260. Infanterie-Division

  • Der Tag von Romanischtsche



    Von Heinz Pfeiffer, damals Hauptmann und Kommandeur der P.– Jäger– Abtl. 260



    Die P. 260 hatte im August 1941 den Auftrag erhalten, die vor zwei Tagen überquerte Bahnlinie in unserem Rücken, in ihrem Südost wärtigen Verlauf nachhaltig zu zerstören und nach Möglichkeit dem schon mehrfach aus Richtung Mosyr angebraust gekommenen Panzerzug gleichzeitig das Handwerk zu legen.
    Diese fahrbare Batteriestellung hatte sich bei unseren Trossen und Nachschubeinheiten unliebsam gemacht und ---da sie zusammen mit Kavallerie und scheinbar auch ausgebooteten Infanterie operierte – die kämpfenden Teile der Division praktisch von ihrer Nachschublinie getrennt. Auch das große Dorf Romanischtsche -- Für Pripjet Verhältnisse fast ein Straßenknotenpunkt – war plötzlich vom Iwan besetzt worden, wo bei den Roten u. a. einige LKW. Vom Tross des Divisionsstabes in die Hand gefallen waren.
    Für Panzerjäger ein etwas ungewöhnlicher Auftrag und obendrein ein Raid in Richtung Heimat! Auf Befehl des Abteilungskommandeurs blieb die schwere Kompanie nach Austausch einiger ihrer schweren Pak französischer Beute mit 4,7 cm Kalieber gegen leichte 3,7 cm. Geschütze im erreichten Raum zurück.
    Dazu alles an Menschen und Material, was zur Durchführung des Auftrags nicht unbedingt erforderlich schien.
    Die Abteilung rückte bei Dunkelheit in die Bereitstellung auf einen Waldweg, mit Anfang am westlichen Rand. Eine elende Quälerei! Denn die Roten hatte diesen Weg mit Traversalsperren verziert, als wenn die bolsewistische Prominenz dort eine Christopherusjagd geplant gehabt hätte!
    Aber eine Passage für die schweren Protzkw. Mit den Zigeunerkanonen dahinter musste Geschafft werden, so gut es eben ging. Der Schweiß floss in dieser etwas schwülen Sommernacht in Strömen. Seitdem sollen die Rotkitnosümpfe auch in den heißen Sommern nicht mehr ganz austrocknen.
    Im ersten Morgengrauen war aber doch schon so viele freie Bahn geschaffen. Dass bereits einige Kübelwagen ---- darunter der allseits berüchtigte Stuka zu Fuß des Kommandeurs, vor dem Waldrand unter Zweigen versteckt hielten. Die Abteilung hätte wenn auch in Schrittgeschwindigkeit – diese Schikanen jetzt überwinden können, umso mehr als auch etliche der Baumstämme aus den demontierten Sperren nunmehr die Tief eingeschnittenen Fahrspuren gut ausfüllten.
    Nun konnte es an sich losgehen! Die Abteilung hatte freilich die Weisung, die Wiedereinnahme von Romanischtsche durch Teile des IR. 480 und die AA. 260 abzuwarten. Dann erst sollten die Pz. – Jäg. Durch den Ort hindurch zu ihrem Vorstoß antreten.
    Halblinks voraus, jenseits einer Waldkulisse, plapperte beim hell werden deutsches MG: Das waren die 480! Halbrechts mit schräger Front auf Romanischtsche konnte man im Gelände Bewegungen erkennen. Auch die Aufklärer gingen ans Werk.
    Die Abteilung hielt genau auf die Lücke zwischen den beiden gegen Romanischtsche angesetzten Verbänden. Um den Gang der Kampfes verfolgen und unverzüglich das Anrollen der Abteilung veranlassen zu können ging der Kommandeur mit einer Handvoll seiner Männer als Winkerposten, zu Fuß – eine Schande für die rosa Waffenfarbe! Auf dem nunmehr zum Heideweg beförderten bisherigen Waldweg vor.
    Die Gegend kam allen fast heimatlich vertraut vor, denn immerhin war man hier ja vor ungefähr 48 Stunden schon einmal gewesen.
    Wie für moderne Schlachtfelder vorgeschrieben, war vom Iwan nicht zu sehen, aber auch die Sicht auf den Ortsrand von Romanischtsche war durch vorher schon erwähnte Waldkulisse, sowie einige Baum und Buschgruppen verdeckt. Das kleine Grüppchen marschierte also unbehelligt auf dem Weg weiter vor, von Zeit zu Zeit einen Mann stehend lassend, um die Sichtverbindung nicht zu verlieren. Nach der befohlenen Uhrzeit hätte der Angriff der Infanterie eigentlich anrollen müssen. Aber es rühret sich nichts, mit Ausnahme eines Drei - Mann Spähtrupps vom IR.480, der plötzlich aus der besagten Waldkulisse auftauchte.
    Nach gebührender Feststellung, dass man wechselseitig kein böser Feind sei, verschwanden die Späher wieder und der Kommandeur ließ seinen letzten Winkerposten ausscheren, um die restlichen ca. 100 m bis zum Ende der Waldkulisse im Alleingang zu bewältigen. Denn von dieser Ecke aus musste Romanischtsche einzusehen sein und er musste dann auch glücken, den richtig Zeitpunkt für das Anrollen der Panzerjäger nicht zu verpassen.

    Jede Menge Russenpanzer!

    Die Waldecke war erreicht und wie zur Begrüßung schwoll auch der Gefechtslärm ganz beträchtlich an. Jetzt musste wohl die Infanterie angetreten sein! Zu sehen gab s auch etwas: aber keine Panjehütten von Romanischtsche und auch keine springenden Gestalten in Feldgrau! Stattdessen aber jede Menge Russenpanzer die fast parallel zur vordersten Linie, zwischen dieser und dem Ortsrand, mit einem wirklichen Affenzahn auf die Waldecke zurollten! Und in prachtvoller Ordnung: Muster Maiparade auf dem Roten Platz ! immer fünf Schaukeln in einer Linie, nickten sich durchs hohe Heidekraut! Dabei kein Kettengeräusch, Motor dröhnen und Quietschen der Treib und Lenkräder. Kein Wunder ! es waren Christie-Schnell-Tanks amerikanischer Bauart in sowjetischer Lizenz mit Gummilaufketten über 5 Zwillings- Räderpaaren und mit einer Geschwindigkeit von 45 km/h im Gelände und --- ohne die Gummiketten—von mindestens 90 km/h auf festen Straßen.
    Zu ausgiebigen Betrachtung und gründlichen Vergleichen mit den Angaben im Panzererkennungsdienst blieb allerdings keine Zeit mehr, denn der vorderste Panzer war auf etwa 50m heran. Jetzt wäre ein kleines Tragbares Funkgerät richtig oder ein schönes Telefon, Elfenbein mit Korkenzieher Schnur, hätte s Notfalls auch getan! Alle möglichen Zeichen waren mit dem Winkerposten vereinbart worden, nur an einen Überraschenten Panzerstoß hatte natürliche kein Mensch gedacht!
    Da gab s nur eins: kurz kehrt und zurück im Sprinterstart zurück Richtung Wald! Denn der vorderste Iwan Panzer hatte den Kommandeur auch schon im Visier, weil dieser zu allem Überfluss eine weißbebänderte Gummibrille über sein Schiffchen geschnallt hatte. Die respektlosen Roten hielten ihn wohl für einen verlaufenen Schiedsrichter aus dem letzten Manöver! Alles Zick - Zack Laufen, Hakenschlagen, und Arme wedeln fruchteten nicht, von dem Winkerposten nicht zu sehen und am Waldrand war scheinbar der Frieden ausgebrochen, so still war s dort.
    Wie nur die Abteilung alarmieren? Eigentlich hätten ja die Winkerposten etwas merken müssen, denn sie kannten schließlich ihren Alten gut genug, um zu wissen, dass dieser keineswegs aus freien Stücken einen Geländelauf hinlegen würde.
    Weitere Marathon Übungen erübrigten sich, denn die Lungen wollte nicht mehr und bedrohlich nahe zischten schon Feuerstöße aus zwei Maschinengewehren in Bäume und Büsche. Da blieb dem Kommandeur nur ein verzweifelter Hechtsprung in einen mangrovenartigen Sumpfbusch. Zünftige Deckung nur gab s da noch kühlende Feuchtigkeit zusätzlich, sagenhafter Dreck uns lästiger stinken tat s auch.
    Der Panzer drehte ab, wohl in der berechtigten Annahme, den komischen Vogel doch noch erwischt zu haben, und schon tauchte am Waldrand die am Anfang der Kolonne eingeteilt gewesene Spitzenpak auf! Von 6 Mann gezogen und geschoben, mit geladenem Rohr und gespreizten Holmen. Und in einem Tempo, wie es auf dem Kasernenhof oder in Baumholder undenkbar gewesen wäre! Der Winkerosten hatte die Lage also doch gespannt!
    Zu einer solchen Situation pflegte der Verfasser von Kriegsberichten meist zu erklären, dass sich nun alles wie auf dem Exerzierplatz, geradezu wie am Schnürchen abwickelte. Zu mindestens in diesem Fall war es doch ganz anders! Obwohl es sich auch um eine Feuertaufe handelte. Was sich im Verlauf der nächsten Stunden in einem unwahrscheinlichen Tempo und in Unbeschreiblicher Turbulenz abspielte, war schneller erledigt als alle Einzelheiten, die das Auge wahrnahm, niedergeschrieben werden könnten.
    Ohne jeden Unterschied von Dienstgrad und rang wurde zugepackt und gehandelt. Offiziere schoben Fahrzeuge über Gräben und Löcher. Kurzer Hand raus auf die freie Fläche oder seitwärts in den Waldrand ins Unterholz. Die Fahrer wuchteten mit an den Geschützen im Mannschaftszug, und die Männer des I Staffel buckelten Munitionskästen. Von Aufregung oder gar Panik keine Spur—eher eine wettkampfartige, verbissene Betriebsamkeit.
    Trotzdem viel Gebrüll, Gefluche, und sogar manch Gelächter---und, wenn am frühen Morgen der Schweiß schon literweise um die Traversalhindernisse floss, so wurde er jetzt in Hektolitern vergossen. Und dieses ganze scheinbare Durcheinander überdröhnt vom Ratter der Russen MGs und dem knallenden Peitschenschlag der Pak Schüsse.
    Insgesamt konnten wohl nicht mehr als 5 Pak durch den tiefen Sand und verfilztes Heidekraut in Stellung gewürgt werden, d. h. sie wurden ein Stück vom Waldrand abgesetzt, einfach in die Landschaft gestellt. Eine Deckung gegen Feuer oder Sicht, oder gar Tarnung spielten überhaupt keine Rolle, nur Schussfeld und Ziele waren gefragt. Und davon gab s wirklich reichlich.
    Pausenlos kurvten die Panzer mit durchschnittlich wohl 30 km/h in dem Kusselgelände herum, ohne große Abstände und Zwischenräume. Dabei frönten sie der Eigenart, stets mir nur allen Waffen stur geradeaus in ihre jeweilige Fahrtrichtung vor sich her zu Schissen. Dieser Brauch wurde von den Panzerjägern für sehr Vernünftig empfunden, denn logischerweise hatte kaum einer der Panzer den Drang Marschrichtung auf den tief liegenden und sumpfigen Waldrand zu nehmen. So boten sie dann stets ihre Flanken ungeniert zum Beschuss an. Begreiflich, das dieses unerwartete Entgegenkommen erbarmungslos ausgenutzt wurde. Der Erfolg blieb auch nicht aus: das kleine Stückchen Heide vor Romanischtsche war bald betupft mit helllodernden oder dunkel qualmenden Panzerwracks.
    Natürlich erstanden auch einige weniger erfreuliche Situationen, von denen eine festgehalten zu werden verdient. Der Kommandeur hatte gerade an einer Pak, die mitten auf dem Feldweg stand, einen ROA als Geschützführer mit einer betonten leichten Zigarre versorgt, da dieser bei einem aus einer Geländefalte überraschend auftauchenden Panzer zu schnell geschossen hatte, so dass der Treffer nur an der Turmoberkante saß (er brannte aber trotzdem), als etwa 5m hinter ihnen sich ein weiterer Panzer durch ein Tännchengruppe quälte. Dieser fuhr parallel zum Waldrand, zeigte also auch seine Breitseite, und drängelte sich zwischen zwei Kübelwagen, die am Waldrand abgestellt waren. Da zeiget der ROA Uffz. Krämer aber, was er konnte: Geschütz mit geladenem Rohr 180° Grad herumgerissen, kurz gerichtet, und ---Feuer! Blattschuss zu den 4 Treffern, die man deutlich an der Kastenunterkante erkennen konnte, und die Kiste rührte sich nicht mehr vom Fleck! Sie brannte nicht wie die Mehrzahl der abgeschossenen Christie. Sonst hätte es auch allerlei Flurschaden unter den abgestellten Fahrzeugen gegeben. Wenn aber der Panzer auch nicht brennen wollte, so begann jedoch einer der beiden Kübelwagen zu kokeln. Er hatte nämlich neugierig im Weg gestanden und der saubere Treffer war zunächst diagonal durch ihn hindurch gegangen, bevor er den Panzer stoppte. Zum Glück für den ROA gehörte der Kübel nicht seinem eigenen Zugführer.



    1.Teil



    Kameradenhilfswerk der
    260. Infanterie- Division


    Mit freundlichen Grüßen


    Karlheinz

  • 2.Teil


    Neuer Panzer zum Maßnehmen

    Die Gefahr war aber noch nicht vorüber, denn kaum das der Panzer stand, als sich auch schon der Turmdeckel hob und eine Gestalt mit rieseigen Kopfhören und einem Arm voller Handgranaten sichtbar wurde. Das hätte noch mancherlei Ärger geben können, wenn nicht von irgendwoher eine MPi. kurz aufgebellt hätte. Also noch ein Holzauge, das wach gewesen war! Die Handgranaten mit allem Zubehör verschwanden wieder in der Luke, und ein neuer Panzer konnte Maßgenomen werden.
    Übrigens stellte sich später heraus, dass es sich bei diesem Türmer um den sowjetischen Regimentskommandeur gehandelt haben muss, einen Oberstleutnant. Er fand sein Grab neben seinem Panzer.
    Als schönster Erfolg des Tages wurde vermerkt, dass dem gegenüber die Panzerjäger keinen eigenen Verlust zu beklagten brauchten.
    Der Rest ist schnell erzählt. Der Panzerangriff wurde so gründlich abgewehrt, dass die Christies nicht einmal mangels Masse zurückfluten konnten. Ganze 9 Stück dieser Windhunde scheinen entwischt zu sein, denn laut Gefangenenaussage waren 60 Panzer angetreten und vor der Front lagen 51 Wracks, ein volles Dutzend vor dem Anschnitt der 480er, Respekt vor den Kameraden der Infanterie, die ihre Beute zum guten Teil mit Panzerbüchsen erledigen mussten. Der kaum glaubliche Rest von 39 meist ausgebrannte Windhunden lag in einem ziemlich dicken Pulk vor den wenigen Rohren der Panzerjäger.
    Nachdem auch noch einige Trüppchen ausgebooteter Panzerbesatzung, die mit ihrem MPi, die Landschaft unsicher machten, durch rasch formierte Streifen unschädlich gemacht worden waren, wenn sie nicht schnell genug die Pfoten hoch nahmen, trat Ruhe ein. Vielleicht unter den erlittenen Schock war Romanischtsche geräumt vom Russen geräumt worden und weit und breit gar kein Iwan mehr zu sehen. Auch der Panzerzug blieb verschwunden, und die Pioniere konnten ungestört das Bahngleis sprengen.
    Das Verdienst an diesem schönen Erfolg hatten alle Geschützführer, alle Schützen 1. alle Schützen 2 --- 4, alle Fahrer, alle Kompanien, Zug und Truppführer, alle I-Staffelmänner ---- denn jeder gab sein Bestes --- mit einem Wort: die ganze Panzerjäger - Abteilung 260!



    Kameradenhilfswerk der
    260. Infanterie- Division

    Mit freundlichen Grüßen

    Karlheinz

  • Sanitäter nach vorn



    Einsatz der Krankenkraftwagen bei Romanischtsche




    Bei Romanischtsche ist am 24. Juli einiges geboten: Mit fünf Krankenkraftwagen rollen wir nach vorne, die Krankenträger auf den Trittbrettern. Gut dass wir das Gelände kennen, das wir acht Tage zuvor in Umgekehrter Richtung passiert haben. Der Wald lichtet sich in vereinzelte Buschgruppen. Bevor er ganz aufhört, wird er jedoch wieder dichter und dort sollen die meisten Verwundeten liegen.
    Was wir vorher an Artillerie Feuer gehört haben, ist nichts gegen den Kampflärm, der hier herrscht: Überall Einschläge von Artillerie, Granatwerfern, und Geschützen eines Panzerzuges, der uns schwer zusetzt. Dazu das helle knallen der Pak und der Kanonen einiger Panzer, die hier in den Wald eingebrochen sind. Wir müssen mit unseren Wagen mehreren gefallenen Kameraden ausweichen und dann geht es an das Einladen. Ein Leutnant winkt uns Halt: Dicht vor uns liegt die Infanterie! Weiteres vorfahren ist unmöglich, da sowjetische Panzer dort alles, was sich bewegt, zusammenschießen.
    Ein Wagen nach dem andern wird beladen, neue werden angefordert. Haufenweise sind plötzlich Verwundete da. Ärztliche Arbeit ist hier aber unmöglich, wichtig sind nur ein Notverband, zur Schmerzlinderung eine Spritze und dann weg aus dem Feuer.
    Zum ersten Mal sehe ich gehäuft diese fürchterlichen Verletzungen: Da ist ein Oberschenkel aus dem Hüftgelenk herausgerissen, wobei auch der Bauch verletzt ist und die Därme herausquellen, eben zehn Meter weiter hinter einen Busch passiert. Der Arme ist bei vollem Bewusstsein und sieht mich ängstlich an. Sei Transport ist der sichere Tod. Aber die Hoffnung fast aller dieser Todgeweihten ist der Hauptverbandplatz. Noch oft sehe ich dieses Elend und drücke manchem Kameraden die Augen zu. Die Verwundung kann noch so schwer sein, jeder glaubt dem Arzt: Das ist nicht so schlimm, das sind nur Schreck und Schwäche, schlaf nur ruhig ein, morgen ist es besser. ---friedlich schliefen sie dann ein… Sanitätsunteroffizier Klotz ist fabelhaft: Immer wieder bricht er mit seinen vierzehn Trägern auf und schleppt neue Verwundete heran. Wagen auf Wagen rollt nach rückwärts. Immer wieder auch kommt der Ruf Panzer von vorn aber wir achten nicht mehr darauf obwohl wir Motorlärm und die scheußlichen Granaten immer wieder vorbeirauschen hören. Plötzlich gerade wird ein Trupp Gefangener Russen vorbeigeführt, wir betten eben einen Verwundeten auf die Trage und ich habe die Spritze in der Hand – rollt 3ein Panzer gerade auf uns zu , hinter einem Busch vor uns hervorbrechend.
    Da hilft nichts: Zwanzig Meter links seitlich ist eine Baumgruppe. Dahin rennen wir alle, mit uns die eben gefangenen Russen. Mich umdrehend sehe ich den Panzer an den Verwundeten vorbei weiterrollen. Doch halt! Am Ende der Lichtung steht eine Pak und da hat es ihn auch schon erwischt. Schwärzlicher Rauch und Flammen steigen empor, brennend stürzen zwei Mann der Besatzung aus der Luke und bleiben Kopf nach unten am Panzer hängen. Stundenlang brennt der dann, während wir mechanisch weiter Arbeiten.
    Allmählich wird das Feuer schwächer. Klotz ist schon zweimal mit Sankas in das Dorf Romanischtsche gerollt und auch bei mir wird die Zahl der Verwundeten geringer. Am späten Nachmittag hört das Feuer auf. Nass geschwitzt sind wir alle, grell steht die Sonne am wolkenlosen Himmel, zeitweise verschleiert durch den Rauch der brennenden Panzer. Vom nahen Waldrand sehen wir zum Dorf hinunter: Überall rauchende Panzerwracks, 51 werden gezählt. Ungezählte tote Russen bedecken das Feld. Aber auch wir haben große Verluste: 92 Kameraden, vor allem vom II/480, sehen die Sonne nicht mehr Untergehen. Alles Kameraden mit denen wir im Winter in der gleichen Kaserne in Chalong sur Saone zusammen gewesen sind. 250 Männer haben wir im Laufe des Tages verletzt geborgen. Zwanzig Minuten nach Feuereinstellung kann ich beim Regiments Gefechtsstand melden, dass alle Verwundeten abtransportiert seien. Oberst Hahm erklärt mir spontan, dass er mich für das Eiserne Kreuz einreichen werde.

    Dr. Sell


    Kameradenhilfswerk der
    260. Infanterie- Division

    Mit freundlichen Grüßen

    Karlheinz

  • Mit der 260. ID. über den Dnjepr



    Von Dr. H. Fronmüller, damals Mayor und Stabsoffizier für Marschüberwachung



    Nach dem Übergang der 260.ID. über die Bresina, vom 11. – 13. August 1941, rückten die Regimenter und Batterien über Lady Wassiliwitsche - Nowo—Markowitschi und Welikil Less gegen den nahen Dnjepr vor, um sich dort zum Angriff über den Fluss bereitzustellen. Die Gegend war sumpfig und moorig, die Wege weich und zerfahren und oft blieben die Fahrzeuge im Morast stecken, besonders da durch die Bespannfahrzeuge der Artillerie die mot - Spuren immer wieder zerstört wurden. Die letzten 2 km vor dem Dnjepr Ufer führte die Straße ostwärts Schirkowka als hoher sandiger Dammweg dahin, links und rechts unheimliches Moor, sodass hier durch umfassende Verkehrsregelung ganz besonders dafür gesorgt werden musste, dass keine Stockung eintrat. Der Div.-Führungsstab verbrachte die Nacht in einem großen neuen Holz Theatersaal in Nowo – Markowitschi.
    Der Dnjepr zeigte sich hier als großer breiter Fluss. mit guter Strömung, tiefem klaren Wasser, ausgeprägten Flussbett und steilern Ufern, ohne die sonst so gefürchtete moorigen Uferstrecke. Man erwartete hier stärkeren Feindwiderstand, zumal zahlreiche Feldbefestigungen festgestellt wurden.
    Die Vorhut der Division war aber schon am Abend über den Fluss vorgestoßen. Der Feind wich zurück und beabsichtigte offenbar nicht, hier starken Widerstand zu leisten. So konnte schon in der Nacht vom 13. auf 14. August mit dem Übersetzen der Division begonnen werden. Früh 3,30°°Uhr befand ich mich bereits mit dem Verkehrsregelungstrupp und Feldgendarmerie an der Übergangsstelle, wo – da noch keine Brücke gebaut war--- in einem regen Fährbetrieb auf zahlreichen Pontonfähren die Einheiten durch die Pioniere übergesetzt wurden, was entsetzlich langsam ging und wegen des Vorranges immer wieder einzuschleusende Einzelfahrzeuge, zu vielen Reibereien führte. Um bei den vielstündigen Wartezeiten der übersetzenden Formationen keine Stockung vor der Übergangsstelle eintreten zu lassen, wurden die die Einheiten durch Verkehrsposten und Ablaufoffiziere bereits bis zu 2 km vorher abgefangen und getarnt bereitgestellt, und erst von den Ablaufpunkten abgerufen, wenn die Reihe zum Übersetzen an sie kam. Wie richtig diese Organisation war, bewies einsetzendes Artilleriefeuer auf den Anmarsch Dammweg und ein Tieffliegerangriff, der um 12,15°°Uhr auf die Übergangstelle erfolgte.
    Gegen Mittag erschien an der Übergangsstelle der Korpspionierführer. Nachdem ich ihm eindringlichst die Schwierigkeiten und den Zeitbedarf beim Fährbetrieb auseinandergesetzt hatte, gab er seine Einwilligung zum Bau einer Kriegsbrücke. Dieses wurde dann auch rasch bis zum Abend fertig gestellt, so dass wenigsten die restlichen Teile der 260. ID. und der nachfolgenden Division flott übergehen konnten.
    Der Betrieb an der Befehlsstelle des Stabsoffizier für Marschüberwachung (Stomü) war sehr lebhaft und aufreibend: Tag und Nacht ein ununterbrochenes Laufen und Telefonieren, Meldungen der Ablaufoffiziere über die auf drei verschiedenen Marschstraßen anrückenden Truppen beider Divisionen, Bereitstellen der selben und Weitergeben der vielen fernmündlichen Befehle der Division an die einzelnen hier vorbeiziehenden Formationen, Einschleusen von Einzelfahrzeugen u.s.w. Dazu immer die Sorge um Auflockerung der Kolonnen wegen eventueller Luftangriffe, Artilleriebeschusses oder wegen gemeldeter Kanonenboote. Wir kamen die ganzen Nächte dort nicht zur Ruhe.
    Am 15. August 1941 früh lag kalter starker Nebel über der DNJepr – Niederung. Dicht am Befehlstand lauerten 2 IFH. Des AR. 260 in den Nebel hinein auf die sagenhaften Flusskanonenboote. Ununterbrochen ziehen die Truppen der beiden Divisionen über die schöne Kriegsbrücke. Allmählich aber versiegte der Strom und – nachdem die letzten Fahrkolonnen unserer Division abgelaufen waren – konnte die Übergangsregelung aufgehoben werden. Um 17°°Uhr überschritt ich selbst den Dnjepr und rückte ab zur QU- Staffel 260.ID. nach Schtchitny, das gerade zum Empfang, wie auch in der Nacht schon, von feindlicher Artillerie beschossen wurde.
    Der rasche Übergang bei Schichowo und Streschin ermöglichte es dem Korps, einen kühnen, ca. 50 km tiefen Einbruchskeil nach Osten vor zutreiben, der zur Aufspaltung der russischen Front führte und eine taktische interessante Lage schuf: kämpfte doch das Korps nun nach drei Fronten---Norden, Osten, Süden—um einen Frontkeil zu erweitern bzw. zu halten gegen die von allen Seiten anrennenden Russen, welche durch unsere Fronten hindurch sich zu ihren bei Gomel –Kiew stehenden Armeen durchzuschlagen versuchten. All die Dorfnamen im großen Einbruchsbereich des Korps erwecken lebhafte Erinnerungen an diese Kämpfe und Überfälle in uns, wie Gubitschi, Potapowka, Guta, (Div.-Gef.-Stand) und Borowucho. Ganz besonders aber das mitten zwischen den durchbrechenden Russen liegende Schtchitny.


    Kameradenhilfswerk der
    260. Infanterie- Division

    Mit freundlichen Grüßen

    Karlheinz

  • Sababje im August 1941




    Kritische Lage durch Ausbruchversuche des Feindes




    Sababje ist der Name eines kleinen Dorfes an der Bahnlinie Bobruisk – Shlobin --- Gomel im Grenzgebiet zwischen Weißrussland und der Nordukraine. Für die alten Krieger der 260. Infanterie Division (Generalleutnant Hans Schmidt), insbesondere die des IR. 460 (Oberstleutnant Linder), ist der Name mit der Erinnerung an eine Lage verbunden, die für eine Infanterie-Division nicht alltäglich war. Im Gesamtbild der Kampfhandlung des Jahres1941 kennzeichnet der Name Sababje für unsere Division das Ziel und den Erfolg des Dnjepr Überganges bei Streschin.
    Die Vorgeschichte: Am Südflügel der Heeresgruppe Mitte hatte sich nach harten Kämpfen das Höhere Kommando XXXV mit der 1.Kavallerie – Division und der 45.Infanterie-Division durch die Pripjet – Sümpfe geschlagen. In der bis dahin tiefen und offenen Flanke südlich und südwestlich von Bobruisk hatte das XXXXIII AK. (General der Infanterie Heinrici) mit 131. (Generalleutnant Mayer Burdorf), 134, (Generalleutnant von Cochenhausen) und 260. Infanteriedivision in Angriff und Abwehr die russische Anstrengung, mit Panzer und Kavallerie-Verbänden den Rollbahnnachschub westlich Bobruisk zu unterbinden, in verlustreichen Kämpfen zum Scheitern gebracht. Und endlich hatten sich die von Westen kommenden Verbände des Höheren Kommandos XXXV und die nach Süden angreifenden des XXXXIII. AK. Im Raum Osaritschi die Hand gereicht.
    Die nun frei gewordenen Divisionen des XXXXIII. AK. Sollten nun etwa vom 10. August 1941 an in allgemein ostwärtiger Richtung, die Stalin – Linie am Dnjepr durchstoßen, dem über Rogatschew nach Süden eindrehenden XII. und XIII. AK. ostwärts des Dnjepr die Hand reichen. Die gesamte zwischen der Heersgruppe Mitte und Süd ablaufende Operation führte die 2.Armee (Feldmarschall v. Weichs). Mit dieser Bewegung löste sich die 2.Armee von der Heersgruppe Mitte und leitete die nördliche Umfassung der russischen Heersgruppe Budjenny in der Ukraine ein. Am äußersten Ostflügel dieser Aktion operiert die Panzergruppe Guderian.
    In der Nacht vom 11.zum 12. August ging die 260 Division bei Schazilki ohne Feindwiderstand über die Bresina, die etwa 35 km Südostwärts davon in den Dnjepr fliest. Die Regimentsgruppen schoben sich mit Aufklärung und Sicherung an den Dnjepr heran. Von dem überragenden steilen Westufer konnte man das flachere, stark versumpfte und bewaldete Hinterland des Ostufers tief einsehen.
    Nördlich von uns hatte sich die niedersächsische 267. Infanterie-Division (Generalleutnant v. Wachter) ebenfalls an den Dnjepr heran geschoben und bei Streschin bereit Vorbereitungen zu Übergang getroffen. Hinter uns folgte die 134. Infanterie-Division, deren IR, 455 (Oberst Heinze) uns mit der Weisung unterstellt wurde, es am Südflügel zu verwenden.
    Auf Grund der weiteren fortgeschritten Übergangsvorbereitung der 267. Infanterie-Division verabredeten die beiden Divisions- – Kommandeur, starke Teile der 260. Infanterie – Division zu unterstellen. So rückte den am 13.August unsere Infanterie-Regimenter 470 (Oberst Wenninger)und 460 über die Brücke bei Streschin. IR. 445 gewann das Ostufer zunächst im Fährverkehr bei Schichowo am 13. und 14. August. Am zweiten Tag des Überganges wurde auch dort eine Brücke fertig gestellt. Aus den Stellungen am Ostufer viel kaum ein Schuss. Dagegen störte die russische Artillerie, unterstützt durch einige Tiefflieger.
    Unser Artillerie und die Panzerjäger konnten wegen des verzögerten Brückenbaus bei Schichowo nicht schnell genug folgen, um die Kämpfe zu Erweiterung des Brückenkopfes am 13. und 14. August ausreichend zu Unterstützen. Der feindliche Widerstand verstärkte sich mit der Vergrößerung des Abstandes vom Dnjepr, denn nun hatten die Russen die tödliche Bedrohung ihrer starken noch Nördlich von uns bei Slobin stehender Kräfte erkannt. Sie warfen alles was schnell greifbar war, den Regimentern unserer beiden Divisionen entgegen. Auch am Südflügel wurde heftig um Gubitschi (445, später 480 Oberst Hahm) gekämpft. Dort traten russische Einsatzverbände mit schweren Panzern aus Gomel auf.
    Das Hauptziel des Brückenkopfes war die Sperrung der aus dem Raum Slobin nach Gomel führenden Straßen und Bahnen ehe nach Vernichtung der dadurch abgeschnittenen russischen Kräfte der Vorstoß nach Gomel fortgesetzt werden konnte. Das örtliche Ziel für den ostwärts des Dnjepr vorgetriebenen Keil war Sababje und die Keilspitze bildete das IR: 460.




    1.Teil



    Kameradenhilfswerk der
    260. Infanterie- Division

    Mit freundlichen Grüßen

    Karlheinz

  • Die nach Süden eindrehende IR. 445,480 und 470 hatten die tiefe Südflanke des Keiles zu schützen und die Ausgangsbasis für die Offensive auf Gomel zu sichern. Die nach Norden eingedreht 267. Infanterie – Division hatte den Hauptstoß der von der Einschließung bedrohten russischen Kräften bei ihren Ausbruch nach Süden abzufangen. Die Keilspitze des IR. 460 hatte die gleiche Aufgabe am Ostflügel der Nordfront, außerdem musste es im Angriff nach Norden die Verbindung mit den dort erwarteten Teilen des XIII. AK. (General der Infanterie Felber)suchen. Auf dem harten Weg zu diesem Ziel machte das Regiment etwa 2000 Gefangene und erbeutete 36 Geschütze.
    Der 16.August ist nun durch die immer stärker werdenden und auch zu örtlichen Krisen führenden Angriffe der Russen zu Fuß, zu Pferd und mit Panzer gekennzeichnet. Das Schwergewicht der Kämpf lag an der Nord und Nordostfront des Brückenkopfes. Dem Feind gelang gegenüber den schwach besetzten Linien einzelne Durchbrüche, durch die Kavallerie -Verbände, motorisierten Gruppen und Infanterie in den Brückenkopf einsickerten, um sich dann nach Süden auch durch die zweite Front durchzuschlagen. Beim IR. 460 wechselten eigene und feindliche Angriffe. Die links benachbarte 267. hatte alle Hände voll zu tun, um die Einbrüche zu bereinigen und die Durchbrüche in Grenzen zu halten.
    In der Abenddämmerung des 16.Augusterreichte die Krise beim IR:460in Sababje ihren Höhepunkt. Während die teilet des Regiments umgruppierten, gelang es einer starken russischen LKW Kolonne mit Infanterie und begleitet von einigen Panzerspähwagen, im Schutze der Dämmerung in den Ort Sababje hinein zufahren, um durchzubrechen. Hätte sich dieser Durchbruch lautloser vollzogen, wäre es wahrscheinlich geglückt. Da aber die Russen wild schreiend um sich schossen und mit Handgranden warfen, entspann sich ein stundenlanges wildes Gefecht. Stäbe und Tross verließen schockiert den Ort, während die Kompanie des I. (Major Reithinger) und III Bataillon (Major Grosser) und ein Rest des Regimentstabes mit dem Adjutanten Hauptmann Zeifang schleunigst die Abwehr organisierten und durchführten. Schwache Teile des Feindes konnten entkommen. Nach Stunden klang das Gefecht ab und die Krise war gebannt.
    Die aufgehende Sonne des 17.August beleuchtete ein Bild des Grauens. Eine Kolonne von über 20 zusammengeschossen und zum Teil noch brennenden Kraftfahrzeugen, nur mehr beladen mit Toden und Verwundeten des Nachtgefechts standen in und um den Ort. Auf 200m Straßenlänge wurden 70 tote und 40 Verwundete Russen gezählt. Die ansehnliche Beute konnte den entsetzlichen Eindruck nicht verdrängen. Der Verlust des IR. 460 waren nicht sehr hoch, aber mit 11 Toten doch schmerzlich. Besonders hart wurde der Divisionsstab getroffen, des 2.Generalstabsoffizier Hauptmann Erns Vidal bei diesem Gefecht fiel.
    Der 17. August war noch einmal ein Tag der höchsten Spannung. Bei der 267. Division gelang stärkern feindlichen Verbänden, Kavallerie und motorisierten Truppen mit einzelnen Panzern, der Durchbruch. Die Ortschaften im inneren des Brückenkopfes wurden zur Festung, an den sich die verzweifelten Angriffe der Russen brachen. Von allen Seiden funkten Teile unserer Division um Hilfe. Alle Fernsprechverbindungen waren unterbrochen, Trosse, Einzelfahrzeuge und eine gesamte Bäckerkompanie fielen den durchbrechenden Russen zum Opfer. Teile der Panzerjäger und der Aufklärungsabteilung 260 fuhren im Brückenkopf von Ost nach West und umgekehrt umher, um die Nachschubwege wieder zu öffnen und zu Sichern.
    Erst gegen Abend trat einige Beruhigung ei. Die Sprechverbindungen konnte wieder hergestellt werden. Zugleich traf in Sababje die Vorausabteilung der 112.ID.des XIII AK ein. Die letzte große Lücke war geschlossen und die erste Aufgabe des Brückenkopfes erfüllt. Am 18. August gruppierte die Division um. Sie trat am nächsten Tag unter dem XIIII AK. rechts begleitet von der 134.ID. zum Vormarsch auf Retschitza und Gomel an
    Herbert Köstlin

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    Mit freundlichen Grüße
    Karlheinz


  • Unbeirrt aus der Falle entkommen



    Begegnungen mit unseren zweiten Divisonskommandeur General Hahm




    Erst vor einem dreiviertel Jahr haben wir in dieser Zeitschrift (AK: 7/1976) von unserem zweiten Divisionskommandeur, General Walter Hahm, Abschied genommen.
    Auch dieser Bericht soll noch einmal auf besondere Weise an ihn erinnern.
    Am 13. Juli 1941 war ich im Raume Baranowitschi mit einigen Fahrzeugen der Werkstattkompanie 260 unterwegs und musste einen von Pionieren nur Notdürftig und schmal gebaute Behelfbrücke über ein kleines tiefes eingeschnittenes Gewässer passieren, Kurz vor dem jenseitigen Brückenkopf brach das letzte Fahrzeug in den schwachen Belag ein und die ganze Marschgruppe kam zum Halten. Wie bemühten uns mit allen Kräften, das Fahrzeug wieder flott zu machen.
    Es dauerte nicht lange als es wie Donner und Wetterleuchten herankam: Oberstleutnant Hahm. Er war sehr aufgebracht und stellte mir eine Frist: bis dann und dann müsse die Brücke wieder passierbar sein! Als er aber sah, wie schwierig und mühsam das war und wie redlich wir uns bemühten und endlich Erfolg hatten, war er doch beeindruckt und zufrieden.
    Am 15. August 1941 nachmittags kam unser 1. Zug an den Dnjepr. Die Pontonbrücke bei Sbrechin war für uns noch nicht freigegeben, so dass wir über Nacht dort halten mussten, neben einer Batterie die wiederholt Salven feuerte. Anderntags um die Mittagszeit, nachdem bereits feindliche Artillerie Störungsfeuer schoss, wurde der Übergang auch für uns freigegeben.
    Jenseits des Stromes, über freies Feld fahrend, erreichten wir einen Wald, wo Pioniere der Berliner Bärendivision unter zeitweiligen leichten Artilleriebeschuss Bäume fällten und notdürftig einen Weg bauten. Dahinter begann eine kleine Waldstraße die später in die Straße nach Gomel einmündete.
    Nach einigen Kilometern endete der Wald zur Linken und ein kleiner Weg führte links ab zu der etwa einen Kilometer entfernten Ortschaft Gibutschi, wo wir befehlsgemäß Quartier bezogen. Als Zugführer stellte ich da wir alleine im Ort und jeglichen Anschluss an andere Truppen waren, sofort Wachen aus. In der Nacht verstärkte ich diese, denn im Nordosten war Gewehr und MG. Feuer zu hören das gegen Morgen im näher kam.
    Morgens gegen 4°°Uhr, es war Sonntag der 17. August, fuhr ich mit Begleitung zu der Straße, von der wir Tags zuvor abgezweigt waren. Dort ist am Abend eine Pak, mit Schussrichtung auf die aus dem Wald kommende Straße. Doch die Kanone war abgezogen worden. Aus dem Wald kamen Fahrzeuge aller Art, deren Begleitmannschaften nach rückwärts in den Wald hineinschossen.
    Auch einige Offiziere waren dabei, von denen ich erfuhr, dass der Russe zwischen ihrer 134. und unserer 260 Division durchgebrochen ist. Ferner geben sie mir den Rat mit meinen Fahrzeugen in Richtung Gomel abzuziehen, was ich auch sofort veranlasste.
    In der Zwischenzeit hatten aber feindliche Schützen den gegenüberliegenden Waldrand besetzt und feuerten nun auf die Straße. Mit meiner Mannschaft, außer den Fahrern, sowie einigen Pionieren und Nachschubleuten der zuvor im Wald überfallenen Einheiten bildete ich eine Abwehrstellung und deckte so den Abmarsch unserer Fahrzeuge.



    1.Teil



    Kameradenhilfswerk der
    260. Infanterie- Division

    Mit freundlichen Grüße
    Karlheinz

  • 2.Teil


    Nur einen Wagen verloren

    Der wertvolle, unersetzliche Werkstattwagen und andere mit Ersatzteilen beladene Fahrzeuge konnten wegkommen, wogegen der letzte, schwerste Wagen im sandigen Boden wühlte und einsank, um später durch Beschuss in Flammen aufzugehen. Verluste traten auf unserer Seite zum Glück nicht ein. Ob wir selbst Wirkung beim Gegner erzielten war nicht auszumachen. Nachdem die Kolonne in Richtung Gomel abgefahren war, rückte ich mit meinen Männern nach. Nach etwa zwei Kilometer kam uns Infanterie entgegen, In einer Waldlichtung stellte ich die Fahrzeuge zu einer Wagenburg zusammen, beließ die Fahrer dort, und meldete mich beim Infanteriekommandeur. Ihm berichtete ich auch über diese Feindberührung und meine Anordnung für unsere Kolonne, was er dem Soldaten des ersten Weltkrieges gegenüber lobend anerkannte. Wieder war es Oberst Hahm.
    Wir Werkstattsoldaten wurden dann zwischen die Infanteristen eingewiesen. Ich kam dabei neben einen Unteroffizier Maier, wahrscheinlich ein Badener. In geöffneter Ordnung ging es in Richtung Gibutschi auf den Walrand zu. Ein nennenswertes Feuergefecht gab es nicht mehr, da der Gegner nach rechts ausgewichen war.
    Danach meldete ich mich ab, und wir setzten die Fahrt nach Gomel fort, wo wir am anderen Tag wieder zur Kompanie stießen, die uns schon abgeschrieben hatte. Das waren meine Begegnungen mit dem unbequemen Vorgesetzten Hahm.

    Karl Lorch

    Kameradenhilfswerk der
    260. Infanterie- Division

    Mit freundlichen Grüßen

    Karlheinz

  • Im Einbruchskeils jenseits des Dnjepr



    Ein Erfolg des Versorgungsdienstes der 260 ID. bei Schtschitny



    Von Dr. H. Fronmüller, damals Major und Stabsoffizier für Marschüberwachung




    Nach dem für den Stabsoffizier für Marschüberwachung und seinen Truppen sehr anstrengenden Tag des Übergangs der 260 ID. über den Dnjepr am 14/15. August 1941 war der erste Tag in der Ortsunterkunft der QU Staffel der Division in Schtschitny ein ausgesprochener Rasttag. Nur wenige Schüsse der Russen in der Umgebung störten die Ruhe. Da traf abends die alarmierende Meldung vom Divisionsstab aus Guta ein, dass der Feind nördlich durchgebrochen sei und dass ich die Sicherung des Ortes zu Übernehmen habe. Ich lies zunächst einmal feststellen, was alles an Truppen im Ort lag, versammelte die Einheitsführer, teilte die Abschnitte ein und lies Posten aufstellen.
    Die Nach verlief zunächst noch ruhig, bis plötzlich am 17. August einen Sonntag früh 4°°Uhr, Rittmeister Biermann, Stabskommandant der Qu- Abt. des Divisionsstabes, zu meinem Fenster hereinbrüllte: Alles raus! Alarm! Die Russen kommen! Ich war noch so erschöpft und Schlaftrunken, das ich nur mechanisch nach der Pistole griff und mich lange nicht zu Recht fand, wo ich war. Dann ergriff ich energisch die Initiative organisierte den Einsatz der ziemlich starken im Ort liegenden Kräfte, setzte die Einheiten –auch den Stab einer noch hier liegenden Division--- selbst in den Stellungen ein und ging mehrmals die ganzen Linien um Schtschitny herum ab. Da zeigte sich im Morgendunst auch schon der Russe: auf der leichten Höhenwelle ca. 1400 m westlich von uns zog er in langen Marschkolonnen von Norden nach Süden vorbei. Die Pak und ein MG. Eröffneten das Feuer und zeigten den Russen das wir auf der Hut waren. Eine russische Seitensicherung stieß nahe gegen meinen Gefechtstand und schoss auf mich, Russische Überläufer wurden eingebracht, die aussagten das 350 Mann Infanterie den Weg freikämpfen sollten für nachfolgende Babteilung Artillerie. Der Feind wagte keinen Angriff und verschwand nach Süden in den Wäldern. So hob ich um (°°Uhr den Alarm wieder auf unter Belassung von Sicherungen.
    Da--- um10°°Uhr----erneut Alarm! Gefechtslärm im Norden. Mitteilung der Division: Durchbruch im Norden. Einbruch nach Schtschitny möglich. Diesmal bezog sich das Beziehen der Stellungen schon ruhiger und geordneter. Die 1. San.- Kp. 260 rückte bis weit vor die Nordflanke unseres Ortes vor, um besseres Schussfeld zu haben und zwang schon durch ihr Erscheinen die Russen zum Abdrehen. Da wieder kein direkter Angriff erfolgte, konnte ich um 12,30°°Uhr einrücken lassen.

    Dritter Alarm

    Gegen 15,30°°Uhr wieder Alarm: lebhafter Gefechtslärm im Südosten und Osten, wo die Trossfahrzeuge der AA 260 im Walde überfallen wurden und verbrannten. Ich fuhr mehrmals die Stellungen und Feldwachen ab, unterwies die Leute, die als Nachsubleute z.T. recht Gefechts unerfahren waren, ja ich kontrolliert selbst die Visierstellungen der Karabiner, und beruhigte allerseits. Für die Nacht lies ich alle Mannschaften und sämtliche Offiziere und Beamte des Division – Stabes draußen in der Stellung liegen und einen dichten Igel um den Ort Schtschitny bilden. Unsere Kräfte waren zahlreich und wurden abends noch durch den Einsatz der Radfahrschwadron, Pak und sogar einer sFH wesendlich verstärkt. Abends erhielten wir durch Major Düll, den Kommandeur einer Panzerjägerabteilung die erfreuliche Nachricht, das der Kommandierente General der Russen tot, sein Chef des Stabes, ein ganzer Divisionsstab und 10 000 –
    12 000 Mann gefangen worden seien und das die Russen starke Verluste gehabt hätten. Ein Riesenerfolg, den ich noch in der Nacht durch die Linien bekannt geben lies. Gleichzeitig kam aber auch die betrübliche Kunde, das Hauptmann Vidal, der Ib unserer 260 Division, in der Nacht gefallen sei, als er zum IR460 (oberst Lindner) vorfuhr, um dort Beute LKW einzusehen. Es war ein aufregender Tag bei sehr schönem heißem Wetter und Wolkenlosen Himmel.
    !8.August 1941 mein 50 Geburttag. Die Nacht verlief ohne russischen Angriff ruhig. Ich lies Runden der Offiziere gehen und noch alles in Stellung liegen, herrschte schon große Ordnung und Zuversicht in unserer Festung so das ich um 5,30°°Uhr früh alles unter Belassung von Feldwachen einrücken lassen konnte. Der Feind war abgeschreckt worden. Vormittags übergab ich die Befehlsgewalt an Major Düll und fuhr auf dem nun wieder freien Weg zum Div.- Gef. Stand nach Guda. Die Fahrt offenbarte so recht das Durcheinander, das durch Russischen Ein und Durchbrüche entstanden war: hier standen vernichtete deutsch Fahrzeuge herum, dort eine völlig intakte russische sFH, und an der Straßenkreuzung machte gerade die AA260 ihre wieder gefundenen, von den Russen nachts geraubten Feldküchen und eine Pak wieder flott.
    Der Division – Stab 260 lag mit Ia und Ib in einem Waldlager dicht nördlich Guta, wo sie auch unter zwei schönen Birken das Grab des gefallenen Ib Hauptmann Vidal und zweier gefallenen Fernsprechsoldaten befand, die auf Störungssuche im Wald abgeschossen worden waren. Wir legten einen Kranz nieder, während gleichzeitig --- wie als Symbol des Lohnes auch für diese Opfer – ein großer Zug von ca. 1000 russischem Gefangenen vorbeigeführt wurde.
    Zu dem großen schönen Erfolg, den das Korps und die 260.ID. hier errungen haben, hat sicherlich die Verteidigung von Schtschitny durch die Versorgungsdienste der Division einen guten Teil beigetragen: unsere Wachsamkeit und Verteidigungsbereitschaft--- vom Russen durch seine Gefechtsaufklärung sicher festgestellt--- hielt ihn davon ab, den Ort zu Überfallen, um die Straße zu gewinnen und zwang ihn zur Umgehung und Zersplitterung in die Wälder, wo er dann vernichtet wurde. Die Lage sah wiederholt brenzlig aus, aber sie wurde durch die tapfere Einsatzbereitschaft der Verteidiger gemeistert, und wir hätten Schtschitny auch gegen ernstliche Angriffe gehalten! Und deshalb möchte ich diese Persönliche Tagebuchaufzeichnung in denkbarer Erinnerung an die Angehörigen des Versorgungsdienstes der 260 ID. festhalten.



    Kameradenhilfswerk der
    260. Infanterie- Division

    Mit freundlichen Grüßen

    Karlheinz

  • Eine Feldküche im Einsatz




    Helfer in Frankreich----- Gejagte in Russland




    Wie war das doch im Frankreich--- Feldzug beim Vormarsch? Wie hatten für unsere Feldküche Wasser, Gemüse, Kartoffeln, und Fleisch. Es ist uns somit in der Verpflegung nicht schlecht gegangen.
    Aber wenn unsere Landser in den sehr anstrengenden Verfolgungsmärschen die viel, viel Schweiß und Fußblasen kosteten, selten einen oder gar zwei Tage rasten konnten, so drängten sie keineswegs zur aufgefahrenen Feldküche, den viele hatten bald heraus, um welches billiges Geld sie sich etwa ein gebratenes Huhn oder eine Flasche Wein sie sich selber kaufen konnten.
    Was sollten wir von der Feldküche unserer 1./AA. 260 aber nur mit dem reichlich übrig gebliebenen, wirklich schmackhaften Eintopf Essen machen? Etwa in ein Granatloch springen lassen? O nein, eine solche Vergeudung brachten wir bei Leibe nicht über das Herz. Aber kunstgerecht aufbewahren konnten wir das nahrhaft Gekochte doch auch nicht.
    Allein da war ja mitten unter uns die französische Zivilbevölkerung, die in jenen stürmischen Wochen vielfach auf der Flucht bittere Not litt. Was lag da näher, als unseren vollen Feldkessel an sie zu verschenken? Es brauchte kein lautes Austrompeten, so eilten schon ihre Kinder und selbst Erwachsene mit jederlei Art von Töpfen herbei, die wir ihnen Randvoll füllten. Und wir hatten neben ihren Dank noch die Genugtuung, diese bedauernswerten auf unsere Art unterstütz zu haben.
    Bald aber war es dann vorbei mit diesen Möglichkeiten, der Menschlichkeit auch im Krieg einen besonderen Platz einzuräumen. Schon im folgenden Jahr gab es auch für die Feldküche kein ruhiges hinter der Front mehr.
    Mitte August 1941 bildete die 260.ID.mit den beiden Nachbardivisionen nach kühnen Vorstoß über den Dnjepr ostwärts desselben einen Brückenkopf. Sie hatte dort die aus der drohenden Umklammerung wild ausbrechenden russischen motorisierten und berittenen Einheiten und Fußvolk abzuwehren, so in der Hauptsache am 16. August bei Sababje durch unser IR. 460.
    Am 17. August wurden insbesondere die Trosse der Division in Schtschitny bedrängt. Hier hatte Major Dr. Fronmüller, seinerzeit Stabsoffizier für Marschüberwachung mit dem Versorgungsdienst der Division eine Wirkungsvolle Rundum Verteidigung aufgebaut, die die verzweifelnden russischen Angriffe bei ihrem Durchbruchsversuch bald westlich, bald nördlich und ostwärts des Ortes abhalten konnte.
    Schlimm erging es dem Verpflegungstross unserer Aufklärungsabteilung (AA) der am selben Tag auf dem Marsch im Wald zwischen Guda( in dessen Nähe der Divisions- - Gefechtstand lag) und Schtschitny gegen 15,30°°Uhr von sowjetischen Kräften überfallen wurde. Dabei wurde die Feldküche gänzlich geplündert.
    Dieser Kolonne unseres Verpflegungstrosses folgten zum Glück in einigem Abstand noch zwei ebenfalls dazu gehörende LKW unserer! Schwadron. Auf dem vordersten saß auch ich.
    Ehe wir in diesen gefährdeten Wald kamen, war es mir nach meinem Riecher dass es dort nicht geheuer sei, zumal wir nichts ahnend auch bald an einem vernichteten deutschen Fahrzeug und einem halb verbrannten Waffenrock vorbeifuhren. Ich machte unseren Fahrer darauf aufmerksam.
    Alsdann dauerte es nicht lange und schon erhielten wir aus dem näher rückenden Wald ungezieltes Feuer. Gleichzeitig erkannte ich auf dem Weg vor uns die Rauchfahne eines brennenden Fahrzeuges. Halt brüllte ich, heraus aus dem Wagen, wir bekommen Feuer!
    Dummerweise steig ich just aus der Seite aus, der gegenüber im selben Augenblick aus dem nun bedenklich nahen Wald etwa 30 Russen traten. Ob nun mein fragwürdiger Aufzug, in schwarzem Hemd und Drillichhose eine gute Tarnung darstellte? Wahrscheinlich war aber mehr der Straßengraben, in den ich eilend Sprang, meine erste Rettung! In diesem lief ich ein Stück rückwärts entlang, denn schon krachte es heftiger.
    So schnell hatte ich in Russland noch kein Fahrzeug wenden sehen, wie damals auf dem Sandweg die beide kehrt machten. Glücklicherweise konnte ich mich noch am zweiten festhalten und mit ihm dem Debakel den Rücken kehren.
    Erst als wir auf meinen Rat einen anderen Weg nach Schtschitny gefunden hatten, gönnten wir uns eine Schnaufpause. Eigene Reiter die uns begegneten, erzählten uns, dass sich auch feindliche Kosaken durch die Wälder schlugen. In allen Ecken war an diesem Tag dicke Luft, durch den zurückpreschenden Sowjetischen Haufen.
    Am späten Nachmittag des 17.August trafen wir dann endlich den Tross unserer AA. In Schtschitny . Ein starker Spähtrupp hatte andern Tags auch unsere vermisste Feldküche wieder gefunden, allerdings völlig ausgeplündert, aber sonst noch im Stand. Alles freute sich das im Ganzen alles noch gut Abgelaufen war.
    Wir erfuhren auch von dem Erfolg unserer Division, die in den letzten drei kriselnden Tagen etliche tausend Gefangene und eine menge Geschütze erbeutet hatte.



    Nach Angaben von R. Kiefer



    Kameradenhilfswerk der
    260. Infanterie- Division

    Mit freundlichen Grüßen

    Karlheinz

  • Das heiß Umkämpfte Wibli




    Ohne stärkeren Feindwiderstand erreichte die 3./ IR.470 am Nachmittag des 31.August 1941 das Ufer der Desna, etwa 20km nordwestlich von Tschrnigow. Dort übernahm die Kompanie die Sicherung für das nachfolgende Bataillon. Nach Eintreffen des Bataillons erhielt die Kompanie den Befehl, am jenseitigen Flussufer einen etwa 1km tiefen Brückenkopf zu bilden.
    Der Übergang über die knietiefe Desna vollzog sich ohne nennens- werten Feindwiderstand. Rasch hatte sich die Kompanie auf dem gegenüberliegenden Ufer eingerichtet, der 1. Zug unter Leutnant Dr. Raff wurde als Gefechtsvorposten vorgezogen, die Kompanie selbst igelte sich für die Nacht ein. Der Iwan blieb die ganze Nacht über ruhig, kassierte allerdings zwischendurch unseren Kompanie-Melder, den Gefreiten Weimer, der jedoch dem Feind wieder entwischen konnte.
    Der neue Tag brachte uns wieder neue Aufgaben. Um 4,30°°Uhr erhielt das Bataillon den Befehl, sich in den Besitz des etwa 3km entfernt liegenden Dorfes Wibli zu setzen. Das Gelände war für den Angriff keineswegs günstig. Auf 1500 m war es eben und mit Buschwerk durchsetzt, stieg dann aber zum Ort Wibli hin stark an.
    Mit der 2. und 3. Kompanie in vorderster Linie trat das Bataillon zum Angriff an und gewann rasch Boden. Mit lautem Hurra wurden die befestigten Feldstellungen der Sowjets genommen, und auch Wibli war bald in unserem Besitz.
    Die 1.Kompanie richtete sich nach Säuberung des Dorfes 500m südlich von Wibli zur Verteidigung ein. Die Pause sollte genutzt werden, um die Kompanie zu verpflegen, doch oh weh, es gab nichts zu Nagen und zu beißen, die Verpflegung blieb aus, da die von den Sowjets gesprengte Brücke über die Desna noch nicht wieder hergestellt war. Findige Landser haben dann aber doch im Dorf etwas Essbares gefunden.
    Am frühen Nachmittag bepflasterte uns der Iwan mit starkem Artilleriefeuer, das besonders bei unserer Artillerie empfindliche Verluste an Mensch und Material hervorrief.
    Gegen 16°°Uhr beobachteten wir russische Bereitstellungen zwei km. vor unserer HKL. Mit Einbruch der Dämmerung ging der Zauber dann auch los. Die Russen arbeiteten sich durch das Buschwerk und durch die Getreidefelder an unsere Stellungen heran, obwohl unsere Kompanie und die uns zugeteilten sMG. Der 4/470 aus allen Läufen schossen. Kurz nach Einbruch der Nacht griff dann der Iwan mit erdrückender zahlenmäßiger Überlegenheit an und führte gegen Mitternacht auch noch einige T34 ins Gefecht. Um der Gefahr von den Panzern niedergewalzt zu werden zu entgehen, wurde unsere 3.Kompanie auf den Dorfrand zurückgenommen. Gute Deckung bot uns dabei eine Kuhherde, die sich ausgerechnet unsern Abschnitt als Weideplatz ausgesucht hatte. Den sofort nach stoßenden Sowjets gelang es trotz unseres erbitterten Widerstandes in Wibli einzudringen. Im Kampf Mann gegen Mann wurde jedes einzelne Haus verteidigt. Die Kameraden wehrten sich mit Bajonett und Kolben, ja sogar mit Fußtritten gegen den Feind. Tatsächlich blieb der größte Teil des Dorfes in unserer Hand. Doch waren alle Verbindung in der stockdunklen Nacht abgerissen.
    Nachdem der 1.Zug zwischendurch am Ortsrand des Dorfes hatte aushelfen müssen, wobei es mit den Russen ein wildes Handgranatenduell absetzte, wurden wir dort von einer Kompanie des II. Bataillons abgelöst und übernahmen wieder unsere Stellung in der Mitte des Dorfes. Bei Tagesanbruch griffen die Sowjets mir stärkster Artillerieunterstützung immer wieder an, es mögen an diesen 2.Septemer mindesten 15 feindliche Angriffe gewesen sein. Doch unsere Kompanie, ja das ganze Regiment, hielt allen Russischen Angriffen stand, obwohl im laufe des Tages die Munition sehr knapp wurde. Dabei schleuderte unsere MG: Schützen ihre leer geschossene Trommeln gegen den immer wieder andrängenden Feind.
    Endlich am Abend wandte sich das Blatt. Jagdflieger, Stuka und Sturmgeschütze brachten die ersehnte Entlastung und heizten dem Iwan so ein, das er sich auf Tschrnigow zurückzog.
    Am Abend traf dann unser Div. Kommandeur, Gen. Lt. Schmidt, bei uns vorne ein und brachte jedem von uns eine Kleinigkeit wie Zigaretten, Schokolade oder sonst etwas Essbares. Mit den Worten. Die Armee hatte euch schon aufgegeben, aber ich habe Gesagt meine Schwaben halten die Stellung begrüßte er uns. Am nächsten Tag wurde unsere stolze 260.ID. im Wehrmachtbericht genannt.

    Kurt Breuning, ehm. Uffz. In der 260.ID.



    Kameradenhilfswerk der
    260. Infanterie- Division

    Mit freundlichen Grüßen

    Karlheinz

  • 1.Teil


    Der Dessna Übergang der 260. Inf. Div.




    In den letzten Augusttagen des Jahres 1941 versuchten die Sowjets die beiderseits Gomel nach Süden vorstoßenden deutschen Divisionen aufzuhalten, um die Einkesselung der bei Kiew am Dnjepr kämpfenden Truppen zu verhindern. Zahlreiche deutsche Divisionen wurden nach der Einnahme von Smolensk in Südöstliche Richtung abgedreht, anstatt den Vormarsch nach Moskau fortzusetzen, wie die Russen es erwartet hatten. Dadurch entstanden für den Russischen Marschall Budjenni eine schwierige Lage und die Gefahr der Umfassung seiner gesamten Heeresgruppe. Unter den Divisionen die auf Tschrnigow vorstießen waren von West nach Ost die 134.ID., die 17.ID., die 260.ID., und die 1.Kavallerie – Division. Je mehr sich die Deutschen Divisionen der Desna näherten, umso größer wurde der russische Widerstand.
    Im Rahmen der 260.ID.Division die der württembergisch General Schmidt führte, waren zunächst nach der Überschreitung des Szosh bei Gomel, die Regimenter 480 rechts und 460 links eingesetzt.
    Das Reserve Regiment 470 folgte über Gorodoja auf der Trennungslinie. Nach Gorodoja wurde I.R 470 im Streifen des I.R.460 eingesetzt. Aber schon am nächsten Tage, am 27.August fiel der Regimentkommandeur Oberst Wenninger infolge eines Nervenzusammenbruchs aus. Der ununterbrochene Vormarsch mit Marschleistungen von 50 bis 60 km pro Tag auf schlechten Wegen, die zusätzliche Nachtarbeit die für die Erteilung der Regimentsbefehle notwendig war und nicht zuletzt die Verantwortung für das Regiment, waren Anstrengung und Belastung, denen sein Gesundheitszustand nicht mehr gewachsen war. Es war eine besondere Tragik, dass ausgerechnet in diesen entscheidenden Tagen vor und während des Dessna – Übergangs, das Regiment 470 innerhalb von 4 Tagen den 4.Regimentsführer erhielt. Nachfolger in der Regimentsführung wurde Oberstleutnant Voigt, Kdr. Des I.7470 und dienstältester Offizier des Regiments.
    In der Nacht vom 28./29. August bekam in der vordersten Linie eingesetzte Regiment den Befehl, den Dessna – Übergang bei Kisselewka zu erzwingen und einen Brückenkopf beiderseits Wibli zu bilden. Wohl war I.-R.480 am weitesten vorgedrungen, während I.-R.480 die rechte Flanke sicherte aber bis zur Dessna war noch ein weiter Weg. Im Laufe des 29.08.hatte I.-R. 470 Dobrownoje erreicht, während die Nachbardivision gemäß Lageskizze 260.I.D. vom 29.08.1941noch zurückhingen. Als das II./ 470 am Morgen des 30.08.die Höhe beiderseits Tschernysch überschreiten wollten, setzte heftiges Artilleriefeuer des Feindes ein. Gerade in diesem Augenblick traf der Regimentsadjutant, Hauptmann Gebhardt, mit dem Regimentsbefehl für den Dessna- Übergang ein. Das gewaltsame Überwinden eines Wasserlaufes ist immer ein heikles Unternehmen, das Gelingen das zusammenwirken einer Rehe taktischer und technischer Fragen erfordert. Laut Vorschriftsoll der Übergang in genügend breiter Front unternommen werden, um das zusammenfassen des feindlichen Feuers zu vermeiden. Da aber das Regiment 470 alleine vorne war und die Nachbarn rechts und linke zurückhingen, sollte das II. Bataillon den Übergang bei Kisselewka und das I. Bataillon den Übergang rechts davon erzwingen. Schlauchboote des Pionierzuges wurden zugeführt und die Zusammenarbeit mit den schweren Waffen und der Artillerie besprochen. Die Fortsetzung des Angriffs wurde auf 10°°Uhr festgesetzt. Tatsächlich gelang dem II. Bataillon unter Führung von Major Bauer der Vorstoß bis zur Dessna, der überraschenderweise gut gelang. Doch nun setzte die Schwierigkeit ein. Der Russe hatte einzelne MG. Nester am jenseitigen Ufer besetzt. Die Schlauchboote waren noch nicht zur Stelle, da sprang ein Leutnant kurz entschlossen ins Wasser, schwamm an das andere Ufer und holte einen Kahn vom Südufer. Mit Hilfe dieses Kahnes setzten eine Kompanie, der Bataillonskommandeur und der Divisionskommandeur über, um einen ersten kleinen Brückenkopf zu bilden. Die Russischen B- Stellen müssen zu dieser zeit gerade Stellungswechsel gemacht haben, denn es war auffällig ruhig. Kurze Zeit danach als der Abteilungskommandeur der schweren Artillerie eine B-Stelle in der Nähe der Kirche von Kisselewka suchte, setzte die feindliche Artillerie wieder ein und ein Volltreffer tötete ihn auf der Stelle.
    [FONT=&quot]Mit Hilfe des Schlauchbootes des Pionierzuges setzte das II. Bataillon unter Führung von Hauptmann Strom der Übergang unter geringen Verlusten. Als der Regimentsadjutant von Kisselewka aus, aus dem I.a der Division, Oberst Köstlin, fernmündliche den geglückten Übergang von Teilen des II. Bataillons meldete, war der Ia, freudig Überrascht.


    [/FONT]Kameradenhilfswerk der
    260. Infanterie- Division

    Mit freundlichen Grüßen

    Karlheinz

  • 2. Teil


    Noch im Laufe derselben Nacht, 30./31.08 wurde der Brückenkopf mit 3 Bataillone beidseits Wibli gebildet.
    Wie groß dieser Erfolg war wurde dem Regiment erst bewusst als der Ia. Am Telefon sagte, das Korps habe es nicht glauben wollen und die Armee habe einen Freudensprung getan. Doch für das Regiment 470 kamen noch schwierige Tage. Als am 30.August nachmittags der Regimentsführer Oberstleutnant Voigt übersetzen wollt, erfolgte ein Feindlicher Tiefflieger Angriff auf die Übergangsstelle. Beim Sprung in ein Panzerdeckungsloch zog sich der Regimentsführer einen doppelten Knochbruch zu. Am Abend traf Oberstleutnant Gläsemer, der Kdr. Der A.A.260 als neuer Regimentsführer ein. Aber auch sein Gastspiel war von kurzer Dauer, am nächsten Tag bereits wurde er zu einer Panzereinheit versetzt und Oberstleutnant Grosser vom I.R.-460 übernahm die Führung.
    Da das Gelände zwischen Kisselewka Wibli sumpfig und die Wege schlammig waren, kamen die schweren Infanteriewaffen erst gegen Morgen nach. Das I. Bataillon, das Podgornoje, westlich von Wibli, zur Verbreiterung des Brückenkopfes besetzen sollte, stieß auf einen überraschenden Nächtlichen Angriff der Russen und konnte erst am Morgengrauen Podgornoje, in Besitz nehmen. Zwei Tage lang hielt I.R.470 den Brückenkopf gegen Tag und Nachtangriffe der Russen, die auch Panzer einsetzten, um vor allem bei Podgornoje den deutschen Brückenkopf wieder einzudrücken. Nach 48 Stunden wurde das I.-R480 auf dem rechten Flügel des Brückenkopfes eingesetzt. Sechs Tage versuchte der Russe immer wieder einen Durchbruch zu erzwingen. Inzwischen war die Brücke fertig gestellt, der Nachschub klappte wieder und auch die 131. I.-b konnte bei Kowteshin den Dessna- Übergang erzwingen. Die rechte Nachbardivision saß immer noch bei Tschrnigow fest.
    Als die 260.I.D.am 05. September 1941 den Angriff aus dem Brückenkopf Wibli fortsetzte und bei Krassnoj die Rollbahn Tschrnigow--- Kiew erreichte bot sich ein Unvergesslicher Anblick. Ein Trümmerhaufen bestehend aus Waffen, Munition, Fahrzeugen, toten Russen und Pferden lag an der Dessna. Der Ring um Kiew war geschlossen. Die Stadt Kiew fiel am 19.Septeber und der deutsche Wehrmachtsbericht meldete 675 000 Gefangene. Marschall Budjenni begab sich am Vorabend der Einnahme von Kiew nach Moskau. Er war über den Verlust der Schlacht völlig verzweifelt und wollte im Arbeitzimmer Stalins Selbstmord begehen. Der Marschall lies sich schließlich von Stalin beruhigen und übernahm die Aufstellungen von Ersatzheeren. Der Dessna- Übergang der 260.I.D. wurde durch die Verleihung des Ritterkreuzes des General Schmidt belohnt. Die Auszeichnung erfüllt alle Soldaten der Division mit besondern Stolz.


    Dr. Gebhardt, Oberstleutnant a. D.




    Kameradenhilfswerk der
    260. Infanterie- Division

    Mit freundlichen Grüßen

    Karlheinz

  • Er war Kamerad unter Kameraden



    Oberleutnant Dr. Kurt Raff, 3./470, ein unvergessliches Vorbild




    Nach den drei erbitterten schweren Kampftagen bei Wibli an der Dessna (31. August bis 02.Septemper1941) in den unser Kompanieführer Leutnant Koch gefallen ist, wurde unser Zugführer des I. Zuges Leutnant Dr. Kurt Raff, mir der Führung der 3./470 beauftragt.
    Dieser Offizier war der richtig Mann, um weiterhin die Geschicke der schon stark zusammengeschmolzenen Kompanie in die Hand zu nehmen. Da wie ohnehin in unserm Hauptfeldwebel Karl Faiß (Ludwigsburg)eine treubesorgte Mutter der Kompanie hatten, lag also die Militärisch und wirtschaftlich Führung bei der 3./470 in denkbar besten Händen. Es konnte kaum mehr etwas schief gehen.
    Der Wunsch vieler Kompanieangehöriger, Leutnant Raff als Kompanie-Chef zu haben war Wirklichkeit geworden. Er war ein offener, ehrlicher Charakter, als Offizier jederzeit vorbildlich und hilfsbereit. Er wurde von jedem Unteroffizier und Mann der Kompanie geachtet und verehrt, jeder seiner Untergebenen ging für ihn buchstäblich durch Feuer. Seine gut überlegten Befehle wurden von jedem Angehörigen der 3./470 ohne jegliches Bedenken befolgt. Er war in jeder Beziehung für uns als Kompanie –Chef ein Vorbild. Seine Führungseigenschaften waren mustergültig und bewunderungswürdig.
    Immer war er ein Kamerad unter Kameraden. Man konnte bei ihm nicht nur in soldatischen Angelegenheiten, sondern auch in Menschlichen Dingen Rat holen und wurde auf den richtigen Weg gewiesen. In den schwersten Kampftagen verlor er nicht ein einziges Mal die Übersicht in der Führung der Kompanie, um durch einen unüberlegten Befehl unnötige Verluste zu verursachen. Bei allen Angriffen der Kompanie war er in den vordersten Linien zu finden, um von dort in der jeweiligen Lage seine Anordnungen zu treffen.
    Da ich lange Zeit als seine persönliche Ordonanz dem Kompanietrupp angehörte, befand ich meist in unmittelbarer Nähe unseres Chefs. Manchmal bei starkem Feindfeuer, wobei sein Ruf Volle Deckung durch die Reihen der Kompanie ging, sagte ich zu ihm: Das hätte schief gehen können. Worauf einmal seine Antwort lautete: Russland ist so groß, da muss nicht unbedingt uns eine Kugel treffen. Als beim ersten Beschuss der Stalinorgel in unserem Abschnitt wir beide im gleichen Deckungsloch lagen, sagte er nur die beruhigten Worte: Da haben wir aber Glück gehabt! Und mit einem Gegenseitigen Blick waren auch diese Nervenaufreibenten Sekunden vorüber gegangen.
    In den Zeiten des Stellungskrieges im Osten, wenn oftmals einem Posten in einem Kampstand die Augen vor Ermüdung fast zufielen, schickte er ihn bei der Grabenkontrollen in seinen Bunker zurück und stellte sich selbst für die restliche Zeit der Wache an das MG. Gerade solche Taten des menschlichen Empfindensgegenübers seinen Männern ernteten besonders große Hochachtung innerhalb der Kompanie.
    In guter Erinnerung bleibt mir noch die Sache mir einer Schokoladetafel. Die am Morgen gemeldete Grabenstärke verringerte sich im laufe des Tages durch einen Gefallenen. Unser damaliger Spieß --- es war nicht Stabsfeldwebel Faiß, im wäre dieser Fehler nicht unterlaufen--- wurde dieser Gefallene wie üblich zum Abtransport gemeldet. Bei der am Abend erfolgten Verpflegungsausgabe fehlte dann eine Tafel Schokolade, die dem toten Kameraden zugestanden hätte. Durch einen sofortigen Rückruf beim Tross wurde der Spieß mit der fehlenden Tafel Schokolade mitten in der stockfinsteren Nacht nach vorne gerufen. Eine Aussprache zwischen Chef und Spieß unter vier Augen bereinigte diese Angelegenheit. Jedenfalls erklärte unser Chef: Wenn jemand diese Tafel Schokolade verteilt, dann sind meine Männer hier vorne zuerst an der Reihe.
    Was er tat und leistete wurde von der 3./470 immer anerkannt und gewürdigt. Sein Name hatte einen guten Klang, nicht nur bei der Kompanie, sonder auch beim Bataillon und auch beim Regiment. Er war auch stolz auf das bedingungslose Vertrauen, das ihm die Angehörigen seiner 3. Kompanie entgegenbrachten. In der Zusammenarbeit zwischen Chef und Kompanie entfaltete sich jene innere Gemeinschaft die ihre Wurzel im besten deutsche Soldatentum hat--- in seiner Härte, in seiner Kampfbereitschaft, in seiner Disziplin und seiner Gewissenhaftigkeit.
    Als späterer Hauptmann kam Dr. Raff im April vorübergehend zur Divisionskampfschule und hatte dann ein neu aus Norwegen zugeführtes Bataillon übernommen. Bei einem Angriff mit diesem erhielt er einen Bauchschuss, geriet dabei in Russische Gefangenschaft und ist als vermisster dort Gestorben.

    Kurt Breuning


    Kameradenhilfswerk der
    260. Infanterie- Division

    Mit freundlichen Grüßen

    Karlheinz

  • Im Wald bei Ladinka



    460er zerschlagen ein sowjetisches Pionierbataillon




    Im Morgengrauen des 11. September 1941 tritt das II/460 in breiter Front zum Angriff an. Der Tag ist Regenschwer, kühler Wind bläst aus Nordwest, dann und wann nieselt es leicht, noch ist kein Feind zu sehen. Da bricht der erste Schuss in den stillen Morgen hinein. Wie durch ein Zauberwort sind die Männer verschwunden, liegen in Ackerfurchen hinter MG. Und Gewehr und nehmen den Feuerkampf auf. Der Gegner feuert aus stark befestigten Stellungen wild in unsere angreifende Infanterie. Aber die Kameraden des II. Bataillon werfen ihn nach kurzem, hartem Gefecht. Unter Zurücklassung zahlreicher Gefangener weicht der Feind und hinhaltend kämpfend aus und wird verfolgt.
    Plötzlich nähert sich auf der Straße links in rascher Fahrt ein sowjetischer Lastwagen. Nur einen Augenblick währt die Verblüffung der Infanteristen, dann tritt ein Maschinengewehr in Aktion und mit wenigen Feuerstössen wird das Fahrzeug zum stehen gebracht. Ein folgender Personenwagen erleitet das gleiche Schicksal. Ein Sowjetische Offizier und ein Kommissar kommen dabei ums Leben.

    Eine Kolonne nähert sich
    Dieser Zwischenfall lässt vermuten, dass in der Nähe motorisierte feindliche Einheiten stehen. In der Tat: Kurz nach dem eindringen der Spitze in den Ostrand des vor uns liegenden Dorfes, nähert sich eine motorisierte Kolonne. Im kühnen Zugriff werden vier Laster erbeutet, der Rest dreht schleunigst nach Osten ab und versucht zu entkommen.
    Gefangene sagen aus, dass sie zu einer motorisierten Pionierkolonne gehörten und sich am Morgen noch im Wald befunden hätten.
    Der Bataillonskommandeur, Major Müller, erkennt sofort seine Chance: In kühnen Endschluss stellt er mit Hilfe der erbeuteten Fahrzeuge eine Vorausabteilung zusammen und verstärkt dies durch Panzerjäger. Sie soll so schnell wie möglich auf Ladinka vorstoßen, den Gegner stellen und so lange fesseln, bis die im Eilmarsch folgenden Kompanien heran sind.

    Im Eilmarsch quer Beet

    Da das Bataillon keine Anlehnung nach rechts und nach links hat, entschließt sich der Kommandeur , die linke Flanke durch eine Kompanie zu sichern, um einen Ausbruch des Feindes aus dem Wald im Westen zu verhindern. Während die beiden anderen Kompanien sich im Eilmarsch über sandige Felder vorwärts arbeiten, erbeutet die schwache Vorausabteilung weitere vier Laster aus einer großen Kolonne, zwingt den Rest zur Umkehr und fesselt in ihm Wald ostwärts Ladinka. Inzwischen ist der Kommandeur mit Adjutant nachgefolgt. Sofort läst er mit den erbeuteten Fahrzeugen weitere Verstärkung heranholen. Dann treffen die Kompanien ein und vollenden das Werk. Alle Wege werden gesperrt, der Wald wird angegriffen und Ladinka im unaufhaltsamen Vorwärtsdringen erreicht.

    Erbitterte Häuserkämpfe

    Der Gegner wehrte sich verzweifelt. Es besteht die Gefahr, dass er seine Fahrzeuge vernichtet, ehe sie genommen werden können. Die im Nahkampf erbeuteten Fahrzeuge werden sofort mit Gefangenen besetzt und nach Ladinka gefahren. In dem zwei Kilometer langen Dorf tobt ein erbitterter Häuserkampf: Melder, Funker, Fernsprecher, der gesamte Bataillonsstab wird zu Kampf mir der blanken Waffe eingesetzt. Enger und enger wird der Gegner zusammengedrängt. Ein Ausbruchversuch kostet ihn erneut fünf Wagen. Als die ersten Sterne am Himmel sichtbar werden, ist das Dorf fest in deutscher Hand.

    Im Handstreich
    Da man im Waldstück am linken Flügel ebenfalls feindliche Kräfte vermutete, werden Spähtrupps dorthin angesetzt. Tatsächlich geraden sie in feindliches Feuer: Der Wald ist von starken motorisierten Kräften besetzt! Da die eigene Truppe zu einem neuen Angriff nicht ausreicht, entscheidet der Kommandeur, dass die zur Sicherung eingesetzte Kompanie den Wald während der Nacht abriegelt, um ein entweichen des Feindes zu verhindern. Im Morgengrauen wird auch diese Kolonne im Handstreich genommen: 54 weitere Fahrzeuge sind die Beute!
    Der Kampf ist beendet. 102 motorisierte Fahrzeuge, ein Motorboot, zwei Feldküchen und eine Kriegskasse mit 96 000 Rubel konnten erbeutet, 345 gefangene eingebracht werden. Außerdem wurden ein Monitor und ein Motorboot versenkt sowie zwei Kanonenboote mit Geschützen und Maschinengewehren vernichtet. Es handelte sich um die gesamte fabrikneue Ausrüstung eines Sowjetischen Pionier Bataillons.

    K. Böhme


    Kameradenhilfswerk der
    260. Infanterie- Division

    Mit freundlichen Grüßen

    Karlheinz

  • Mit null Mann zur Stelle!




    Eine Pioniergruppe bringt ein Sturmgeschütz an den Feind




    Die 6. Gruppe des Pionierzuges der Stabskompanie unseres IR.470 erhielt am 1.Oktober 1941 den Auftrag, am nächsten Morgen zur Erzwingung des Übergang über die Dessna mit der Spitzenkompanie des I. Bataillons vorzugehen und den Weg vor dem zugeteilten Sturmgeschütz von Minen zu räumen. –Nach wenigen Stunden Schlaf wird um 3°°Uhr morgens geweckt. In stockdunkler Nacht marschieren wir ab und erreichen bis Morgengrauen das nächste Dorf, vor dem die Gefechtsvorposten stehen. Nur wenige Leichtkugeln und vereinzelte Schüsse unterbrechen die Bereitstellung, der Gegner hat noch nichts gemerkt. Dann fährt das Sturmgeschütz an, dem meine Gruppe den Weg zu räumen hat. Ich melde mich beim Zugführer ab, Leutnant Goller entlässt uns mit den besten Wünschen.
    Um sechs beginnt erst links, dann auch bei uns ein Artilleriefeuer, wie ich es noch nicht erlebt habe, gleichzeitig brausen die ersten Stukas heran Unser Angriff kommt zunächst gut voran, bis wir einen nur mit Buschwerk bewachsenen Höhenzug erreichen, von dem aus das Gelände etwa drei Kilometer bis zur Dessna abfällt. Das andere Ufer steigt steil an und ist oben mit dichten Hochwald abgeschlossen: Sehr ungünstig für den Angriff, wir werden mit unserem Sturmgeschütz ein ausgezeichnetes Ziel für die feindliche Artillerie abgeben! Während ich selbst auf der linken Seite mit Jung und Dzertschia vorgehe, habe ich rechts Keppler, Hassler, Richter und Kümpfler eingeteilt. Schon bald hat uns der Feind erkannt und feuert gut gezielt mit Artillerie auf das Sturmgeschütz. Nach einigen hundert Metern wir das Feuer jedoch derart heftig, das die Kompanie links und rechts des Panzers an die hundert Meter von der Straße wegziehen.
    Von allen Seiten ruft es: Sturmgeschütz nach vorn! Während die Kompanie vorerst liegen bleibt, müssen wir mit diesem weiter vor und geraden auch in das Infanteriefeuer: Es pfeift und zischt nur so um uns herum! Jung und Dzertschia hat es bald erwischt und als ich mich um sie kümmern will, heult eine schwere Granate heran und schlägt kurz vor mir ein. Ich spüre heftige Schläge am linken Oberarm und am Gesäß. Auch Richter im anderen Straßengraben hat etwas abbekommen.
    Mit einem Satz bin ich bei Ihm, muss zunächst zwei große Fleischwunden an seinen linken Arm und dann an der rechten Hand zwei fast abgeschlagene Finger verbinden. Ich verabschiede mich kurz von Richter und trage ihm Grüße an die beiden anderen Verwundeten auf. Das Sturmgeschütz hat gewartet und rollt erst dann weiter, als ich mich mit Kümpfler, und Hassler davor gesetzt habe und mit dem Sucheisen die Straße weiter Minen prüft. Keppler hat anscheinend die Nerven verloren und bleibt immer weiter zurück. Auch ihn erreicht das Schicksal: Eine Granate schlägt in nächster Nähe ein, ihn erwischen viele Splitter vom Fuß bis zum Rücken. Als ich zu ihm komme, ist er bereits ohnmächtig. Wir verbinden ihn und bringen ihn zum Arzt.
    Das Geschütz ist inzwischen in Deckung gefahren. Nachdem das Feuer nachgelassen hat, können auch wir etwas ausruhen. Von uns restlichen drei Mann hat jeder etwas abbekommen. Während Hassler einen Splitter aus dem Taschentuch zieht, der dieses mehrfach durchlöchert hatte, stellte ich bei mir kleine Splitter in Arm und Gesäß fest. Außerdem hatte ein Splitter ein Magazin, am Koppel durchschlagen, meine Maschinenpistole hatte ein Loch und Brotbeutel samt Sturmgebäck sind ebenfalls durchlöchert. Schließlich erweist sich auch noch das Lederband des Fernglases am Hals hinten halb durchschnitten.
    Von unserem Platz aus können wir dann beobachten, wie die Kameraden unseres Pionierzuges ihre Floßsäcke zu Wasser bringen und Infanterie übersetzen. Inzwischen hat sich das feindliche Artilleriefeuer verlagert, so dass wir ein wenig aufatmen können. Doch bald orgeln wieder Granaten auf uns zu und gleich eine der ersten schlägt in unmittelbarer Nähe ein: Es erwischt diesmal Kümpfler und Hassler sowie einen Kameraden vom Sturmgeschütz. Kümpfler hat Splitter im Bauch und am ganzen Körper sowie an der Hand, Hassler mehrere Splitter in der Brust und am Arm. Ein gerade vorbeikommender Wagen der 14. Kompanie bringt beide zum Hauptverbandsplatz.—Noch nie in meinem jungen Leben ist es mir so schwer ums Herz gewesen, als ich beim Stellvertreter unseres ebenfalls verwundeten Zugführers, einem Feldwebel, zurückmeldete: 6. Gruppe Auftrag ausgeführt, mit einem Gruppenführer und null Mann zur Stelle.
    F.Barth


    Kameradenhilfswerk der
    260. Infanterie- Division

    Mit freundlichen Grüßen

    Karlheinz

  • Das war bitter



    Bei der 9./AR.260 im Osten



    In der Nacht zum 1.Oktober 1941 bezog der Batterietrupp der Neunten diesseits der Dessna Quartier in einem etwas höher liegenden Gehöft, das durch ein kleines Tal von einer Ortschaft getrennt lag. In diesem Tal uneingesehen vom Feind, bemerkten wir einige Gänse, die mit lautem Schnattern den aus der Ferne vernehmbaren zu übertönen versuchten. Um dem Geschnatter ein Ende zu machen, aber auch im Gedanken an eine Aufbesserung der wenig abwechslungsreichen Kost aus der Gulaschkanone, machten sich zwei Kameraden auf den Weg und erledigen drei Gänse im Nahkampf.
    Bals war ein Feuer angefacht, die gerupften Tiere zerlegt und in landesüblichen zum Kochen hergerichtet. Dazu gab es Kartoffeln. Während dieser Vorbereitung brachte unser Oberkoch Gefreiter Schober, Sohn eines Rossmetzgers, gedörrte Kräuter aus dem Haus mit der Behauptung, es handelte sich um Peipes (Beifuss, ein Gewürzkraut). Sehr erfreut über diese Möglichkeit einer Geschmacksverbesserung, würzten wir daraufhin unsere Gänse außer mit Salz kräftig mit Peipes. Die drei Töpfe mit den Gänsen dufteten und uns allen lief das Wasser im Mund zusammen. Auch B-Stelle und VB sollten ihren Teil abbekommen. Als jedoch der abgekühlte Gänsesud gekostet wurde, schmeckte das Ergebnis unserer Kochkunst zu unserer allem Entsetzen wie bittere Galle.
    Was war geschehen? Alle glaubten dass unser Schober die Galle nicht entfernt hatte. Aber da viel mir der Peipes ein und bei näherer Untersuchung stellten sich heraus, dass dieses Kraut in Wirklichkeit Wermuth war, der natürlich die ganze Gänseherrlichkeit ungenießbar gemacht hatte…..Dennoch war die bittere Mahlzeit bald verschlungen, wenn auch im wesendlichen mit Hilfe der ausgehungerten Infanterie, die laufend vorbeizog.

    F.Barth



    Kameradenhilfswerk der
    260. Infanterie- Division

    Mit freundlichen Grüßen

    Karlheinz

  • Im Artillerieduell auf Sichtweite


    Die 3./470 im Angriff auf Kaluga im Oktober 1941


    Nach unserem Vorstoß über Bolwa und Ugra war das nächste größere Ziel das an der Oka liegende. Kaluga. In der Nacht zum 8.Oktober 1941 ist Schnee gefallen. Unsere 3./470, damals noch Radfahrkompanie, hatte den Befehl, innerhalb einer Kampfgruppe aus Teilen unserer 260.ID.und der 17.ID.mit Sturmgeschützen und Heeresartillerie Kaluga im Handstreich zu nehmen.
    In der Frühe des 8.Oktober startete das Unternehmen, gegen 15°°Uhr erreichten wir das Tal von Kaluga. An seinem Ausgang wurden die Vororte der 90 000 Einwohner zählenden Stadt sichtbar, scheinbar hatten die Sowjets schon auf uns gewartet, den in dem kleinen Dorf, wo wir zum Angriff antraten, empfing uns ein Hagel wohl gezielter Granaten aus sämtlichen jenseits der Oka aufgefahrenen Batterien, darunter Salven der Stalinorgel sowie schwere Geschosse mehrerer Haubitzbatterien.
    Also war mit einer schnellen Einnahme der Stadt wohl kaum zu rechnen. Wir hatten auch gleich Verluste zu verzeichnen, darunter den Unteroffizier Karl Stöffler, aus Möckmühl.
    Wir mussten uns also auf einen harten Widerstand vorbereiten. Trotzdem entwickelte sich unsere Infanterie und drängte die Sowjets über den Fluss zurück. Bei Einbruch der Dunkelheit erreichte unsere 3./470 einen weiteren Vorort. Das Dorf zog sich etwa 100 Meter vor dem westlichen Ufer der Oka in nordsüdlicher Richtung dahin, die in weitem Bogen ihre Schleife um das in der Ferne liegende Kaluga zog. Rechts abschließend an unserer Kompanie - Grenze führte auf einem Damm die Eisenbahnlinie Moskau- Kaluga- Brjansk vorbei, welche die Oka auf einer starken Brücke überquerte.
    Am jenseitigen Ufer des Flusses hatten die Gegner sich in Massen zur Verteidigung in Erdlöchern und Unterständen eingerichtet. Heute kann ich mich Entsinnen, wie es dort nur so wimmelte von diesen braunen Gestalten. Immer mehr kamen von rückwärts dazu. Bis fast in die vordersten Stellungen bewegten sie sich aufrecht.


    Auf unser Regiment warten.
    Wir hatten Befehl, nur bei einem Feindangriff zu schießen. Unsere eigene Lage war nicht rosig. Da der geplante Überfall durch den starken Feindwiderstand ins Stocken kam, mussten wir eine Abwehrlinie bilden und warten, bis unser Regiment 470, das im Eiltempo nachrückte, uns erreicht hatte.
    Da die zurückgewichenen Russen sämtliche Fluss Übergänge gesprengt und wir keine Pionier bei uns hatten, blieb nur die Möglichkeit, über die Eisenbahnbrücke das gegenüberliegende Ufer zu erreichen. Bei Tag schien dies fast unmöglich, zumal man in dem etwa 2 Kilometre rückwärts liegenden nächsten Vorort der Stadt mit den bloßen Augen die Feindbatterie erkennen konnte.
    Die Nacht verlief halbwegs ruhig. Der 10.Oktober war ein ziemlich trüber Herbsttag, über dem Gelände lag dunstiger Nebel. Eingeleitet wurde dieser Tag durch eine fast heitere Begebenheit. In aller Frühe dampfte, wie im tiefsten Frieden, ein aus Kaluga kommender Munitionszug durch Feind und Freundesstellung über die Bahnbrücke in Richtung Westen. In der Nähe des von uns am Abend eingenommenen Dorfes wurde er durch ein Sturmgeschütz zum stehen gebracht, die Granate traf den Kessel der Lokomotive, was eine starke Explosion hervorrief.
    Kaum hatten sich die ersten Nebelschwaden etwas verzogen, wurde es bei uns und beim Gegner lebendig. Die beiderseitige Artillerie schoss sich ein. Bald lag dichter Pulverqualm über dem Tal der Oka. Diesen künstlichen Nebelschleier nützten wir aus, um über die Bahnbrücke zu kommen. Dies war mit ein persönlicher Verdienst unseres unvergessenen Chefs, Oberleutnant Dr. Kurt Raff. Gruppenweise schleuste er die Kompanie ohne Verluste über die Brücke.




    Drei Stunden bewegungslos
    So erreichten wir die Kusseln am Feindufer, die uns erste Deckung boten. In Erwartung des Angriffbefehls lagen wir nun fast drei Stunden bewegungslos dort. Hätten die Russen uns bemerkt, es wäre kaum auszudenken, was dann geschehen wäre.
    Der Angriffsbefehl wollte und wollte nicht kommen. Erst hieß es: um 7°°Uhr, dann um 8°° Uhr. Endlich kurz vor 9°°Uhr, traf er ein. Während des Angriffs zeigte es sich dann, dass uns diese wie eine Ewigkeit vorkommende Warterei zum Nutzen war.
    Etwa 500 Meter links von uns hatten sich drei Geschütze der Sturmgeschütz- Abteilung 192 in weitem Bogen bis in unmittelbare Nähe der Russen herangearbeitet, um den Gegner während unseres Frontalangriffs in die linke Flanke zu stoßen.
    Um 8,50°°Uhr begann der Feuerzauber, eingeleitet durch Salven unserer schweren Waffen, die bis auf 50 Meter an unsere Bereitstellung herangezogen wurden, so das wir bei jeder neu heranzischenden Lage selbst die Köpfe an die Erde pressten.
    Aber auch der Iwan jagt nun wieder seine Granaten ohne Unterbrechung herüber.
    Später berichtete unser Kanonier dass sich eigene und feindliche Batterien teils auf Sichtweite im offenen Duell bekämpften.
    Mit der grünen Leuchtkugel Artilleriefeuer vorverlegen löste sich die zermürbende Spannung von uns. Bis zu den ersten Feindstellungen waren es kaum 50 Meter.
    Sprung auf marsch, marsch,--- in rasendem Tempo entfaltete sich die Kompanie. Schon waren auch die ersten MG. – und Schützennester der Russen erreicht. Ein genaues Zielen war uns unmöglich. Um vorwärts zu kommen, musste man den Hüftschuss, selbst mit dem MG. In der Bewegung anwenden, Spaten, Seitengewehr, Handgranaten und Gewehrkolben nützten in diesem Augenblick mehr, als ein in Stellung gegangenes MG. Hier war der Nahkampf Trumpf!
    In den einzelnen Unterständen befanden sich oft acht bis zehn Russen. Eine Handgranate genügte---und weiter dem nächsten Kampfstand entgegen. Unaufhörlich trommelte unsere Artillerie weiter auf die rückwärts gestaffelten Stellungen des Iwan. Wütend ratterten die MG. Handgranaten krachen und zwischen den Stellungen donnern die schwarzen Sprengwolken geballter Ladungen.
    Die halbe Entfernung zum Dorf ist schon erreicht. Verwundete rufen nach den Sanitätern. Mancher Kamerad wirt aus unserer Mitte gerissen!
    In der linken Flanke brechen nun die Sturmgeschütze ein. Die Gegner waren dort teilweise so verblüfft, dass sie sich mit erhobenen Armen um die Sturmgeschütze versammelten. Ein Geschützkommandant hielt die Gefangenen von seinem Einstig aus in Schach und die mit hängenden Köpfen hinterher marschierenden Russen folgten treu und brav seinen Anordnungen.
    Schon sind es zwanzig, dann dreißig Iwans, immer mehr trotten den dem fahrenden Stahlkoloss hinterher. Die beiden anderen Sturmgeschütze durchkämmen mit uns weiter den Streifen links des Bahndamms in Richtung des vor uns liegenden Dorfes.
    Mit vor Schreck starren Gliedern werden die wenigen Überlebenden aus den befestigten Löchern herausgeholt. Inzwischen hat die Überlegenheit unserer schweren Waffen die Russischen Batterien zum schweigen gebracht. Schon längst hat die Sonne ihren höchsten Stand erreicht, als der Gefechtlärm langsam verstummt. Nach hartem schwerem Kampf war das Dorf fest in unserer Hand.
    Die Freuden über den Erfolg waren groß, in unserem Gefechtsstreifen lagen über 300 tote Gegner, außerdem hatten wir drei Offiziere und ungefähr neunzig Mann an Gefangene gemacht. Deutlich konnte sich an diesem Oktober 1941 die Überlegenheit des deutschen Infanteristen kaum mehr zeigen.
    Der untere Oka- Bogen war ausgekämmt. Unsere Bataillons und Regimenter lagen dicht vor dem Ziel Kaluga, das dann 11./12. Oktober von Süden durch das IR.470 und von Westen durch die 17.ID.eingenommen wurde.


    Kurt Breuning
    Ehem.3./470


    Kameradenhilfswerk der
    260. Infanterie- Division
    Mit freundlichen Grüßen
    Karlheinz

  • 1.Teil


    Als Zielscheibe im freien Gelände




    Der Angriff des I./470 im Oktober 1941 auf Aleksin




    Nach der Einnahme von Kaluga am 11./12. Oktober 1941 folgte der weitere Vorstoß der 260. Division in Richtung Moskau. Unsere Division drehte nach den Kämpfen bei Petritschowa etwas nach Südosten ab in Richtung der Stadt Aleksin, an der Oka.
    Unser I./470 (Hauptmann Krämer)hatte zuvor bei den Kämpfen um Petritschowa große Verluste erlitten, musste aber trotzdem erneut zum Angriff antreten. In der Nacht vom 21./22. Oktober hatten wir eine Sicherungslinie vor dem Tag zuvor gestürmten Dorf in ziemlich offenem Gelände aufgebaut. Durch den anhaltenden Regen war der Boden in einen moorastigen Schlamm verwandeltet worden, eingraben war unmöglich, so standen wir in der regennassen, kalten Nacht jeweils vier Stunden lang auf Posten, denn durch die großen Ausfälle war es nicht mehr möglich, mit einer zweistündigen Ablösung durchzukommen, die Kompaniestärke betrug noch etwa 35—50 Mann.
    Am Regenverhangenen Morgen ging eine Reiterpatrouille des IR. 470 (Major Strohm) auf Spähtrupp. Vor dem Wald ungefähr 2 Km von unserem Dorfrand, wir konnten die Patrouille noch ohne Glas sehen, erhielten sich auch schon Feuer.
    Das I./470 trat nun gegen 8°°Uhr zum Angriff an, rechts1. Mitte 3. links 2. Die ersten 500 bis 800 Meter wurde der Angriff zügig vorgetragen, wenn man dies noch so nennen kann in dem knitiefen Dreck, bis uns plötzlich heftiges Feuer entgegenschlug. Rinn in den Dreck. Beim nächsten Sprung waren wir mehr Schlammigel als Krieger. Auch Werfergranaten und Ratsch - Bumm jagte der Iwan herüber. In diesem offenen Gelände sind wir eine gute Zielscheibe.
    Schon traten die ersten Verluste ein. Der Laubwald wird durchstoßen. Vor uns liegt eine 80 Meter tiefe freie Wiesenfläche, am Ende der Grünfläche zeihen sich Kusseln entlang. Der obere Rand der anschließenden Geländesenke ist das Ziel unseres nächsten Sprunges. Kurzer Schnaufpause, in Stellung gehen Feuer frei.
    Nun aber runder in die Senke. Weiter was die Füße leisten, den Hang hinauf, in Stellung gehen, beobachten und dann wieder hineinknallen. Der Befehl zum Sturm kommt durch. Ein schwerer Kampf Mann gegen Mann entbrennt.
    Handgranaten detonieren. Schreien und Stöhnen begleitet unseren Angriff. Die ersten feindlichen Schützennester werden Überrannt.
    Vom Dorfausgang ballert eine Pak Geschütz zwischen uns und den Iwan. Dies rennt unser Kamerad Hengel allein über den Haufen, die nachfolgenden Kameraden nehmen die Bedienung mit Geschütz samt Panjepferd in Besitz. Hengel zwingt sogar die Geschützbedienung, nach einer Kehrtwendung auf ihre eigen zurückweichenden Kameraden zu schießen. Eine Bravourleistung unseres Kameraden Hengel. (Später stellt sich heraus das das Gewehr von Hengel weder geladen noch seine Handgranate scharf war. Oftmals hat Hengel für sich selbst Krieg geführt. Zwei Jahre später ist er Stalingrad gefallen.)
    Aus dem Strohhaufen kommen die Iwans mit erhobenen Armen heraus und geben sich gefangenen. Weiter führt der Angriff auf das Dorf. Der Feind weicht zurück. Seine Nachhut leistet hartnäckig Widerstand. Nach kurzem aber heftig geführten Kampf stoßen wir durch und besetzten den südöstlichen Dorfausgang ohne Verluste. Dort sammeln wir und richten uns notdürftig zur Verteidigung ein. Nachdem das Bataillon neu geordnet ist, treten wir auf das zweite Angriffsziel an: Ein Dorf im Talgrund liegend, Entfernung 2 Kilometer. Über einen kleinen Hang durch freies Ackerfeld gehen wir gegen das noch nicht sichtbare Dorf vor.
    Wir kommen glücklich auf der Höhe des Talgrundes an. Jetzt erst sehen wir den tiefer liegenden Ort im Grund, der sich von Osten nach Westen hinzieht. Kein Schuss fällt mehr. Die hälfte des Grasbewachsenen Hanges haben wir schon hinter uns gebracht,---plötzlich ein dumpfer Abschuss aus Richtung Aleksin.
    Die Granate wühlte sich aus der Ferne durch die Luftstille der russischen Landschaft. Über das Dorf hinweg, hinter der Anhöhe steigt eine rissige Qualmwand haushoch auf, nein es war kein einzelner Schuss. Es war der Signalschuss zu einem Hexenkessel, der über uns hereinbrach. Wir stürmten weiter den hang hinunter, das Dorf zu erreichen, um an den Panjehütten eine schützende Deckung zu suchen.



    Kameradenhilfswerk der
    260. Infanterie- Division
    Mit freundlichen Grüßen
    Karlheinz

  • 2. Teil


    Es wurlt, schlurft, gurgelt, grunzt und aus allen Ecken heran, stürzt sich mit greifendem, mahlenden Krachen auf das Dorf, in dem wir Deckung suchen. Granate um Granate kracht in unseren Abschnitt. viele der Panjehütten mit ihrem Strohdächern stehen in Flammen. Die Feuersbrunst verbreitet eine höllische Hitze. Sollen wir uns unter den rauchenden Resten dieser Ortschaft begraben lassen?
    Längst schon hat unsere eigene Artillerie eingegriffen, aber immer noch geht das rasende Feuer weiter, dazwischen der grässliche Schrei – Sanitäääter. Die Hitze wird unerträglich.
    Da ergreift unser Kompaniechef, Oberleutnant Dr. Kurt Raff (3./470) aus Göppingen die Initiative: Weiter vor auf die Anhöhe. Von Feuerbrunst und Granatenkrach aufgescheucht, erreichen wir einzeln und atemlos die Anhöhe und besetzen sie.
    Hier sieht man nichts als Russen, die sich eben sammeln, und gruppenweise zu Gegenstößen ansetzen. Unser Chef gibt in aller Ruhe seine Anweisungen. Schon peitscht unsere MG. - Feuer in die Anstürmenten hinein. Die Stellung muss gehalten werden.
    Inzwischen hat das Ariefeuer nachgelassen. Das ganze Dorf ist dem Erdboden gleichgemacht. Schwarzer beißender Qualm und stinkender Pulverdampf liegt über den Talgrund. Am linken Flügel ist noch heftiger Gefechtslärm zu hören. Ein Melder, dem der Schweiß von der Stirn rinnt, kommt keuchend angerannt: Zwei Gruppen des Ersten Zuges an den linken Flügel, der Dritte Zug ist eingeschlossen.
    Nach heftigem Nahkampf wird der Zug herausgehauen. Bei der linken angrenzenden 2.Kompanie (Oberfeldwebel Schweizer, Kornwestheim), greift der Russe noch heftig an und versucht, einen Einbruch zu erzwingen. Die Kompanie befindet sich in einem harten Abwehrkampf. Da greift die nachgezogene Pak (14.Kp.) mit in den Kampf ein. Auch ein rasch herbeigezogener Zug s.MG, der 4.ist zur Unterstützung in Stellung gegangen. Unser soeben herausgeholter III. Zug packt den Iwan von der Seite. Mit vereinten Kräften gelingt es, den Gegner zu überwältigen. Das I.470 hat seine Tagesaufgabe erfüllt und die Stellung gegen eine Überzahl behaupten können. Aber noch gibt sich der Russe nicht zufrieden. Als der Tag schon langsam zur Neige geht, dröhnt plötzlich aus Richtung Aleksin dumpfes Abschussgetöse.
    Bald sind wir im Bilde über das geheimnisvolle Grollen. Da zischen sie heran, die 48 Geschosse der Stalinorgel. Uns stockt der Atem! Zweite Salve! Dritte Lage!
    Zehn Minuten mögen es gewesen sein, aber wir glaubten, es seien Stunden vergangen. Es war das letzte Aufbäumen des harten Tages.
    Das I./ 470 hat an diesem schweren Tag große Verluste erlitten. Die Kompanien sind bis auf 20 bis 30 Mann zusammengeschmolzen.

    Kurt Breuning

    Kameradenhilfswerk der
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    Mit freundlichen Grüße

    Karlheinz