war ich jetzt, aber gelähmt, dazu hatte ich noch einen Splitter im rechten Lungeflügel. So kam ich auf den Hauptverbandsplatz. Man legte mich dort und noch andere auf eine Pritsche. Neben mir lag ein Oberfeldwebel. Am nächsten Morgen war er still und leise. Er war Tot.


    Fahl die Augen



    Als Rekrut in Pforzheim hing da ein Wandspruch, wo es heißt: „Fahl die Augen blas die Wangen, leise in den Tod gegangen, anspruchslose Infanterie, möge Gott dich schirmen.“ Dieser Spruch begleitete mich über meine ganze Soldatenzeit, und dieses war nun meine vierte Verwundung. Die weiteren Stationen: Mit der Ju 52 ins Lazarett nach Lodz. Als man mir dort meine Uniform auszog, sagte ich: „Last mir meine Klamotten da!“ Als Antwort hörte ich: Die brauchen Sie nicht mehr. Das gab mir zu denken. Hier hörte ich etwas von Querschnittlähmung. So etwas sollte ich haben. Im Lazarettzug hielt ich den Transport nach 14 Tagen nicht aus, ich war wund gelegen und wurde als Notentladung in Lüneburg ausgeladen. Dort hatte ich Wunschkost. Man gab mir 8 Wochen lang das Essen, ich wurde massiert, und dann passierte ein Wunder, der Nerv im zweiten Halswirbel war nur gequetscht, es wurde besser, und der Rollstuhl blieb mir erspart. Im Februar 1945 sollte ich von der Wehrmacht entlassen werden, aber ich bad um eine Operation. So wurde ich nach Hamburg verlegt und von Professor Brütt mit Magnet operiert. Das war mein Kriegsende.
    Adolf Götz




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    Karlheinz

  • Teil 1


    260. ID.

    Kameradschaft am Brückenkopf Kremenki



    Rückgeblendet aus dem kleinen Gesichtswinkel einer Pakbedienung



    Eine Pakbedienung ist schon ein kleines Häuflein, verschwindend klein im großen militärischen Rahmen. Aber ja kleiner das Häuflein, desto größer die Kameradschaft. An diesem 13. November 1941 sollte sie sich beim letzten Angriff aus dem Brückenkopf Kremenki heraus wieder einmal bewähren.
    Es war ein kalter Wintertag, der uns mit wenig Winterlicher Bekleidung in der des Forsthauses, nach kurzer, teils verunglückter Arivorbereitung, zum Angriff antreten sah. Wir gehörten zum 1.Zug der 14./ 470 und waren dem III./ 470 zugeteilt. Major Schütz wurde von uns, seit unserem ersten Einsatz bei ihm – es war zu Beginn des Russlandfeldzuges in den Pripjetsümpfen – als unerschrockener Kommandeur hoch eingeschätzt. Trotzdem war es uns nicht ganz geheuer in diesem verschneiten Wald. Wie klein war doch damals ein Btl. und wie sahen wir doch schon recht herunter gekommen aus. Der Schwung des Sommerlichen Vormarsches war längst dahin. Ausgelaugt waren Mann und Tier. – Und trotzdem ging es vorwärts, wenn auch sehr beschwerlich und verlustreich. Hinter jedem Baum lauerte der Feind, auf den Waldwegen waren die typischen Holzkasten Minen verlegt. Gegen Abend ging es nur noch durch dichten Wald. Ohne Weg und Steg. Wie geländegängig eine Pak sein kann – natürlich ohne Kfz. denn die hatten wir vorne schon längst nicht mehr – hat sich nicht nur an diesem Tage gezeigt. Der treue Panjegaul und die Männer der Bedienung haben auch diesen Unbilden erfolgreich die Stirn gezeigt.




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    Karlheinz

  • Teil 2


    Schiesserei aus allen Richtungen


    Mitten in der Suche nach einem Weg begann plötzlich eine tolle Schiesserei aus allen Richtungen. Wir waren auf eine russische Waldstellung oder etwas Ähnliches gestoßen. Es pfiff, und zischte, und erschauernd war vor allem das Krepieren der Explosivgeschosse, wenn sie in einen Baum schlugen. In einem Atemzug waren zwei Männer der Pakbedienung getroffen. Schütze 1 schwer durch die Brust, Schütze 3 durch Arm und Hand. Hier lag nun das kleine Häuflein in die Erde gekrallt hinter Bäumen und Unterholz. Währen wir dem schwer verwunden Kameraden die erst Hilfe gaben, stammelten seine Lippen die Worte: „Last mich nicht im Stich!“ Wer kann solche Worte, ausgestoßen in Todesangst in einer fast aussichtslosen scheinenden Lage, nicht verstehen? Aber hier gerade zeigt sich ja immer wieder, was es heißt: Frontkameradschaft! Der gesunde Kamerad kämpft für den anderen mit, er versorgt ihn und nimmt die Stelle eines Arztes ein, er gibt ihm aber auch Seelische Kraft und ersetzt ihm den Geistlichen.


    Gefahren lauern überall



    Inzwischen ist die Nacht hereingebrochen, der Gefechtslärm verstummt. Nur noch vereinzelnd hört man Gewehrschüsse und Artillerie Einschläge. Wo liegt der Feind? Vor uns ja, aber auch rechts und links, hinter uns, überall lauert die Gefahr. Weiter geht es nun nicht mehr. Haben wir unser Angriffsziel erreicht? Wir wissen es nicht, fragen aber auch nicht danach. Wohl und geborgen fühlen wir uns in den knapp einen Meter tiefen Erdlöchern, die von den russen ausgeworfen, nun uns Landsern als Unterschlupf dienen. Trotz Müdigkeit gab es aber kein Verweilen. Es mussten ja die Verwundeten zurück geschafft, das Versprechen an unsere Kameraden eingelöst werden. Zwei Kameraden der Pak übernahmen also den Rücktransport aller Verwundeten. Auf einen Panjewagen wurden die Schwerverwundeten gelegt. Wer noch gehen konnte, tat dies ohne jedes Wort, ja die meisten von ihnen hatten noch ihre Gewehre dabei für alle Fälle. Der Zug setzte sich in Bewegung. Zwei Mann voraus als Sicherung, dann das Fahrzeug, dahinter die leicht Verwundeten. Das Ziel hieß Forsthaus, hier war Ärztliche Hilfe.
    Schweigsam trotte der Haufen durch den verschneiden dunklen Wald, ab und zu gespenstisch grell beleuchtet durch feindliche Artillerie Einschläge, die verstreut im Wald lagen. Dann wieder Stille, zuweilen unterbrochen von dem Stöhnen der Verwundeten. Nun ging der Weg links ab, also musste bald das Forsthaus kommen.




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    Karlheinz

  • Teil 3


    Ein neuer schwerer Schlag



    Plötzlich ein greller Schein und ein lauter Knall! Was war geschehen? Unser Panjewagen war auf eine Mine gefahren. Auch das noch! Die armen Kameraden sollten noch mehr vom Schicksal geprüft werden. Unser verwundete Schütze 1 war mit seinem schweren Lungenschuss noch etwa 5 m vom wagen geschleudert worden und hatte von der Mine noch etliche Splitter abbekommen. Nun lagen sie also da, was tun? Was laufen konnte wurde sofort weiter geschickt zum Forsthaus um Hilfe zu holen. Wie konnte es nicht mehr sein. Die beiden Pak- Leute bemühten sich inzwischen um die anderen Kameraden und warteten. Aus der dunklen Nacht heraus wälzte sich schemengleich eine schwarze Masse auf uns zu. Es sind gefangene Russen, die von ein paar Männern zurückgebracht werden. Wir halten den Zug an, legen unsere Verwundeten je auf eine Decke und teilten die Gefangenen als Träger ein. So gelangen wir zum Forsthaus. Nach Ärztlicher Versorgung geht es weiter, aus dem Wald heraus zum nächsten Dorf zum Hauptverbandsplatz. Hier wissen wir unsere Kameraden in Sicherheit und Pflege. Mehr können wir nicht tun. Ein Händedruck zum Abschied bekräftigt eine Verbundenheit für das ganze Leben.

    Unterschlupf gefunden



    In einer Panjehütte finden wir beide einen Unterschlupf. Köstlich schmecken die hier gefundenen Kartoffeln, auch mit der Schale – Licht haben wir keines. Todmüde singen wir zu Boden, um sofort in tiefen Schlaf zu fallen. Mitternacht war inzwischen vorüber, der 13. November 1941, der letzte Vormarschtag der 260. ID. war zu Ende gegangen.
    Helmuth Huber, ehm. Uffz. 14 / 470.
    (aufgeschrieben 1960)





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  • Es war nichts mit Elchbraten

    260. Inf.Div.

    Elche an der Ugra


    Von Adolf Götz, Oberriexingen



    Wenn es mir in den kommenden Kriegsjahren schlecht ging, dachte ich oft mit Wehmut an unsere Ugrastellung zurück, denn dort hätte ich gerne den Krieg ausgehalten. Im Oktober 41 als MG Schütze eins bei einem russischen Gegenstoß verwundetet, dauerte es 1 dreiviertel Jahre, bis mich der Osten wieder einholte. Ich hatte Glück dass ich wieder zum alten Haufen kam, aber es waren meist neue Gesichter, denn es gab wohl keinen, der in einer Schützenkompanie den ganzen Krieg unverwundet überlebte.
    Die Kp. Lag im Oktober 42 an der Ugra, ein Flüsschen wie bei uns die Enz (Württemberg). Sie mündete in die Oka, die wir am 12.10.41 nachts in Booten zur Einnahme in Kaluga passiert hatten. Hier lagen wir am bewachsenen Steilufer, der Russe drüben war da bedeutend schlechter dran. Rechts von uns war das berüchtigte Dorf Sukowka, wo der Iwan einen Brückenkopf hielt und uns nahe gegenüber lag. Wir waren froh, nicht dort eingesetzt zu sein. Bei uns war nachts oft blinder Alarm, wenn die Elche, die es hier gab, sozusagen die Front wechselten. Wenn sie nachts durch die Ugra schwammen, hörte es sich an, als wenn der Russe am Übersetzen wäre.
    Einmal hatte es beinahe zu einem Braten gereicht und zwar am helllichten Tag. Ich schlief im Bunker, als der Posten hereinrief: Die Elche sind wieder da! Ich war sofort hellwach, packte mein Gewehr, die Stiefel zog ich nicht lange an, denn es war trocken und ich verfolgte nur in Socken, die Elch Familie. Es war ein Paar mit einem Jungen. Leider kam ich nicht zum Schuss, weil die Strecke von Russen eingesehen werden konnte.
    Inzwischen war es Kalt geworden und die Ugra war zugefroren. Jetzt war Vorsicht geboten, Späh – und Stosstrupp Tätigkeiten auf beiden Seiten. Auch unsere Kp. Hatte einen Stosstrupp durchzuführen: Auftrag einen Russen mitbringen tot oder lebendig.
    Uns gegenüber lag ein russischer MG – Bunker. Nach Weihnachten startete das Unternehmen und es war bitter kalt. Wir kamen unerkannt hinter den überdachten MG – Stand, aus dem schossen die Russen jetzt noch auf die deutsche Seite hinüber. Wir forderten sie auf, heraus zu kommen. Darauf beratschlagten sie, ergaben sich aber nicht. Nachdem wir eine geballte Ladung in den Eingang geworfen hatten, wurde es drinnen still, aber durch den Laufgraben kam Verstärkung. Auch sie ergaben sich nicht. So kam es das wir nur einen toten Russen mitbrachten. Unser Auftrag war erfüllt. Es war ein junger Uffz. Und er hatte sein Soldbuch dabei. Wir hatten nur einen Verwundeten. Das war gleichzeitig der Abschied von unserer ruhigen Stellung, denn es kamen nur noch schlechte Tage. Im neuen Jahr wurden einige für diesen Stosstrupp ausgezeichnet. Ich war auch dabei.




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  • Teil 1



    Die Ruhe vor dem Sturm

    260. ID

    Rekrutenzeit in Frankreich


    von Hein R. Beck, Stuttgart



    Am 26. August 1943 begann meine Rekrutenzeit in der Stammkompanie, Gren. Ers. Btl. 460. Diese lag in den alt ehrwürdigen Festungsanlagen der Wilhelmburg in Ulm / Donau. Wir gehörten zur 260., deren kämpfende Einheiten zu dieser Zeit in schwere Abwehrkämpfe im Mittelanschnitt der Ostfront verwickelt waren. Mit einem Gugelhupf im Gebäck passierte ich die Wache im mächtigen Torbogen der Wilhelmsburg. Nach der Einkleidung erhielt ich eine Erkennungsmarke um den Hals. Dies Ding habe ich bis zu meiner Heimkehr aus der Gefangenschaft unversehrt getragen. Ich besitze es heute noch. Vielleicht findet sich einer, der mir das Blech mitgibt, wenn ich zur großen Armee einberufen werde.
    Meine Zimmerkameraden und ich sind den Ruf zur Fahne nicht gerade begeistert gefolgt. Trotzdem, so glaube ich, war keiner unter uns, der seine Pflicht hätte nicht erfüllen wollen. Mein Gruppenführer ein Uffz. D.R. war ein prima Kerl, Im Zivilberuf Regisseur, Münchner. Er brachte mir einige Weisheiten bei, die so nicht in der HDV zu finden sind.

    1. Ein Soldat fällt nie auf, weder Positiv, noch negativ.
    2. Ein Infanterist sieht alles, wird aber selbst nicht gesehen.
    3. Infanteristen lassen den Feind herankommen, bis sie das weiße in seinem Auge sehen. Dann machen sie mit ihm kurzen Prozess.
    4. Gott verläst einen ehrlichen Deutschen nicht.


    Ich habe daran geglaubt und mich zu meinem Vorteil immer daran gehalten.
    Wir lernten: „Infanterie, du bist die Krone aller Waffen, Infanterie du trägst mit Stolz den schweren Affen, Infanterie, ja dich vergesse ich nie, mit dir marschiert der Ruhm aus Deutschlands großer Zeit, hinein in alle Ewigkeit.

    Die Formalausbildung nahm 14 Tage in Anspruch. Dann konnten wir einigermaßen grüßen und verstanden die Kommandos. Am 11. 09. wurden wir in den Zug gesetzt. Zunächst durch unsere „engere“ Heimat, ereichten wir über Saarburg die Schlachtfelder des 1. WK, am Marne – Rhein – Kanal und Marne, Luneville – Nancy – Toul – Vitry – Epernay. Vor einen kurzen Aufenthalt auf dem Pariser Ostbahnhof fuhren wir durch Meaux. Auf der Strecke nach Lyon ging es dann Sens zu. Sens liegt an der Yonne, 110 km südostw. Paris. In den Befreiungskriegen haben Württemberger diesen Ort 1814 erobert. Eine Bronzetafel an der Jubiläumssäule auf dem Stuttgarter Schlossplatz erinnert daran. Darauf ist auch die Kathedrale von Sens mit heute noch unfertigen Turm zu sehen.



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    Karlheinz

  • Teil 2


    Im sonnigen Herbst begann unsere Gefechtsausbildung. In Joigny und Auxerre lagen weitere Einheiten unseres Regiments. In unserer Kaserne früher mit französischen Kolonialsoldaten belegt, fanden die 1, 2, 3, 13. und 14 Kp. Unterkunft. Sie lagen im Hauptgebäude, jede hatte einen eigenen Eingang und ein eigenes Treppenhaus, die miteinander verbunden waren. Auf jeder Bude lag eine Gruppe. Morgens ertönte auf jedem Stockwerk zur gleichen zeit der Piff des UvD’s und das Kommando „Kompaniiiiiiiie aufstehen!“ Gleich darauf stieß der UvD die Türe auf. Da mussten wir schon aus der „Falle“ sein. Vorsorglich gab er noch ein gellendes „Bewegung, Bewegung!“ von sich und entschwand. Nun war es jedem selbst überlassen, wie er es schaffte, in der bemessenen Zeit sein Bett und den Spind zu ordnen und sich anzukleiden.
    Dazwischen kam das Kommando „Kaffee holer raustreten!“. Währenddessen trat der Stubendienst in Aktion, um Ofen und Unterkunft zu reinigen. Der Kaffee war schwarz ohne Milch und Zucker. Wir nannte ihn „Negerschweiß“. Das Brot war dunkel und klumpig, die Marmelade undefinierbar, meist von giftig roter Farbe. Ab und zu gab es ranzige Margarine und grießigen Kunsthonig. Die Ausbildung fand im Schnellverfahren statt. Deshalb wurde im Gegensatz zum RAD der Frühsport vernachlässigt. Fast jeden Tag mussten wir feldmarschmäßig Kompanieweise auf dem Kasernen Hof antreten. Dies überwachte der Kp.Fw. Zunächst hatten wir einen behäbig aussehenden, der uns „Buben“ nannte. Er sagte das er wegen uns seine Stimme nicht kaputt mache, nehme er den Daumen nach unten, hieße dies „Hinlegen“. Daumen nach oben „Aufstehen“. So wurde das einige Tage praktiziert. Dann kam ein anderer Spieß. Der sah so finster aus wie der „Kohlenklau“, der auf allen Plakaten zu sehen war, die zum Energie sparen mahnten.
    Er war der Ausbund eines Spießes.
    Sein Notizbuch steckte zwischen den Knöpfen seines Rockes. In einem Landserlied heißt es: Der Spieß der hat ein dickes Buch, darinnen steht geschrieben, wer seine Stiefel nicht geputzt und fern vom Dienst geblieben. Noch ist die Lerche wach, doch der Spieß, doch der Spieß der macht schon Krach. Das ist unser Morgensegen.
    Nachdem er die angetretene Kp. Visitiert hatte, kam der Kp. - Chef, OLtA, zu Fuß manchmal zu Pferd. Der Spieß meldete die Kp. angetreten, wie viele dienstfähig wie viele krank. „Guten Morgen Soldaten“, bellte der Chef und ließ seine Augen hervorquellen. Wir antworteten “ Guten Morgen Herr Oberleutnant“. Kompanie rechts um!“ Im Gleichschritt marsch!“ So ging es zum Kasernentor hinaus. Der BtlKdr. wohnte direkt über der Wache und beobachtete die mit Gesang Ausrückenden. Ob beim Aus oder Einrücken, jede Kp. sang, sozusagen als Erkennungsmelodie, immer das gleiche Lied, damit der Kdr. wusste, wer da im Halbdunkeln oder gar bei Nacht unterwegs war. Da wir Infanteristen waren, mussten wir das Langstrecken – Marschieren üben. Am nächsten lag das Übungsgelände Ferme Saint Pere. An den heiligen hat mancher gedacht, wen es hieß „Granaten“ und wir uns so schnell und so tief wie möglich einbuddeln mussten. Unser Gruppenführer Ober Gefreiter B. aus Böblingen, war ein Front erfahrener Soldat, der sich vor dem Teufel nicht fürchtete. Im Osten hatte er schon einige Panzer im Alleingang erledigt. Der stand uns im Genick, wenn wir nicht wie ein Maulwurf in der Erde verschwanden. Monate später erkannten wir den Grund. Auch der Chef wusste, warum er den Schützen F. drei Tage lang Einsperren ließ, weil er im Gelände geschossen hat, ohne ein Ziel zu haben und das Feuer nicht freigegeben war. Unser Schiessplatz war in der Nähe Rosoy. Der Weg dorthin war beschwerlich. War man als Schütze I eingeteilt, hatte man das um die 30 Pfund schwere MG, eine Pistole und eine Werkzeugtasche zu schleppen. Schütze II trug ein Gewehr, Reservelauf und Reserveschloss, Schütze III führte ein Gewehr und 300 Schuss MG – Munition mit sich. Sturmgebäck mit Decke, Patronentaschen, Seitengewehr, Spaten, Brotbeutel, Feldflasche, Kochgeschirr, Stallhelm und Gasmaske gehörten zu Ausrüstung eines jeden.





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