Scharfschützenwesen

  • Hallo zusammen,


    eine weitere Frage die mich etwas beschäftigt ist das Scharfschützenwesen in der Wehrmacht. Das einzige was man ständig zu diesem Thema findet sind lediglich Hinweise und Informationen zu den erfolgreichsten Schützen aber mehr auch nicht.


    Ich würde gerne mal mehr Hintergrundwissen erhalten. In erster Linie in Bezug auf die Ausrichtung und den Einsatz von deutscher Seite. Ich kann mir nicht vorstellen das alle infanteristischen Einheiten damit ausgestattet wurden. Daher stellt sich mir die Frage in welchen Einheiten waren diese zu finden. Über welche Anzahl verfügte die jeweilige Einheit usw.


    Ich weiß ja durch die erfolgreichsten das u.a. Gebirgsjäger über Scharfschützen verfügten aber welche denn noch?


    Ich habe zwar den Ausbildungsfilm der Scharfschützen vorliegen aber dieser gibt in der Richtung auch nicht viel Aufschluß. Ich finde dieses Thema besonders interessant weil ich auch mal die beiden Bände zu diesem Thema gelesen habe:


    http://www.amazon.de/Fadenkreu…runo-Sutkus/dp/3980721582


    http://www.amazon.de/J%C3%A4ge…393207727X/ref=pd_sim_b_1


    Gruß
    Michael

  • Hallo Michael,


    ich habe erst kürzlich irgendwo gelesen das ein Scharfschütze z.B. im Verband eines Panzer-Grendier-Regiments eingesetzt wurde. Aber könnte das nicht sein das die immer in erster Linie Situationsbedingt als eine Art Frontfeuerwehr verwendet wurden?


    Also die Ausführungen im folgenden Link finde ich aber auch ganz schön grenzwertig was das Thema Stalingrad und Vassili Zaitsev etc. angeht.


    http://www.zweiter-weltkrieg-l…im-Zweiten-Weltkrieg.html


    Gibt es wirklich verwertbare Literatur gestützte Hinweise dazu?


    Gruß
    Mario

  • Hallo Jungs, also so wie das in dem Scharfschützenlehrfilm aussieht wurden Scharfschützen auch gerne in kleinen Gruppen oder einzeln in Kampfregionen eingesetzt, wo der Kampf zum erliegen kam. Quasi als blockade Einheit für dieses Gebiet, bis der Kampf wieder aufgenommen wurde von einer der beiden Seiten. Ausserdem, weiss ich, das die Deutsche Seite keinen Wert bis ca. 1942 auf Scharfschützen legte und diese vernachlässigte. Erst als die Russen ihrerseits den Deutschen durch Scharfschützen schwere verluste zufügten, begann das OKH wieder über eigene Scharfschützen nachzudenken, wie im WK I. Das habe ich aus einer Doku über die Scharfschützen in Stalingrad.

  • Danke für Eure bisherigen Einschätzungen zu diesem Thema. Ich finde es hier sehr merkwürdig das dieses Thema aber anscheinend noch nicht richtig aufgearbeitet wurde.


    Wie einige wenige Aufnahmen belegen kamen ja anscheinend ebenfalls Scharfschützen innerhalb der Waffen-SS aber auch der LW-Felddivisionen zum Einsatz.


    Darüber scheint es aber ebenfalls keine brauchbaren Informationen zu geben.


    Gruß
    Michael

  • Hallo zusammen,


    um meine immer noch bestehende Wissenslücke in Bezug auf dieses Thema abstellen zu können, habe ich jetzt das folgende Buch gefunden und bereits erworben (leider aber noch nicht da). Aber den gemachten Angaben zur Folge wird man hier wohl genau in dieser Richtung fündig.


    Für den interessierten User:


    http://www.amazon.de/Jäger-Gejagte-Die-Geschichte-Scharfschützen/dp/3879433739/ref=sr_1_7?s=books&ie=UTF8&qid=1282841199&sr=1-7


    Gruß
    Michael


  • Hallo Michael,


    freut mich, dass Du endlich fündig geworden bist. Ist aber generell auch ein interessanter Tipp.


    Gruß
    Martin

  • Hallo zusammen,


    hier habe ich einen kleinen Hinweis auf die moralische Wirkung von Scharfschützen auf die russischen Soldaten vom 21.5.1942 gefunden.


    Betreff: Zielfernrohrgewehre


    Überläufer aus dem Abschnitt des Jäger-Regiments 28 haben ausgesagt, dass die dort eingesetzten Scharfschützen bei den Russen besonders gefürchtet seien. In ihrer Einheit seien bei einer Gruppe innerhalb einer halben Stunde 4 Mann durch Scharfschützen ausgefallen.

    Diese Aussage zeigt erneut, welche Bedeutung der Einsatz von Scharfschützen mit Zielfernrohrgewehren hat. Auf ihre Verwendung in der Abwehr wird daher nochmals hingewiesen.




    Gruß Ulf


    Quelle NARA T315 R-462

    --------------------------------------------------------------
    Ich suche Bildmaterial, Dokumente und sonstige Informationen über ausländische Orden und Ehrenzeichen die an Deutsche verliehen wurden. Zum Zweck der Aufarbeitung und der Dokumentation.
    Vielen Dank

  • Hallo zusammen,


    hier noch ein Bericht aus einer schwedischen Zeitung via des Deutschen Nachrichtendienstes über den Einsatz von deutschen Scharfschützen während der Kämpfe in den Vogesen:


    Deutscher Scharfschützenkampf in den Vogesen


    Stockholm, 3. Oktober


    Der reine Dschungelkrieg findet zur Zeit in den waldreichen Vogesen zwischen nordamerikanischen Soldaten und deutschen Scharfschützen statt, schreibt die USA-Nachrichtenagentur United Press. Die deutschen Scharfschützen verteidigen sich mit dem gleichen Fanatismus wie Japaner. Versteckt in den Baumkronen säßen sie mit gespannter Aufmerksamkeit und wachten über die Waldwege. Überall im Gelände hätten die Deutschen unerhört gut versteckte und geschütze MG-Nester angelegt. Die Vogesen seien für die Verteidigung ausgezeichnet vorbereitet. Landminen seien überall so dicht ausgelegt worden, dass man den Eindruck habe, als ob sie auf allen Straßen und Wegen, die die dichten Wälder durchkeuzen, nur so gesät worden seien. Die Amerikaner müssten sich Zoll für Zoll, Baum für Baum durchkämpfen. Amerikanische Soldaten, die bereits in Sizilien und Italien gekämpft hättten, seien völlig ermattet und bezeichnen die Kämpfe in den Vogesen im Bezug auf die Scharfschützenaktivität als „höllische Kriegsführung“.


    Horrido


    Daniel

    Suche Infos über die Eisenbahnpioniere und die Eisenbahnentseuchungszüge.

  • Hallo zusammen,


    ich habe euch mal den Ausbildungsfilm für dt. Scharfschützen aus dem Jahr 1944 eingestellt.


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    Gruß

    Michael

  • Guten Tag zusammen,



    Abschrift und Bearbeitung

    Quelle: germandocsinrussia


    Anleitung für die Ausbildung und den Einsatz von Scharfschützen


    H.Qu. O.K.H., den 15.05.1943


    Oberkommando des Heeres

    Gen. St.d.H./Gen.d.Inf.

    II Nr. 970/43


    Das Merkblatt „Anleitung zur Ausbildung und den Einsatz von Scharfschützen“ soll eine Hilfe bei der Ausbildung von Scharfschützen sein.


    Die Anleitung fasst die Verfügung O.K.H./Gen.St.d.H.Gen.d.Inf. II Nr. 375/42 vom 08.09.1942 betrifft „Zielfernrohrgewehre“ und das Merkblatt über den Karabiner 98k - Ziffer 41 zum Einlegen in die Heeresdruckvorschrift 240 vom 26.04.1941 zusammen. Sie treten damit außer Kraft.


    J. A.

    Herrlein



    A. Zweck und Aufgabe des Scharfschützen


    Zweck der Scharfschützenausbildung ist die Erziehung des Einzelschützen zur Höchstleistung im Schießen mit Gewehr.


    Die Aufgabe des Scharfschützen besteht darin, kleine schwer erkennbare Ziele zu finden und durch einen wohlgezielten Einzelschuss zu treffen.



    B. Ausbildung des Scharfschützen


    1. Der Scharfschütze

    Zur Scharfschützenausbildung sind nur die besten Schützen heranzuziehen. In ihre Hand gehört das Zielfernrohrgewehr ohne Rücksicht auf ihren Dienstgrad.


    Von den Scharfschützen sind in hohem Maße jägermäßiges Verhalten, Geduld, Ausdauer und List zu verlangen. Kaltblütige Überlegung, geschicktes Ausnützen des Geländes und aller Tarnmöglichkeiten sowie hervorragende Beobachtungsgabe müssen ihn sowohl im Anpirschen an die feindliche Stellung wie auch im Anschlag auf den Feind auszeichnen.


    Der Wille, den Feind unter allen Umständen ins Visier zu bekommen, ihn zu treffen und zu vernichten, muss bei dem Scharfschützen besonders ausgeprägt sein. Scharfschütze zu sein ist eine Auszeichnung.


    2. Der Schießlehrer

    Vorbedingung für eine gute Schießausbildung ist die Auswahl eines guten Schießlehrers. Er muss Erfahrungen und Lehrbefähigung besitzen und selbst ein ausgezeichneter Schütze sein. Ruhe, geduldiges Eingehen auf die Eigenart des Schützen und unermüdliche Tätigkeit müssen hervortretende Eigenschaften des Schießlehrers sein. Es ist falsch, die Schießausbildung des Scharfschützen durch Gruppen- usw. -Führer, die nicht als Schießlehrer geeignet sind, durchführen zu lassen.


    Alle Kompanie- usw. -Führer und Schießlehrer müssen bestrebt sein, den Ehrgeiz des Scharfschützen zu fördern sowie Freude an dem Schießdienst zu wecken.


    3. Unterricht

    Die praktische Ausbildung im Schießen ist je nach ihrem Fortschreiten durch Unterricht über die Waffe, das Zielfernrohr, die Schießlehre und den Einsatz des Scharfschützen am Sandkasten vorzubereiten. Der Unterricht hat unter Beschränkung auf das Wesentliche in einfacher, kurzer und klarer Form zu erfolgen.


    a) Zielen

    Beim Zielen mit aufgesetztem Zielfernrohr wird die Spitze des Stachels (senkrecht stehender Strich im Blickfeld des Zielfernrohrs) auf das Ziel gerichtet. Die beiden Querstriche des Zf. müssen waagerecht liegen. Die geringelte Veränderung lässt den Schuss seitlich abweichen.


    Das „Abkommen“ ist der Punkt, auf den die Spitze des Stachels im Augenblick der Schussabgabe zeigt.


    Fehler im Anschlag, wie zu hohes oder zu tiefes Einsetzen des Kolbens, zu festes oder zu loses Kopfanlegen, müssen vermieden werden. Sie bringen das Zf. in eine falsche Lage zur Visierlinie und rufen sichelförmige Schatten am Rande des Blickfeldes hervor. Sie kennzeichnen die Zielfehler.


    b) Zielfehler im Blickfeld des Zielfernrohrs

    — Tiefschuss — Schatten oben ergibt Tiefschuss

    — Hochschuss — Schatten unten ergibt Hochschuss

    — Linksschuss — Schatten links ergibt Linksschuss

    — Rechtsschuss — Schatten rechts ergibt Rechtsschuss


    c) Haltepunkt

    Die Treffpunktlage seines Zielfernrohrgewehrs muss jeder Schütze genau kennen. Die Eigenart seiner Waffe muss er beim Zielen berücksichtigen und den entsprechenden Haltepunkt selbst wählen.


    Wind- und Temperaturunterschiede müssen gleichfalls durch entsprechende Haltepunkte berücksichtigt werden. Warme Witterung ergibt Weitschuss, kalte Witterung Kurzschuss.


    4. Ziel- und Anschlagübungen

    Das Zielen mit dem Zf.-Gewehr und die Anschläge müssen oft geübt werden. Einförmiges Üben von Anschlägen und langweiliger Zielbetrieb töten die Schießfreudigkeit. Die Ausbildung ist daher frühzeitig in das Gelände zu verlegen. In der Handhabung aller Gefechtsanschläge muss der Schütze eine hohe Fertigkeit Erlangen (Anschläge aus einer Deckung, im freien Gelände, hinter Bäumen, Holzstößen, bei gefrorenen Boden). Er muss anstreben, stets aufgelegt oder angelehnt zu schießen. In der Schaffung einer guten Gewehrauflage muss er geübt sein. Sie erleichtert die Abgabe eines gut gezielten Schusses. Die Verwendung einer mitgeführten Astgabel kann zweckmäßig sein.


    Von größter Bedeutung sind der sichere Anschlag und das feste Einziehen des Kolbens an der Schulter. Viele Schützen schießen nur schlecht, weil sie die Atemtechnik nicht beherrschen. Der Schießlehrer muss deshalb bei den jungen Schützen besonders darauf achten.


    Um die Wendigkeit und die Freude der Schützen an diesem täglichen Dienst zu wecken, lassen sich Ziel- und Anschlagübungen mit Anschleichübungen gut verbinden. Durch das Anschleichen zweier Abteilungen gegeneinander findet der Scharfschütze Gelegenheit, auf lebende und bewegliche Ziele zu zielen.


    5. Sehübungen und Übungen im Bezeichnen von Zielen

    Ein Gegner, der das Gelände gut auszunutzen versteht und sich aller Mittel der Tarnung und des Spatens bedient, ist nur mit geübtem Auge erkennbar. Deshalb ist planmäßige Schulung des Scharfschützen im Beobachten durch Sehübungen und Übungen im Bezeichnen von Zielen in allen Körperlagen erforderlich. Die Zieldarstellung muss zunächst einfach sein und allmählich schwieriger werden. Ziele verschiedener Art stehend und in Bewegung, mit wechselndem Hinter- und Untergrund bei Tag, im Sonnenschein und im Schatten, in der Dämmerung und bei Nacht sind zu verwenden. Diese Übungen geben dem Scharfschützen zugleich gute Vorbilder oder Fingerzeige für das eigene Verhalten auf dem Gefechtsfeld und regen ihn zum Gebrauch der Kriegslist an. Das Üben in zwei gegenüberliegenden oder sich bewegenden Abteilungen ist sehr anregend und gibt dem Scharfschützen sowie dem Lehrer Beispiele falschen und richtigen Verhaltens.


    Übungen im Gebrauch des Fernglases ergänzen die Ausbildung im Beobachtungsdienst. Auch das Beobachten mit dem Zielfernrohr ist zu üben.


    6. Zielansprache

    Eine einwandfreie Zielansprache ist schwierig. Sie ist bei allen Beobachtungsübungen zu fordern. Die Zielbezeichnung muss kurz sein, aber jeden Zweifel ausschließen und schnelles Auffinden ermöglichen. Hilfsziele sind möglichst dicht am Ziel anzugeben (Fingerbreite, Daumensprung, Fernglas).


    7. Entfernungsschätzen

    Sicheres Schätzen der Entfernung bildet die Grundlage für die Treffgenauigkeit. Übungen müssen in wechselndem Gelände, bei verschiedenem Wetter und Tageszeiten durchgeführt werden. Entfernungsschätzen in allen Körperlagen ist zu fordern. Die Entfernungen bis 500 m muss der Scharfschütze sicher schätzen können. Als Anhalt zur Ermittlung der Entfernung kann bei normal sichtigem Wetter dienen:


    auf …….. m Entfernung erkennt man ………
    500 Fensterkreuze
    300Teile der Kleidung
    250die Farbe der Kleidung
    200

    Umrisse des Kopfes und Schulter eines Menschen,
    Schindeln auf Dächern
    150Einzelheiten der Ausrüstung, wie Schnallen, Knöpfe
    100Gesichter
    60Augen


    Es wird zu kurz geschätzt:

    Gegenstand klar sichtbar, bei Sonnenschein — Sonne im Rücken — besonders über Wasser, Schnee, Ebene — wenn einzelne Strecken nicht einzusehen sind — bei hellem Unter- und Hintergrund.


    Es wird zu weit geschätzt:

    Bei trübem, nebeligem, regnerischem Wetter — in der Dämmerung — gegen die Sonne — im Walde — bei dunklem Unter- und Hintergrund — an langen Straßen — bergauf.


    Beim Zielaufbau sind diese optischen Täuschungen nach Möglichkeit zu berücksichtigen und zur Belehrung der Schützen klar herauszustellen. Der Schütze muss sich die Entfernungen immer wieder einprägen.


    Um Schätzfehler zu vermeiden, wird es oft ratsam sein, das Ziel seitwärts auf einem Geländepunkt zu übertragen und dann zu schätzen. Die Unterteilung der Entfernung in Teilstrecken, vor allem bei mittleren und weiten Entfernungen, ist zweckmäßig. (Einzelheiten siehe Schießvorschrift, Heeresdruckvorschrift 240, Ziffer 365 bis 375.)


    8. Tarnen und Spatengebrauch

    Der Wert eines guten Scharfschützen wird erhöht, wenn er sich in jeder Lage gewandt einzugraben und geschickt zu tarnen weiß.


    Er muss ein Meister der Geländeausnutzung und des Tarnens sein.


    Der Scharfschütze muss sich seine Stellung so aussuchen oder bauen, dass er bequem stehen, sitzen oder liegen kann. Nichts verrät mehr als unvorsichtige Bewegungen.


    Das Sichunsichtbarmachen mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln muss dem Scharfschützen Selbstverständlichkeit werden. Er muss in der Lage sein, schnell in der Erde zu verschwinden, sich mit Gras, Laub, Zweigen, Schnee usw. zu tarnen. In Getreidehocken, Büschen, Bäumen, Gräben und Löchern und in Dachluken von Häusern muss er eine gut getarnte Stellung finden.


    Dabei muss er stets daran denken, dass er seine Stellung in Häusern in die Tiefe des Raumes zu verlegen hat, damit ihn Pulverdampf und Mündungsfeuer nicht verraten. Ist das feindliche Ziel, z. B. ein Scharfschütze, wegen seiner guten Tarnung nicht gut zu erkennen, darf der Schütze sich nicht entmutigen lassen und muss immer wieder Ziele auszumachen versuchen.


    9. Anschleichübungen

    Der Schütze muss es meisterhaft verstehen, sich bis auf nahe Entfernungen an den Gegner heranzupirschen. Bei seinem Vorgehen und in der Auswahl der Stellung hat er alle nur erdenkbare List und Verschlagenheit anzuwenden, um den Feind zu täuschen und irrezuführen (z. B. das Vorsichherschieben eines Strauches.


    Alle Arten des Vorarbeitens, die verschiedenen Trageweisen des Gewehres sind drillmäßig in wechselndem Gelände, am besten in Form von kleinen Wettkämpfen durch mehrere Schützen nebeneinander oder in zwei Abteilungen zu üben, z. B. der Sprung — das Gebücktgehen — Vorarbeiten auf Knien (Gewehr um den Hals gehängt) — das Vorkriechen — das Wegrollen in eine Deckung — das Kriechen oder der Sprung von Granattrichter zu Granattrichter. Bei Anschleichübungen im Wald werden Auge und Ohr besonders geschult.


    In der Geduld und Ausdauer, sich oft mühsam über lange Strecken an eine Stellung heranzupirschen und dann in einem vorgeschobenen Loch, in einem Baum oder hinter einer Dachluke Stunden- oft tagelang anzusitzen und nie in der Beobachtung zu erlahmen, muss er besonders geübt sein.


    Das Vertrauen auf sein Können, die Gewissheit, sich unerkennbar machen zu können, wird sein Selbstbewusstsein heben.


    10. Der scharfe Schuss

    Auf Grund der Streuung des Gewehrs reicht die günstigste Schussentfernung des Zf.- Gewehres bis etwa 400 m . Das schließt nicht aus, dass Ziele auf weitere Entfernungen vom Scharfschützen mit Erfolg bekämpft werden können.


    Neu zugewiesene Zf.- Gewehre sind vor Ausgabe an die Schützen anzuschießen. Für die Karabiner und Selbstlader, auf die das Zielfernrohr aufgesetzt werden soll, muss der Anschuss mit mindestens 3 Schuss innerhalb des Kreises von 7 cm erfüllt werden. Justieren des Zf. durch den Waffenmeister kann erforderlich sein. Nach einem längeren Transport ist das Justieren fast immer unerlässlich. In der Ruhe und in Kampfpausen ist jede Gelegenheit zum Überprüfen der Treffpunktlage des Zf.- Gewehres auszunutzen.


    Der scharfe Schuss hat den Zielübungen entsprechend zunächst auf gut sichtbare Ziele zu erfolgen. Zielen und Schießen unter erschwerten Verhältnissen, vor allem bei Dunkelheit, Dämmerung, Regen, ungünstiger Beleuchtung, folgen Erde nach Erreichen guter Leistungen bei normalem Büchsenlicht und Witterungsverhältnissen. Die Bedingungen müssen fortlaufend schwerer werden und sich den Forderungen des Kampfes anpassen.


    Es kommt für den Scharfschützen nicht darauf an, eine schnelle Schussfolge zu erreichen, sondern Treffer zu erzielen.


    Das langsame Durchkrümmen nach dem Druckpunktnehmen ist bei Beginn der Schießausbildung der Rekruten zweckmäßig. Beim Schießen der Scharfschützen auf kleine Ziele muss der Schuss in dem Augenblick fallen, in dem das Ziel erfasst ist. Bei einem harten Druckpunkt ist vor Ausgabe der Gewehre zu überprüfen und unter Umständen durch den Waffenmeister nachzuarbeiten.




    Fortsetzung folgt.



    Gruß Marga

  • Fortsetzung



    a) Schießübungen für Scharfschützen

    Die Schießübungen im Ersatzheer sind in der Anlage 2 als grundlegende Übungen aufgeführt, die nach der zur Verfügung stehenden Ausbildungstätigkeit, mit einer anstrengenden Marsch- oder Orientierungsübung zu verbinden. Der Scharfschütze muss daran gewöhnt sein, auch im erschöpften Zustand gut zu schießen.


    Die Schießtüchtigkeit hängt wesentlich von der Übung mit dem scharfen Schuss ab. Es ist deshalb besser, jeden Tag einige Schüsse abzugeben, als in der laufenden Woche einen ganzen Vor- und Nachmittag zu schießen.


    Die Schießübungen im Feldheer sind in der Anlage 3 aus den aufgeführten Übungsabschnitten zu entnehmen und dem jeweiligen Ausbildungsstand sowie den gegebenen Übungsmöglichkeiten entsprechend von dem Kompanie-Führer zu befehlen.


    Im Feldheer erfolgt die Heranbildung von Scharfschützen zweckmäßigerweise in besonderen Lehrgängen hinter der Front, bis die Schützen ihre Waffe beherrschen, und die Grundbegriffe des Kampfes als Scharfschütze erlernt haben.


    In der Abwehr an festen Fronten muss die Fortbildung des Scharfschützen ständig betrieben werden. Zur Hebung der Schießleistung ist in der Stellung unter Aufsicht (möglichst Schießlehrer oder anderer Scharfschütze mit Fernglas) auf Feindziele oder sonstige aufgebaute Ziele zu schießen.


    Beim täglichen Abgehen der Stellung prüft der Kompanie- usw. Führer das Können seiner Scharfschützen durch kleine Aufgaben.


    b) Der Zielaufbau

    Der Aufbau der Ziele muss gut durchdacht und sorgfältig vorbereitet werden. Er muss stets einem Übungszweck entsprechen. Abwechslungsreiche, dem Ernstfall möglichst nachkommende Ziele sind aufzubauen. Alle Möglichkeiten des Zielaufbaues sind zu erwägen, z. B. Ziele in Kellerluken — hinter Mauerresten — in Häusern, in Fenstern, in Dachluken — in Hecken und auf Bäumen — hinter Zäunen — in Feldstellungen — im Wald.


    Als Gegensatz sind stets Ziele mit richtigem und falschem Unter- oder Hintergrund, mit guter und schlechter Tarnung aufzubauen, um den Scharfschützen auf das richtige Verhalten hinzuweisen (vgl. Ziffer 5).



    C. Einsatz des Scharfschützen


    Dem Scharfschützen ist durch den Zug- oder Gruppenführer ein Kampfauftrag zu geben. Im Rahmen dieses Auftrages muss der Scharfschütze selbstständig handeln.


    1. Angriff

    Im Angriff kann der Scharfschütze folgende Aufgaben erhalten:


    — Niederkämpfen besonders gefährlich, das Vorgehen hindernder Augenblickziele ( Anlage 1, Beispiel 1).


    — überwachen des Vorgehens der Gruppe oder eines Spähtrupps (Anlage 1, Beispiele 1 und 2).


    — übernehmen der Flankensicherung (Anlage 1, Beispiele 2 und 3).


    Beim Angriff sucht der Scharfschütze seinen Platz etwas seitlich abgesetzt von der Gruppe, um dadurch ungehindert schießen zu können. (Beispiele 1 — 3).


    Der Scharfschütze muss sich in der Regel die gefährlichen Ziele oder solche Ziele aussuchen, deren Vernichtung dem Gegner den größten Schaden zufügt. Gefährliche Ziele sind z. B. Scharfschützen, Beobachter oder Bedienungen schwerer Waffen. Am empfindlichsten trifft den Gegner der Abschuss von Führern, Meldern, Munitionsschützen, Kommandanten von Panzern usw. (Beispiel 4).


    Beim Vorgehen eines Spähtrupps befindet sich der Scharfschütze am zweckmäßigsten bei den zur Sicherung eingeteilten Leuten und lauert auf versteckte Ziele. Auf gleiche Weise unterstützt er das Loslösen vom Feind. Von M.G.- oder M.P.- Schützen setzt sich der Scharfschütze stets ab.


    Zum Angriff gegen gut ausgebaute Stellungen oder ständige Kampfanlagen werden den Stoßtrupps zweckmäßigerweise einige Scharfschützen zugeteilt, die die Bekämpfung der Scharten übernehmen.


    2. Verteidigung

    In der Verteidigung muss der Scharfschütze den feindlichen Graben mit seinem Feuer beherrschen. Keine unvorsichtige Bewegung des Feindes darf ihm entgehen. Aus diesem Grunde ist dem Scharfschützen in der Auswahl seiner Stellung im Abschnitt der Gruppe, des Zuges und oft auch der Kompanie Bewegungsfreiheit zu lassen. Der Scharfschütze kann daher je nach der Lage und dem Gelände in vorderster Linie oder auch weiter rückwärts, z. B. auf einer beherrschenden Höhe oder auf einem Baum, in Stellung gehen.


    Der Scharfschütze soll, um nicht zu verraten, aus einer Stellung in der Regel nicht mehr als 3 - 6 Schuss abgeben und häufig Wechselstellungen beziehen.


    Die fortlaufende Beobachtung des Gegners durch Scharfschützen ist sicherzustellen.


    Benimmt sich der Feind infolge der Scharfschützentätigkeit zu vorsichtig, so ist es zweckmäßig, den Abschnitt einen oder mehrere Tage zu „hegen“, um den Feind wieder zu unvorsichtigen Bewegungen zu verleiten. An hellen und sonnigen Tagen, bei Schneefall im Winter, zu Verpflegungs- und Ablösungszeiten pflegt der Gegner unvorsichtig zu sein, so dass ein guter Scharfschütze immer Ziele finden wird.


    a) Zusammenarbeit mit einem Beobachter

    Dem Scharfschützen wird zweckmäßig ein Beobachter mit Fernglas zugeteilt. Beide müssen sich wie Jäger bewegen, die bald hier und bald dort auf der Lauer liegen. Der Beobachter unterstützt den Scharfschützen in der Beobachtung des Feindgeländes und bei der Schussbeobachtung. Bietet der Feind längere Zeit kein Ziel oder liegt es ebenfalls auf der Lauer, so müssen Schütze und Beobachter mit allen Mitteln der List das Feuer des Feindes herauszulocken versuchen. Dies wird durch Täuschungen erreicht, aber nur, wenn sie geschickt und mit Verstand ausgeführt werden. Beispiel: In einem Graben zeigt sich der Beobachter einen Augenblick, taucht kurze Zeit an anderer Stelle wieder auf, um den Gegner zunächst aufmerksam zu machen. Wenige Minuten später schiebt dann der Beobachter einen Helm oder helmähnlichen Gegenstand über die Deckung, wodurch der Gegner in den meisten Fällen zum Schießen veranlasst wird. Auch eine ausgerüstete Strohpuppe kann hierzu verwendet werden.


    Je sinnvoller und abwechslungsreicher die Täuschungen sind, um so größer wird der Erfolg für den Scharfschützen sein. Manche Lagen, insbesondere in der Verteidigung, gestatten das Zusammenfassen mehrerer Scharfschützen , um in einem bestimmten Abschnitt für den Feind jede Bewegung unmöglich zu machen und seine Posten, Beobachter sowie Waffen in Deckung zu zwingen.


    b) Vor der HKL

    Wo es Lage und Gelände zulassen, können Scharfschützen am Tage nach Art von Gefechtsvorposten vor die Hauptkampflinie vorgeschoben werden. Sie sollen nach Möglichkeit untereinander Augenverbindung haben. Ihr bester Schutz bleibt immer die Tarnung. In der Nacht werden die Scharfschützen zurückgezogen.


    c) In Waldstellungen

    In Waldstellungen wird der Scharfschütze zweckmäßig an Schneisen oder Lichtungen vorgeschoben. Das Scharfschützennest ist durch Sprengdrahtminen, Stolperdraht, S-Rollen mit eingebauten Sprengladungen, Astverhaue, Baumsperren u. ä. Hindernisse zu sichern. Als Deckung dient dem Scharfschützen ein Holzstoß oder ein Schützenloch mit einer guten Rückendeckung.



    Fortsetzung folgt.



    Gruß Marga

  • Hallo,

    interessante Beiträge die bisher hier eingestellt wurden. Was mich ein wenig wundert, dass Bäume als Standort eines Scharfschützen in Betracht gezogen werden. Allerberger lehnte dies kategorisch ab. Bezüglich der Tarnung hatte wohl jeder erfolgreiche Scharfschütze sein eigenes Konzept in Abhängigkeit des Geländes, indem er wirkte. Das die Anleitung zur Ausbildung von Scharfschützen erst im Mai 1943 zentral erlassen wurde, zeigt mir wieder mal, wie sträflich die Wehrmachtsführung über die Wirksamkeit der Scharfschützen bis zu diesem Zeitpunkt dachte.

    Gibt es denn verlässliche Zahlen, wie viele dt. Scharfschützen im 2. WK gab? Schossen alle dt. Scharfschützen mit Zielfernrohrgewehren oder gab es gerade an der Eismeerfront auch Scharfschützen, die ohne Zielfernrohr schossen, so wie Häyhä im Winterkrieg?

    MfG Wirbelwind

  • Guten Morgen Wirbelwind,


    Mein Bericht ist noch nicht zu Ende. Er ist recht lang. Allerdings beinhaltet er vor allem die Schulung der Scharfschützen mit dem Zielfernrohr. Aus diesem Grunde kann ich dir im Moment deine Fragen nicht beantworten. Aber zu diesem Thema lässt sich noch so einiges finden. Außerdem gibt es möglicherweise andere User die dir verlässliche Zahlen nennen können.


    Ich wünsche dir einen angenehmen 2. Advent.


    Gruß Marga

  • Guten Morgen,


    Anhänge und die zugehörenden Beispiele 1 bis 4


    Quelle: germandocsinrussia


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    1. Beispiel (Skizze 1 (bis 5)

    Lage

    Feind verteidigt sich in Höhenstellung beiderseits der Straße. Die Gruppe ist im Angriff bis zur Straße vorgekommen und hat den Auftrag, unter dem Feuerschutz der rechts angelehnten Gruppe weiter vorzugehen. Der Gruppenführer gibt dem Scharfschützen folgenden Kampfauftag:


    Sie gehen am Holzstoß in Stellung und schießen auf Ziele im Streifen Rechte Grenze dunkler Baum, linke Grenze kleiner Strauch (im Gelände gezeigt); nachkommen, sobald die Gruppe die Bodenwelle 100 m weiter vorn erreicht hat.


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    Fortsetzung folgt.



    Gruß Marga

  • Hallo,


    weiter geht es mit der Fortsetzung des Merkblattes.


    Abschrift und Bearbeitung

    Quelle: germandocsinrussia


    D. Behandlung und Pflege des Zielfernrohres und Zielfernrohrgewehres


    Das Zielfernrohr und das Zielfernrohrgewehr bedürfen besonderer Pflege.


    Das Zielfernrohr ist sehr sorgfältig vor Fall, Stoß, Verstaubung, Feuchtigkeit und Beschädigung zu bewahren und wie jedes optische Gerät schonend zu behandeln. Selbstständiges Auseinandernehmen und Instandsetzen des Zf. sind verboten. Das Zf. ist erst vor dem Gebrauch dem Zf.- Behälter zu entnehmen. Die Schutzkappen sind unmittelbar vor der Feuereröffnung, dem Einschießen oder der Reinigung zu entfernen. Die Regenschutzrohre dürfen nur zum Reinigen der Linsen abgenommen werden. Die Ein- und Ausblicklinsen sind mit einem Haarpinsel zu reinigen und mit einem sauberen, oft gewaschenen Leinenlappen, besser noch mit Sämischleder, von der Mitte der Linse beginnend, mit kreisförmigen Bewegungen abzuwischen. Dabei ist die zu reinigende Linse nach unten zu richten. Alle harten Fremdkörper, die Kratzer auf der Linse verursachen können, sind vorher zu entfernen. Vor dem Abwischen ist die Linse durch Anhauchen leicht zu befeuchten. Der Fernrohrhalter ist öfters leicht zu fetten oder zu Ölen, die Linsen sind aber von Fett frei zu halten.


    Jedes unnötige Drehen an den Berichtigungs- oder Entfernungsschrauben ist verboten.


    Das Zielfernrohrgewehr ist gegen Witterungswechsel empfindlich, da sich das Holz und mit ihm der Lauf verziehen. Daher sind zu vermeiden:


    Starke Sonnenbestrahlung, Aufbewahren in feuchten oder stark geheizten Räumen, Aufhängen an der Wand.



    Gruß Marga

  • Hallo Marga,

    auch Dir und allen anderen Usern einen besinnlichen 2. Advent. Ich gehe ebenfalls davon aus, dass durch entsprechende Posts noch einiges an Erkenntnissen zusammen getragen wird. Spannend wäre es auch für mich, was bspw. Sutkus von Scharfschützen auf Bäumen hielt.

    MfG Wirbelwind

  • Hallo Wirbelwind,


    vielen Dank für deine Reaktion. Mich würde das dann auch interessieren. Vielleicht haben wir ja Glück, und jemand kennt sich diesbezüglich aus.


    Gruß Marga

  • Hallo Marga,

    wenn ich den Thread richtig gelesen habe, besitzt/besaß Michael das Buch von Sutkus. In dem sicherlich viel interessantes steht. Gerade auch zu manch offenen Fragen. Gehe davon aus, dass sich Michael noch äußern wird.

    MfG Wirbelwind