260. Infanterie-Division

  • Aus der Geschichte der 260. Infanterie Division



    [FONT=&quot]Soldaten der 260. Infanterie- Division berichten


    Wanderer hinter den Westwall
    Das 3/IR.480 auf ihren ersten Kriegspfaden.


    Wenige Tage nach Kriegsausbruch stand unser Infanterie - Regiment 480, zum großen Teil aus Reservisten zusammengestellt, marschbereit. Am 11. Spt.1939 war es dann so weit: Verladung in Nürnberg, Abfahrt in Richtung Westen.


    Zunächst bekamen wir die Bunker und den Weswall nicht zu Sehen. Unsere erste Station (12. bis 26 September) war vielmehr Hüsingen nahe der Schweizer Grenze, einmal als Korpsreserve und dann in Anwehrbereitschaft gegen einen etwaigen französischen Einfallsversuch über die Schweiz.


    Vom 27. September bis 22.Oktober lagen wir dann als Regimentsreserve in Haagen.
    Es begann unsere eigentliche Bunkerzeit – Abwehrbereitschaft am Oberrhein. Nie zuvor gehörte Ortsnamen wurden uns zur Unvergesslichen Erinnerung: Friedlingen, Kirchen. Märkt, Haagen, Eimeldingen. Jeder Name ein Begriff, mit dem sich ungezählte Stunden schönen und reichen Erlebens für immer verbindet.


    Was haben wir in diesem harten Winter 1939/1940gebaut an Gräben und Stellungen, wie haben wir uns mit dem Franzosen herum gewunken, herumgebalgt und auch herum geschossen, was waren das für Bunker-Weinachten, wie viele zarte Bande knüpften sich wärent unserer Freizeit! Es ließen sich Bände Schreiben über diese Zeit, deren Überschrift lautet: Abwehrbereitschaft am Oberrhein… Eine Unvergessliche Zeit!


    Am 18. April 1940 ging sie zu Ende. Unsere Kompanie lag in Eimeldingen als Regimentsreserve, als der Abmarschbefehl eintraf, der die großen Verschiebungen der nächsten Tage und Wochen einleitete.


    Dieser 18.April erhielt sein besonders Gepräge noch dadurch, dass Eimeldingen hohen Besuch empfing. Eine Italienische Abordnung vom Idstein kommend, nahm im Ochsen das Mittagessen ein. Unsere Kompanie stellte einen Chor für das Tafelkonzert. Wir müssen sehr schön Gesungen haben, denn zum Dank hielt einer der Italiener ein hoher faschistischer Funktionär, eine von südlichem Temperament sprühende Ansprache an uns, in der die Deutsch Italienische Waffenbrüderschaft pries.


    Am Abend des gleichen Tages – es wurde eine frische klare Vorfrühlingsnacht—traten wir an. Es ging zunächst nicht weit. Ein einziger Nachtmarsch brachte uns über Lörrach in den Raum von Rheifelden-Steinen. Unsere Kompanie bezog Quartier in Karsau und Beuggen.


    Damit begann ein neues Kriegs—Idyll für uns. Der junge Rhein, der junge Frühling, die jungen Mädchen,--das alte Schloss, die alten Stätten am Rhein: Säckingen, Rheinfelden,--und das alte Lied: Kompanieübungen… und zwischendurch wieder viele viele Persönliche Erlebnisse, Eindrücke und Erinnerungen. So flossen die Tage von Karsau-Beuggen dahin, die ersten wirklichen Frühlingstage des Jahres 1940, wie ein schöner Traum. Für einige unter uns träumten diesen Traum ein paar alemannische Mädchen noch lange.


    Am 3.Mai 1940 ging auch dieser Zeitabschnitt zu Ende. Ein Lied zum Abschied noch unter der regen tropfenden Dorflinde von Karsau, dann begann das nächtliche Viertage - Wandern, das uns bis in den Raum Donaueschingen zu bringen hatte. Die plötzlichen hohen Anforderungen an die marschentwöhnten Beine, Muskeln und Schweißfüße verursachten zunächst mancherlei Unbehagen.
    Am Morgen nach dem ersten Nachtmarsch – wir lagen in Brettermühle bei Todmoos im Schwarzwald – sah es zunächst noch schwärzer aus als der Wald mit dem schwarzen Namen. Aber bald zeiget sich das alles nur halb so schlimm war. Die Beine liefen sich ein und der Körber passte sich an. Von Nacht zu Nacht ging es besser. Zumal auch die Tagesunterkünfte angenehmer wurden. Am 7. Mai morgens zogen wir Singend in unsere Endunterkunft, Sundhausen bei Donaueschingen ein.


    Im Schwarzwald


    Am frühen Morgen dieses 7.Mai sind wir die Weckrufer in Donaueschingen. Unsere Lieder brechen sich laut in den stillen Straßen der Stadt. Ankunft in Sundhausen um 6°° Uhr, ebenfalls mit Gesang. Alsbald sinkt die ganze Kompanie in tiefen Schlaf.


    Nun folgten wider zehn Tage Dauerunterkunft. Sie sind gekennzeichnet durch eine Reihe von Bataillonsübungen, die auch vor den Pfingstmontag nicht haltmachen. Im Ganzen aber noch einmal ein beschauliches friedensmäßiges Dasein.


    Am 10. Mai erfahren wir auf den Marsch zu einer Übung nach Donaueschingen vom Beginn der Westoffensive. Nachmittag wird die Urlaubssperre bekannt gegeben. So verlaufen die Tage von Sundhausen und immer drängender steht die Frage wo werde wir eingesetzt?
    Am 17. Mai beginnt unser WHW (Wandern hintern Weswall) von neuem. Am Abend dieses regnerischen Tages verlassen wir Sunhausen. Die Nacht führt uns bis Stetten an der Donau. Sie hellt nach einigen Marschstunden auf und leitet damit eine vier Nächte lange Marschreihe ein, über welcher ein herrlicher Mond und die Wunder deutscher Frühlingsnächte stehen.
    Es wird ein prachtvolles Wandern Tal auf, Tal ab durch die Rauhe Alb mit unvergesslichen Landschaftseindrücken. Die Sauberkeit und der freundliche Charakter der württembergischen Dörfer wirken bestechend.


    [/FONT]Kameradenhilfswerk der
    260. Infanterie- Division


    Mit freundlichen Grüßen


    Karlheinz
    [FONT=&quot]
    [/FONT]

  • [FONT=&quot]Wanderer hinter den Westwall
    Das 3/IR.480 auf ihren ersten Kriegspfaden.

    [/FONT][FONT=&quot]Am 21.Mai werden wir in Tübingen verladen. Neben dem Westbahnhof liegen [/FONT]
    [FONT=&quot]wir stundenlang in der heißen Sonne. Die Nachbarn schleppen Unaufhörlich herbei was immer sie zu Geben haben. Um 16°° Uhr setzt sich der lange Transportzug in Bewegung. Er führt die drei ersten Kompanien des 1.Batallions mit sich. Allerorts stehen die Menschen an der Strecke und winken und Gruß und gute Wünsche zu. Sie wissen dass es gegen Westen geht, wo vor elf Tagen die Wehrmacht antrat.
    Beim Morgengrauen des 22. Mai fahren wir durchs Hessische, dann weiter Richtung Nord bis knapp vor Köln. In Troisdorf plötzlich scharfe Kursänderung. In spitzem Winkel wird von Nord nach Südwest abgedreht. Südlich Bonn Überqueren wir den Rhein. Und dann eine Prachtfahrt auf der Nebenstrecke, die sich durch viele Tunnels das Ahrtal aufwärts zieht. Die Unendlichen Weinberge, mühselig angelegt in oft winzigen Terrassen bis auf fast Überhängente Felsgipfel, begleiten uns lange. Schließlich weichen sie dem mageren Boden der unwirtschaftlichen Eifel.
    Nach genau 24 Stunden Bahnfahrt verlassen wir am 22. Mai um 16°° Uhr den Zug in Bitburg. Dieses Städtchen hat seit Tagen unendlich viele Truppen passieren sehen und steht ganz im Zeichen dieses gewaltigen Aufmarsches.


    Benno Tins


    Mein erster Beitrag zur 260 Infanterie- Division
    Vom Traditonsverband der 260 Inf. Divis. Es folgen noch mehr.


    Mit freundlichen Grüßen


    Karlheinz [/FONT]

  • [FONT=&quot]Spähtrupp am Oberrhein


    Heiß brannte bereits die Sonne hernieder, als ich mich am Nachmittag des 26. März 1940 wie gewöhnlich mich auf Streife befand. Nichts regte sich. Nur das Rauschen des Rheins unterbrach die Stille. Im tiefem Frieden lag die Front. Zu meiner angenehmen Überraschung traf ich bei Panzerwerk Detmold Oberleutnant Vincon. In ihm erkannte ich einen alten Bekannten, meinen ehemaligen Stuben ältesten aus der Rekrutenzeit wider. Erfreut gratulierte ich Ihm zu seinem EK II. das Ihm kurz zuvor als Führer mehrer Spähtruppunternehmungen über den Rhein verliehen worden war. Noch mehr freute mich aber, als Oberleutnant Vincon mich einlud, an einem Spähtrupp der am gleichen Abend im Abschnitt der 4./IR 470 steigen sollte, teilzunehmen. Ohne [/FONT][FONT=&quot]Zögern sagte ich zu. Umso lieber da auf Anordnung des damaligen Bataillons -Führers Hauptmann Müller von der 4. Kompanie ein Teilnehmer bei diesem Spähtrupp vorgesehen war. Oberleutnant Vincon bestellte mich um 20°°Uhr an den Brückenkopf bei Neuenburg. Über die dort Gesprengte Brücke sollte der Spähtrupp vordringen.
    Pünktlich um 20°°Uhr war ich an der Brücke. Dort lagen bereits die durch Hauptmann Müller von der 4. Kompanie aufgebauten, schussbereiten MG, links und rechte der Brücke. Mit ungeduldiger Spannung erwartete ich die Kameraden aus dem II. Bataillon. Anscheinend hatte sich die Vorbereitung etwas verzögert, denn erst gegen 21,30°° Uhr trafen sie ein. Inzwischen war eine stockdunkle Nacht hereingebrochen. Leichter Regen rieselte herab. Kaum konnten wir uns gegenseitig erkennen. Günstiger konnten wir uns nicht wünschen. So konnten wir hoffen, unseren Auftrag die Stärke eines französischen Werkes 400m abwärts der Brücke, zu erkunden erfolgreich auszuführen. Gegen 21,45 °° Uhr setze sich dann unser Trupp mit Leutnant Roemer, einen Unteroffizier, 3 Gefreiten, 1 Schützen und mir, unter Führung von Oberleutnant Vincon in Marsch, wohl ausgerüstet mit Pistole und Handgranaten und begleitet von den guten Wünschender Zurückbleibenten. Ich selbst hatte noch eine Strickleiter umgehängt und für alle Fälle nur die Badehose unter der Uniform angezogen.


    Langsam und geräuschlos tasteten wir uns zunächst an den Schienen entlang. Schwierig wurde es als wir den gesprengten Teil der Brücke ereicht hatten. Hier kletterten wir auf der rechten Seite unter gegenseitiger Unterstützung mühsam an den Eisenstreben empor. Sehr langsam und mühevoll ging’s nun vorwärts. Denn nur auf dem Bauch rutschend, konnten wir uns auf der schmalen Längsstrebe vorwärts ziehen. Tief unter uns stauten sich die Fluten des Rheins an den Überresten der Brücke. Ein unheimliches Rauschen und Gurgeln verschlang jeden Laut. Wir mussten uns daher gegenseitig an den Füßen halten, um die Verbindung nicht zu verlieren. Plötzlich ein Poltern, Klirren und ein dumpfes Aufschlagen im Wasser. Jede Bewegung erstarrte. Gespannt lauschten wir in die Finsternis. Doch nur das monotone rauschen des Rheins ist zu vernehmen. Nur eine Handgranate war entfallen. (Nächster Teil folgt)
    W. Freund


    Kameradenhilfswerk der
    260. Infanterie- Division


    Mit freundlichen Grüßen
    Karlheinz [/FONT]

  • Spähtrupp am Oberrhein

    Zweiter Teil


    Am tiefsten Punkt der Brücke, an einem Pfeiler sammelten wir uns. Nun sollte die Brückensicherung in Tätigkeit treten. Aber keiner wollte zurück bleiben. Jeder wollte mit dabei sein. Gemeinsam ging’s daher nach den französischen teil der Brücke hinauf, immer die Streben als Deckung ausnützend. Oberleutnant Vincon und ich gingen nun etwas voraus um festzustellen ob der Brückenkopf vom Gegner besetzt oder Hindernisse oder Sperren vorhanden wären. Zwar stießen wir auf Gerümpel und Stacheldraht, konnte aber beim weiteren Vordringen nichts Verdächtiges feststellen. Auf ein Zeichen folgten dann die anderen nach. Wer übernimmt nun die Brückensicherung.


    Niemand meldet sich. Oberleutnant Vincon bestimmt also drei Mann die sofort ihren Posten zwischen den Schienen einnahmen. Sie erhielten den Auftrag falls wir bis Morgengrauen nicht zurück sein sollten, am nächsten Abend ihren Posten wieder einzunehmen. Wir anderen mussten nun wieder ein Stück zurück, um von dem tiefer hängenden Teil der Brücke, mit Hilfe der Strickleiter das französische Ufer zu erreichen. So betrat ich als erster 10 Minuten nach 24°° Uhr französischen Boden. Nichts reget sich. In dem Dunkel um uns, das wir mit unseren Blicken zu durchdringen versuchten, blieb alles ruhig und still.


    Unser Übergang über die Brücke scheint also vom Gegner nicht bemerkt worden zu sein. Wir sammelten uns daher an der Wasserlinie, um uns zunächst von den hinter uns liegenden Anstrengungen etwas zu erholen. Geräuschlose krochen wir dann 150 – 200 m am Rheindamm entlang. In der Nähe der Pontonbrücke gab Oberleutnant Vincon das verabredete Blinkzeichen zum deutschen Ufer hinüber. Nach weiteren 100m erreichten wir ohne Zwischenfall die von früheren Spähtruppunternehmungen her bekannte Durchbruchstelle durch den Stacheldraht. Oberleutnant Vincon und ich erkundeten dann vorsichtig den Durchgang. Vom Gegner war jedoch nichts zu bemerken. Daher schlängelt sich einer nach dem andern durch den Drahtverhau. Von hieraus war bereits ein Lichtschein zu beobachten, der der anscheinend aus einer Hütte kam, die sich bei dem zu erkundenden Werk befand. Dichtes Buschwerk nahm uns nun auf. Dieses bot uns genügend Deckung, so dass wir unseren Weg, senkrecht vom Ufer weg, aufrecht fortsetzen konnten. Nach etwa 150 – 200 m erreichten wir einen Fahrweg, der parallel zum Ufer verlief. Vorsichtig schlichen wir uns im Schutze der Bäume in nördlicher Richtung dem Ufer entlang bis etwa auf Höhe des zu erkundenden Werkes.
    Der Regen hatte allmählich aufgehört. Von dem Lichtschein war nun nichts mehr zu bemerken. Ringsum war alles ruhig. Wir nahmen deshalb an das die Besatzung sich zur Ruhe begeben hatte. Uns galt nun den besten Weg auszukundschaften. Diese Aufgabe übernahm Oberleutnant Vincon, Leutnant Römer und ich. Nach kurzem Vordringen stelle ich fest, dass eine Annäherung in der mir zugewiesenen Richtung nicht möglich war. Ich arbeitete mich daher auf den kürzesten Weg zu dem vereinbarten Treffpunkt zurück. Den besten Weg schien Oberleutnant Vincon gefunden zu haben.
    Nun aber trat ein Ereignis ein, das unser Vorhaben zu vereiteln schien. Das Wetter hatte sich allmählich aufgeklärt. Der Mond trat aus den Wolken hervor und tauchte die ganze Umgebung in helles Licht. Deutlich konnten wir das Werk erkennen. Trotzdem beschlossen wir unseren Auftrag durchzuführen. Auf dem Oberleutnant Vincon erkundeten Weg krochen wir vorsichtig, jede Deckung ausnützend, von Rückwärts auf das Werk zu. Rechts von mir durch eine Bodenwelle getrennt, arbeiteten sich Oberleutnant Vincon und Leutnant Römer vor. Trotz schärfster Beobachtung konnte ich nichts Verdächtiges bemerken. Als ich nach ca. 20 m mit den beiden zusammentraf, glaubte ich plötzlich hinter einen Baum ca. 4 – 5 m vor mir eine schwache Bewegung zu erkennen. Bei schärferen zusehen erkannte ich einen Posten. Leise teile ich das Oberleutnant Vincon mit. Jedoch auch er und Leutnant Römer hatten den Poste bereits erkannt und schon einen Plan gefasst. Inzwischen hatte ich meine Pistole frei gemacht.


    Kurz darauf erhob sich Leutnant Römer, schritt auf den Posten zu und sprach ihn auf französisch an. Unglücklicherweise stürzte er über einen Stolperdraht, den wir nicht bemerkt hatten. Der Posten zog sich sofort gegen die weiter zurückliegende Hütte zurück und rief dabei in deutscher Sprache 3mal kurz hintereinander: Halt! Wer da! Als sich Leutnant Römer sofort wieder erhoben hatte schoss ihm der Posten vor die Füße und alarmierte die Besatzung.
    Wir anderen waren natürlich sofort aufgesprungen. Oberleutnant Vincon zog seine Handgranate ab und schleuderte sie gegen die Hütte, wo sie ohne zu detonieren liegen blieb. Inzwischen war das ganze Werk in Aufruhr geraten. Aus Hütte und Werk stürzte die gesamte Besatzung etwa 11 oder 12 Mann heraus. Eine Leuchtkugel steigt hoch und eine wilde planlose Schiesserei begann. Auf die Stelle auf der wir uns soeben noch befunden hatten, prasselten die Einschläge. Wir hatten jedoch bereits mit einem Sprung das bergende Gebüsch rechts der Brücke erreicht.


    (Bei einem raschen Rückblick konnten wir auch von Leutnant Römer…. und können sich nicht mehr verstecken…. wie möglich drangen wir nun auf das Rheinufer vor und hatten bald das Drahthindernis erreicht.) (Das eingeklammerte läst im Original keine genau Schrift zu, total verwischt.) Im Laufschritt ging’s nun an ihm entlang. Hinter uns Schüsse, Geschrei. Wir stolperten über Verspannungen, stürzten, rafften uns wieder auf keuchten weiter. Eine Leuchtkugel: Sofort lagen wir regungslos an die Erde gedrückt. Wieder auf und weiter. So erreichten wir glücklich die Stelle, an der wir den Verhau Übersteigen konnten. Ein Sprung und wir waren unten am Damm und hasteten am Wasser entlang. An unsere Durchbruchstelle angekommen, hielten wir an um auf unsere beiden Kameraden zu warten, die wir aus den Augen verloren hatten. Oberleutnant Vincon und ich legten uns oben auf den Damm. Von hier aus konnten wir beobachten wie mit Scheinwerfern die Umgebung des Werkes abgesucht wurde.
    Immer wieder warfen Leuchtkugeln ein grelles Licht auf die Umgebung, knallten einige unregelmäßige Schüsse. Plötzlich ein brechen und knacken vor uns im Gebüsch. Deutlich war zu hören, wie sich jemand durch den Draht arbeitete. Wier machten uns auf das Schlimmste gefasst, als auch schon zwei Gestalten mit einem Sprung über uns hinweg setzten: Erleichtert erkannten wir in ihnen unsere beiden Kameraden. Gemeinsam hetzten wir nun zur Brücke zurück. Da hämmert auch schon ein MG los. Pfeifend strich die Garbe unter der Brücke hindurch. Erschöpft mussten wir uns gegenseitig auf die Brücke hochziehen, wo wir bereits von unseren Kameraden erwartet wurden. So rasch es ging, eilten wir über die Brücke zurück, wobei uns nun der Mond zu Hilfe kam. Mit Aufbietung der letzten Kräfte erreichten wir so ungefähr 10 Minuten nach 2°° Uhr das deutsche Ufer.


    So war es uns doch noch gelungen, unseren Auftrag ohne Verluste erfolgreich Durchzuführen.

    Wilhelm Freund


    Kameradenhilfswerk der
    260. Infanterie- Division


    Mit freundlichen Grüßen


    Karlheinz

  • Aus der Geschichte der 260 Infanterie - Division


    Durch Sonnenglut und Straßenstaub


    Beim III./480 auf dem Marsch durch Luxemburg


    Von Ehlenz dem letzten Ruhequartier auf deutschen Boden, führte unser Marsch zum letzten Mal über die unwirtlichen Höhen der Eifel, der luxemburgischen Grenze zu. Der Tag ist sehr heiß und das ständige Bergauf –Bergab in der Eifel macht heiße Tage wahrhaftig nicht zu Vergnügungszeiten für uns Infanteristen. Durst haben wir alle. Deshalb sind wir den Einwohnern des deutschen Grenzort Dasburg sehr dankbar, dass sie uns mit Tee, Kaffee oder Wasser gefüllte Eimer reichen, aus denen wir während des Marsches mit unseren Drinkbechern schöpfen können. Unmittelbar hinter den letzten Häusern des Ortes bildet die Brücke über die Sauer die Grenze. Wir Überschreiten sie mit der Spitze am 24. Mai um 18,30°° Uhr. Noch einmal gilt es eine Steigung zu überwinden, die uns nach dem schwierigen Marsch allerdings doppelt lange erscheint. Wenig später rücken wir in das erste Tagesquartier im fremden Land ein. Die Bürger von Marburg sprechen genau wie die Eifelbewohner in einem etwas schwermütigen Tonfall, der ihnen eigen ist. In dem Ort gibt es vorläufig auch das letzte Bier auf unserem Vormarsch. Die drei Gaststätten sind sehr bald überfüllt und der Biervorrat ist auch sehr bald erschöpft. Das ist allerdings nicht sehr schlimm, denn gegen den Durst helfen im Notfall auch Trinkwasser, das es hier noch in genügender Menge gibt, und Tee, oder Kaffee von der Feldküche. In der Dämmerung kommt ein Lastwagen mit Gefangenen angefahren. Wir erfahren von dem begleiteten Soldaten, dass die Gefangenen durchwegs Offiziere eines französischen Divisionsstabs sind. Unter ihnen sitz auch der Divisionskommandeur, ein Generalleutnant, völlig teilnahmslos im Führerhaus des Wagens. Seine Mütze ist mit einem Tuch umwickelt. Der erste Gefangenentransport den wir sehen, ist ein französischer Stab! Wir fassen das als gutes Vorzeichen für uns auf.
    Weiter geht es am 25.Mai über Wittcher und Allerborn. Rechts von uns sehen wir herrlich in einem Talkessel eingebetet das Kloster Clerf. Einzigartig ist dieses Landschaftsbild. Links der Straße liegt der Antoniushof, von dem während kurzer Marschpause Trinkwasser geholt wird. Hinter Allerborn führt die Strasse steil aufwärts bis zur belgischen Grenze.
    Sonnenglut und Straßenstaub setzen uns zu. Am Ende der Steigung steht zur linken der rot- weiß schwarze Schlagbaum. Von der Grenze ab marschieren wir auf besserer Straßen und ebener Strecke über Bourcy nach Noville, dem ersten Tagesziel in Belgien, das wir gegen 19,30°°Uhr erreichen. Das Dörfchen ist von den meisten Bewohnern verlassen. Die Zurückgebliebenen schauen scheu und verängstigt drein, bis sie sich von unserer Menschlichkeit Überzeugt haben. Seltsam erscheint uns der rasche Übergang über die Sprachgrenze. Die Verständigung bietet mancherlei Schwierigkeiten. Was mit den Überresten des mehr oder weniger Schulfranzösisch nicht gesagt werden kann, muss mit Zeichen klargemacht werden. Das es dabei allerlei drastische Bilder gibt, lässt sich nicht vermeiden. Hauptsache ist doch das man das erreicht, was man erreichen wollte.
    Der ältere Pfarrherr des Dörfchens kann etwas deutsch und wagt sich damit auf das Gebiet der Erörterung der derzeitigen Ereignisse. An einen deutschen Sieg glaubt er vorläufig nicht. Dazu hat er schon viel zu viele Nachrichten aus der englischen Küche bezogen. Er ist von der Güte der französischen Soldaten überzeugt, ebenso von der Güte ihrer Waffen. Diese Ansicht darf er jedem von uns gegenüber äußern! Kurz nach Mitternacht hörten einige von uns das helle Singen eines feindlichen Flugzeugmotors über dem Dorf. Das Singen bricht plötzlich ab und gleich darauf lassen uns zwei unheimliche Schläge auffahren. Der Boden erzittert, verschiedene Gegenstände geraten ins Wanken. Gläser und Porzellanschalen werden etwas angehoben und klingelt beim Wieder aufstoßen. Zwei Bomben hatten ganz nahe der Ortschaft eingeschlagen. Niemals werden wir diesen ersten französischen Fliegerangriff auf unseren Vormarsch vergessen!
    Am 26.Mai geht es weiter über Amperloup und St. Hubert nach Villance, der längste Tagesmarsch mit 60 Kilometern. Schon kurz hinter Noville sehen wir die ersten Spuren des Krieges. Zerschnittene Telfon und Lichtleitungen, abgeräumte Straßensperren, Pferdekadaver und zerschossene Fahrzeuge. In Amberloup müssen wir einen Nebenweg nach St. Hubert einschlagen, da einige Tage zuvor ein Angriff feindlicher Flieger die Teilweise Zerstörung der Straße zwischen Amperloup und St. Hubert zur Folge hatte. Der Tag ist wieder sehr heiß, der Weg beschwerlich. Wir marschierten durch einen langen Wald und halten am späten Mittag bei dem im Bau befindlichen Klostergut Hurtebise große Rast. In der nähe liegen zwei abgestürzte deutsche Flugzeuge. Das eine davon eine DO 117 weist mehr als 500 Geschoßeinschläge auf! Die Straße ist Verstopft, unser Abmarsch verzögert sich bis 18.30°° Uhr. Nach einigen Kilometern kommen wir durch St. Hubert. Die Mehrzahl der Einwohner ist geflohen, das Städtchen wirkt verödet, jedes Haus weißt Spuren des Krieges auf. Dennoch sieht man keinen Einschlag einer Bombe oder Granate! Kurz vor Ort versucht uns während der Rast beim Klostergut ein feindliches Flugzeug anzugreifen. Es überfliegt der Länge nach die Marschstraße der Division wird aber von deutschen Jägern scharf angegriffen. Daraufhin zieht es der an sich schneidige Franzose doch vor, abzudrehen.
    Weiter Marschieren wir über einen Berg nach Noville, dem Tagesziel. Wir finden auch dort fast keine Einwohner vor, dafür aber sinnlose Verheerungen in den Wohnungen. Eine Arztwohnung ist völlig demoliert. Wir fragen uns immer wieder, ob diese Bilder den wirklich noch möglich sind in einem Krieg, in dem sich Soldaten gegenüberstehen, die sich als gebildet bezeichnen.
    Am 27. Mai marschierten wir auf guter Straße nach St. Denis, einem kleinen Dorf. In Scheunen finden wir Unterkunft. Der Tag hat uns wieder die jetzt schon gewohnten Bilder gebracht. Unerträglich fast ist auf Dauer der Geruch der Pferdekadaver, die aufgedunsen neben der Straße liegen.
    In St. Denis gibt es seit langen wieder die erste Post! Sie ist unsere einzige Verbindung mit der Heimat außer unseren Gedanke, deshalb wird sie immer mit besonderer Sehnsucht erwartet und mit großer Freude in Empfang genommen. Das Dorf hat verschiedene Fliegerangriffe der englischen und der französischen Nachteulen über sich ergehen lassen müssen. Dabei sind einige Häuser abgerissen und einige Menschen getötet worden. Seltsamerweise haben die Angriffe keinen einzigen deutschen Soldaten Leben oder Gesundheit gekostet, trotzdem der Ort mit einigen Truppen belegt war.
    In welcher Eile die Franzosen ihre Bomben loswerden wollen, zeiget sich schon jetzt an der geringen Zielsicherheit der Abwürfe. Weit über die Hälfte der nachts auf Libin und St: Denis abgeworfenen Bomben haben weit außerhalb der Ortschaft Löcher in Wissen und Acker gerissen. Am 28.Mai marschierten wir nach den drei Kilometer entfernten Louette – St. Pierre. Dort liegen auch die Stäbe von Regiment und Division. Wir bleiben vier Ruhetage hindurch und dann geht der Marsch weiter, nach Frankreich hinein. In St. Pierre sind viele Einwohner schon zurückgekehrt, die Häuser zum großen Teil unversehrt. Vor allem können wir Butter, Eier, sogar Schwein und Hühner als Verpflegungszulage kaufen. Über den geringen Preis sind wir sehr erstaunt, aber natürlich erfreut. Am Marschtag gib es noch eine Bataillonsübung unter Anwesenheit von Oberst Fremerey . Am Abend rücken wir ab. Bis zum letzten wusste niemand die neue Richtung. Nun erfahren wir dass es bei Montherme über die Maas geht. Der Weg dorthin führt uns über Villergie und Laroye. Gegen 2°°30 Uhr in der Früh Überschreiten wir die Französische Grenze.

    Max Krüger
    Kameradenhilfswerk der
    260. Infanterie- Division


    Mit freundlichen Grüßen


    Karlheinz

  • Aus der Geschichte der 260 Infanterie - Division


    Die Mühle von Clerf brennt!“


    Ein Vormarscherlebnis der Werkstattkompanie 260 im Mai 1940


    Am 22. Mai 1940 waren wir am Oberrhein aufgebrochen und rollten über die Stuttgarter Autobahn in Richtung Limburg an der Lahn, wo wir einige Stunden Pause einlegten. Im Morgennebel passierten wir dann die Festung Ehrenbreitstein, fuhren am Deutschen Eck vorüber, überschritten den Rhein und gelangten bei der Nürburg in die Berge der Eifel. In Bitburg erkundigte ich das letzte Mal auf deutschen Boden Quartier, ein Waldlager.
    Am Nachmittag des 24.Mai erreichten wir dann das Ardennenstädtchen Clerf(Clervaux)von Bergen umgeben und eng eingeschlossen in einem Talkessel. Auf einem Bergrücken, ins Tal vorgeschoben, stand nahe einer Klosterkirche auf felsigen Grund eine weiträumige, mit Toren und Türmen bewehrte Burg, die das Städtchen beherrschend Überragte. Direkt unter ihr fanden wir an einer Durchgangsstraße einen freien Platz, auf dem unsere Fahrzeuge geparkt werden konnten. Bald wurde das während des Marsches gekochte Essen, Bohnen mit Fleischeinlagen, ausgegeben. Feinschmecker versorgten sich zusätzlich mit Weißbrot in der bekanten französischer Stangenform, auch Wurst und guter Wein waren sehr billig.
    Die Quartiermöglichkeiten in den umliegenden Häusern waren allerdings nicht ausreichend. So ging ich über eine schmale Treppe hinauf zur Burg, wo mich der Burgherr freundlich empfing und den Rittersaal als Unterkunft anbot. Dort konnte dann unser ganzer Zug geschlossen unterkommen. An der hohen Eichentür fand sich noch die Aufschrift eines Quartiermachers aus dem ersten Weltkrieg, nämlich Füsilierregiment Königin Viktoria von Schweden (Pommersches) Nr.34. Auf Bitte des Burgherren schreib ich nun darunter Werkstattkompanie 260/I. Zug.
    Von ihm erfuhr ich auch, dass er der Regierung angehöre, und Kommandeur der hundert Mann starker luxemburgischer Polizei sei. Nach Einweisung in unser Quartier und Aufstellung der notwendigen Wachen konnten sich die Kameraden dann unten bei den Fahrzeugen aufhalten. An uns vorüber rollten und marschierten die Kolonnen unserer Division. Immer wieder entdeckte jemand einen Landsmann, Zurufe wechselten hin und her.


    Plötzlich aber kam ein Mann herangekeucht, der Müller von Clerf, wie sich herausstellte. Er bad uns händeringend: Soldaten helft mir meine Mühle brennt!“ Zu dritt holten wir aus dem nahe gelegenen Feuerwehrhaus eine Motorspritze, hängten es an ein Vorbeikommendes Luftwaffenfahrzeug und rollten rasch hinaus zu der außerhalb des Ortes gelegen Mühle. Dort brannte in der Garage ein teilweise schon beladener Lastwagen und auch aus den Fenstern der Mühle und des Wohnhauses schlugen bereits die Flammen.
    Rasch hatten wir den Schlauch in den Mühlbach gelegt, doch der Motor der Spritze wollt nicht anspringen. Diesem Schaden half aber unser Kraftfahrzeugmeister, Benedikt Kessler aus Mengen, sehr schnell ab. Josef Halder, ein Schmiedemeister aus Reichenbach und zu Hause als bewährter Pumpenmeister bekannt, ging mit dem Strahlrohr gegen das Feuer an. Nach einer halben Stunde war der Brand gelöscht. Der Lastwagen mit seiner Ladung war zwar vernichtet, außer etwas Wasserschaden und einigen zersprungenen Fensterscheiben waren Mühle und Wohnung aber Unversehrt geblieben.
    Nun kamen im gemütlichen Schritt zwei Stadtpolizisten heran, denen wir melden konnten: Brand durch deutsche Wehrmacht gelöscht!“ Wenig später traf auch unser Zugführer, Leutnant Mauch aus Illmensee bei Pfullendorf, ein und sprach uns eine Anerkennung aus.
    Nach dem Krieg unternahm ich manche Fahrten in die ehemaligen Einsatzgebiete und zu den Soldatenfriedhöfen, vor allem zu jenen des ersten Weltkrieges, den ich als Pionier26.(1.kgl.würtembergischen)Infanterie- Division mitgemacht hatte.
    Auf einer dieser Fahrten besuchte ich auch Clerf. Ob wohl meine alte Aufschrift an der Tür des Rittersaales der Burg noch zu finden war? Aber ich traf diese Stätte sehr verändert an: Ein Teil der Anlage, vor allem jener mit dem Rittersaal, war am Schluss des Krieges zerstört worden. Als Erinnerung daran stand noch ein zerschossener amerikanischer Panzer im ungepflegten Burghof. Die restlichen Gebäude dienten als Jugendherberge. Auch die Mühle war dem Krieg noch zum Opfer gefallen. Auf ihrem Gelände stehen heute Wohnhäuser.
    Mit einiger Mühe konnte ich jedoch die Müllerfamilie ausfindig machen, die nun eines der neuen Häuser besitzt. Man konnte sich noch gut an das Ereignis erinnern. Der Familie war es übrigens bei Kriegsende sehr schlecht gegangen: Man hatte sie als Deutschenfreunde zu Wiederaufbauarbeiten nach Polen gebracht! Erst nach längerer Zeit konnten sie wieder nach Hause kommen. Jedenfalls haben wir ein freudiges Widersehen gefeiert.


    Karl Lorch


    Kameradenhilfswerk der
    260. Infanterie- Division


    Mit freundlichen Grüßen


    Karlheinz

  • Marsch in den Westfeldzug


    Die 3./480 Tag für Tag in der Armeereserve


    Unsere Armee kommt nach kurzem Einsatz im Westwall Märkt und Eilmeldungen am Oberrhein auf Fußmarsch und Bahntransport im April 1940 nach Sundhausen bei Donaueschingen und in die Eifel.
    Die Maginotlinie war Mitte Mai 1940 bei Sedan und Charleville in einer Breite von hundert Kilometern durchbrochen worden. Durch diese Lücken strömen nun die deutschen Divisionen, sagt der Wehrmachtsbericht. Auch unsere Division soll dazu gehören, denn der Vorbefehl besagt, das wir raschesten die Mass zwischen Givet und Namur zu erreichen hätten. Vorläufig liegen wir noch in Greimelscheid in der Eifel fest.
    Erst am 24.Mai geht’s weiter. An diesem Tage Überschreiten wir um 15.30°° Uhr in glühender Sonne mit Hurra bei Dasburg das Flüsschen, das dort die Grenze zwischen Deutschland und Luxemburg bildet. Auf der unversehrten Grenzbrücke steht grüßen der Regimentskommandeur, Oberst Fremerely.
    Abends beziehen wir nach langem Anstieg zur Hochfläche Quartier in Fischbach. Die deutschsprachige Bevölkerung, die sehr zurückhaltend ist, gibt gegen deutsches Geld, Butter, Milch und Brot. Unser Geld wird vom Rechnungsführer gegen die im besetzten Gebiet gültigen Reichskreditscheine umgewechselt.
    25.Mai: Um 12°° Uhr Abmarsch von Fischbach. Um 17.45°°Uhr erreichen wir die belgische Grenze. Zahllose gefällte Riesen des durchschrittenen Waldes. Die Hindernisse abgeben sollten, sind beiseite geräumt. Kilometerweit begleitet uns die Forstzerstörung. Die Straße ist schlecht.
    Tagesziel ist Bourcy. Dort die ersten Gefangenen. Ein Elsässer erzählt uns, unter den 16000 Franzosen, die hier im nahen Sammellager, habe es einen einzigen Engländer gegeben. Er wäre gelyncht worden, hätten ihn die Deutschen nicht in Schutz genommen.
    26.Mai: Die Nacht in Bourcy ist unruhig. Mehrmals wecken und heftige Detonationen: Fliegerbomben. In ihrem Gefolge das bellen der Flak. Dazu die erbärmlichen Quartiere. Der I. Zug schläft über einen Schweinestall. Es grunzt und stinkt die ganze Nacht. Heute ist Sonntag. Da wirt es also viel zu marschieren geben, denn daran erkennen wir seit einiger Zeit unseren Sonntag. Es bleibt auch diesmal so. Fast 60 Kilometer werden geschluckt. Diesige gewitterige Schwüle. Vormittags in die Rast hinein heftiger Guss. Dann endloses Marschieren durch dunsteten Wald auf kotiger Nebenstraße. Ihre Erdklumpen machen die bleiernen Füße noch schwerer.
    Endlich Rast vor St. Hubert. Sie dehnt sich bis zum Abend aus, da die Vormarschstraße verstopft ist. Ein Franzose in schwindelnder Höhe über uns. Hundert Flakwolken lecken nach ihm. Er entkommt in rasender Eile, endfesselt aber einen Massenauftrieb unserer Jäger. Überhaupt ist an diesem Sonntag Großeinsatz der Flieger. In zahlreichen Verbänden ziehen sie unaufhörlich schwer beladen feindwärts.
    Aufbruch erst um 19°°Uhr, nochmals 24 Kilometer bis Villance. Ankunft Mitternacht.
    27.Mai: Um 14°°Uhr Abmarsch nach St. Denis - Louette, nur 24 Kilometer. Hier strenge Luftschutzmaßnahmen, da kurz zuvor feindlicher Bombenangriff auf das Dorf erfolgte. Zerschlagene Häuser, 24 Tote. Nächtliches Rauchverbot. Es gibt ohnehin fast keine Zigaretten mehr. Die Wohnungen schwer Verwüstet.
    28.MaiVormittags noch in St. Denis. Die Kapitulation Belgiens wirt bekannt. Sie löst Freudentränen bei den wenigen zurückgebliebenen Dorfbewohnern, Hochstimmung bei uns aus.
    Dazu kommt das wir heute bis St. Pierre – Louette nur ganze zwei Kilometer zu tippeln haben. Dass wir hier mehrere Tage festliegen werden, wissen wir zunächst nicht. Es ergibt sich das offenbar aus den Umstellungen, die vor uns Vollzogen werden können, weil die belgische Waffenstreckung Kräfte freigab.
    28.Mai bis 1.Juni Aufenthalt in St. Pierre – Louette. Jeder Zug kocht, brät, wäscht. Die Kompanie erholt sich. Die ersten Flüchtlinge kehren zurück. Sie sind froh, ihr Haus unversehrt vorzufinden. Im Ort liegt auch der Divisionsstab. Von dort holen wir uns die Rundfunknachrichten. Schließlich gibt es exerzieren und zum Schluss sogar fast könnte man es ergötzlich nennen eine Kompanieübung mit Platzpatronen.
    2.Juni (Sonntag) Gestern Abend ziemlich unvermittelt Abmarsch von St. Pierre- Louette. Unsere halbfertigen Bratkartoffeln mussten wir im Stich lassen. Das war Schmerzlich den in der Verpflegung ist eine Stockung eingetreten. Kein Brot! Gestern Abend vor dem Aufbruch als Abendkost je Mann drei Kartoffeln und ein wenig Büchsenhering. Auch für den Nachtmarsch kein Brot.
    Dieser führet uns um Mitternacht über die französische Grenze. Und da damit der Sonntag angebrochen war, ging’s noch ein langes Stück weiter, insgesamt 44 Kilometer. Es Regnete als wir in stockdunkler Nacht Frankreichs Boden und damit erstes wirkliches Kampfgebiet betraten. Im Scheine unserer Taschenlampen erkannten wir 13 deutsche Soldatengräber, daneben die zerschossenen Kampfwagen, in denen sie den Tod fanden. Darauf wurde es in unseren Reihen nachdenklich still. Wir sahen den Krieg ins Antlitz.
    Es dämmerte als wir in Monthermee die Maas erreichten. Enge Gassen deren Häuser zum Teil zerschossen sind. Die Maasbrücke ist gesprengt. Unser Übergang auf einer Notbrücke.
    Nachher stoßen wir auf immer mehr Kampfspuren. Wir verlassen das Maastal im Anstieg. Trichterübersäte Wiesen. Wie Perlen an Schnüren reiht sich oft, sauber nebeneinander gesetzt, Sprengloch an Sprengloch: Stuka Arbeit. Schwer zerstörte Ortschaften alles leer, öde, verlassen.
    In einem Wald eine vollständige französische Haubitzenbatterie, die mächtigen Geschütze umgestürzt, zerschlagenes Gerät, viel Material: Straße des Krieges. Und immer wieder der eklig - süßliche Geruch von Pferdekadavern, der zum Brechen reizt. Sie quellen über von Millionen Maden.
    Um 8°°Uhr endlich das Ziel Loony. Um 10°°Uhr schlief alles in Decken gewickelt in einem Wäldchen.
    3. Juni: Noch gestern Abend um 21°°Uhr Abmarsch von Loony. Die Nacht war klar. Den Marsch verkürzten die Lichtkünste unserer Scheinwerfer und der Flakleuchtspuren, denn französische Flieger umsurrten uns eine zeitlang wie lästige Fliegen.
    Nach 34 Marschkilometern sind wir heute früh hier in Signy I Abbaye eingetroffen. Zwanzig Kilometer vor uns verläuft die Front. Ihr gegenüber hat am jenseitigen Aisne – Ufer Weygand seine Linie aufgebaut.
    In Flandern und in Artois geht die Vernichtungsschlacht ihrem Ende entgegen. Dann wird es auch hier zum Rollen kommen.


    Benno Tins


    Kameradenhilfswerk der
    260. Infanterie- Division


    Mit freundlichen Grüßen


    Karlheinz

  • Die Geburtsstunde des Hörnle



    Es war im Wesfeldzug…




    Unsere Schlusslicht - Division“, wie wir uns sehr zum Grimm unseres verehrten
    Divisionskommandeurs, Generalleutnant Hans Schmidt, in edler Bescheidenheit selber tauften, schob sich allgemach an die Aisne heran. Wie wir später feststellen konnten sollten wir doch nicht benötigt werden. Im Raum um Rethel mussten wir uns bereitstellen zum Ansprung gegen das letzte Bollwerk der Franzosen, die Weygand – Linie.
    Zunächst aber war es noch längst nicht so weit. Auf in Raten quälte sich die Division auf der Vormarschstraße voran! So anstrengend die Tippelei für unsere Kameraden von der Infanterie war, so langweilig war diese Art Kriegsgeschehen für einen motorisierten Verband, wie unsere Panzerjäger – Abteilung. Das jeweilige Tagesziel der Division wäre gemeingleich für motorisierte Einheiten in zwei bis höchsten drei Stunden erreichbar gewesen.
    Dem war jedoch keines Wegs so, denn dank der Weisheit allerhöchster Schicksalsgewalten war völlig ausreichend für lang dauernde Verkehrsstockung gesorgt. Damals schimpften wir wie die Rohrspatzen, heute aus der Erinnerung wissen wir, welche hehren Nebenziele mit dem entnervten Zuckelbetrieb verfolgt wurden! Nur so gelang es doch erst dem Benzin charakterlich Verderbenden Kraftfahrern das Schalten, Anfahren, plötzliches Halten usw. beizubringen, was derart zwanglos und naturnah in keiner Fahrschule möglich gewesen wäre.
    Außerdem wurde auf diese geschickte Art so ganz beiläufig sehr viel für die Bildung der Landser aller Dienstgrade getan. Hatten wir doch nunmehr Zeit und Gelegenheit in Hülle und Fülle, an Hand der vielen Wegweiser unsere französischen Sprachkenntnisse enorm zu vertiefen.
    Noch wichtiger war jedoch die Chance, Land und Leute, im wahrsten Sinne des Wortes , en passant“, zu studieren. Allerdings war dieses Vorhaben durch besagte Leute etwas sabotiert worden. Selbige glänzten nämlich ohne vorherige Abmeldung, durch totale Abwesenheit.
    Man darf sicher sein, auch das Land wäre nicht mehr da gewesen, wenn wir nicht so unwahrscheinlich Rasant vorwärts gekrochen wären. So war also wenigstens die Gegend als solche noch gebrauchsfähigem Zustand vorhanden, und damit auch die Lebewesen nicht ganz mangelten, hatte die unverständlicherweise ausgerissene Bevölkerung fast das gesamte Vieh zurückgelassen. Erfreulich das in der deutschen Wehrmacht so mancher Krieger die Kunst verstand, den, Pompardours“ der Rindviecher die Kuhwarme Milch zu entlocken oder munter herumhüpfende Stallhasen und Hühnchen in schmackhafte Braten zu verwandeln! So lebten wir denn praktisch in einer immerwährenden Milchbar mit ungegrillten Hühnchen oder, lapin“- Braten. Das war die angenehme Seite unseres Daseins.
    Manchmal glückte es dann doch wider Erwarten und trotz des Einsatzes zahlreiche Verkehrs – Regelungs- - Kommandos, unser Marschziel fast in einem Zug zu erreichen. Natürlich war das auch wieder nicht richtig, schon wegen der unberücksichtigen Nebenzwecke (siehe oben)
    Darüber hinaus aber war entweder die alte Quartierbesatzung noch in denselben oder es hatte sich Passanten-Kundschaft eingeschlichen.
    Bei einer solchen Gelegenheit benutzte der Kommandeur die unfreiwillige Muße der diplomatischen Verhandlung der Quartiermacher dazu, an der Kreuzung mitten im Unterkunftsnest den vorbeipreschenden Verkehr zu beobachten.
    Er hatte Glück, denn senkrecht zur eigenen Vormarschstraße verlief die Nachschublinie für gleich zwei Panzergruppen. Die Fahrzeuge hatten alle entweder ein großes weißes G (Pz.-Gruppe Guderian) oder ein ebensolches K (Pz. Gruppe Kleist) auf die Bordwände gemalt. Diese Art der Kennzeichnung imponierte allerdings noch ganz und gar nicht, aufregend war schon eher die abenteuerliche Aufmachung der Besatzungen, die raffinierter weise ihre bunten Halstücher in knalligen Farben im Kontrast zu jeweiligen Waffen oder Kompaniefarbe abgestimmt zu haben schienen. Welcher massive Vorstoß gegen jegliche preußischer Kleiderordnung. Es kam aber noch besser, denn es rollten auch komplette Einheiten der verschiedenen Pz. Divisionen vorbei. Und deren Kennzeichnung ging vom griechischen Q auf rosa Grund. (Rommel 7 Pz. Division) über alle möglichen Abzeichen bis zu stilisierten oder verballhornten taktischen Zeichen.
    Das war endlich etwas für uns. Wie armselig, kümmerlich und unterentwickelt, ja geradezu nackt, wirkten doch die Kfz. Der P. 260,die lediglich ein taktisches Zeichen in dünnen Strichen aufzuweisen vermochten! Damit konnte ja der Charakter einer Schlusslicht – Division auch bei finsterer Nacht nicht mehr verleugnet werden! Das muss schleunigst geändert werden. Am folgenden Morgen schon prangten auf den Fahrzeugen die künstlerisch wertvollsten Abzeichen! Entsprechend der landsmannschaftlichen Mischung zeigte die württembergische Kompanie die drei Geweihstangen, die badische Kompanie den Gefreiten, und die fränkische Kompanie den bayerischen Löwen, alle Wappen jeweils in einem Wappenschild. Als treuer Sohn seiner Heimatstadt hatte der Kommandeur der Stabskompanie samt Tross das Recht zur Führung des Hamburger Wappens verliehen.
    Alles war zufrieden und stolz auf die heraldische Leistung für knapp 48 Stunden, denn dann hatte der Divisionskommandeur diese supernationale Einheit an sich vorüberrollen sehen! Und das bedeutete das Ende dieser so Wohlgelungenen fahrbarer Wappensammlung! In einer Tonart von leicht indigniert bis ungnädig wurde die Grundsatzfrage zwar nicht strikt abgelehnt, aber jedes vorprellen unmissverständlich untersagt. Lag es an einer Aversion gegenüber dem damals noch nicht aktuellen Südweststaat – Gedanken oder an der Furcht vor einer Fremdvölkischen Unterwanderung durch das Hamburger Wappen, jedenfalls wurden unter Seufzen und Knurren der entwerfende und ausführende Künstler der Abteilung die herrlichen Abzeichen übermalt.
    Aber weitere drei Tage später leuchtete wieder die Sonne! Laut Divisionsbefehl musste mit sofortiger Wirkung jedes Fahrzeug der 260. ID. Sowohl die Kfz. als auch die Fahrzeuge Hott die Geweihstangen als Abzeichen führen. Und dabei blieb es dann auch bis zum letzten Tag des Kampfes. Und so ist das Hirschhörnle auch heute das Zeichen unseres Traditionsverband und wird in Ehren gehalten sein wie eine hohe Auszeichnung, solange noch ein 260er atmen wird. Und auch dann noch wird das Hörnle unseren Söhnen und Enkeln ein Beweis sein für die feste Kameradschaft ihrer Väter und Großväter als Soldaten der 260.ID. in schwerster Zeit.



    Pfeiffer

    Kameradenhilfswerk der
    260. Infanterie- Division

    Mit freundlichen Grüßen

    Karlheinz

  • Als VB beim Angriff über die Aisne




    Nach Aufzeichnungen von Walter Schmid, damals Leutnant in der I/A.R.260




    Ein Erlebnis ohnegleichen ist der unaufhaltsame Vormarsch der Deutschen Division durch Feindesland. In endlosen Kolonnen ziehen wir über die Waldreichen Höhen der Ardennen, ständig überholt von motorisierenden Einheiten und mehrfach aufgehalten an den Kreuzungen wichtiger Nachschubstraßen, auf den Tag und Nacht unermessliche Mengen an Material und Munition nach vorne rollen.
    In den späten Abendstunden des 1. Juni 1940 überschreiten wir die französische Grenze. Die Straße senkt sich ins Maastal, das im nächtlichen Dunkel ungeheuer Tief und weiträumig erscheint. Den ersten stärkeren Eindruck von den verheerenden Wirkungen des Krieges vermittelt uns Montherme, in dem scharfer Brandgeruch durch die toten Straßen ausgebrannter Häuser viertel zieht und hinter den leeren Fensterhöhlen zerschossener Mauern der düstere Nachthimmel steht.
    Nach einem Tagesbiwak und einem weitern Nachtmarsch gelangen wir in die Wälder südlich Signy I Abbaye, wo wir auf einem reizvollen Biwakplatz, in strahlender Frühlingssonne mit verhaltener Spannung auf den Einsatzbefehl warten.
    In einer Sternklaren Nacht marschieren wir nach Süden an die Front, die nicht mehr allzu weit sein kann, denn wir hören dumpfes Grollen. Zuweilen zuckt da und dort am Horizont ein greller Schein auf und irgendwo im Gelände zerreißen kurz darauf schmetternde Einschläge die nächtliche Stille. Bei der Thorin Ferme wird der Platz für die Feuerstellung bestimmt. Wir reiten mit dem Batterietrupp durch das zerschossene Ecly nach vorne und sitzen jenseits des Dorfes in einem Hohlweg ab, der uns auf einen flachen Höhenrücken führt. Vor uns liegt eine fahle Morgendämmerung das Tal der Aisne. Auf dieser kahlen Kuppe ohne Baum und Strauch sollen wir beobachten. Der Boden besteht aus reiner Kreide. In einem Erdloch, in dem die Infanteristen hausen, ist zur Not noch Platz für 2 Beobachter. Nach dem Aufbau des Scherenfernrohres kriechen wir auf den Kreideboden zurück und werden davon weiß wie die Müllergesellen.


    1.Teil


    Kameradenhilfswerk der
    260. Infanterie- Division

    Mit freundlichen Grüßen

    Karlheinz

  • Unsere Väter hatten vorgesorgt




    Befehlsgemäß schießen wir uns auf das jeweilige Ufer der Aisne ein. Nachts verbessern wir unseren Beobachtungsstand und entdecken dabei eine leicht gewölbte Betonfläche, in deren Mitte eine schwere Stahlplatte eingelassen ist. Zu unserer größten Verblüffung stellen wir fest, dass es sich um einen deutschen Bunker aus dem 1. Weltkrieg handelt. Wir legen die beiden Eingänge frei und stoßen auf einen zweckmäßigen angelegten und schusssicheren Betonbunker.
    Eine scheue Erfurcht hat überkommt uns bei dem Gedanken, dass wir in einem Bunker der Siegfried – Linie unserer Väter einziehen. Die Batterien schießen sich einzeln ein, während der Gegner Störungsfeuer gibt und kurze Feuerüberfälle mit ihren Einschlägen in unsere unmittelbare Nähe kommen. Der Franzose schießt uns dauernd unsere Leitungen zusammen, so dass unsere Fernsprecher Tag und Nacht auf Störungssuche unterwegs sein müssen. Der Großangriff über die Aisne zwischen Rethel und Chateau Porcien soll am 9. Juni 1940 beginnen.

    Angriff über die Aisne


    Stundenlang liegen wir im taufeuchten Gras am Rande eines Waldstücks im Aisne Grund. Langsam weicht die Fahle Dämmerung hellem Morgenlicht. Über die schlafenden Männer der Kompanie hinweg blicke ich zum jenseitigen Ufergebiet. Ob der Feind wohl etwas gemerkt hat von dem Aufmarsch unserer Bataillone während der Nacht? Kein Laut erhebt sich aus den Gründen, bleierne Stille lastet über der Front.
    Ich schaue auf die Uhr und sehe den Kompanieführer an, der sich neben mich ins Gras gelegt hat. Durch ein kurzes Nicken bestätigt er mir dass es gleich soweit ist.
    Irgendwo im Hintergelände bricht ein dumpfes Grollen los, des steigert sich zu eineinzigen ungeheueren Aufbrüllen. Gleichzeitig erhebt sich über uns in der Luft ein nie gehörter Organ von hundertfachen Rauschen, Schwirren und Pfeifen und im nächsten Augenblick steht drüben über den Fluss eine flammende Wand von zuckenden Blitzen, Rauchsäulen und prasselnden Splittern. Al der Sturm über uns zu brausen anfing, richteten wir uns wie gebannt auf, als aber die ersten Einschläge uns schrill in den Ohren gellten, drückten wir uns unwillkürlich platt auf den Boden. Wenige Minuten später erheben sich die Kompanien und stürmen in breiten Wellen durch das Taufrische Gras an das Aisne Ufer. In dichten Haufen werfen wir uns ins Ufergebüsch. Unsere Artillerie springt ein Stück weiter seitwärts, doch immer noch ist es drüben über der Aisne lebendig. Maschinengewehre rattern von allen Seiten zwitschern Kugeln über uns hinweg. Trotzdem gleiten die Schlauchboote ins Wasser und paddeln mit lautem Zu- gleich über den Fluss. Die Infanteristen klettern die steile Uferböschung hinauf, zwängen sich durch dichtes Unterholz und stolpern über Granatentrichter oder zersplitterte Baumstämme. Rings herum knallt es verflucht noch mal, die Franzosen schießen von den Bäumen herab. Aber wir haben keine Zeit uns darum zu kümmern. Nur vorwärts ist die Parole.
    Am Bahndamm sammelt sich die Kompanie und vor uns liegt der Aisne Kanal, der parallel zur Aisne verläuft. Zuerst müssen die Schlauchboote zum Übersetzen herbeigeschafft werden. Es schießt ständig niemand weiß woher. Mit hässlichem schrillem Ton surren die Querschläger über die Schienen. Der VB befiehlt seine Funker die Funkgeräte aufzubauen und Verbindung mit der Abteilung aufzunehmen. Aber die Gegenstelle versteht uns nicht, ein anderer Sender funkt auf der gleichen Welle dazwischen. Das kann heiter werden. Zwei kleine Schlauchboote werden an den Kanal gebracht und in raschen Pendelverkehr befördern sie die ganze Kompanie und unseren Funktrupp ans andere Ufer. Unser Artilleriefeuer liegt jetzt auf der rückwärtigen Stellung des Feindes. Im Aisne Grund hat sich der Qualm und Pulverdampf der Detonationen zu einem undurchdringlichen Nebel verdichtet, so dass man die eigene Hand nicht mehr vor den Augen sieht. Als wir aus dem Gehölz auf das freie Feld treten, empfängt uns ein strahlender Morgen. Ein Sonntag, der unvergessliche 9.Juni 1940.
    Es geht weiter über Böschungen und flache Hänge. Aus der Flanke und sogar von Rückwärts bekommen wir Feuer aus Gebüsch und Waldstücken, die der Feind immer noch zäh verteidigt. Mancher Soldat stürzt blutend vornüber, aber unser Angriff wird unaufhaltsam weiter vorgetragen, um auftragsgemäß die Höhen jenseits der Aisne zu nehmen.
    150m vor dem nächsten Wald lasse ich an einer mit Gestrüpp bewachsenen Böschung mein Funkgerät aufbauen. Endlich klappt die Verbindung. Ich bin jetzt in der Lage, unterstützend einzugreifen und gebe meine Feuerkommandos durch.

    Panzer von vorn



    Der Kompanieführer liegt ebenfalls in unserer Hecke, seine Schützengruppen rechts und links von ihm. Plötzlich ertönt ein gellender Ruf: Panzer von vorn! Mit knirschten Ketten und aufheulende Motoren fahren sie auf uns zu. Eines der Feuer speienden Ungetüme fährt auf 3 Meter Entfernung an unserer Hecke entlang. Wir haben keine Waffen um gegen die Panzer vorzugehen. Wir ducken uns in die Vertiefung des Bodens während peitschen Geschoße über uns die Zweige zerfetzen.
    Bei dem Feuerkommando an die Batterie behalten meine Funker die Nerven und arbeiten einwandfrei, obwohl die Panzer durch unsere Reihen fahren. Aber was ist das dort unten? Da geht einer in Flammen auf, dort drüben auch! Da ist wahrhaftig im letzten Augenblick unsere Pack aufgefahren und leistet ganze Arbeit. Auch das Feuer unserer Artillerie liegt jetzt am Waldrand auf den Anmarschwegen der Panzer, die beschleunigt den Angriff einstellen und wieder verschwinden, soweit sie nicht brennen oder bewegungsunfähig liegen bleiben. Wortlos schauen wir uns an, wir sind alle bleich. Der Kompanieführer nimmt seinen Stahlhelm ab und will von mir wissen, ob seine Haare in diesem Moment nicht Grau geworden sind.
    Da unerhört ein rauschen ein schmetternder Schlag, noch einer, unaufhörlich! Artilleriefeuer schlägt haarscharf bei uns ein, Pulverqualm, sausende Splitter. Wieder ducken wir uns tief in den Boden, überschüttet mit Erde und Steinen. Wir hören die heranbrausenden Geschosse, warten in Atemloser Beklemmung, wo der nächste Einschlag erfolgt, Peng der hat gesessen, wenige Schritte vor uns. Die Zweige unserer Hecke wirbeln durcheinander, eine Ladung Sand fliegt und ins Genick, deckt unser Funkgerät zu.
    Endlich ist der Feuerschlag vorüber, wir klopfen uns den Schutt von den Kleidern und wundern uns nur, dass wir noch leben. Aber unsere Sanitäter haben reichlich zu tun. Immer wieder erscheinen die Melder der Zugführer und melden neue Ausfälle.
    Allmählich geht dieser Sonntag zu Ende. Die Nacht wird ruhig, der Feind scheint die Wälder vor uns zu räumen. In der Frühe des kommenden Tages ist die von den Pionieren im feindlichen Feuer erbaute Brücke über die Aisne in Betrieb, unsere Panzer stehen bereit, um auftragsgemäß aus unserem Brückenkopf heraus den Durchbruch durch die feindlichen Linien zu erzwingen. Zwischen Rethel und Chateau Porcien hat sich das Schicksal der französischen Armee erfüllt, die letzte Verteidigungsstellung, die Weygand - Linie, wurde am 10.Juni 1940 durchbrochen.



    2. Teil




    Kameradenhilfswerk der
    260. Infanterie- Division

    Mit freundlichen Grüßen

    Karlheinz

  • Die Zigarren jenseits der Aisne




    Bei unserer schweren Artillerie-Abteilung im Westfeldzug




    Mit drei Artilleristen, zwei Funker und ich, liegen wir am Ufer der Aisne. Gestern kam endlich das erlösende: Es geht los!“ Im Schutze der Dunkelheit sind wir als Artillerie. Verbindungskommando unserer westfälischen Abteilung zu den fränkischen Infanteristen gekommen.
    Die wenigen Nachtstunden haben uns noch gut getan. Um drei Uhr haben wir uns dann an das Ufer der Aisne geschlichen, deren Überquerung wir bezwingen sollten. Noch herrscht überall tiefste Ruhe, fast friedlich rauschen die Wasser des Flusses, der Wind spielt leise in den hohen Pappeln am Ufer. Die Spannung wächst die Stunde des Handeln rückt näher: 4.45°°Uhr – endlich!
    Der Donner der Geschütze erfüllt die Luft, vor uns bersten krachen die Einschläge, Granate auf Granate rauscht über uns hinweg. Dann steigen Leuchtzeichen hoch: Das Feuer gerade eine wand vor uns, rollt zweihundert Meter vor. Indessen werden die ersten Schlauchboote ins Wasser gelassen. Der Bataillonskommandeur springt aus einem Granattrichter, wir folgen ihm. Der Abbau des Funkgerätes geht blitzschnell und doch nicht schnell genug.
    Inzwischen ist der Kommandeur den Blicken entschwunden, wir suchen ihn und schleichen uns an einer hecke entlang. Tückisch jagen um uns MG-Garben durch die Luft, sprungweise arbeiten wir uns vor. Hin und her geht es, bis wir den Kommandeur wieder gefunden haben.
    Sofort ins Schlauchboot! Die französischen Waffen erreichen uns nicht, wir gelangen über den Fluss und dann weiter über den Kanal. Maschinengewehre rattern, aus verschiedenen Richtungen peitschen Gewehrschüsse, Widerstandsnester werden umgangen. Das Dorf in dem sich der Gegner festgesetzt hat, wird mit starkem Feuer belegt. Rechts brennt alles, der Rauch ist undurchdringlich, reiz die Augen, wird immer dichter. Vorwärts im Gerau seines Nebels!
    Plötzlich stehen vor uns Franzosen mit erhobenen Händen. Im weiteren Vorgehen vernehme ich diese ersten Gefangenen: Zunächst äußerste Zurückhaltung, schließlich reden sie mehr. Ich berichte vom Schicksal ihrer Heimatstadt, Lille sei nicht zerstört worden. Das wirkt und ich erfahre dass vor uns in Avancon 2000 Mann liegen. Weiter geht es im dichten Nebel jeder mit der Waffe in der Hand. Nach zwei Stunden erreichen wir bewaldete Höhen südlich der Aisne. Wir sind zwölf Mann, bei uns etwa 50 Gefangene. Von den Kompanien wissen wir nichts. Am Waldrand erreich wir endlich einen Zug der Sechsten. Auf Befehl des Kommandeurs geht das Bataillon dargestellt durch einen Schützenzug, unser Artillerieverbindungskommando, einige Melder, schließlich Kommandeur mit Adjutant, zur Verteidigung über. Wir Artilleristen sollen nun einen starken Feind mimen. Mit humorvoller Mine und eiserner Ruhe stellt der Major uns diese Aufgabe.
    Bald hatte ich einen geeigneten Platz mit sicherer Deckung und guter Beobachtungsmöglichkeit gefunden. Die Funker stellten schnell die Verbindung zur Abteilung her. Schweigsam sind sie in der Glut einer stechenden Sonne gefolgt Auf dem Rücken die Last ihrer Geräte. Schweißgebadet liegen sie nun da, ohne zu rasten, nur eines erstrebend: schnelle Verbindung!
    Zunächst eine Lagemeldung: weder rechts noch links ist es gelungen, die Aisne zu Überschreiten. Hinter uns bauen Poniere im Feuer einzelner Widerstandsnester eine Brücke für die heranrollende Panzer Division. Wir sind also allein vorne. Unser Feuer gilt Geschützen, Beobachtungsstellen und Feldstellungen vor Avancon. Bei einem Stellungswechsel des Gegners gelingt es, zwei Protzen zu erledigen.
    Als schließlich auch noch ein Munitionslager in die Luft fliegt, kennt die Freude der Infanteristen keine Grenzen! Leider kommt nun die bittere Mahnung der Abteilung, Munition zu sparen. Gegen Mittag sind unsere Kommandeure, und der Adjutant und ein Batteriechef vorgekommen um ebenfalls den Gegner aus der vordersten Linie bekämpfen zu können. Eine besonders günstige Gelegenheit bleibt nicht aus.
    Es gibt geraden in dem Augenblick einen Gegenstoß, als unsere Infanterie die Munition ausgegangen ist. Französische Schützen greifen mit großer Schneid aus einem Wald heraus an, man schreit nach Unterstützung durch die Artillerie. Doch auf unsere Bitte um Feuer frei kommt die sachliche des Artilleriekommandeurs nach Verständnis durch die Gesamtlage.
    Was tun? Der Abteilungskommandeur befiehlt es wird Geschoßen! Der Batteriechef gibt seine Kommandos, die Schüsse liegen ausgezeichnet, etwa zwanzig mogeln wir so aus unseren Rohren. Hinterherr gibt es zwar dicke Zigarren, aber der Angriff ist abgewiesen und dankbare Blicke der Infanteristen gleichen den Ärger wieder aus. Wir wissen dass wir der Panzerdivision den Übergang über die Aisne ermöglicht haben.

    Nach einem für die Heimatzeitung 1940geschriebenen



    Bericht des damaligen Leutnants W. Nordhoff, der bei



    der IV/ A.R.260 im August 1941 Gefallen ist.






    Kameradenhilfswerk der
    260. Infanterie- Division

    Mit freundlichen Grüßen

    Karlheinz

  • Südlich der Aisne Mitte Juni 1940




    Verfolgungskämpfe im Suippes- Anschnitt




    In der Sept. Ausgabe 1962 wurde ein Erlebnisbericht des in Russland gefallenen Leutnants Walter Schmid von der 3./AR.260 veröffentlicht. Er schildert darin die harten Kämpfe beim gewaltigen Übergang über die Aisne bei Rethel und bei der Erstürmung ihrer südlichen Höhen am 9. Juni 1940. Hierbei war er als vorgeschobener Beobachter in vorderster Infanterielinie eingesetzt. Im nachstehenden Bericht erzählt Leutnant Schmid von der sich anschließenden Verfolgung.

    Unsere Kreidekuppe über der Aisne hat von einem Tag auf den andern ihr Gesicht von Grund auf gewandelt. Wo man sich gestern noch durch mühsames Kriechen auf dem Boden der Feindsicht entzog, da ragen heute die langen Rohre einer schweren Flakbatterie steil in die Höhe. Unten im Tal hat sich ein riesiges Heerlager aufgetan, vier oder fünf unübersehbare Kolonnen stehen nebeneinander und warten auf den Übergang. Fahrzeug auf Fahrzeug rollt auf den beiden Behelfbrücken über die Aisne und Kanal, dort wo wir im Pulverdampf unsere Schlauchboote hinüber ruderten. War das wahrhaftig gestern erst? Liegt nicht ein halbes Leben dazwischen? Dort drüben die Höhen erstürmten wir, dort standen Himmel und Hölle offen. Heute liegen die Felder leer und still wie zuvor, nur die Straßen sind erfüllt von endlosen Kolonnen, die nach Süden rollen.
    Wir haben die B-Stelle abgebaut und machen uns fertig, um zur Thorin- Ferme zurück zu reiten, wo die Abteilung sich versammelt. Plötzlich fängt ringsumher ein dröhnendes Hämmern und Schlagen und Klopfen an wie in einer riesenhaften Hammerschmiede: unsere Pferde recken die Hälse und spitzen die Ohren bei diesem urgewaltigen Getöse. Die Rohre der Flakbatterien neben uns gleiten zurück und vor, jedesmal gekrönt von einem flammenden Feuerstrahl. In das bellen der schweren und leichten Flak mischt sich das hastige rattern der Maschinengewehre bei den rastenden Kolonnen im Aisengrund. Denn ihnen gilt der Besuch der drei französischen Flieger, die wir jetzt in tollen Windungen über uns kurven sehen. Der blaue Himmel ist übersät mit zahllosen kleinen Wölkchen, die allmählich dem Fliegern gefährlich nahe kommen. Da läst sich einer nach dem andern senkrecht in die Tiefe fallen, fängt sich auf, kurvt in andere Richtung weiter. Sie lassen sich nicht so schnell vertreiben, es sind zähe Gesellen, der Tanz geht noch eine Weile so fort.
    Wir sehen dem Schauspiel in fieberhafter Spannung zu, bis wir die drei aus den Augen verlieren und das Höllenkonzert um uns her verstummt. Nach kurzer Zeit steigt aus dem Tal eine dunkle Rauchwolke senkrecht in die Höhe, aber wir können nicht unterscheiden, ob sie von einer schweren Bombe herrührt oder von einem abgeschossenen Flugzeug.
    Am Abend dieses 10.Juni marschieren wir mit der Batterie im Abteilungsverband in Richtung Rethel. Dort wird noch Geschossen. Vielleicht braucht man uns, um den erbitterten Widerstand des Feindes zu brechen. Aber die Behelfbrücke gegenüber Acy scheint verstopft zu sein, wir kommen nicht weiter und beziehen für die Nacht Biwak am Rande des Aisne Tales.
    Während wir uns im Gras strecken und zum Schutz gegen Tau und Kälte die Mäntel über uns ziehen, hören wir in der Luft jenes fremdartige, hell surrende Motorengeräusch, das wir von den vergangenen Nächten her kennen. Scheinwerfer erstrahlen und tasten suchend den Himmel ab. Die Flak beginnt zu hämmern, in steilen Bogen sprühen glühende Punkte hoch in die Dunkelheit. Über diesem schaurigen - schönen Feuerwerk schläft man ein und nimmt die dramatischen Bilder des Tages hinüber in das Reich der Träume.
    Am folgenden Morgen überschreiten wir die Aisne und sehen links über den Bäumen die Dächer von Rethel. Während einer Stockung durchstöbern Männer der vor uns marschierenden Batterien einige verlassene Unterstände seitlich der Straße. Plötzlich erschallt lautes Gelächter: Da bringen sie einen französischen Soldaten, der schlaftrunken in das helle Tageslicht blinzelt und nun im fassungslosen Schreck die Augen aufreißt, als er sich mitten unter den Deutschen sieht und von seinen Kameraden weit und breit keine Spur mehr entdeckt. Man führt ihn zur Feldküche und gibt ihm warmen Kaffee zu trinken, da wird er vollends wach, und ein hilfloses Lächeln tritt auf sein erschrockenes Kindergesicht.
    In Acy tränken wir die Pferde. Der Ort sieht übel aus und trägt Spuren harter Kämpfe. Von ganzen Häuserreihen sind nur noch schwelende Trümmerhaufen übrig, die Drähte der Lichtleitungen hängen wirr auf die Straße, man tritt über verkohlte Balken, Glasscherben und zerbrochene Ziegel.
    Kurz nach dem Ort beziehen wir einen Bereitstellungsplatz. Kaum haben wir die Geschütze und Fahrzeuge längs einer Hecke aufgestellt und getarnt, kommt ein neuer Befehl: Sofort Marschbereit melden! Und weiter geht der Marsch, vorbei an lichterloh brennenden Feldscheunen und Strohhaufen, an zersplitterten Bäumen, Granattrichtern und Feldstellungen der französischen Infanterie. Was wird eigentlich gespielt? Wo steht der Feind was bleibt für uns noch zu tun? Niemand vermag Auskunft zu geben. Wie hat man doch im Frieden bei allen Übungen und Märschen stets genau Bescheid gewusst über die Lage, über Abschnittsgrenzen, vorderster Linien und eigener Absicht! In diesem Krieg jedoch ändert sich die Lage ja von Stunde zu Stunde, der Augenblick diktiert das Gesetz des Handelns.
    Wir gelangen auf eine große Straße, die von Rethel nach Südosten führt. Ein toller Verkehr spielt sich hier ab. Meldefahrer jagen an uns vorbei, Panzerjäger fahren nach vorne, Infanterie rastet am Straßenrand und wieder Kraftfahrzeuge ohne Zahl, dazwischen Panzerkampfwagen mit rasselten Ketten. Während wir uns einbilden in vorderer Linie zu sein, müssen wir zusehen, wie uns schon Nachschubkolonnen der schnellen Truppe überholen.
    Vor der Ortschaft Birmes ist als Sperre eine dicke Mauer quer über die Straße gebaut, wir fahren im Bogen um das Hindernis. Fast alle Häuser weisen Geschoßeinschläge auf, keine Fensterscheibe ist ganz. Die feindliche Nachhut haben die Dörfer zäh verteidigt, auch am Ortsausgang sehen wir die Reste einer Sperre.
    Da und dort liegen im Straßengraben, hinter einer flüchtig errichteten Brustwehr zertrümmerte Gewehre, Munition, Gasmasken. Konservendosen, hier ein zerschossenes Panzerabwehrgeschütz, in seinem Rohr steckt noch ein Geschoß, das sein Ziel nicht erreicht.
    Während einer rast vor Menil- Anneles wird der Batterie- Offizier mit einem Zug der Geschützstaffel an den Anfang der Marschgruppe gesetzt, zur vorderste Kompanie befohlen. Man rechnet mir einen Gegenstoß feindlicher Panzer und setzt die beiden Geschütze zu ihrer Bekämpfung ein. Jetzt könnt ihr zeigen Kanoniere was ihr gelernt habt.

    Die Feldküche ist weit zurück




    Wir marschieren weiter in der glühenden Nachmittagsonne. Ein heißer Wind streicht über die flachen Höhen der Champagne. Brennender Durst trocknet die Kehlen aus, der Magen knurrt. Aber die Feldküche ist weit zurück und wer weiß, ob wir die heute noch sehen.
    Die Abteilung bekommt den Befehl, bei der Ortschaft Pauvres Biwak zu beziehen. Eine Batterie geht in Stellung und sichert den Bereitstellungsraum. Demnach ist der Feind doch nicht so weit.
    Nach einer halben Stunde ist der Befehl überholt, der Marsch wird fortgesetzt. Wir biegen in Bauvres von der Hauptstraße nach Süden ab auf staubige Straßen und Wege und gehen nach einiger Zeit bei dem Dorf Dricourt zur Rast über. Aber hier tut sich ein unwahrscheinliches Bild vor unseren staunenden Augen auf: wie im Frieden halten auf freiem Feld ohne jegliche Tarnung zahlreiche motorisierte Kolonnen. Irgendwo in der Nähe schießt noch eine Batterie. Vor uns jedoch, über einem Waldstreifen weg, sehen wir in mitten einer weiten Ebene ein brennendes Dorf. An allen Ecken und Enden schlagen hohe Flammen empor, eine ungeheuere schwarze Rauchwolke steht darüber am Himmel.
    Kein Mansch weiß, was hier los ist. Wir lasen Anspannen und schicken die Pferde ins Dorf zum Tränken. Der Batterieoffizier ist mit dem 1.Zug wieder da, er kann nicht ins Gefecht.
    Da erscheint plötzlich der Abteilungswagen, der Kommandeur steigt aus und befiehlt sofortigen Einsatz der Batterie. Feuerstellung hier, B-Stelle vor dem Wald. Vorne bei Machault wird schwer gekämpft, unsere Panzer stießen dort auf stärksten Widerstand.
    In fliegender Eile laufen wir ins Dorf, holen die Pferde zusammen, suchen am Ortsrand die Feuerstellung aus, sitzen auf und trappen mit dem Batterie –Trupp vor durch den Wald bis zu dessen Südlichen Rand. Dort richten wir die B-Stelle ein: unmittelbar vor uns liegt das brennende Machault. Nun sollen wir doch noch einmal schießen!

    Machault genommen




    Da kommt ein neuer Befehl: Machault wurde soeben genommen, Batterie macht Stellungswechsel hierher an den Waldrand.
    Dicht hinter der B-Stelle suchen wir eine neue Feuerstellung aus und warten auf die Geschütze. Während sie auf den Anmarsch sind, setzt schon wieder ein weiterer Befehl den letzten außer Kraft. Batterie geht nicht mehr in Stellung Marsch wird fortgesetzt!
    Und wir fahren mitten durch Machault. Heiße Glut schlägt uns entgegen, an Türen und Fensterrahmen züngeln die Flammen, knistern und prasseln im Gebälk, lodern hell auf aus zusammenstürzenden Dächern, fallen in rasender Gier über Scheunen und Schuppen her. Mit scharfem Knall zerspringen Dachziegel und Steine, zurückgelassene Munition des Gegners fliegt da und dort in kleineren Explosionen in die Luft. Geängstigtes Hühnerfolk hetzt über verwüstete Höfe. Ein jämmerlich heulender Hund sitzt vor einem Haus, dessen Reste soeben krachend in sich zusammenfallen. In dem Ortsteil, den das Feuer verschonte, sitzen in den Höfen französische Gefangene und verbinden ihre Verwundeten.
    Kurz nach dem Dorf fahren wir am Rande eines Wäldchens auf. Die Pferde stellen wir unter die Bäume, wo uns Strohlager, leere Flaschen und Speisereste verraten, dass in der vergangenen Nacht französische Truppen auf diesem Biwakplatz lagen. Einmal horchen wir Überrascht auf: Sind da in der Ferne nicht dumpf Abschüsse zu hören? Und wirklich, dort vor uns, wo in zahlreichen Waldstücken weitere Einheiten zur Ruhe übergehen, blitzen in der Dämmerung die ersten Einschläge auf. Eine Zeitlang tastet der Franzose mit seinen Granaten die Gegend ab. Ob er uns wohl auch erwischen wird?
    Indessen ist es Dunkel geworden. Glutroter Widerschein des Brandes steht drüben am Himmel. Plötzlich ist für einen Augenblick die ganze Landschaft taghell erleuchtet, und Sekunden später erdröhnt von Mauchalt her eine ungeheuere Detonation, unter deren vernichteten Wucht die Erde zittert. Dann wird es ruhig über der Nächtlichen Front.
    An den nächsten beiden Tagen kommen wir nicht weit. Wir liegen auf Biwakplätzen herum und müssen warten, bis die Wege frei sind. Manchmal können wir mehrere Vormarschstraßen zugleich Überblicken und bewundern dieses einzigartige Schauspiel, wie da ohne Aufhören Tag für Tag und Nacht für Nacht eine Kolonne nach der anderen sich vorwärts schiebt, zuweilen in Stockungen verharrend, doch immer wieder in Bewegung und niemals abreißend.

    Kameradenhilfswerk der
    260. Infanterie- Division

    Mit freundlichen Grüßen

    Karlheinz

  • Verfolgungsmärsche im Westfeldzug



    Die 3./ 480 geht ohne einen Schuss über die Aisne




    Nach Beginn des Frankreichfeldzuges marschierten unsere 3./480 im Divisionsverband in der letzten Maiwoche 1940 als Reserve durch Luxemburg und durch ein Stück Belgien in das vom Krieg gezeichneten Frankreich. Nach Eilmärschen kommen wir über die Maas und am 3.Juni nach Signy I Abbaye, 20 Kilometer hinter der Aisne Front.
    Unsere Division ist Armeereserve. Sie gehört dem Armeekorps an, das von General Vietighoff, genannt von Scheel, geführt wird. Ihm unterstehen außerdem zwei aktive Divisionen, die 20 Kilometer vor uns bei Rethel an der Aisne liegen. Das Armeekorps gehört zur 12. Armee (List)

    4. Juni: Wir haben uns in Signy IAbbaye häuslich eingerichtet. Herrliches heißes Wetter. Die Wäsche trocknet im Nu. Jeder wird zur eifrigen schrubbenden Waschfrau. Die dazu Befähigten stehen an den von den Bewohnern verlassenen Herden und kochen. Heute Abend rast ein Gradmelder an unserem Haus vorbei: Dünkirchen ist gefallen! Damit, das wissen wir ist die Schlacht an der Nordfront zu Ende. Nun wird es hier bei uns an der Südfront bald losgehen.

    5. Juni: Die Kompanie leidet unter dem völligen Nachrichtenmangel. Wir erfahren nichts von dem, was vorgeht. Aber soviel dringt doch durch, dass heute Nacht die Sondermeldung durchkam, für den heutigen Tag sei das Antreten der Südfront zum Angriff befohlen. Die Offensive hat am nördlichen Flügel der Südfront, also am Kanal bei Abbeville und an der Somme, schon begonnen. Wir merken noch nichts davon, höchstens dass die Fliegertätigkeit wieder auf Hochtouren läuft, und wir in Marschbereitschaft gesetzt sind.

    8. Juni: Drei weitere Tage des Abwartens, der Spannung, des Nachrichtenhungers sind vorbei. Wir führen fast ein familiäres Leben in den Häusern, die wir uns wohnlich eingerichtet haben. Sogar Blumen stehen auf Leinen gedecktem Tisch. Morgen ist Sonntag. Ob er die Tradition des Marschierens fortsetzen wird? Heute Nacht hörten wir aus Richtung Reims heftiges Artilleriefeuer, dass unsere Scheiben klirrten. Der Garnisonsdienst der Kompanie gipfelt heute in einem Scharfschießen auf einem Französischen Vereinsschießstand.

    9. Juni (Sonntag): Seit Mitternacht Alarmbereitschaft. Heute früh um 4,45°° Uhr setzt in unserem Abschnitt die Offensive ein. Erst Tage später wurde uns klar, dass damit die entscheidende innerhalb der großen Gesamtoperation vom 5. bis 24. Juni begonnen hatte.

    Um 4,45°°Uhr erzitterten die Wände. Eine gewaltige wenn auch kurze Feuervorbereitung hat vor uns eingesetzt, keine Einzelabschüsse unterscheidbar, nur ein einziges Dröhnen. Vor uns kämpfen bei Rethel und Attigny unsere beiden aktiven Divisionen um den Übergang über die Aisne und den knapp dahinter verlaufenden Aisne- Oise Kanal. Sobald sie drüben sein werden werten wir folgen.
    In der Nacht Fliegerangriff. Die Bomben fallen außerhalb Signy, lassen aber das Städtchen aufklirren. Es Scheppert gewaltig.
    Die Durchgangsstraßen sind abgesperrt. Es wird der Durchmarsch zweier Panzerdivisionen erwartet. Sie stoßen vor, sobald Pionier und Infanterie jenseits der Aisne und des Kanals Brückenköpfe gebildet haben. Es ist also einmal Umgekehrt. Die Fußtruppen müssen den Panzern in schwerem Kampfe den Weg für die ersten Schritte bereiten. Dann allerdings wirt die Gruppe Guderian—Ihr gehören die beiden Panzerdivisionen an—Ihren Angriff vortragen.
    Der Sonntag wird drückend heiß. Der Kanonendonner von vorne reißt nicht ab. Verwundetentransporte treffen unaufhörlich ein. Das Feldlazarett von Signy ist rasch überfüllt. Die Kirche wird zur Aufnahme weiterer Verletzter bereitgestellt. Auch sie ist bald voll belegt.
    Die Verwundeten schildern, zum Teil noch ganz verstört, die Verbissenheit des Kampfes vor uns. Pionier und Infanterie ringen um jedes Stück Boden. Mehrmals werden schon fertige Brücken von gut gezieltem französischem Punktfeuer wieder zerschlagen. Aber abends müssen sie endgültig fertig sein, die Panzer warten darauf. Und abends sind sie fertig.
    Der Übergang ist, wenn auch mit schweren Blutopfern, erzwungen. Der Sonntägliche 9.Juni war ein heiß umkämpfter Tag für die beiden Divisionen. Und abends treten auch wir an, denn nun werden wir ebenfalls nachgezogen.
    Sery bei Rethel, 10. Juni: Das war ein langwieriger Nachtmarsch. Die Hauptstraßen mussten ausgespart werden für die Panzer, die den am Sonntagabend geschlagenen Brücken zustrebten. Es ging also auf Neben und Umwegen.
    Jetzt Tagesbiwak in Sery, acht Kilometer nördlich Rethel. Kampflärm ganz nahe. Unsere Divisionsbatterien feuern noch aus ihren Ausgangsstellungen. Kurzer Schlaf bis Mittag. Und jetzt die Weltgeschichtliche Nachricht: Kriegseintritt Italiens!
    Am späten Nachmittag wird das Regiment drei Kilometer vorgezogen. Biwak fünf Kilometer nord ostwärts von Rethel in der Umgebung eines Schlosses, das unseren Divisionsstab beherbergt. Um 23°°Uhr, alles liegt im Schlaf, Alarm!

    11. Juni: Befehl zurück, zwei Stunden nach dem Alarm konnte sich das Regiment wieder zur Nachtruhe zurückziehen. Der Rest der Nacht sie ist hell und klar, gewürzt durch Fliegerschauspiel. Ein Franzose haut mit Leuchtspur MG. Auf uns herunter. Ich höre eine Garbe ins nahe Gebüsch prasseln. Dann geht es aber los! Ein Feuerwerk sondergleichen steigt hoch, Scheinwerfer, Flak, Mündungsfeuer, die Leuchtspuren unserer Abwehr. Der Franzose haut ab.
    Um 8°°Uhr Abmarsch. Kurz darauf sehr beschwerliches Steilstück, in dem sehr viele Fahrzeuge hängen bleiben. Dazu prasselt ein Wolkenbruch nieder. Nachher wieder schwüle Sonne. Die Straßen überbeansprucht.
    In den ersten Nachmittagsstunden erreichen wir westlich Rethel die Aisne, ein unscheinbares Rinnsal, das Bett einer Art Hohlweg. Wenige Meter dahinter der Kanal. Über die Notbrücken-- und wir stehen inmitten der am Sonntag niedergekämpften Weygandlinie.
    An vielen Firsten fressen Flammen, unbeachtet flackern Brände aus Gehöften. Vorbei am Westausgang der zerstörten Stadt Rethel, Überall Tote, viel erschossenes Vieh. Die Verbissenheit des Kampfes ist zu erkennen. Durch Höfe und Scheunen laufen die Gräben. Jedes Haus ist ein Notbunker. Nun ist alles zerschlagen. Der Feind flutet zurück nach Süden.
    Langsam kommen wir vorwärts. Richtung weist der blutrote Schein eines brennenden Dorfes. Von dort her immer wieder Detonationen und viel weiter südlich ein paar mal das Aufflammen riesiger Explosionen am nächtlichen Himmel.
    Nach Mitternacht treffen wir in dem brennenden Dorf Bignicourt ein. Die letzten Feinde sind hier eben geworfen worden. Der Radfahrzug unseres Bataillons war bei der Schlusssäuberung dabei. Die Kompanie bezieht Quartier im Nachbardorf Ville sur Retour.

    12. Juni: Wider erwarten den ganzen Tag hier geblieben. Es regnete. Das nahe Bignicourt brennt noch an mehreren Stellen, doch das meiste hat der Regen gelöscht.
    Die Weygandlinie hatte hier einen ihrer typischen Stützpunkte: Jedes Haus eine Festung. Neben Heiligenbildern sind Schießscharten durch die Wände geschlagen. Die Ställe sind Munitionslager. Unterirdische Stollen verbinden das Schlafzimmer des einen Hauses mit der Küche des Nachbaranwesens. In einem Keller finden wir statt Wein ein paar Franzosen. Sie fragen, noch bevor wir etwas sagen können, nach dem nächsten Sammellager. Ein Elsässer führt dann das Häufchen nach hinten.

    13. Juni: Das Regiment verbrachte die Nacht noch am gleichen Ort. Es goss in Strömen. Heute früh Weitermarsch, Richtung Südosten, etwa auf Verdun zu. Unsere Panzer sollen schon 50Kilometer vor uns sein. Untertags erheblicher Gefechtslärm links, rechts und vor uns.
    Am späten Nachmittag Biwak an der Vormarschstraße. Das ganze Regiment liegt eng beisammen an einem Waldrand. Neben uns schlicht und schön, ein deutscher Artilleriefriedhof von 1916. Etwa 30 Gräber, die Male mit noch gut leserlichen Inschriften aus Stein. Auf einem Grab lesen wir: Hier ruhen zwei tapfere französische Flieger …. (folgen Namen) Der einsame Friedhof mitten in den von Gestrüpp verwucherten Granattrichtern des ersten Weltkrieges ist uns eine ernste Mahnung.
    Wir stehen am Rande der Champagne, die damals das Blut von Hunderttausenden trank. Abends zieht ein langer Gefangenentransport an uns vorbei, etwas später noch einige LKW voll mit Negern. Dann beginnen wir unsere Müdigkeit neben den Ewigkeitsschläfern des ersten Weltkrieges auszuschlafen.
    Da geht um 23°°Uhr plötzlich ein Raunen, dann ein Aufhorchen und schließlich lauter Jubel durch die Kompanien: Paris hat sich zur Übergabe entschlossen! Es dauert lange bis die freudige Erregung wieder abbebt und in den Schlaf der restlichen Nachtstunten mündet.

    14.Juni: Strahlender Sommertag. Abmarsch um 8,45°°Uhr. Noch ein stummer Gruß den Toten des Ersten Weltkrieges, dann nimmt uns das wellige Land der oberen Champagne auf. Wir stehen direkt zwischen Verdun und Reims, tief im Rücken der Maginotlinie.
    Marsch über die Schlachtfelder 1916/17. Unübersehbare Trichterfelder. Mächtige Denkmähler auf den beherrschenden Höhen. Ein paar frisch Gräber in den Kornfeldern, liebevoll geschmückt mit Mohn und Margeriten. Einige wenige nur—daneben aber der Weltkriegsfriedhof von Souain mit erschütterten Zahlen. Hier ruhen 43 215 Soldaten, davon 11 320 unbekannte und 2388 namentlich aufgeführte Deutsche. Bei der Errichtung dieses Friedhofs hat viel Pietät gewaltet. Von Souain über Suippe bis La Croix de Champagne. In Suippe, ziemlich mitgenommen, strömt Wie aus allen Kellern.

    15. Juni: Verdun ist gefallen, Regimentsbefehl deutet große Marschleistung an. Abends Biwak um Noir Lieu. Im Osten begrenzen die Argonnen den Horizont.
    Wir ziehen seit zwei Tagen durch Menschen und wasserarmes Gebiet. Die Straßen sind Zeugen des Überstürzten französischen Rückzuges. Immer wieder mächtige Panzerwagen als hilflose Frack am Straßenrand.

    16. Juni: Heute ist wieder Sonntag. Schon der Morgen ist sehr warm. Die Gruppe Guderian steht angeblich schon in Höhe Bessancon. Vormittags Regimentsbefehl: Feind weich in Richtung Dijon. Er muss abgeschnitten werden. Daher um jeden Preis: Verfolgung.
    Hier gab es gestern und vorgestern keinen Halten für den weichenden Feind. Dann an einem Hang, vor dem das Regiment Mittagsrast hielt—der Regimentskommandeur trug zum ersten Male die Spange zum EK II –auf einmal wieder Trichter neben Trichter, zerrissene Feldstellungen, ausgebrannte Höfe. Die Opfer sind schon Bestattet: Gefallen am 15. Juni also gestern.
    Es wird bekannt, dass heute am Oberrhein, bei Breisach, die Offensive ebenfalls begann. Wieder stehen wir genau im Westen davon.
    Der Sonntag ist lang und heiß. In den Nachmittagsstunden immer wieder Spuren heißer Gefechte. Nach der Überquerung des Rheins - Marne - Kanals zählte ich an ganz kurzer Strecke allein im Straßengraben 18 Tote Franzosen.



    1.Teil



    Kameradenhilfswerk der
    260. Infanterie- Division

    Mit freundlichen Grüßen

    Karlheinz

  • 2.Teil


    Kilometerweit einer Bahnstrecke entlang, Waggon an Waggon, Tausende. An der anderen Straßenseite, etwa 100Meter von uns entfernt, mindestens 20 Tote Rinder und Pferde. Die Herde geriet offenbar in eine Feuergarbe.
    Abends passieren wir Brabant und bald darauf Revigny. Hier wimmelt es in einen zum Sammellager verwandelten Schlosspark von aberhunderten Turbane. Gegen Mitternacht am Ziel. Biwak im Raum von Vassincourt, unweit Bar le Duc.

    17. Juni: Divisionsbefehl: jedem Soldaten muss bewusst sein, dass die große zu fordernden Marschleistung die Blutopfer einer letzten Endscheitungsschlacht zu sparen haben. Verfolgung, Verfolgung,…! Es sind 60 Kilometer angesagt.
    Am Vormittag durch Robert espagne. gefangene in Massen. Ein Offizier geht mich in deutscher Sprache um Neuigkeiten an. Ich sage Ihm dass Raynaud zurückgetreten und an seiner Stelle Petain gekommen sei. Seit Tagen die ersten Zivilisten. Flüchtlinge kehren heim mit hoch bepackten Wagen.
    Marschieren, marschieren! Um 17,50°°Uhr durch La Houpette. Petain hat erklärt, Frankreich müsse die Waffen niederlegen. Weiter aber mit unbeschreiblichen Gefühlen. Eine Zeitlang fällt alle Müdigkeit ab. Immer wieder Flüchtlinge. Sie fragen bang, ob es Wahr sei, dass das Elend zu Ende geht, Ja, ja, aber für uns heißt es marschieren! In und um Chevillon ist endlich Rast. Es ist 2°°Uhr morgens geworden.

    18. Juni: Um 8°°Uhr ist das Regiment wieder Marschbereit. Steil ist der Anstieg aus dem Tal von Chevillon. Nun ziehen wir über welliges Hochland, in das tief eingeschnitten die Flusstäler gebettet sind. Von Südost lebhaftes Artilleriefeuer.
    Die Infanterie führt den Krieg mit den Beinen. Die sind aus Muskeln und Knochen. Man kann sie nicht ölen und schmieren wie Motore. Da hilft nur, Zähne zusammenbeißen.
    Abends zwei Stunden Rast bei Magoncourt. Währen wir ausgeruhte Wanderer, so brächen wir jetzt in Endzückungsrufe aus. Prachtvolle Landschaft, friedliche Abendstimmung, sattgrüne Wiesen und lachender Tag. Aber wir sind müde. Lange nach Mitternacht Halt bei Remontcourt. Es waren über 60 Kilometer.

    19.Juni: Wieder ganz kurzer Schlaf. Um 7°°Uhr geht es weiter. Müde, müde zum Umsinken! Wird eine kurze Pause eingeschaltet –das ist selten genug—sinkt auch wirklich alles um. Kein Kommando könnte präziser ausgeführt werden.
    Heute lösen wir die Division vor uns ab, beziehen also die vorderste Linie. Bis dahin sind es aber noch 55 Kilometer. Ob wir noch Feindberührung bekommen?
    Heute ein Erlass an die Wehrmacht: Frankreich hat durch Vermittlung Spaniens um die Waffenstillstandsbedingungen gebeten. Die Kampfhandlungen sind mit aller Energie und drängendster Verfolgung weiter zu führen. Ehrenpflicht der Wehrmacht, möglich rasch die Linie Verdun – Toul – Belfort sowie die Häfen Brest und Cherbourg zu erreichen. Also weiter! Hier bei Andelot – der Ort hat schwer gelitten – versuchten vorgestern die Franzosen einen letzten verzweifelten Widerstand. Zerrissene Barrikaden, zerschossene Häuser und Soldatengräber sind das Ergebnis.
    Es geht noch bis gegen Mitternacht. Dann Unterkunft in Champigny- Charmes, einige Kilometer nördlich von Langres. Völlig ausgepumpt und fertig sinkt alles aufs Stroh. Feindberührung war nicht herzustellen.

    20. Juni: Vormittag wird Langres passiert. Das Regiment zieht in gewohnter Marschformation. Von Kampfhandlungen kann keine Rede sein. Wo hier versprengte Abteilungen des Gegners noch auftauchen, schichten sie beim Anblick nahender deutscher die Waffen auf saubere Haufen, soweit sie diese nicht schon vorher an Alleebäume zerschlagen haben.
    In Langres, der alten Festung im Zentrum des berühmten Schlachtenplateaus, stoßen wir auf die prächtige, schattige Rue nationale, die zumeist Schnurgerade nach Süden stößt. Sie wird unsere weitere Vormarschstraße sein.
    Flüchtlinge in Massen, in Autos, auf Karren, auf Rädern, zu Fuß. Die breite Allee wimmelt. Aber man trottet durch den Wust und merkt ihn kaum. Kolonne jagt Kolonne, oft drei, vier nebeneinander. Und gegen diesen Strom kämpfen verängstigt die Flüchtlinge an. Wir immer weiter nach Süden, Kilometer um Kilometer. Gegen Mitternacht Ruhe in Til- Chatell, 20 Kilometer vor Dijon.

    21.Juni: Immer weiter auf der Rue nationale. Nachmittags in Dijon, Vorbeimarsch an unseren Divisionskommandeur, General Hans Schmidt. Er ist zufrieden mit der Haltung des Regiments.
    Die Stadt ist belebt. Einzelne Geschäfte halten offen. Sie wimmeln von deutschen Soldaten, denn der Kurs ist 1 RM gleich 20 Franc.
    Riesige Gefangenenlager. Viele Französische Soldaten laufen oder sitzen herum, ohne Bedeckung niemand hält sie an. Sie verfrachten sich wenn sie ihr Glas ausgetrunken haben, alleine zur Sammelstelle. Ein seltsames Bild! Einige Kilometer hinter Dijon unser Tagesziel Perigniy.

    22. Juni: Der Waffenstillstand wurde gestern in Compiegne unterzeichnet. In Kraft ist er noch nicht getreten. Von Kriegszustand kann aber hier nicht mehr die Rede sein. Wir marschieren seit 6,30°°Uhr wieder die Rue national entlang.
    Rechts erheben sich die Hügel der Cote d Or. Die Straße durchschneidet die weite Senke direkt in der Mitte. Links und rechts die ausladenden, ebenen und rieseigen Weingärten, Fläche an Fläche. Hier wächst der Stolz Frankreichs, der glutrote Burgunderwein. Der Marsch ebbt ab. Abends Quartier im Raum von Beaune.

    23.Juni: Wieder ein Sonntag. Er bringt Verheißung. Denn sein Marsch—er ist nicht allzu Groß—führt uns ans Vorläufige Ende. Chagny wird noch passiert, dann zerlegt sich das Regiment im Raume des Dreiecks. Chagny—Chjalons sur Saone—Le Creusot. Unser Bataillon erhält Chamilly zugewiesen. Es ist ein kleines steinreiches (aber auch nur an Steinen reiches) Burgunderdörfchen mit 180 Einwohnern und einen herben roten Bauernwein. Das satte fruchtbare Tal haben wir verlassen. Unser Dorf klebt zwischen karstähnlichen Höhen.

    24. Juni bis 4.Juli: Es ist wie immer nach großen Marschleistungen. Man sinkt in die Ruhetage wie in ein Bett, auch wenn kein solches zur Verfügung steht. So wird uns Chamilly in blasser, müd- wohliger Erinnerung bleiben. Die freundliche Bevölkerung, die herbe Umgebung mit den vielen Kirschbäumen. Die Nacht des Waffenstillstandes verschlafen wir. Die ausgeruhten Körper regen den Geist zur neuer Tätigkeit an und so wird die Frage, ob es bald heimgeht, nach allen Richtungen durchgesprochen. Gerüchte tauchen wieder auf. Nach ein paar Tagen völliger Ausspannung meldet ein ganz kleiner Exerzierdienst zaghaft seine Ansprüche an. Sie werden mit großer Gelassenheit befriedigt. So plätschern die Tage von Chamilly in harmloser Hohlheit dahin. Uns alle beseelt nur ein Wunsch: Bald, recht bald nach Deutschland zurück!

    Benno Tins



    Kameradenhilfswerk der
    260. Infanterie- Division

    Mit freundlichen Grüßen

    Karlheinz

  • Der von der Kälberfresserkompanie




    Bei der zweiten Panzerjäger—Kompanie in Frankreich 1940




    Vor dem Abmarsch nach Russland lag die 260. Infanterie- Division ab Mitte September 1940 bis zum Sommer 1941 an der Französischen Demarkationslinie der Stab im Schneider Schloss von Le Creusot, in welchem Raum auch die Panzerjäger – Abteilung 260 ihr Standquartier hatte. Deren 2. Kompanie 260 war in einem Barackenlager der Schneider – Werke untergebracht. Dieses diente im Frieden zur Unterbringung von Arbeitern aus den Nordafrikanischen Kolonien, wenn in der Waffenschmiede Frankreichs einmal Gestreikt wurde. Allgemein war es zu jener Zeit Üblich dass die Kompanien in eigener Machtvollkommenheit ihre Verpflegung gegen Bezahlung aus Beständen des Landes ergänzten. Eine Schwarze Kasse war zu diesem Zweck vorhanden. Das ging so lange Gut, bis ein Befehl vom Generaloberst Blaskowitz, dem Oberbefehlshaber der 1. Armee, diese Einkäufe auf privater Basis strikt verboten. Die Einheiten hatten mit der gefassten Verpflegung auszukommen und dem Einheitsführer wurde bei nicht Beachtung des Befehls ein Verfahren wegen Ungehorsam angedroht.
    Eines Abends unternahm ich noch einen Rundgang durch das Kompanierevier und damit auch zur Küche. Alles war verschwunden, nur ein gut Gemästetes Doppellender Kalb stand angebunden dort. Sofort rief ich Hauptfeldwebel Gritjan und Küchenunteroffizier Recher. Sie erklärten dass dieses Kalb vom Feldwebel der Kompanie bei einem Bauern gekauft wurde, mit dem auch sonst Geschäfte abgeschlossen worden seien. Das Tier sollte bei einem Kompanieabend verspeist werden.
    Inzwischen kam auch Oberfeldwebel Meh, der Kompanietruppführer, hinzu und war entsetzt über meinen Befehl, das Kalb zurückzubringen und sich das Geld herauszahlen zu lassen. Er holte meinen Stellvertreter, Leutnant Schuster, der in der ihm eigenen Art frei heraus erklärte, das der Befehl unmöglich ausgeführt werden könne, weil sich die ganze Kompanie auf den Abend mit Bier und Wein und einem zusätzlichen Stück Fleisch freuen würde. Unsere Soldaten hatten in Frankreich wenig Abwechslung, denn sie verfügten nur über geringe Geldmittel. Schuster und die andern Leutnants sowie die Feldwebel der Kompanie erreichten dass dieses Kalb blieb und bald Geschlachtet wurde. Der Kompanieabend ging mit viel Tamm - Tamm über die Bühne. Nach Absprache mit dem Abteilungskommandeur, Hauptmann Pfeiffer, wurden auch die Herren des Divisionsstabes eingeladen, die natürlich gerne kamen, darunter auch Krieggerichtsrat Geyer.
    Nachdem unser Fest längst wieder dem Alltag Platz gemacht hatte, kam eines Tages eine Meldung der Feldkommandantur über den Dienstweg auf meinen Tisch, Darin stand klipp und klar, das ein Feldwebel der 2. Panzerjäger – Kompanie ein Kalb entgegen den Befehl der Armee gekauft habe. Der Einheitsführer wurde um Stellungnahme ersucht. Unser Kommandeur, der ebenfalls mit Adjutant und Abteilungsarzt an dem Kompanieabend teilgenommen hatte, meinte nun, ich müsste zusehen wie ich damit fertig würde.
    Sinngemäß antwortete ich auf dem Dienstweg an die Division: Es träfe zu, das Feldwebel der Kompanie ein Kalb gekauft hätten. Das Fleisch sei zur Ergänzung der Ration verwendet worden. Sehr bald kam das Schriftstück mit einer persönlichen Bemerkung unseres Generals Schmidt zurück, wonach die täglichen Kalorien der Truppe weit über denen der Bevölkerung lägen, meine Meldung hätte den Eindruck einer Anmaßung erweckt. Meine Stellungnahme war mir der Beteuerung verbunden, dass theoretisch die Kalorienmengen wohl stimmen möge, die Wirklichkeit aber anders aussehen würde. Die Kompanie besteht zum überwiegenden Teil aus jungen Menschen, deren Wachstum noch nicht abgeschlossen sei und für die eine Verpflegungsergänzung bei der harten Ausbildung unerlässlich sei.
    Darauf hin ordnete der General die Einleitung eines Disziplinarverfahrens gegen mich an und beauftragte Kriegsgerichtsrat Geyer mir der Untersuchung. Dieser hatte aber damit gar keine Eile, zumal er selbst durch seine Teilnahme an unserem Abend mehr oder weniger befangen war. Alle diesbezüglichen Schriftstücke landeten also bei Ihm zuunterst. Schließlich begann der Transport nach Russland und dort hatte man bald wichtiger Probleme zu lösen.
    Als ich mich wenig Zusammenhang mit einem Einsatz bei General Schmidt melden musste, hieß es sofort. Sind Sie nicht der Chef der Kälberfresserkompanie? –Am Ende des Krieges war ich denn am Oberrhein wieder unter dem Kommando des Generals. Der hatte jene Episode von Frankreich immer noch nicht vergessen und redete mich wieder entsprechend an. Worauf ich mein Manchen baute und mich über unseren betagten Papa Schmidt von Herzen Soldatisch freute.

    Karl-Eugen Schlotterbeck, ehem. Führer der 2./P.260




    Kameradenhilfswerk der
    260. Infanterie- Division

    Mit freundlichen Grüßen

    Karlheinz

  • Feuertaufe im Osten



    Die Radfahrkompanie stürmt Buda.




    Sommerliches Wetter herrscht, als wir anfangs Juni 1941, von Frankreich kommend, durch unsere herrliche Deutsche Heimat fuhren in Richtung Osten. Der Transportzug brachte uns über die Oder und Weichsel, vorbei an Warschau in die Gegend von Siedlice, unseren Ausladeraum. Dieses Ziel erreichten wir zwischen dem 30. Juni 1941 und 3. Juli 1941.
    Nun hieß es marschieren, marschieren! Die Kolonne unserer Würdenbergischen Hörnle Division legten Tagesmärsche von 50 bis 70 Kilometer zurück. Der Marsch ging vorbei an Brest – Litowsk über Baranowitschi bis südlich Slusk, weiter in Richtung der Bresina. Heiß brannte die Julisonne auf die östliche Landschaft, Braungebrannt und frohen Mutes stiefelten wir über die sandige Erd Russlands. Mitte Juli hatten wir nach einem Marsch von etwa 360 Kilometern Raum südwestlich Bobruisk erreicht. Eine eigenartige Romantik lag über den hellen Sommernächten über der Landschaft. Wenn wir nachts auf Posten standen, flackerte am östlichen Horizont! Der Feuerschein der Front unruhig hin und her. Die Spannung in uns stieg von Tag zu Tag, den die schaurige Dissonanz der Front kam von Tag zu Tag näher und näher. Noch kannten wir sie nicht, aber wir sollten dies bald selbst erfahren und zu spüren bekommen.
    Das Kalenderblatt zeiget 19.Juli 1941. An diesen Abend erreichten wir ein großes Waldstück an der Straße Gluck – Romantsche und weiter nach Paritschi an der Bresina. Dort kämpfte die 2.Armee der Heeresgruppe Mitte, wir sollten in den Verband des XLIII AK. (General der Infanterie Henrici) aufgenommen werden und zum Einsatz gelangen.

    Erster Einsatz am Sonntag.




    In diesem Waldstück lagen schon Teile der 131. oder der 134. ID. bereit. Am nächsten Tag, also an einem Sonntag, sollte der Einsatz erfolgen. Schauerliche Märchen erzählten die Kameraden der dort liegenden Division uns Neuankommenten. Jedoch unser Zugführer Leutnant Raff (ab 1. September Chef der 3./470) versammelte seine Männer an diesem Abend, um uns die letzten Anweisungen zu geben. Überaus beruhigend wirkten seine Worte, die er an uns richtete. Mit dem Gefühl einer seltsamen Spannung lagen wir in dieser Nacht wach in unseren Zelten. Hin und wieder drang das dröhnen und dumpfe Grollen der Artillerie von der Front an unser Ohr. Das surren einiger Flugzeuge durchbrach die Stille der Nacht.
    Der fahle Lichtschein des anbrechenden 20.Juli drang langsam in unser Zeltlager. Am Östlichen Horizont steigt der Glutrote Ball der aufgehenden Sonne herauf. Der Befehl zum Wecken und Kaffeefasen wurde gegeben. Das Zeltlager erwacht und ein emsiges Treiben begann.
    Anschließend wurde das Verladen der Tornister befohlen, Sturmgebäck fertig machen, Waffen und Geräte freimachen! So verging der Vormittag. Frühzeitig wurde das Essen von der Kompanieküche ausgegeben, unter Persönlicher Aufsicht von unserem Hauptfeldwebel Faiß, der wie es sich in den nächsten Wochen zeigte, immer vorbildlich für seine Kompanie sorgte.
    Kurz vor Mittag kam der Befehl: 3.Kompanie fertig machen! Jeder von uns griff sich sein Fahrrad, denn damals waren wir Fahrradkompanie beim IR. 470. (bis zum 19.Oktober 1941). Mit Zugabständen fuhren wir ab, um in den Bereitstellungsraum zum Angriff zu gelangen.
    Die ersten 500 Meter des Sandigen Weges lagen schon hinter uns.
    Da, ein komisches Heranheulen, ein Rauschen und Gurgeln, das auf uns zukommt! Wums und krach, und schon hatte es hinter uns Eingeschlagen! Auch Ratsch- Bum Geschosse schlugen keine 20 Meter auf der Gegenüberliegenden Wegseite ein, -- und sie da ---, wie auf Befehl lag die ganze Kompanie in dem kleinen Graben, der sich rechts des Sandweges entlang zog. Dieses volle Deckungsnehmen hatte ja gut geklappt! Wenn alles so prompt ausgeführt wird wie dieser Sprung in den Graben, dann kann eigentlich nichts Schief gehen.
    Kompanie marsch! wurde befohlen. Zaghaft griffen wir nach unseren Rädern, saßen auf und weiter ging der Marsch. Dieses war also der erste Feindgruß für uns! Nach etwa einem Kilometer erreichten wir den nahe liegenden Waldrand. Die Fahrräder wurden getarnt abgestellt, Fahrradwache eingeteilt. Der ernst des Krieges begann.
    Zug Raff (I. Zug) in Schützenreihe von Mann zu Mann zehn Schritt, Abstand, 1.Gruppe rechts, 2.Gruppe links, 3.Gruppe rückwärts gestaffelt----Marsch! So drangen wir durch den Wald. Einzelne Granaten der feindlichen Artillerie, die aber meist zu weit lagen, jagte nun der Iwan in unseren Raum. Verwundete gab es zum Glück keine. Bei jedem Einschlag lag die Kompanie sofort flach. Vor allem das Surren der Baumkrepierer war für uns ein komisches Gefühl.



    1. Teil



    Kameradenhilfswerk der
    260. Infanterie- Division

    Mit freundlichen Grüßen

    Karlheinz

  • 2.Teil


    Durch die Mitte von Buda



    Nach weitern Vorgehen hatten wir den südlichen Waldrand erreicht. Der vor uns Vorbeiführende Weg ging durch die Mitte des etwa 400 Meter westlich liegenden Dorfes Buda.
    Wir vom !. 1. Zug traten nun an, um das Dorf zu besetzen. Anfang ging alles gut, wie bei einer Kompanieübung bei Schloss Blanzy in Frankreich. Die ersten Panjehütten waren schon erreicht, ohne Feindlichen Widerstand. Plötzlich bemerkte der Iwan unser Eindringen in das Dorf. Schlagartig ging der Zauber los. Höllisches Gewehrfeuer empfing uns. Von Süden wurden wir von schwerer Artillerie pausenlos mit dem Ratsch - bum behackt!
    In der Dorfmitte bewegten einige olivgrüne Gestalten (Nachhut der Russen) auf die südliche Seite des Dorfes zu. Russisches Artilleriefeuer auf das Kampffeld, wo noch seine eigenen Kräfte lagen, war für uns an diesem ersten Kampftag unbegreiflich. Endlos zog sich der Weg bis zur Dorfmitte dahin, in den Granattrichtern suchten wir immer wieder Deckung vor dem Feindlichen Beschuss. Fontänen, von Sand, Häuserteilen und Grantsplittern flogen durch die Luft! Für die 3./470 die Feuertaufe.

    Den Arm vom Körper gerissen.



    Links neben uns ein entsetzlicher Schrei. Der Ruf Sanitäter ging durch die Reihen der Kompanie. Unseren MG Schützen Karl Erhard hatte es buchstäblich den Arm vom Körper abgerissen. Notdürftig wurde er vom Sani verbunden und später nach rückwärts mit einem Kübelwagen gebracht. Leider ist er einen Tag später auf dem Verbandplatz gestorben, von der 3./470 der erste Gefallene.
    Das Gewehrfeuer der Russischen Nachhut lies etwas nach, denn diese zog sich durch den Südteil des Dorfes in den links angrenzenden Wald zurück. In der Mitte des Dorfes gabelte sich der Weg nach links, der samt südlichem Ortsteil von dem 1. Zug besetzt wurde. Nach erreichen der letzen Hütte, in der viele der Dorfbewohner versammelt waren, erfolgen ein neuer schwerer Artilleriefeuerüberfall. Hinter Lattenzäunen und der Panjehütten suchten wir Schutz vor den heranheulenden Granaten. Bei genauer Beobachtung konnten wir in etwa zwei Kilometer Entfernung in Südlicher Richtung auf einer Höhe die Feuerstellung der Iwans und ihr emsiges Treiben sehen. Bei diesem Feuerüberfall verlor uns Kamerad Karl Schilling durch einen Grandsplitter ein Auge. Nach etwa 30 Minuten lies der Feuerzauber nach. Wir blieben bis zur Dämmerung in unserer Deckung liegen, mit Blick zum Feind, den wir wussten ja nicht, ob er plötzlich aus dem nahen Kusselwerk oder den links liegenden Wald hervorbrechen wird. Allmählich verstummte das Artilleriefeuer ganz. Die gesamte Kompanie bildete nachts eine Sicherungslinie um den feindwärts gelegenen Dorfrand. In gespannter Aufmerksamkeit beobachteten und lauschten wir in Richtung des Iwans. Das Vorrangegangene und die erste Feindberührung hatte uns stark beweg und betroffen.

    Ein Überläufer kommt.



    Schüsse einzelner Posten und kurzes MG - Feuer bildeten die einzige Sprach dieser Nacht. Dann und wann zerriss eine aufwärts zischende Leuchtkugel für flüchtige Sekunden den schwarzen Mantel der Dunkelheit. Gegen 3°°Uhr in der Früh kam ein sowjetischer Überläufer in unserer Stellung an, der sofort zum Bataillonsgefechtstand (I./470 Oberleutnant Voigt) gebracht wurde. Beim Morgengrauen sandte uns der Iwan als Morgengruß noch mal einen heftigen Feuerüberfall in unser besetztes Dorf Buda.
    In den frühen Vormittagsstunden des angebrochenen Tages griffen wir mit dem ganzen IR 470 (Oberst Wenninger)m die Infanterie und Artilleriestellung an, die uns am Vortag so stark bepflastert hatten. Im Sturm wurden sie genommen.
    Kurt Breuning, ehem. 3./ 470

    Kameradenhilfswerk der
    260. Infanterie- Division
    Mit freundlichen Grüßen
    Karlheinz

  • Der Freiburger




    Im Sommer 1941 hat uns ein zügiger Vormarsch im Mittelabschnitt bis zu den Pripjetsümpfen geführt. Dort gibt es dann harte Infanteriekämpfe in undurchdringlichen Gelände gegen ein sich zäh verteidigenden Gegner. Auf schmalen Pfaden und Schneisen schieben wir uns vorsichtig voran, die Verluste in diesem Busch und Sumpfgebiet sind schmerzlich. Breite Schützenlinien durchkämen hinter den Spitzen das schwer erkämpfte Gelände.
    Plötzlich zeigt sich am flachen moosigen Boden ein russischer Stahlhelm, darunter das verängstigte Gesicht eins Rotarmisten. Gewehr im Anschlag, Finger an den Abzug, schon will der deutsche Landser abdrücken! Da erhebt sich der fremde Soldat abwinkend und ruft lachend, in alemannischer Mundart: Net schieße, i bin der Jakob Vogel aus Freiburg!
    Erstaunt läst unser Kamerad das Gewehr sinken und nimmt den verhungerten, verschmutzten Sowjet Soldaten gefangen und bringt ihn zum Gefechtstand zurück. Da erzählt der alemannische Iwan dass seine Vorfahren aus Freiburg im Breisgau ausgewandert seien, sich in der Ukraine eine neue Heimat geschaffen und ihr Dorf Freiburg genannt hätten. bx



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    260. Infanterie- Division
    Mit freundlichen Grüßen
    Karlheinz

  • Aufklärung
    der verstärkten 3./470


    Lücke zwischen Heeresgruppe bei
    Haboldeka geknüpft.


    Die 2. Armee (Generalfeldmarschall Frhr. v. Weichsel) erreichte am 14.Juli 1941 als rechte Flügelarmee der Heeresgruppe Mitte den Raum Star Bychow – Bobruisk, und stieß bis zum 20. Juli hinter der Panzergruppe 2 des Generaloberst Guderian bis zur Linie zwischen Kritschew am Sosh und Paritschi am Dnjepr vor. Der Feind gegenüber war die 5.Sowjetarmee (Generalmajor Potapow) der Sowjetischen Heeresgruppe Südwestfront des Generaloberst Kirponos.
    Unser 260.ID. (Generalleutnant Hans Schmidt) kämpfte im Verband und am offenen Südflügels XXXXIII. AK. Des General der Infanterie Heinrici und erreichte am 21. Juli den Kampfraum von Romanitschtsche, der nach harten Kämpfen am 24.Juli eingenommen wurde. In diesem Zeitraum klaffte zwischen der Heersgruppe Mitte und Süd (Oberbefehlshaber Generalfeldmarschall v. Rundstedt) eine Lücke von Nahezu 120 Kilometern bis zur 62. ID. (Generalleutnant Keiner), die dem XVII. AK. (General der Infanterie Kienitz) der 6. Armee (Oberbefehlshaber Generalfeldmarschall von Reichenau) angehörte.


    Auftrag für Stoßtrupp
    Die 3./470 (Leutnant Kech), damals Radfahrkompanie des Regiments, erhielt den Befehl, einen Kampfstarken Stoßtrupp zu bilden, um mit dem rechten Nachbarn (linker Flügel der Heersgruppe Süd) Verbindung aufzunehmen.
    Die Führung des Stoßtrupp wurde dem Führer des 1.Zuges, Leutnant Dr. Kurt Raff (Göppingen) übertragen. Der Auftrag lautete: Stoßtrupp muss unbedingt innerhalb von zwei Tagen Verbindung mit dem rechten Nachbarn aufnehmen, gleichwie ob mit oder ohne Kampf.
    Die Gliederung des Trupps war folgende: Vorn Leutnant Raff mit verstärkten Zugtrupp, 50 Meter zurück Rest des I. Zuges in Reihe, dann zwei Pak Geschütze unserer 14. Kompanie, anschließend folgen zwei Gruppen des II. Zuges, nach weiteren 150 Metern der Funkwagen des Regiments und hernach zwei Sturm Geschütze, den Schluss bildetet als Sicherung die letzte Gruppe des II Zuges.


    In Eile durch das Niemandsland


    Das Unternehmen begann am 30. Juli früh um 7°°Uhr. Auf halbwegs guter Straße führte uns der Marsch zunächst durch einen dunklen Kiefernwald. Es ging flott voran. Nach gewissen Zeitabständen wurde immer wieder halt gemacht, und nach links und rechts des Weges beobachtet. Jedes Geräusch wurde möglichst vermieden, um unauffällig an den Gegner heranzukommen und uns vor Feindlicher Überraschung zu sichern.
    Kilometer um Kilometer stießen wir ins Feindliche Hinterland hinein. Die Hitze wurde immer unerträglicher. Der Schweiß rann uns von der Stirne. Unsere Gesichter waren Staub verschmiert. Wir waren nun schon fast drei Stunden bei der Drückenden Hitze unterwegs und hatten immer noch keine Feindberührung.
    Die Uhr rückte auf 11°° Uhr. Etwa vierzig Kilometer hatten wir in der heißen Sonne schon hinter uns gebracht. Die Nerven wurden durch die Ungewissheit immer mehr Angespannt. Wird die Sache gut oder Schief gehen?
    Da plötzlich wurde der Wald lichter. Halt je eine Gruppe links und rechts der Straße bis vor an den Waldrand zur Beobachtung! Vorsichtig, jedes Krachen von dürren Ästen vermeidend, erreichen wir den Waldrand. Durch unser Glas sahen wir in zwei bis drei Kilometer Entfernung die in der brütenden Mittagsonne flimmernde Silhouette eines Dorfes. Mit Karte und Kompass stellten wir fest, dass es Haboldeka sein musste. Trotzt eingehender Beobachtung konnten wir außer eineigen russischen Soldaten und umhergehenden Zivilisten nicht Ernsthaftes erkennen.
    Leutnant Raff zog die beiden Sturm Geschütze und die Pak bis an den Waldrand vor, je einen Gruppe blieb als Nachsicherung bei jedem Geschütz abwehrbereit liegen, der Rest mit Abstand mit je fünf Metern von Mann zu Mann weiter Marsch in Richtung auf das Dorf.
    Nach drei Seiten sichernd dringen wir bis zum Dorfrand von Haboldeka vor. Kein Schuss viel. Der erste Eindruck erschien uns gut. Es konnte keine größere Feindgruppe vorhanden sein, sonst hätten sie uns nicht so ruhig und friedlich bis zu den ersten Häusern vorgehen lassen.
    [FONT=&quot]Oder sollte es eine Falle sein? Denn der Iwan kämpft ja gerne aus dem Hiterhalt, - und das zeigt sich dann auch bald.
    In der Zwischenzeit wurde durch verabredetet Zeichen die Sturm Geschütze und die beiden Pak, sowie die zwei Sicherungsgruppen nachgezogen. Unsere volle Kampfkraft war wieder beieinander. – Nun Sturm brich los.
    Und der brach los. Am ersten Straßenkreuz, das geradeaus zu einer Bahnlinie führte, begann die Schießerei. Von links und rechts der Straße starkes MG. – und Gewehrfeuer. Es schwirrte und surrte nur so von Geschossen. Querschläger zischten von einer Häuserreihe zur anderen. Das kann ja heiter werden in dieser prallen Sonnenhitze!
    Leutnant Raff erkannte und beurteilte sofort die Lage richtig. Er teilte seine Kampfgruppe am Straßenkreuz sogleich in zwei Stoßtrupps. Der erste Zug mit einem Sturm Geschütz links der Straße entlang vorgehen. Der zweite Zug, ebenfalls von einem Sturm Geschütz unterstützt, nach rechts bis zum Bahnhof vorgehen. Verstärkter Zugtrupp mit zwei Pak Geschützen sichert am Straßenkreuz!


    1.Teil


    [/FONT]Kameradenhilfswerk der
    260. Infanterie- Division
    Mit freundlichen Grüßen
    Karlheinz
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    [/FONT]

  • Improvisierter klassischer Orts Kampf


    Als Auftakt unseres Angriffes jagen die Sturm Geschütze je zwei Schuss in nördlicher und südlicher Richtung der dahin ziehenden Straße entlang. Die Garben unserer MG. Gewehrschüsse und Feuerstösse aus den Maschinenpistolen bellen hell dazwischen. Auch die Pak jagt ihre Granaten in die verstecke der feuernden Russen hinein. Ein toller Feuerzauber entfaltet sich innerhalb weniger Minuten.
    Nach 80 Metern vorstürmen unseres Zuges lässt die Feindliche Knallerei schon merklich nach. Einige verwundeten Russen schreien ihr merkliches Pan in den Kampflärm. Zum Glück sind bei unseren Männern noch alle Knochen heil geblieben.
    Da sehen wir am nördlichen Dorfausgang drei russische LKW gut getarnt abseits der Straße stehen. Ganze Scharen von olivbraunen Gestallten wollen die Wagen im wilden Durcheinander erklettern. Mit je einem Schuss trifft das uns begleitende Sturm Geschütz zwei der Fahrzeuge samt ihrer Besatzung. Den dritten LKW nehmen wir Infanteristen unter Feuer. Einige Russen suchen ihre Rettung in der Flucht zum nahe liegenden Wald. Unsere MG. Schicken auch ihnen ihre Garben nach.
    Keine Stunde hat dieser Spuk gedauert, noch einige vereinzelte Schüsse, - das letzte Aufbäumen des kurzen Kampfes. Wir sind Herr der Lage geworden und durchsuchen noch schnell einige Häuser, aber nur einige Uniformstücke, Stahlhelme und Gasmasken finden wir vor Scheinbar zogen einige Iwans Zivilkleider an. Am Dorfausgang stellen wir mit Entsetzen fest, welche Zerstörung doch zwei Sturm Geschützgranaten anrichten können.
    In unserem Rücken ist am anderen Ende der Straße in Bahnhofsnähe, wo der zweite Stoßtrupp vorgeht, im Augenblick noch eine wilde Schiesserei im Gange. Es scheint so als leiste der Iwan dort stärkeren Widerstand. Wir, der 1.Zug, erhalten den Befehl, dorthin zu kommen. Eine Gruppe bleibt hier am Nordausgang des Dorfes als Sicherung liegen. Im Eiltempo rasen wir zum Bahnhof, und auch schnell dort den Widerstand zu brechen und damit unseren Kameraden zu helfen. Als wir aber die Bahnhofsnähe erreicht haben, ist auch dort plötzlich Ruhe eingetreten. Einige wenige Gewehrschüsse peitschen noch in die Wände der russischen Katen – Nach aufstellen von Sicherungsgruppen machen wir kurz Rast.
    Plötzlich ertönt in die verdiente Schnaufpause hinein Panzer von links! Pak nach vorn! Im raschen Tempo brausen sie heran, werden abgeprotzt und in Feuerstellung gebracht. Aus Südöstlicher Richtung kriechen zwei T34 in mäßigen Tempo wie im tiefsten Frieden durch das Kusselgelände auf den Südausgang des Dorfes zu. Aber bis wir die Lage recht erkannt haben, hat das ebenfalls in Stellung gefahrene Sturm Geschütz schon ganze Arbeit geleistet. Einer steht gleich nach den zweiten Schuss in hellen Flammen, der andere ist mit dem dritten Schuss kampfunfähig. Zwei Rotarmisten booten aus und suchen Schutz und Deckung in den Kusseln. Unsere Pak braucht nicht mehr einzugreifen. Inzwischen hat der Funkwagen den Befehl von der Division bekommen: Leutnant Raff stößt mit seiner Kampfgruppe über Haboldeka hinaus auf der Straße in östlicher Richtung vor. Wir schwingen uns auf unsere Stahlrösser und schon kommt das Kommando Stosstrupp marsch!
    Noch liegt kaum ein Kilometer hinter uns, da beobachten wir auf einer vor uns liegenden Anhöhe in etwa zweitausend Meter Entfernung Truppenbewegung von Süden nach Norden.
    Glas ans Auge Rätselraten geht durch die Reihen! Sind es eigene, sind es Russen? Vorsichtshalber machen wir uns Kampfbereit. Die zwei Sturm Geschütze sowie die beiden Pak gehen in den Kusseln in Stellung. Noch können wir trotz eingehender Beobachtung nichts feststellen, ob es Freund oder Feind ist. Bemerkt müssen sie uns aber auch schon haben, denn sie verschwinden langsam hinter dem Rücken der Anhöhe. Scheinbar befinden sie sich auch im Zweifel, wer wir sind. Das Warten und Rätselraten wird für uns zur Ewigkeit, denn nichts rührt sich.
    Weiter trifft Leutnant Raff wie immer in solchen heiklen Situationen, die richtige Endscheitung. Sein Befehl lautet: II. Zug in Feuerstellung links und rechts der Straße. I. Zug geht gedeckt im Schutze der Kusseln weiter vor bis zur Anhöhe! Unser Chef führt selbst den vorgehenden Zug. Ein Fliegertuch wird mitgenommen.


    Freund oder Feind


    Wir sind etwa 800 Meter vorgedrungen, da beobachten wir plötzlich einen Spähtrupp auf uns zukommen. Scharfes Beobachten mit dem Glas läst vermuten, dass es Deutsche sein müssen. Aber noch sind wir der Sache nicht ganz Sicher. Jetzt heißt es eben auf gut Glück handeln und Farbe bekennen. Zwei Mann von uns zeigen das Fliegertuch, und gleichzeitig schießen wir drei weiße Leuchtkugeln hoch. Wir, ebenso wie auch die anderen, sind stutzig geworden. Nichts geschieht! Totenstille herrscht! Geladen von innerer Spannung werden die folgenden Minuten fast zur Ewigkeit.
    Doch plötzlich wird der Bann gebrochen, unsere Gegenüber schießen zur unserer Freude ebenfalls drei weiße Leuchtkugeln ab. Wie ein leuchtendes Fanal steigen sie in den wolkenlosen Himmel der vor Hitze flimmernden fremden Landschaft.
    Nun stellen wir einwandfrei fest, dass es deutsche Soldaten sind. Aufrecht gehen wir aufeinander zu, begrüßen uns mit lautem Hallo, schütteln uns kräftig die Hände und schlagen uns gegenseitig vor lauter Freude auf die Schultern.
    Es sind die Kameraden der 45.ID. vom Höheren Kommando XXXV. Die 45.ID (General Schlieper) bildetet den rechten Flügel der 2.Armee und hat ihre Vormarschrichtung von Osten nach Norden geändert. Sie stieß hier unweit von Haboldeka mit uns, also dem XXXXIII AK zusammen. Durch diese Vereinigung sind Teile des LXVI sowjetischen Schützen - Korps eingeschlossen worden. Es sind Verbände der 43. und 47. Kavallerie Division.
    Die Kameraden der 45. ID ziehen mit uns nach Haboldeka hinein und beziehen dort Stellung und Quartier. Nach kurzer Rast in dem Dorf verabschieden wir uns von ihnen und verlassen in zügigem Tempo den Ort, um die vor uns liegende 45 Kilometer große Strecke bis zu unserem Regiment 470 noch vor Einbruch der Dunkelheit noch zu Überwinden. Gegen 22°°Uhr sind wir wieder bei unseren Kameraden, die uns mit großem Jubel empfangen.
    Es war kein allzu schwerer Kampftag, aber ein anstrengender und Nervenbelastender Tag, den unser Leutnant Raff mit seinem Männern gut hinter sich gebracht hat.


    K.Breuning


    Kameradenhilfswerk der
    260. Infanterie- Division


    Mit freundlichen Grüßen


    Karlheinz